Protocol of the Session on July 16, 2009

Ohne die oftmals gesehenen ordnungspolitischen Scheuklappen der letzten Monate wurde hier zum einem der Betriebsübergang in Rendsburg mitgestaltet und zum anderen nicht nur mit dem neuen Finanzierer HSH hier in Kiel, sondern auch durch einen Massekredit des Landes das Überleben der

insolventen Werft gesichert. Ich hoffe, dass auch eine Finanzierung für einen möglichen Anschlussauftrag gefunden werden kann.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Es wäre eine Verschwendung von Ressourcen gewesen, diesen Bauauftrag nicht zu Ende zu führen beziehungsweise das Schiff nach Fertigstellung, wie früher einmal geschehen, gleich der Verschrottung zuzuführen. In dem angesprochenen Fall gab es ein gutes Ende. Das sollte auch für andere Aufträge gelten. Das Wirtschaftsministerium hat hier diskret, aber sehr wirkungsvoll gearbeitet.

Für die Zukunftsfähigkeit der Schiffbauindustrie bleibt auch wichtig, das Branchenwissen der Beschäftigten zu sichern. Dazu dienen natürlich nicht nur die Maßnahmen der Kurzarbeit. Der Bund und der Verband Schiffbau und Meerestechnik haben ein Modell für einen Personalpool entwickelt, um das, was angestrebt wird, zu ermöglichen. Wenn auch der Bedarf vielleicht nicht so groß ist, so sollte man sich die entsprechenden Möglichkeiten dennoch offenhalten. Die Unternehmen bleiben aufgefordert, diese Möglichkeiten zu nutzen.

Es wäre auch schön gewesen - Sie haben dies angesprochen -, wenn wir den Punkt in den Antrag mit hätten aufnehmen können, der Folgendes beinhaltet: Die Abnahme beziehungsweise der Weiterbau von bereits begonnenen Handelsschiffen muss durch öffentliche Mittel gesichert werden, um Ressourcen nicht zu verschwenden. Es sollte geprüft werden, ob die Abnahme bereits bestellter oder im Bau befindlicher Schiffe beziehungsweise fertig gebauter Schiffe, die von den Reedern nicht mehr abgenommen werden, zuwendungsrechtlich möglich ist. - Das waren die „bösen“ Worte, die auch Herr Stegner der Presse gegenüber kundgetan hat. Damit ist er momentan näher bei Angela Merkel als bei Hans-Jörn Arp. Es wäre natürlich schön, wenn man sich, ohne ordnungspolitisches Lehrbuchwissen zu vertreten, mehr am Schicksal der Werftarbeiter und ihrer Familien orientiert hätte.

(Beifall bei der SPD)

Letztlich müssen auch wir hier im Lande etwas lauter werden. Wir können von den Mecklenburg-Vorpommeranern lernen, die in sehr beispielhafter und bewundernswerter Weise die Interessen des Schiffbaus und der Menschen, die von ihm Leben, vorgetragen haben. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der SPD)

(Thomas Rother)

Ich danke Herrn Abgeordneten Thomas Rother. Für die FDP-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Rother, zunächst einmal sollte man Angela Merkel nicht in der Weise zutiefst Unrecht tun, dass man ihr - in welcher Frage auch immer eine Nähe zu Herrn Stegner unterstellt. Ich finde, das hat die Kanzlerin wirklich nicht verdient.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin dem Kollegen Arp - das sage ich in vollem Ernst - aber ausdrücklich dankbar dafür, dass er sich offensichtlich federführend für die Union an dieser Stelle mit wirtschaftspolitischem Sachverstand durchgesetzt hat. Es kann ja wohl nicht angehen, dass die öffentliche Hand in Zukunft alles aufkauft: Häuser, Schiffe, Autos, Fabriken und so weiter. Das wird nicht funktionieren. So kommt man auch nicht aus der Krise heraus. Insofern sage ich hier ganz deutlich, lieber Kollege Arp: Zu Ihrem Antrag in der Form, wie er hier vorliegt, hätte ich so etwas Ähnliches gesagt wie vorhin zu Ihrem Antrag zur Mittelstandsförderung. Nimmt man aber Ihren Redebeitrag, der ja Subtanz hatte, hinzu, so kann ich für meine Fraktion sagen: Ich schließe mich Ihren Ausführungen inhaltlich voll an. Die FDP-Fraktion wird Ihrem Antrag in der vorliegenden Form zustimmen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Über die Zukunft der Schiffbauindustrie in Schleswig-Holstein haben wir hier im Landtag schon oft diskutiert. Wir wissen um die besondere industriepolitische Bedeutung des Schiffbaus und der maritimen Wirtschaft für Schleswig-Holstein.

Die aktuelle Situation ist wieder einmal bedrohlich, und der Wechsel vom Schiffsbauboom zur aktuellen Krise ist diesmal so schnell erfolgt wie noch niemals zuvor. Die IG-Metall Küste fordert von den

deutschen Werften und Schiffbauzulieferern weitere personalpolitische Anstrengungen und Investitionen in die Zukunft. Dies beinhaltet insbesondere eine Verjüngung der Belegschaften und verstärkte Anstrengungen in Forschung und Entwicklung. Mit dem Einsatz von Kurzarbeit können die Mitarbeiter gehalten und in diesen Zeiten weiter qualifiziert werden, wie es Herr Kollege Arp auch schon ausgeführt hat. Ich glaube, es ist eine wichtige Botschaft, dass wir in einer Zeit, in der wir Kurzarbeit einsetzen müssen, diese dann auch für eine weitere Qualifizierung nutzen sollten.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Wir brauchen außerdem verlässliche und stabile Zusagen der Banken zur Schiffsfinanzierung. Die Finanzkrise darf keine lang andauernde Schiffbaukrise auslösen.

Die Wirtschaftskrise hat unmittelbar zu einem rapiden Rückgang bei den Schiffstransporten geführt, und zwar weltweit. Es wird von über 400 Schiffen gesprochen, die aus dem Verkehr gezogen worden sind, weil es keine Ladung für sie gibt oder die Charterraten die Kosten nicht decken. In den Boomzeiten haben die Reeder ohne Frage klotzig verdient. Die Gelddruckmaschine ist jetzt aber blockiert. Selbst die Hamburger Reederei HapagLloyd steckt in Schwierigkeiten. Die deutschen Seeschiffswerften hatten noch bis September 2008 ihr Stammpersonal leicht aufgestockt. Die deutschen Werften sind heute sogenannte atmende Unternehmen, die sich durch einen hohen Grad interner und externer Flexibilität auszeichnen. Instrumente wie Arbeitszeitkonten und flexible Schichtgestaltung sind ebenso alltäglich wie der Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen. Nur rund 67 %, also grob gesagt zwei Drittel der Beschäftigten sind direkt Beschäftigte; der andere Teil sind Leiharbeitnehmer und Werkvertragsarbeitnehmer. Es darf bei HDW keinen Ausstieg aus dem zivilen Schiffbau geben. Ein einseitiges Setzen auf den Militärschiffbau engt die Flexibilität ein - das hat auch die Vergangenheit gezeigt - und kann auf Dauer die Arbeitsplätze nicht sichern.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Man sollte auch die Frage, warum HDW nicht mit in das Geschäft mit der Offshorewindenergie als Systemanbieter einsteigen sollte, noch einmal ernsthaft prüfen. Eine Großwerft ist dafür prädestiniert. Sie kann alle Aspekte abarbeiten, vom Transport über die Verankerung im Meeresboden bis hin zur Aufstellung der Windenergiegiganten.

Die maritime Verbundwirtschaft hat an der Küste Zukunft. Das Verkehrsmittel Schiff ist im Prinzip ein umweltverträgliches System mit großen Chancen für weitere Verbesserungen. Ich denke dabei an Doppelhüllentanker, an Katalysatorentechniken für Abgasminderung, an Windantriebe wie die Sky Sails oder Flettner-Rotoren und an die Nutzung von dieselelektrischen Antrieben. Hochinteressant finde ich auch Leichtbaukonzepte. Wenn wir es zum Beispiel mit Personentransporten zu tun haben, kann ein relevante Spritersparnis zur Senkung der Life Cycle Costs beitragen.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Wir setzen uns ein für emissionsabhängige Hafengebühren in den Nord- und Ostseehäfen ein, und zwar möglichst EU-weit. Schweden und Norwegen haben es uns vorgemacht, dass auch nationale Alleingänge Sinn machen und in der Wirtschaft innovative Kraft entfalten.

Die Grünen unterstützen mit Nachdruck eine Verkehrsverlagerung From Road to Sea. Dieser Slogan, der von der EU-Kommission, der Bundesregierung und auch der Landesregierung inhaltlich als verkehrspolitisches Ziel anvisiert wird, muss sich in der praktischen Politik aber auch niederschlagen. Mit ihrer Politik für eine feste Fehmarnbelt-Querung tun CDU, SPD und FDP aber genau das Gegenteil und setzen auf die absurde Verkehrsverlagerung From Sea to Road. Da kann man sich wirklich nur an den Kopf fassen.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Die Verschärfung von Umweltauflagen in den Häfen und auf den Meeren kann die Entwicklung umweltverträglicher Antriebe und energiesparender Rümpfe deutlich befördern. Hier haben deutsche Werften mit ihren qualifizierten Belegschaften große Chancen. Aber auch für die umweltfreundlichsten und energieoptimiertesten Schiffe muss es erst einmal Aufträge geben, damit wieder neue Beschäftigung auf die Werften zukommt. Jetzt ist die Zeit der Überbrückung.

(Beifall beim SSW)

Ich danke Herrn Abgeordneten Matthiessen. - Für den SSW im Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Situation für die deutschen Werften spitzt sich weiter zu, und eine Besserung ist bisher nicht in Sicht. Die Auswirkungen der Finanzkrise und der damit verbundene Rückgang des Frachtverkehrs haben den deutschen Werften enorm zugesetzt. Immer wieder sind neue Hiobsbotschaften von Insolvenzen bei den Werften zu vernehmen. Die durch die konjunkturell guten Jahre entstandenen Überkapazitäten wirken jetzt wie ein Bumerang.

Ein anderer Aspekt, der unseren Werften in den letzten Jahren erheblich zu schaffen gemacht hat, ist das starke Eindringen der asiatischen Werften auf dem Weltmarkt. Gestützt durch staatliche Subventionen für Container- und Frachtschiffe in Ländern wie Südkorea und China, konnten diese Werften dort ihre Position auf dem Weltmarkt massiv ausbauen. Durch weitere milliardenschwere staatliche Subventionen sollen die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise dort abgefangen werden. Dies führt natürlich zu Wettbewerbsverzerrungen, die unsere Werften in der jetzigen Situation allein nicht bewältigen können.

Zwar leistet der Bund, wie es auch aus dem Antrag hervorgeht, entsprechende Hilfen zur Rettung des Schiffbaus an deutschen Standorten, aber wir wissen auch, dass dies allein oft nicht ausreicht. Daher möchte ich bereits vorweg sagen, dass wir dem vorliegenden Antrag zustimmen werden, weil wir damit deutlich machen können, dass die Verantwortung für die deutschen Werften nicht allein beim Bund liegt, sondern dass auch wir als Land eine Verpflichtung gegenüber unserer Werften haben.

(Beifall beim SSW)

Auch wenn wir nicht milliardenschwere Zusagen leisten können, müssen wir für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgen, die für unsere Werften in Zukunft wichtig sein werden.

Eine maßgebliche Aufgabe spielen natürlich die Banken in dieser Zeit. Soll heißen, wir können es niemandem erklären, dass wir den Banken auf der einen Seite mit Milliardenkrediten aus der Klemme helfen und diese sich bei der Kreditvergabe querstellen beziehungsweise den Werften das Leben schwer machen. Hier sind die Banken gefordert, die schließlich mit öffentlichen Geldern unterstützt werden.

(Detlef Matthiessen)

Unbürokratische staatliche Zinsbeihilfen für Schiffbauunternehmen sind darüber hinaus ein richtiger Ansatz.

Ich möchte aber auf ein weiteres Problem hinweisen, das den Werften die Finanzsituation zurzeit erschwert. Wir wissen, dass die Werften für den Bau ihrer Schiffe immer wieder auf Kredite angewiesen sind. Doch diese Kredite werden immer nur temporär genutzt und nicht immer voll ausgeschöpft. Was unsere Werften derzeit nicht brauchen, sind Kreditmittel, die als Gesamtsumme vollständig zur Verfügung gestellt werden, auch wenn man sie kurzfristig nicht vollständig benötigt. Der bei einer nur teilweisen Ausnutzung der Kreditlinie fällige Vorfälligkeitszins belastet die Werften zusätzlich. Die Werften brauchen kurzfristige Kredite, und das müssen unsere Banken und Kreditinstitute leisten.

(Beifall beim SSW)

Ein wichtiger Aspekt für die Zukunft der Werften kommt insbesondere dem Bereich Innovation und Forschung zu. Wir müssen erkennen, wo unsere Stärken in der Schiffbauindustrie sind. Diese liegen eindeutig bei der Weiterentwicklung des Knowhows. Das heißt, dass die Aktivitäten und Investitionen im Bereich von Forschung, Entwicklung und Innovation weiter intensiviert werden müssen. Die Zusammenarbeit unserer Hochschulen mit den Werften muss weiter verbessert und verstärkt werden. Wir brauchen mehr Ingenieure auf dem maritimen Sektor. Hier müssen wir als Land unseren Beitrag leisten.

Angesichts strengerer Umweltauflagen, die auch in der maritimen Wirtschaft künftig stärker zum Tragen kommen werden, ist es wichtig, dass auch in diesem Bereich die Forschung weiter vorangebracht wird. Umweltfreundliche Schiffe und entsprechende neue Technologien werden in Zukunft stärker benötigt als bisher. Dafür bedarf es aber politischer Entscheidungen auf europäischer Ebene, dass umweltschädliche Schiffe vom Markt genommen werden müssen und durch energiesparende und schadstoffarme Schiffe ersetzt werden. Da macht es durchaus Sinn, dass wir als Parlament praktisch als Basis fungieren und den Druck nach Brüssel entfalten, damit dies geschieht. Wir wissen um die finanziellen Zwänge, in denen unsere Werften derzeit stecken. Es wird Zeit kosten, bis die genannten Maßnahmen greifen.

Daher ist es wichtig, dass die Werften die bestehenden Möglichkeiten voll ausschöpfen. Es darf nicht zu Massenentlassungen kommen. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Menschen weiter

zu qualifizieren und fortzubilden. Antizyklisches Handeln in der Beschäftigungs- und Ausbildungspolitik ist jetzt gefragt. Dabei müssen das Land und der Bund die Werften unterstützen. Die von mir genannten politischen Maßnahmen müssen diesen Prozess entsprechend flankieren, damit die Werften eine Chance haben. Dann ist zumindest mir um die Zukunft der Werften und der Werftenindustrie im Land Schleswig-Holstein nicht bange.

(Beifall bei SSW und SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms. Das Wort für die Landesregierung hat nun Herr Wirtschaftsminister Dr. Jörn Biel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts der schwierigen Situation der Werften muss man sich Gedanken machen, wie die allgemeinen Rahmenbedingungen, aber auch die konkreten Unterstützungsmaßnahmen für den Schiffbau verbessert werden können. Ich stimme mit den Antragstellern überein, dass manches schnellstmöglich verbessert werden muss. Das sage ich vor allem in Richtung Bund.

Das Zusammentreffen eines tiefen Konjunktureinbruchs mit der globalen Finanzmarktkrise stellt unsere Werften und die Zulieferindustrie vor große Herausforderungen. Der mit der Wirtschaftskrise verbundene Rückgang des Welthandels führt zu einem Überangebot an Schiffstonnage. Weiter verstärkt wird dies durch die noch im Bau befindlichen oder bestellten Schiffe. Die Schiffswerte und damit auch deren Beleihungswerte sinken dramatisch. Dies verschärft die ohnehin bestehenden Finanzierungsprobleme. Zusammen mit der verringerten Risikobereitschaft der Banken ist dies für viele deutsche Werften belastend bis existenzbedrohend.

Seien Sie versichert: Wir schauen den Problemen nicht zu, sondern arbeiten mit sehr großem Aufwand an Lösungen konkreter Problemfälle. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir dies nicht auf dem offenen Markt austragen. Wir müssen die betroffenen Unternehmen insoweit auch vor Imageschäden schützen. Immerhin konnten wir letzte Woche nach monatelangem Ringen bei der Nobiskrug-Werft zu einer Lösung beitragen, die die Zukunft des Unternehmens und seiner Beschäftigten nachhaltig sichert.