Protocol of the Session on February 24, 2006

Deutschland ist ein in die Weltwirtschaft beispielhaft eng eingebundenes Land. Wir sind Exportweltmeister, aber zugleich auch zu mehr als 75 % von Energieimporten abhängig: vom Brennstoff für die Atomkraftwerke über Erdöl und Erdgas bis hin zur Steinkohle, die wir inzwischen auch zu mehr als 60 % aus aller Welt einführen - und das trotz der Streitereien in NRW und im Saarland. Unser Land ist auch im Energiesektor grundsätzlich pluralistisch und marktwirtschaftlich strukturiert. Politik setzt daher „nur“ die geeigneten Rahmenbedingungen für die Energieversorgung und bestimmt nicht, wie in einigen unserer Nachbarländern, über staatliche Monopolkonzerne deren Umsetzung bis ins Detail. Wir setzen daher auf Anreize und auf ambitionierte Förderziele, auf Innovation und auf Beschäftigung schaffende Wertschöpfung.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Buder [SPD])

Ziel einer modernen Energiepolitik sollte auch sein, die im Land vorhandenen Energiequellen zu erschließen, um weiter autark zu werden - das zumindest anzustreben - und uns von internationalen Problemstellungen unabhängiger zu machen.

Ich möchte jetzt gern aus der Grundsatzrede von Umweltminister Sigmar Gabriel von Montag in der Humbold-Universität in Berlin zitieren. Er hat gesagt:

„Wir müssen weg vom Öl, weg von der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Wir brauchen eine stärkere Konzentration auf die Energieträger und -formen, die erneuerbar sind und uns unbegrenzt zur Verfügung stehen. Eine moderne Umwelt- und Energiepolitik ist deshalb eben keine ‚Schönwetterpolitik’ oder Küraufgabe. Wer morgen sicher leben und zukunftsfähige Arbeitsplätze in Deutschland haben will, muss spätestens heute einen anderen Umgang mit knappen Ressourcen pflegen.“

(Konrad Nabel)

(Beifall bei der SPD)

Eigentlich ist dem nichts hinzuzufügen. Da ich noch ein bisschen Zeit habe, rede ich noch weiter.

(Heiterkeit)

In Schleswig-Holstein sind zurzeit zwei Bereiche der regenerativen Energiequellen bereits gut entwickelt und weiter zu erschließen. Dies sind die Windkraft und die Bioenergie. Laut dem vorliegenden Bericht steigt die erzeugte Windstromenergiemenge stetig an und trug im Jahr 2005 zu einem rechnerischen Anteil als Stromverbrauchsäquivalent von 30 % bei. Hierbei wird der Schwerpunkt der weiteren Entwicklung trotz aller Verzögerungen auf dem Wasser - offshore - vor unseren Küsten liegen.

In der Windenergiebranche Schleswig-Holsteins gibt es circa 5.000 Arbeitsplätze. Von den Mitteln der Vergütung des Windstroms nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz fließt ein überproportionaler Anteil von den anderen Bundesländern nach Schleswig-Holstein. Diesen Vorteil sollten wir uns weiter sichern. Die Grundlagen für diesen Erfolg sind in Schleswig-Holstein schon vor langer Zeit unter sozialdemokratischen Regierungsverantwortung gelegt worden und werden heute in der großen Koalition weiter ausgebaut. Ich darf hierzu Wirtschaftsminister Austermann zitieren: Er hat in „Energie und Management“ am 15. September 2005 gesagt:

„Bei dem, was wir beim Windkraftausbau in den vergangenen zehn, 15 Jahren geschafft haben, besteht überhaupt kein Anlass, ein schlechtes Gewissen zu haben.“

Recht hat er, der Mann!

(Beifall bei der SPD - Holger Astrup [SPD]: Guter Minister!)

Ich wünschte mir zu allen Themen der Energiepolitik so viel Ehrlichkeit und Gemeinsamkeit.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Von dem Minister, oder?)

- Überhaupt. Auch von Ihnen.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Buder [SPD])

Die Nutzung von Biomasse zur Erzeugung von Bioenergie in Schleswig-Holstein ist eine gemeinsame Erfolgsstory. Wir müssen weiter alles daran setzen, das Gesamtpotenzial von 13 % des Primärenergieverbrauchs Schleswig-Holstein von derzeit rund 1 % besser auszuschöpfen. Dazu haben wir uns im Koalitionsvertrag mit der CDU verpflichtet

und so stehen - neben der Grundlage des EEG - im Schleswig-Holstein-Fonds bis 2009 4,6 Millionen € Fördermittel zur Verfügung. Das sind vernünftig angelegte investive Fördermittel, die wir auch gern ausgeben wollen.

(Beifall des Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU])

Die energetische Nutzung anfallender fester und flüssiger Reststoffe sowie angebauter Energiepflanzen schafft zusätzliches Einkommen und Wertschöpfung vor allem im ländlichen Raum und trägt zum Klimaschutz bei. Beim gezielten Anbau von zum Beispiel Mais, Schnellwuchshölzern oder Raps müssen wir allerdings vorsichtig sein. Wie die Diskussion um die Besteuerung von Biokraftstoff zeigt, müssen wir auch die ökologischen Folgen bedenken.

So ist in Deutschland zurzeit allein beim Biodiesel relevant am Markt vertreten und das Flächenpotenzial beim Raps als Grundstoff ist weitgehend erschöpft. Die mit dem Anbau von Raps häufig verbundene Umweltbelastung durch den erheblichen Einsatz von Pestiziden und Mineraldünger steht im Widerspruch zu einer naturverträglichen Landwirtschaft. Biodiesel kann daher nur als Zwischenschritt auf dem Weg zur Entwicklung und zur Anwendung zukunftsträchtiger Biokraftstoffe betrachtet werden.

Wichtiges Kriterium dabei ist eine nahezu vollständige Kohlendioxid-Neutralität über den gesamten Produktzyklus. Darüber hinaus dürfen Wasserhaushalt und Böden beim Anbau der Biomasse nicht übermäßig belastet werden. Auch die Artenvielfalt muss erhalten bleiben. Eine fundierte Beurteilung kann nur nach einem so genannten Life-Cycle-Assessment eines Energieträgers für die gesamte Produktions- und Nutzungskette erfolgen.

Herr Ritzek, ich sage das nicht, damit ich auch ein Fremdwort unterbringen kann, sondern das ist ein wichtiger Begriff, der den Weg der Energiepflanze vom Anbau bis zum Verbrauch des Kraftstoffs im Fahrzeug beschreibt.

Die Bundesregierung muss Anreize für den naturverträglichen Anbau von Biomasse zur Kraftstoffproduktion schaffen. Großflächige Monokulturen und der Einsatz gentechnisch veränderter Organismen müssen ausgeschlossen bleiben. Mithilfe von Zertifikaten ist sicherzustellen, dass auch die internationale Biomasseproduktion nachhaltig erfolgt.

Die Erzeugung von Wasserstoff im Zusammenhang mit dem Ausbau der Offshore-Windenergie ist für mich ein Schlüsselthema der Zukunft. Hier wer

(Konrad Nabel)

den wir die Forschung in allen Bereichen, so beispielsweise bei der Erzeugung und Speicherung von Wasserstoff sowie bei der Nutzung des Wasserstoffs, vor allem in Brennstoffzellen, weiter vorantreiben, um eine mittelfristig wirtschaftlich erfolgreiche und besonders umweltschonende Energieerzeugung und -versorgung zu erreichen.

Fazit, meine Damen und Herren: Schleswig-Holstein ist ein Land voller Energien. Lassen Sie uns gemeinsam die drei Säulen Energiesparen, Effizienzsteigerung und erneuerbare Energien ausbauen, damit wir ein noch besserer Standort für eine sichere, nachhaltige und preisgünstige Versorgung der Bevölkerung und der Unternehmen werden!

(Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Konrad Nabel das war eine Punktlandung, Herr Kollege - und erteile für die FDP-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Ritzek, ich bin schon ein wenig neidisch auf das, was der Unionsarbeitskreis Europa so alles im Lande bewirkt.

(Beifall bei FDP und SSW)

Vielleicht sollten wir ihm in Zukunft die Energiepolitik des Landes komplett überlassen.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Klaus Mül- ler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Kollege Müller, ich komme gleich dazu.

Die Landesregierung hatte einen unmissverständlichen Auftrag: Sie sollte über die Zukunftsfähigkeit der Energiepolitik berichten. Hierbei sollte sie natürlich intensiv die Energiestatistik bemühen. Aber ich gehe nicht davon aus, dass insbesondere der Unionsfraktionsarbeitskreis Energie, falls es so etwas gibt, nur die Statistik bemüht haben wollte.

(Beifall des Abgeordneten Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Denn eine Statistik kann ja die Darstellung der Politik, die verfolgt wird, nicht ersetzen, Herr Ritzek.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um überhaupt keinen Zweifel aufkommen zu lassen, Herr Ritzek: Der fachliche Gehalt dieses Be

richts ist exzellent. Die politische Aussagekraft dieses Berichts geht gegen null.

Herr Minister, ich zitiere einmal die knappen Aussagen zur zukunftsfähigen Energiepolitik in diesem Bericht.

„Die Landesregierung fühlt sich insgesamt dem Ziel verpflichtet, zur langfristigen Sicherung der Energieversorgung, zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz unter Berücksichtigung von für die Haushalte sozial verträglichen und für Gewerbe und Industrie wettbewerbsfähigen Energiepreisen beizutragen … (Sie) wird deshalb auch in Zukunft den Ausbau der Windenergie mit Augenmaß unterstützen … (Sie) setzt sich … gegenüber dem Bund dafür ein, dass die Rahmenbedingungen für die Produktion und die Nutzung von Biokraftstoffen weiterentwickelt werden … (und) befördert außerdem Forschung, Entwicklung … sowie die Errichtung von Produktionsstätten und Vertriebsstrukturen.“

(Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

- Nein, eben nicht. Denn von den 23 Seiten des Berichtes hat die Landesregierung der zukünftigen Energiepolitik noch nicht einmal eine einzige gewidmet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und, Herr Kollege Nabel, sie beschränkt sich bei dieser noch nicht mal einen Seite auf Allgemeinplätze. Warum tun Sie das eigentlich? Haben Sie in der großen Koalition noch keine Pläne für Ihre zukünftige Energiepolitik? Oder fürchten Sie sich davor, die Pläne Ihrer zukünftigen Energiepolitik offen zu legen?

So fühlt sich die Landesregierung zum Beispiel dem Ziel verpflichtet, für eine preisgünstige Versorgung der Bevölkerung mit Energie zu sorgen. Herr Minister Austermann, das ehrt Sie grundsätzlich. Aber was tun Sie, um dieses Ziel zu erreichen? Es wäre genau die Aufgabe der Politik, klipp und klar zu sagen, wie sie dieses Ziel erreichen will. Fehlanzeige im Bericht.

Wer oder wie soll der Energiemix bestimmt werden, auf den wir uns alle verlassen wollen? Antwort auf diese Frage - Fehlanzeige!