Protocol of the Session on June 28, 2006

Tätigkeit des Petitionsausschusses

a) in der Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2005

Drucksache 16/856

b) in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Oktober 2005

Drucksache 16/857

c) in der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2005

Drucksache 16/858

d) in der Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2006

Drucksache 16/859

Berichte des Petitionsausschusses

Ich erteile dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Herrn Abgeordneten Detlef Buder, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gleich vier Berichte des Petitionsausschusses stelle ich Ihnen heute vor, nämlich die aus den eben genannten Quartalen I, III und IV des vergangenen Jahres und den aus dem ersten Quartal 2006.

Wie beim letzten Mal werden Sie sich die Frage stellen, warum es so viele auf einmal sind. Der Grund ist sicherlich die schwierige Konstituierungsphase nach den letzten Landtagswahlen, die wir alle nicht vergessen haben. Hinzu kommt eine mehr als halbjährige personelle Unterbesetzung in der Geschäftsstelle sowie eine Umstrukturierung in der Arbeit der Geschäftsstelle, die mittlerweile so weit vollzogen ist, dass die Personalsituation entspannter aussieht. Der Ausschuss konnte seine Arbeit in vollem Umfang aufnehmen und sich den neuen Aufgaben mit viel Engagement widmen.

Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres hat der Ausschuss fünf Ortstermine und eine Anhörung durchgeführt. Insgesamt wurden in den vier Berichtszeiträumen 328 Petitionen abschließend beraten. Durchschnittlich 34 % der Petitionen waren erfolgreich. 16 % davon wurden voll und ganz im Sinne der Petenten abgeschlossen. In den restlichen Fällen konnten die Wünsche der Petenten zumindest zum Teil berücksichtigt werden.

Das zeigt einmal mehr, dass der Petitionsausschuss mehr als nur ein Kummerkasten des Landes ist. Mit dieser anhaltend hohen Erfolgsquote ist er ein wirkungsvoller Anwalt der Bürger gegen Ungerechtigkeit und Benachteiligung durch staatliche Stellen und schließt hier nahtlos an das an, was wir vorhin gehört haben, nämlich an den Bericht der Bürgerbeauftragten.

Wie ernst der Petitionsausschuss in Schleswig-Holstein seine verfassungsmäßige Aufgabe wahr

(Lars Harms)

nimmt, zeigt nicht zuletzt die Gründlichkeit, mit der in jeder Angelegenheit ermittelt wird. Wenn Sie die Berichte lesen, können Sie sich davon überzeugen.

Mich persönlich freut es besonders, wenn einem Petenten schnell und unbürokratisch geholfen werden kann. In vielen Fällen reicht bereits die Aufnahme von Ermittlungen, das gezielte Nachfragen aus, um ein Umdenken bei den entsprechenden Behörden hervorzurufen oder einen Kompromiss zu erzielen. Insbesondere bei den Ortsterminen haben wir häufig sofort helfen können.

So konnte der Ausschuss beispielsweise nach einem Ortstermin und klärenden Gesprächen mit den zuständigen Behörden erreichen, dass ein viel genutzter Schulweg deutlich sicherer wurde.

Häufig können durch vermittelnde Tätigkeiten des Ausschusses auch langwierige und teure Gerichtsverfahren vermieden werden.

Für uns Abgeordnete hat der Petitionsausschuss darüber hinaus eine weitere wertvolle Funktion, er ist ein Schaufenster direkt in die Lebens- und Arbeitsbereiche der Bürgerinnen und Bürger hinein. Durch ihn haben wir einen unverfälschten Blick auf die alltäglichen Sorgen, Nöte und Bedürfnisse der Menschen dieses Landes. Das Petitionswesen ist gleichsam ein Barometer für die gesellschaftspolitische Stimmungslage in diesem Land. Das trifft zum Beispiel gerade nach dem Wahljahr 2005 besonders zu.

Vor allem die aktuelle Bildungsdiskussion hat ihren Niederschlag im Petitionswesen gefunden. Die Zahl der Petitionen, die im Zuständigkeitsbereich des Bildungsministeriums abgeschlossen wurden, hat sich deutlich erhöht. Gegenüber den vorangegangenen Berichtszeiträumen hat sie sich im ersten Quartal dieses Jahres mehr als verdoppelt. Dabei haben sich genauso viele Eltern wie Lehrer an den Ausschuss gewandt. Besonders hoch ist auch die Erfolgsquote in diesem Bereich. In mehr als der Hälfte der Fälle konnte den Petenten ganz oder teilweise geholfen werden.

Ein erheblicher Rückgang ist hingegen im Bereich Naturschutz und Landwirtschaft zu verzeichnen. Hier hat sich die Zahl der abgeschlossenen Petitionen halbiert. Im Sozialbereich sind viele Petitionen an die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten abgegeben worden, mit der der Petitionsausschuss eng zusammenarbeitet.

In einem besonders brisanten Fall haben wir uns mit dem Vorwurf - hier einmal als Beispiel genannt - von Subventionsbetrug befassen müssen. Es bestand der Verdacht, dass Bundesfördermittel für ei

ne Ganztagsschule zweckentfremdet eingesetzt worden sind. Die Angelegenheit ist von großer Aktualität, hat doch erst kürzlich der Bundesrechnungshof die missbräuchliche Verwendung der vom Bund gezahlten Fördermittel in den Ländern angeprangert. In dem konkreten Fall konnten wir zwar keinen Missbrauch der Fördermittel feststellen, da diese noch gar nicht geflossen waren. Es bestanden jedoch erhebliche Zweifel, ob die vorgesehene Verwendung der Gelder dem Zuwendungszweck entsprach oder ob sie nicht zugleich für eine Reihe von Sanierungsvorhaben in der entsprechenden Gemeinde verwendet werden sollten. Der Ausschuss hat daher eine eingehende Prüfung der geplanten Ausgaben empfohlen.

Im Focus des Ausschusses befinden sich auch die seit April 2005 geänderten Regelungen zur Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. Das schließt sich nahtlos an das Thema an, das wir eben behandelt haben. Zahlreiche Geringverdiener, die bisher von der Gebührenzahlung befreit waren, werden nun zur Kasse gebeten. Empörung hat insbesondere auch die ab 2007 geltende Gebührenpflicht für PC mit Internetanschluss ausgelöst. Der Petitionsausschuss wird wie auch die Petitionsausschüsse anderer Länder die weitere Entwicklung im Blick halten. Die Konferenz der Petitionsausschussvorsitzenden und ihrer Stellvertreter hat beschlossen, gemeinsam auf Bundesebene vorzugehen und zu versuchen, diese Regelungen zu beeinflussen.

In einem wenig erfreulichen Fall, den wir auch behandeln mussten, ging es um die Öffnung einer Leiche ohne Zustimmung der Angehörigen. Eine solche Zustimmung kann nach entsprechendem Recht auch mündlich erteilt werden, das heißt, ihr Fehlen ist im Zweifel kaum nachweisbar. Der Ausschuss hat daher eine Überprüfung des Bestattungsrechts angeregt.

Anläßlich der Novellierung des Schulgesetzes hat der Petitionsausschuss eine Änderung der Regelungen über die Wahl von Elternbeiräten empfohlen. Es soll erreicht werden, dass die Anzahl der Stimmen in Zukunft pro Kind gerechnet wird. Derzeit hat jeder anwesende Elternteil eine Stimme. Der Ausschuss sieht hier eine deutliche Benachteiligung Alleinerziehender.

In einer weiteren Petitionssache war der Ausschuss mit nicht nachvollziehbaren Gebührenbescheiden eines Abwasserzweckverbandes befasst. Der Ausschuss hat sich dafür eingesetzt, dass die Anzahl der abgerechneten Einheiten in den Bescheiden erkennbar sein muss.

(Detlef Buder)

Als besonders befriedigend empfinde ich, dass auf Betreiben des Petitionsausschusses eine Besuchskommission als Interessenvertretung der Patienten im Maßregelvollzug eingesetzt worden ist. Wir hatten uns in einem Selbstbefassungsverfahren intensiv mit dem Maßregelvollzug auseinandergesetzt, nachdem eine Reihe von Beschwerden über die Unterbringung und Behandlung psychisch oder suchtkranker Frauen eingegangen war. Es bestanden erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit einiger Maßnahmen. Die Einrichtung der Besuchskommission stellt eine wesentliche Verbesserung für alle Patienten im Maßregelvollzug dar und hat sich inzwischen durchgesetzt. Dieser Fall ist bezeichnend für unser ständiges Anliegen, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger des Landes den staatlichen Stellen auf die Finger zu gucken.

Ein persönliches Wort zum Schluss. Der Ausschuss hätte nicht so erfolgreich arbeiten können, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Petitionsausschusses sich nicht so engagiert für den Petitionsausschuss eingesetzt hätten und immer wieder einsetzten. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle bei den Mitarbeitern ganz besonders bedanken.

(Beifall)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie, die Erledigung der Petitionen zu bestätigen.

(Beifall)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Der Ausschuss empfiehlt, die Berichte Drucksachen 16/856 bis einschließlich 16/859 zur Kenntnis zur nehmen und die Erledigung der Petitionen zu bestätigen. Wer dem so zustimmen kann, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf:

Keine Zustimmung von Schleswig-Holstein zur Elbvertiefung

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/860

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir fordern die Landesregierung auf, einer weiteren Elbvertiefung nicht zuzustimmen. Wir fordern die Landesregierung auf, die bestehende Vereinbarung mit Hamburg zur Entsorgung von Baggergut zu kündigen. Die nochmalige Elbvertiefung auf über 14,50 m Ladetiefe wird voraussichtlich die bestehenden ökologischen Probleme, zum Beispiel das jährliche Sauerstoffloch in der Unterelbe, weiter vergrößern. Der erwartete Anstieg des Meeresspiegels muss bei den Ausbauplänen berücksichtigt werden. In den nächsten Jahrzehnten darf es im Interesse der Menschen, der Hunderttausenden, die in den Gebieten wohnen, keine weitere Vertiefung geben. Die Bedürfnisse der Schifffahrtsökonomie dürfen nicht über die Sicherheit der Anwohner gestellt werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es muss stattdessen eine gezielte Vorsorge für Deichsicherheit geben. Vor einer Diskussion über eine weitere Elbvertiefung müssen wir belastbare Aussagen aus dem Beweissicherungsprogramm der letzten Vertiefung zur Verfügung gestellt bekommen. Diese müssen bewertet werden. Beides ist bisher nicht der Fall. Dieses Beweissicherungsprogramm ist ja gerade aus der Kritik an der damaligen Elbvertiefung versprochen worden.

Ein weiterer Fahrrinnenausbau kommt also nur in Frage, wenn die Deichsicherheit in keiner Weise beeinträchtigt wird und die Belange des Natur- und Umweltschutzes sorgfältig berücksichtigt werden. Damit ist völlig unstrittig, dass die Ergebnisse des Beweissicherungsprogramms zwingend vorliegen müssen, bevor weitere Planungen begonnen werden.

Die reale Politik von Schwarz-Rot sieht dagegen anders aus, insbesondere wenn man die Verlautbarungen des Wirtschaftsministers hört.

Umweltminister von Boetticher hat sich laut Landeszeitung kritischer positioniert. Durch die starke Strömung nach erneuter Ausbaggerung dürften Flora und Fauna in den Uferzonen nicht übermäßig beeinträchtigt werden, die Sicherheit der Menschen hinter den Deichen müsse gewährleistet bleiben und drittens dürften die Sportboothäfen der Westküste nicht durch Baggergut aus dem Hamburger Hafen weiter verschlicken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelter Beifall bei SPD, CDU und FDP)

(Detlef Buder)

Herr Minister, das sind gute Ansätze für eine ernsthafte Diskussion. Wir unterstützen den Umweltminister dabei und hoffen, dass er diese Position auch ins Kabinett trägt.

Das Volumen des ausgebaggerten Schlicks aus dem Hamburger Hafen hat in den letzten zehn Jahren um das Zwanzigfache zugenommen. Dies wird nicht zuletzt auch auf die die Elbvertiefungen und die dadurch ausgelöste höhere Fließgeschwindigkeit zurückgeführt. Große Teile von diesem Schlick werden in der Nähe von Helgoland verklappt und belasten mit ihren Schadstoffeinträgen potenziell die Westküste. Hierhin sollte allenfalls ausschließlich aufbereitetes Baggergut verbracht werden, was ungefähr einer Million Jahrestonnen entsprechen dürfte. Zukünftig ist das Baggergut so abzulagern, dass die Verschlickung der Westküstenhäfen verhindert wird.