Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich rede über das gleiche Gesetz. Von daher wird es möglicherweise zu einigen Doppelungen mit dem von meinem Vorredner Gesagten kommen; das liegt in der Natur der Sache.
Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat bereits im Dezember 2008 beschlossen, die im Jahr 1995 eingeführte Direktwahl der Landrätinnen und Landräte wieder abzuschaffen. Durch ein Vorschaltgesetz haben wir gleichzeitig sichergestellt, dass nicht noch über Jahre direkt gewählte Landräte neben solchen amtieren, die bereits in mittelbarer Wahl gewählt worden sind.
Gleichzeitig mit der Einführung der mittelbaren Wahl von Landrätinnen und Landräten soll - das war unsere Absicht - eine Stärkung des Ehrenamtes, das heißt des Kreistages, gegenüber dem seinerzeit mit der Einführung der Direktwahl gestärkten Landrat beziehungsweise der Landrätin erfolgen. Die Erfahrung in den letzten Jahren hat gezeigt, dass die Einflussbalance zwischen Ehrenund Hauptamt nicht mehr ausgewogen ist. Dieses wollen wir neu austarieren. Beides - sowohl die
Einführung der mittelbaren Wahl der Landrätinnen und Landräte als auch die Stärkung des Ehrenamtes - ist in dem vorliegenden Gesetzentwurf realisiert.
Meine Damen und Herren, es hat in der Vergangenheit Diskussionen darüber gegeben, ob es zulässig und angemessen ist, ein den Bürgerinnen und Bürgern einmal zugestandenes Wahlrecht wieder einzusammeln. Auch wenn die niedrige Wahlbeteiligung bei Landratswahlen ein Indiz dafür ist, dass diese Wahl nicht in der erwünschten Form angenommen wird, ist dies allein kein Grund, sie wieder abzuschaffen. Wir müssten, diesem Argument folgend, möglicherweise auch über die Abschaffung anderer Wahlen nachdenken; dies verbietet sich. Auch die Nichtteilnahme an einer Wahl ist eben eine in der Demokratie zulässige Form der Meinungsäußerung.
Schwerwiegender ist, dass mit der Landrätin und dem Landrat in den Kreisen nicht ein Regierungschef, sondern lediglich ein Verwaltungschef gewählt wird. Der langjährige Vorsitzende des Landkreistages, Johannes Petersen, hat es einmal so formuliert - ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin -:
„Zu großen Teilen hat der Landrat staatliche Weisungsaufgaben zu erfüllen, und er ist für seinen Teil seiner Tätigkeit untere Landesbehörde, also Teil der Staatsbehörde. Es ist völlig systemfremd, dass ein ausschließlich den Gesetzen verpflichteter Beamter sich einer politischen Wahl stellen muss. Das führt zu einer Politisierung des Amtes, was dem Amt eigentlich abträglich ist.“
Dieser Einschätzung stimme ich ausdrücklich zu und ergänze, dass die Erfahrungen in den letzten Jahren mit direkt gewählten Landrätinnen und Landräten diese Ansicht bestätigt haben. Fazit: Ein Landrat und eine Landrätin sind Verwaltungschef, die sinnvoll und richtig von den Kreistagen in mittelbarer Wahl bestimmt werden soll. Die Voraussetzung hierfür schaffen wir in diesem Gesetz und übernehmen für das Wahlverfahren die bis 1995 geltenden Bestimmungen aus der damaligen Kreisordnung. Gleichzeitig werden wir mit diesem Gesetz zu einer Stärkung des Ehrenamtes gegenüber der Position der Landrätin beziehungsweise des Landrates kommen.
Meine Damen und Herren, ein Argument für die Übertragung von Aufgaben auf die Landräte, die bis dahin vom Kreistag beziehungsweise dem damaligen Kreisausschuss wahrgenommen wurden, war, dass die aufgrund der besonderen Stellung di
rekt gewählte Landrätin oder Landrat auch eine stärkere Position und einen umfangreicheren Kompetenzbereich haben müsste. Weiter wurde aber auch gesagt, dass die Neuordnung und Abschaffung des damaligen Kreisausschusses zu einer Stärkung des Ehrenamtes führen würde. Diese Darstellung war damals schon nicht nur verwirrend, sondern leicht als der vergebliche Versuch der Quadratur des Kreises - oder der Kreise - zu durchschauen. Richtig ist, dass bei der Neuordnung und Abschaffung des Kreisausschusses der Landrätin und der Landrat in seiner Position deutliche Stärkung widerfahren ist.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wie sagte Herr Lehnert so treffend: Ein möglicherweise trockenes Thema. Ich bitte dennoch um etwas mehr Aufmerksamkeit für den Redner.
Ich bedanke mich für die Fürsorge und wiederhole: Richtig ist, dass bei der Neuordnung und Abschaffung des Kreisausschusses der Landrat in seiner Position deutlich gestärkt, hingegen der Kreistag mit seinen Gremien geschwächt wurde.
Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf trägt der Absicht, das ehrenamtliche Element gegenüber dem Landrat wieder zu stärken, Rechnung. Von der ursprünglichen Absicht, einen Verwaltungsausschuss nach dem Vorbild des früheren Kreisausschusses mit Organstellung einzurichten, sind wir auf Drängen unseres Koalitionspartners abgerückt. Der Diskussionsprozess, der dort durchlaufen worden ist, ist von meinem Vorredner dargestellt worden. Stattdessen wird neben der Einführung der mittelbaren Wahl, die die wesentlichste Stärkung des Ehrenamtes und des Kreistages darstellt, ein Verwaltungsausschuss mit gegenüber dem jetzigen Hauptausschuss gestärkten Kompetenzen eingerichtet. In Abstimmung mit ihm soll die Landrätin beziehungsweise der Landrat - so heißt es in § 53 - zukünftig die Verwaltung leiten.
Der Verwaltungsausschuss wird keine Organstellung haben, aber nicht nur durch seinen Namen dicht an die Seite der Landrätin und des Landrates gestellt, sondern muss stärker als bisher mit dem Ehrenamt zusammenwirken. Er wird damit faktisch zu einem die Verwaltung mitleitendem Organ, ohne dass das Trennungsprinzip zwischen dem Kreistag als Ebene der Willensbildung und dem Landrat als
ausführende Ebene verlassen wird. In seinen Kompetenzen gestärkt, wird er deutlich mehr Einfluss auf die Entscheidungen haben, die bisher dem Landrat und der Landrätin vorbehalten waren, und wird damit zu einem Partner des Landrates auf Augenhöhe in wichtigen Fragen.
Neben den bereits jetzt bestehenden Aufgaben des Hauptausschusses wird der Verwaltungsausschuss erweiterte Kompetenzen im Rahmen der Beteiligungsverwaltung haben. So wird er das Recht haben, dem Vertreter des Kreises Weisungen zu erteilen, soweit die jeweilige Beteiligung des Kreises mehr als 25 % beträgt. Weiter wird der Verwaltungsausschuss die Entscheidung über Einstellungen und Ausscheiden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die dem Landrat oder Landrätin unmittelbar unterstellt sind, sowie wiederum deren direkt unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern treffen können - also erste und zweite Delegationsebene. Wichtig ist, dass sich dies nicht nur auf die abschließenden Entscheidungen, sondern auch auf die entscheidungserheblichen Vorbereitungsmaßnahmen bezieht.
Weiter wird der Verwaltungsausschuss über die Gliederung der Verwaltung auf Vorschlag des Landrates beziehungsweise der Landrätin entscheiden. Mit diesen neuen Kompetenzen wird der Verwaltungsausschuss zu einem gewichtigen Partner an der Seite der Landrätin beziehungsweise des Landrates.
Der Verwaltungsausschuss wird nicht öffentlich tagen. Im Gegensatz zum früheren Kreisausschuss haben aber alle Kreistagsmitglieder das grundsätzliche Recht, an den Sitzungen des Verwaltungsausschusses teilzunehmen. Ich sage für meine Fraktion, dass wir uns auch hätten vorstellen können, die Frage, ob der Verwaltungsausschuss öffentlich oder nicht öffentlich tagt, in die Entscheidung des Kreistages über die Hauptsatzung zu geben. Dieser Vorstellung konnte sich unser Koalitionspartner aber bisher noch nicht anschließen.
Wir streben an, dass wir nach Beratung im Ausschuss zu einer Entscheidung kommen. Diese Beratung wird bis zum September abgeschlossen sein. Der Kollege hat den Ablauf eben erläutert. Dann können in den Kreisen Pinneberg und Steinburg und inzwischen auch in Stormarn die anstehenden Wahlen für die Landrätinnen beziehungsweise Landräte auf der Basis des neuen Gesetzes in die Wege geleitet werden.
nach unserer Auffassung zulässig und angesichts unterschiedlicher Aufgabenstellungen auch sachgerecht. Die Direktwahl in den Städten wird von den Bürgerinnen und Bürgern anders angenommen, da die Bürgermeister beziehungsweise die Bürgermeisterinnen hier sehr viel mehr als Repräsentanten ihrer Stadt gesehen werden und auch andere Entscheidungskompetenzen haben. Im Übrigen ist eine Differenzierung schon jetzt gegeben, da wir - wie ich meine, aus gutem Grund - auch die ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den kleinen Gemeinden nicht direkt wählen lassen, sondern dieses den Gemeindevertretungen überlassen.
Wir sind sicher, dass wir diesen Regelungen nicht nur das Ehrenamt gestärkt haben - das ist wohl unzweifelhaft -, sondern auch bei den Bürgerinnen und Bürgern, die nach unserer Einschätzung in den letzten Jahren etwas das Interesse an der Mitarbeit in der Kreispolitik verloren haben, dieses wieder neu geweckt werden kann. - Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Peter Eichstädt und erteile für die Fraktion der FDP Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da liegt er nun endlich vor uns! Mehr als ein halbes Jahr haben Union und SPD das Parlament in Unsicherheit darüber gelassen, was sie, von der Abschaffung der unmittelbaren Wahl der Landrätin und Landräte abgesehen, eigentlich sonst noch an Veränderungen der Kreisordnung beabsichtigen. Denn eines stand bereits am Anfang der Debatte um die Abschaffung der Direktwahl fest: Eine sogenannte Stärkung des Ehrenamtes sollte es auf jeden Fall geben.
Nun also, knapp acht Monate später, haben sich CDU und SPD auf ein Paket geeinigt, dass nichts Halbes und nichts Ganzes ist - ein schlechter, fauler Kompromiss der Großen Koalition im weitesten und besten Sinne, ohne Struktur, ohne klare Zuständigkeiten, ohne klare Verantwortlichkeiten, ein Entwurf, der nur Fragen auslöst und nur rechtliche Unsicherheiten schafft.
So, wie dieser Gesetzentwurf gestrickt ist, ist er mehr als überflüssig. Aber dazu komme ich noch später. Die Auffassung meiner Fraktion ist bekannt. Wir stehen für die Direktwahl der Landrätinnen und Landräte und wollen dementsprechend auch keine Kompetenzänderung zwischen dem unmittelbar demokratisch legitimierten Landrat und dem Ehrenamt vornehmen.
Aber allein aus diesem Grund werden wir den Gesetzentwurf der Großen Koalition ablehnen, der nur in einem Punkt auf unsere Zustimmung trifft, nämlich auf den Artikel 9 des Gesetzentwurfes, dass das Vorschaltgesetz zur Neuregelung der Wahl der Landrätinnen und Landräte wieder außer Kraft tritt.
Meine Damen und Herren, selbst wenn Sie nun die Direktwahl abschaffen wollen, müssen nicht zwangsläufig die Zuständigkeiten verschoben werden. Wir müssen auch nicht den früheren Kreisausschuss wieder einführen, und wir brauchen erst recht nicht die inkonsequenten Regelungen zu dem neuen Verwaltungsausschuss.
Wir unterstützen grundsätzlich die Auffassung des Landkreistags, der im wesentlichen einstimmig, also mit Stimmen von CDU- und SPD-Kommunalpolitikern, klar entschieden hat, dass er trotz der Abschaffung der unmittelbaren Landratswahlen keine weiteren wesentlichen Änderungen in der Kreisordnung für erforderlich hält und schon gar nicht den alten Kreisausschuss wieder einführen will.
Bei der beabsichtigten Abschaffung der Direktwahl der Landrätinnen und Landräte muss eben nicht zwangsläufig die Aufgabenteilung zwischen Landrätinnen oder Landräten, dem Noch-Hauptausschuss und dem Kreistag, neu vorgenommen werden. Es sollte das bisherige Trennungsprinzip zwischen Haupt- und Ehrenamt beibehalten werden. Die Abgrenzungen in den Kompetenzen zwischen Politik und Verwaltung sollten klar umrissen und die Organe des Kreises weiterhin der Kreistag und der Landrat sein.
Der Landkreistag schlägt lediglich vor, die Kompetenzen des Hauptausschusses in Bezug auf ein verbessertes Beteiligungscontrolling gegenüber Kreisgesellschaften und Zweckverbänden und ein Mitspracherecht bei der Übertragung beziehungsweise Abberufung von primären Leitungsfunktionen zu erweitern, ohne allerdings eine Organstellung des Ausschusses zu fordern.
Der Gesetzentwurf geht über diese Vorschläge hinaus, ohne für den künftigen Verwaltungsausschuss eine Organstellung festzulegen. So soll künftig der Verwaltungsausschuss oberste Dienstbehörde des Landrates sein - das ist bisher der Kreistag -, und der Verwaltungsausschuss soll im Bereich ÖPNV, Bürgschaften und Kreisvermögen Zuständigkeiten erhalten, die bisher der Kreistag oder Landrat innehatte. Alles Punkte, die wir ablehnen.
Bei der Verwaltungsgliederung hängt die innere Organisation der Kreisverwaltung nun vom Votum des Verwaltungssausschusses ab. Das ist schon ein gravierender Eingriff in die Leitung der Verwaltung, der wiederum klare Verantwortlichkeiten, die jetzt noch bestehen, beseitigt.
Noch schwieriger wird es aber bei der Formulierung im Gesetz, dass der Verwaltungsausschuss künftig an der Verwaltung des Kreises generell mitwirken soll. Der Landrat soll also die Verwaltung des Kreises in Abstimmung mit dem Verwaltungsausschuss leiten. Die Frage ist, wie weit hier das Mitwirkungsrecht reicht und wo die Grenze gezogen werden soll. Was geschieht, wenn der Landrat eine Entscheidung trifft, die nicht auf die Zustimmung des Verwaltungsausschusses trifft. Wo enden oder bis wohin reichen hier die Kompetenzen des Verwaltungsausschusses? Alles reichlich ungenau und im Zweifel wunderbarer Stoff für die Beschäftigung von Anwaltskanzleien, ganz zu schweigen davon, dass es genau bei diesen ungeklärten Abgrenzungsfragen zu lang andauernden Friktionen zwischen Haupt- und Ehrenamt kommen kann.
Dabei waren von der Großen Koalition einmal klare Zuständigkeiten angedacht. So erklärte der Vorsitzende des Innen- und Rechtsausschusses in der Debatte um das Vorschaltgesetz zur Abschaffung der Direktwahl der Landräte am 10. Dezember des letzten Jahres - ich zitiere -:
„Ehren- und Hauptamt tragen gemeinsam die Verantwortung. Deshalb ist die Veränderung des Kommunalrechts in Richtung Leitbild des alten Kreisausschusses mit Organstellung richtig.“
Kollege Kalinka hatte eine klare Vorstellung von der künftigen Struktur der Verwaltung. Er hatte den früheren Kreisausschuss mit Organstellung und klaren Kompetenzen im Sinn.
Auch die Sozialdemokraten wollten dies, wie die Rede vom Kollegen Puls in der gleichen Landtagsdebatte deutlich machte. Ich muss allerdings sagen, es ist schon bemerkenswert, dass heute von beiden
„Ein vom Kreistag gewählter und proportional zu dessen Sitzverteilung besetzter Verwaltungsausschuss, ähnlich dem früheren Kreisausschuss, soll künftig wieder die Funktion des verwaltungsleitenden Organs zwischen Kreistag und Landrat oder - besser gesagt - neben Kreistag und Landrat übernehmen …“