Protocol of the Session on September 17, 2009

In der Zielrichtung, Schleswig-Holstein darf nicht gestatten Sie mir den Ausdruck - „CO2-Klo“ der Nation werden, sind wir uns alle einig. Das Problem ist nur, lieber Lars Harms - das hättest du redlicherweise auch sagen können -, in dem Antrag, den du hier so vehement vertreten hast, fehlt die Grundlage dafür, dass Schleswig-Holstein überhaupt die Handlungshoheit in dieser Frage bekommt.

(Beifall bei FDP und CDU)

Genau diese Grundlage schaffen wir mit unserem Antrag. Wir wollen, dass Schleswig-Holstein selbst entscheidet, was mit unserem Boden beziehungsweise unter unserem Boden passiert. Dazu muss die Genehmigungsfrage in Landesrecht überführt werden. Darüber hätte man sich vielleicht auf der Seite auch einmal Gedanken machen können, dort einmal anzusetzen, anstatt hier nur dicke Backen zu machen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Dann will ich noch etwas in punkto Redlichkeit sagen. Da holt sich der „Schatten-Ministerpräsident“, der „Möchtegern-gute-Ministerpräsident“ Dr. Ralf Stegner in sein Kompetenzteam einen Mann, den

ich sehr respektiere. Er heißt Professor Hohmeyer. Professor Hohmeyer ist Mitinitiator, Mitautor des Sonderberichts CCS des Weltklimarates IPCC. Der Weltklimarat hat sich in diesem Sonderbericht mit der Frage der CCS-Technologie intensiv beschäftigt und diese grundsätzlich als geeignete Technologie mit bedeutendem Potenzial bezeichnet. Professor Hohmeyer - also derjenige, der für diese Fragen im Kompetenzteam Stegner verantwortlich ist - sagt, dass CCS perspektivisch interessant sein wird, denn dann müsse der Atmosphäre aktiv CO2 entnommen werden, um den Klimagasanteil zu stabilisieren. Professor Hohmeyer wird auch nicht müde, darauf hinzuweisen, dass er eben gerade kein grundsätzlicher CCS-Gegner ist. Aber er sieht noch enormen Forschungsbedarf.

Sie wollen den Forschungsbedarf heute also verbieten. Interessante These! Das hat der Kollege Harms, der den gemeinsamen Antrag vorgestellt hat, gerade klipp und klar gesagt: Sie wollen keine Forschung bei CCS. Ich sage Ihnen: Das ist der falsche Weg. Da gebe ich Professor Hohmeyer ausdrücklich recht, dass man sich diesen Weg nicht von vornherein verbauen darf.

(Beifall bei FDP, CDU und des Abgeordne- ten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Natürlich kann der Zeitpunkt kommen, dass man die Möglichkeit nutzen muss, CO2 aus der Atmosphäre abzuscheiden. Wir reden nicht über die Abscheidung aus der Kohleverstromung. Wir reden darüber, CO2 aus der Atmosphäre abzuscheiden

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)

und weiterzuverwenden. Dieser Technologie von vornherein eine Absage zu erteilen, lieber Lars Harms, halte ich für falsch.

(Beifall bei FDP, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Nein, Kollege Hentschel, da kommen wir nicht näher. Die Position haben wir immer vertreten.

Wir sind der Auffassung, dass es zunächst dringend notwendig ist, die Frage der unterirdischen Einlagerung von CO2 in die Gesetzgebungskompetenz des Landes Schleswig-Holstein zu überführen. Die derzeitige Ansiedlung im Bergrecht hat zur Folge, dass sämtliche Genehmigungen im Amt für Bergbau, Energie und Geologie in Clausthal-Zellerfeld erteilt werden. Wäre die Zuständigkeit beispiels

(Dr. Heiner Garg)

weise im Bodenrecht angesiedelt, dann könnte Schleswig-Holstein allein entscheiden, ob überhaupt Genehmigungen erteilt werden. Derzeit können wir das nicht.

Insofern würde ich den Spieß gern umdrehen: Ziehen Sie Ihren Antrag zurück, und stimmen Sie unserem Antrag zu. Dann knallen Sie die Forschungstür nicht zu, sondern machen Forschung weiter möglich.

(Beifall bei FDP und CDU)

Vor allem ermöglichen Sie Schleswig-Holstein, selbst darüber zu entscheiden, was im Erdreich passiert. Das ist der richtige Weg - nicht einfach die Türen zuknallen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Das Wort zu einem Kurzbeitrag -

(Zuruf)

Wie bitte? - Oh, Entschuldigung. Habe ich die Grünen nicht aufgerufen? Das ist sträflich. Entschuldigung; ich war ein bisschen zu weit. - Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun der Herr Abgeordnete Detlef Matthiessen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Bernstein hat hier verschiedene Positionen der Grünen dargelegt, die übrigens fast deckungsgleich mit einigen Dingen sind, die Herr Dr. Garg für die FDP vorgetragen hat. Sie hatten offensichtlich nicht die Absicht, die Klugheit dieser Beschlüsse zu unterstreichen, sondern vielmehr, Gegensätze auszumachen und diese dem Publikum vehement darzulegen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Bernstein?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Jetzt schon?)

Ja, gern.

Bitte.

Herr Kollege Matthiessen, ich hatte nicht die Absicht, über Klugheit oder Nichtklugheit zu urteilen. Ich möchte fragen, ob die Position, wie Sie sie jetzt darstellen, mit dem Antrag zusammenpasst, den Sie gestellt haben, nämlich CCSTechnologie komplett zu verbieten?

(Lars Harms [SSW]: Das steht da nicht drin! Da steht drin, die Endlagerung zu verbieten!)

Das ist ein politischer Antrag. Wir sagen, wir wollen CCS-Technologie in der ökonomischen Praxis verbieten. Denn es gibt nur einen Zusammenhang. Herr Bernstein, wer will das leugnen? Dieser Zusammenhang heißt: Wir haben damit eine Legitimation für den Bau neuer Kohlegroßkraftwerke.

(Beifall beim SSW - Ursula Sassen [CDU]: Das stimmt ja gar nicht! - Zuruf von Minis- terpräsident Peter Harry Carstensen)

- Herr Ministerpräsident, die Kohle muss in der Erde bleiben.

(Zuruf von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen - Ursula Sassen [CDU]: Er hat nicht zugehört, was Herr Garg gesagt hat!)

- Ich sage das gern auch Herrn Steinbrück und der SPD. Ich glaube, es ist hinlänglich bekannt, dass die Landes-SPD Schleswig-Holstein hinsichtlich der Bundesprogrammatik ihrer Partei ein gewisses Problem hat. Gerade bei der CCS-Geschichte gilt das für alle hier vertretenen Parteien.

Herr Ministerpräsident, wer sich jetzt zum Retter Nordfrieslands aufbläst, den möchte ich darauf aufmerksam machen, dass noch vor wenigen Monaten die CDU - wie die gesamte Landesregierung - einen massiven CCS-Unterstützungskurs gefahren hat. Ich bin mit anderen energiepolitischen Sprechern von dem ehemaligen Wirtschaftsminister Austermann zu einer Vorstellung von RWE Dea eingeladen worden. Dort wurde alles wunderbar dargestellt. Dort habe ich keine kritische Haltung Ihrer Landesregierung identifizieren können.

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen: Auch nicht von Ihnen, Herr Matthiessen! - Ursula Sassen [CDU]: Auch nicht von Ih- nen!)

(Dr. Heiner Garg)

- Nein. Ich habe gesagt: wie da auch.

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen: Dann tut man so, als sei man schon immer dagegen gewesen!)

Ich komme jetzt zu Axel Bernstein und zur FDP. Es ist eine völlig konsistente, widerspruchfreie Positionierung, wenn wir sagen: Erstens. Wir lehnen die ökonomische Anwendung vor dem Hintergrund des Neubaus von Kohlegroßkraftwerken ab.

Zweitens. Wir halten die Forschung für CCS nach wie vor für interessant.

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen: Aha!)

Es fragt sich nur, auf welchem Niveau man sie betreiben soll.

Wenn CCS-Technologie zur Verfügung steht - ich glaube übrigens nach Veranstaltungen mit Wissenschaftlern, dass sie vielleicht sogar früher zur Verfügung steht, als die Landesregierung dies in ihren Antworten auf meine Anfragen prognostiziert hat -, gibt es vor dem Hintergrund der Problematik des Klimaschutzes nur einen legitimen Anwendungsfall. Das ist Biomassetechnologie mit CCS-Technologie. Das ist eine echte CO2-Senke, ein Entzug von CO2.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zuruf von Ministerpräsident Peter Harry Carsten- sen)

Bitte keine Zwischenrufe von der Regierungsbank!

Es ist ja interessant, sich mit dem Ministerpräsidenten auszutauschen.

(Zuruf von der CDU: Das können Sie drau- ßen machen!)

Herr Ministerpräsident, es ist doch ein Unterschied, ob ich Kohlenstoffe aus der Erde mobilisiere, hier verbrenne und dann verpresse, oder ob ich Biomasse, die CO2 bindet, energetisch nutze und das in das Erdreich bringe. Das ist ein echtes Verschwinden von CO2 aus der Atmosphäre.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Bernstein?