Protocol of the Session on July 23, 2009

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der SPD: Das ist auch stillos!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit sind wir beim Kern der Frage, die wir hier miteinander zu diskutieren haben: Wollen Sie eigentlich die Auflösung des Schleswig-Holsteinischen Landtags zum Zwecke der Neuwahl am Tage der Bundestagswahl, oder wollen Sie die Auflösung nicht? - Nach Ihrer Rede rätsele ich einmal mehr: Was will der SPD-Fraktionsvorsitzende eigentlich?

In seiner Rede am 17. Juli hat er gesagt:

„… wir brauchen einen Neuanfang und es wird Neuwahlen geben müssen.“

Im Deutschlandfunk am 18. Juli:

„Es wird Neuwahlen geben, und die SPD wird dem nicht im Wege stehen.“

An anderer Stelle, in demselben Interview:

„Auch die SPD ist dafür - die Koalition ist ja kaputt -, dass es bald zu Neuwahlen kommt. Die wird es ja auch geben … “

Ihre Fraktion haben Sie unter Punkt 6 beschließen lassen:

„Die SPD-Fraktion wird vorgezogene Neuwahlen nicht blockieren. Die Menschen wollen nunmehr keinen Dauerstreit, sondern eine schnelle Lösung.“

Dann nehmen Sie hier ganz bewusst die Stellung des Oppositionsführers ein und machen damit deutlich - auch mit Ihrer Erklärung, die nachvollziehbar und logisch ist; so weit ist noch alles in sich schlüssig -, Sie trügen diese Regierung nicht mehr mit. Aber dann stellen Sie sich hier in diesem Haus, wie gerade eben, an dieses Pult, gerieren sich als oberster Verfassungshüter des Landes Schleswig-Holstein und reden von einer „fingierten“ Vertrauensfrage. Herr Stegner, einmal mehr die Aufforderung an Sie: Bekennen Sie Farbe! Was wollen Sie eigentlich?

(Beifall bei CDU und FDP)

Die CDU-Landtagsfraktion geht diesen schwierigen Weg mit. Nachdem es nicht möglich war, am Montag bei der offiziellen Abstimmung über den Auflösungsantrag, den wir gemeinsam mit den Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie den Abgeordneten des SSW gestellt hatten, diesen Weg zu gehen, müssen wir heute den weiteren Schritt gehen, der logisch ist und der auch in der Konsequenz Ihrer öffentlichen Erklärungen steht, Herr Kollege Stegner.

Ich bin mit meiner Fraktion der Auffassung, dass eine stabile Mehrheit in diesem Haus für die Lan

(Dr. Johann Wadephul)

desregierung von Peter Harry Carstensen nicht mehr gegeben ist. Deshalb werde ich mich bei der kommenden Abstimmung der Stimme enthalten. Zugleich habe ich meiner Fraktion empfohlen, sich ebenfalls zu enthalten. Dies ist in dieser konkreten Verfassungssituation eine Gewissensentscheidung einer jeden Abgeordneten und eines jeden Abgeordneten.

(Zuruf der Abgeordneten Ingrid Franzen [SPD])

- Frau Kollegin Franzen, im Gegensatz zu dem offensichtlichen Verhalten in Ihrer Fraktion am vergangenen Montag übe ich in dieser Situation keinen Fraktionszwang aus, sondern ich überlasse es jedem einzelnen Abgeordneten, wie er sich in dieser Situation verhält. Das ist vielleicht ein Unterschied in der Parlamentskultur, die wir in den Fraktionen miteinander üben.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Entscheidung fällt vielen von uns und auch mir nicht leicht.

Ich bin - um das deutlich zu sagen - nicht der Meinung eines Kommentators einer schleswig-holsteinischen Zeitung, die Große Koalition trete mit leeren Händen vor die Wählerinnen und Wähler. In diesem Regierungsbündnis wurde gerade zu Beginn manches erreicht. Die Verknüpfung von Wissenschafts- und Wirtschaftspolitik unter Minister Dietrich Austermann erwies sich als ebenso sinnvolle wie effektive Zusammenführung der Stärken unseres Heimatlandes. Ob es um die wissenschaftlichen Exzellenzcluster, das Hochschulgesetz, die gezielte Strukturförderung im Schleswig-HolsteinFonds oder das Vorantreiben von schon visionären Infrastrukturmaßnahmen wie der festen Fehmarnbelt-Querung ging - diese Landesregierung unter Führung von Peter Harry Carstensen sorgte für Wachstum, Zuversicht und Arbeitsplätze.

(Beifall bei der CDU)

Gemeinsam mit Umwelt- und Landwirtschaftsminister Dr. Christian von Boetticher gelang es, eine moderne Umweltpolitik mit den Menschen und nicht gegen sie zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Unser Landesnaturschutzgesetz schützt die natürlichen Lebensgrundlagen effektiv und nimmt die Menschen unseres Heimatlandes auf diesem Weg mit.

Ausdrücklich möchte ich die erfolgreiche Politik der bisherigen sozialdemokratischen Ressorts hinzuzählen: Mit Innenminister Dr. Ralf Stegner verabschiedeten wir beispielsweise ein Polizeigesetz, das gegen mannigfache Widerstände - auch unserer damaligen Opposition - durchgesetzt werden musste, das aber das Prädikat „Wir sichern Recht und Ordnung und stärken unserer Polizei den Rücken!“ wirklich verdient hatte.

Ebenso gehören moderne und zukunftsgerichtete Gesetzesvorhaben wie das gemeinsam mit Justizminister Uwe Döring erarbeitete Jugendstrafvollzugsgesetz oder das mit Sozialministerin Dr. Gitta Trauernicht erarbeitete Kinderschutzgesetz zu den Erfolgen der Großen Koalition.

Ich bleibe - auch im Vorfeld des Landtagswahlkampfes - dabei, dass unser neues Schulgesetz richtig war und dass der jahrzehntelange Streit zwischen rechts und links um das richtige Schulsystem in unserem Land zu Recht beendet wurde. Dies ist auch ein Verdienst von Ute Erdsiek-Rave.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Dr. Gitta Trauernicht [SPD])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir bekennen uns zu diesem Schulgesetz, und wir leben es - Herr Kollege Stegner, im Gegensatz zu Ihren Ausführungen - in allen seinen Ausprägungen, auch mit Streit in der eigenen Partei.

Es gibt viele Kommunalpolitiker in der Union, die sich vor Ort für eine Gemeinschaftsschule entschieden haben. Es wirft ein gewisses Schlaglicht auf Ihren politischen Stil, dies in Abrede zu stellen. Ich möchte mir das, was es dort an neuen Gemeinsamkeiten in der Bildungspolitik gegeben hat, auch durch einen harten Wahlkampf nicht völlig nehmen lassen.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])

Mit Lothar Hay als Fraktionsvorsitzendem und mit ihm als Innenminister habe ich persönlich und hat meine Fraktion insgesamt gut zusammengearbeitet. Wenn Sie heute sagen, dass Sie die Privilegien der Ministerien nicht davon abhalten, hier Ihren Weg zu gehen, ist es schon fast tragisch, dass Lothar Hay mit dem Verlust des Amtes dafür bezahlen muss, dass Sie diesen ganz speziellen Weg, Herr Kollege Stegner, in dieser Koalition gegangen sind.

(Beifall bei der CDU - Zuruf der Abgeordne- ten Ingrid Franzen [SPD])

(Dr. Johann Wadephul)

Von Anfang an musste jedoch im Fokus unserer Politik die Haushaltslage des Landes stehen. Schwieriger hätte die Ausgangslage kaum sein können. Der vom damaligen, vormaligen Finanzminister Dr. Ralf Stegner vorgelegte Haushalt, den er später einmal verharmlosend „Wahlkampfhaushalt“ nannte, verschleierte eine Nettoneuverschuldung für das Jahr 2005 von sage und schreibe 1,7 Milliarden €.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Unglaublich!)

Von Anbeginn an hat die CDU in diesem Politikbereich einen völlig anderen Schwerpunkt gesetzt als viele - nicht alle - Sozialdemokraten in diesem Haus.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Er hat Schleswig- Holstein ausgeplündert!)

Es geht, wie ich in der Debatte der vergangenen Woche schon gesagt habe, die dem Koalitionsausschuss gewidmet war, darum, nachhaltige Politik zu machen.

Finanzminister Rainer Wiegard, der ganz neue Schwerpunkte in der schleswig-holsteinischen Finanzpolitik gesetzt hat, die ein dauerhaftes Verdienst seiner Politik in diesem Amt sind - das kann man schon jetzt feststellen -, hat dieses Haus in den Haushaltsberatungen immer wieder auf seine Verantwortung für kommende Generationen hingewiesen.

Er hat mit uns erreicht, dass erste, wichtige Weichenstellungen zu einer Konsolidierung unseres Haushalts erfolgen konnten. Doch letztlich - der Herr Ministerpräsident hat die Entwicklung nach dem letzten Koalitionsausschuss beschrieben - fehlte an den entscheidenden Weichenstellungen der SPD - jedenfalls in ihrer Gänze - die Kraft und die Bereitschaft, wirklich das Ruder herumzureißen.

Von einer Politik, die das Land sehenden Auges mit dem verniedlichenden Ausspruch: „Wir können doch das Land nicht kaputtsparen“ in den Abgrund führt, abzulenken, dazu ist die CDU-Fraktion in diesem Haus gemeinsam mit der CDU-Regierung nicht bereit.

(Beifall bei der CDU)

Diese Auffassung ist Grundlage unserer Finanzpolitik in den vergangenen vier Jahren gewesen. Wir haben dem schon in dem ersten gemeinsamen Entschließungsantrag der damaligen Koalitionsfraktionen von CDU und SPD Ausdruck verliehen. Wieder und wieder haben wir erleben müssen, dass diese Politik letztlich nicht getragen wird. Wie anders

kann man sich beispielsweise das auch vom Ministerpräsidenten angesprochene Theater um die irrsinnigen Versprechungen hinsichtlich zweier weiterer kostenloser Kindergartenjahre erklären?

In der heutigen Debatte muss etwas zum Thema HSH Nordbank gesagt werden. Kollege Dr. Stegner hat dazu die Behauptung erhoben, es gehe darum, vom Thema HSH Nordbank abzulenken.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das hätte er wohl gern.)

Dazu ist aus Sicht meiner Fraktion zu sagen, dass wir es schlicht für ausgeschlossen halten, dass irgendjemand - wenn er es denn überhaupt wollte von diesem Thema ablenken könnte. Denn das Thema HSH Nordbank ist für unser Bundesland schlichtweg existenziell, möglicherweise sogar existenzbedrohend.

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Vernichtend!)

Dieser Landtag ist auch mit Stimmen meiner Fraktion im Frühjahr dieses Jahres Verbindlichkeiten in einem Volumen eingegangen, die einmalig für unser Bundesland sind. Diese Entscheidung ist nach sorgfältigem Abwägen und Inanspruchnahme umfänglicher Beratungen erfolgt. Allein dieses finanzielle Engagement verlangt von jedem verantwortlichen Landespolitiker, dass auch jeder Winkel der Bank daraufhin ausgeleuchtet wird, wie es zu einer derart katastrophalen Entwicklung unserer gemeinsamen Landesbank kommen konnte.