Protocol of the Session on November 12, 2003

Warum haben Sie nicht unmittelbar nach dem Urteil eine Initiative zur Änderung des Landesministergesetzes ergriffen? Dies kritisieren wir, und zwar mit aller Schärfe. Ihr Verhalten ist nach meiner Meinung

im Grunde ein Verstoß gegen Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit, eine Verletzung der parlamentarischen Gepflogenheiten und auch der Versuch einer Täuschung der Öffentlichkeit und des Parlaments.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die lahme Entschuldigung, dass es keine Unterrichtung des Landtags gegeben hätte, weil es um ein reines Verwaltungshandeln im Einzelfall gegangen sei, ist genauso scheinheilig wie peinlich, denn Ihre Behauptung, die Landesregierung habe nur darauf gewartet, dass im Bundesrat entsprechende Änderungen des Bundesversorgungsrechtes diskutiert würden, sind nur faule Ausreden, aber keine stichhaltigen Begründungen; darauf haben meine Kollegen Thorsten Geißler und Rainer Wiegard beim letzten Mal hingewiesen. Es sind pure Ausflüchte, die Öffentlichkeit ist gezielt getäuscht worden.

Ich sage noch einmal: Die Landesregierung hat sich zu Fragen des Beamten- und Versorgungsrechtes wiederholt geäußert, aber zu keinem Zeitpunkt konkrete Maßnahmen oder Initiativen zur Änderung des Bundesversorgungsrechtes überhaupt berichtet oder wahrnehmen können. Insofern ist mit Ihrem Verhalten, Frau Simonis, ein erheblicher Imageverlust in der Öffentlichkeit für uns entstanden. Ein derartiges Verhalten und derartig fatale Fehler schaden der Politik insgesamt. Wir sollten nun wirklich gemeinsam dafür sorgen, dass wir wieder mehr Glaubwürdigkeit gerade auf diesem Feld gewinnen. Deswegen werden wir im Ausschuss gemeinsam mit Ihnen beraten, wie wir dieses Gesetz sachgerecht und unserem Willen entsprechend auf den Weg bringen können. Gestatten Sie mir ein Wort noch zu der Abstimmung von eben und der Begründung, warum wir den Antrag der FDP unterstützt haben. Es ist einfach nicht gerecht, Frau Simonis, dass Sie von Ihren Bediensteten verlangen, für die verfehlte Finanzpolitik dieses Landes einzustehen. Dass aber die geplante Weihnachtsgeldkürzung bei den Beamten Ihnen nicht einmal so weit ins Gewissen geht, auch bei den Ministern über eine entsprechende Veränderung nachzudenken, macht mich doch betroffen. Sie hätten zwar keinen Heiligenschein bekommen, aber vielleicht wäre Ihr Gewissen etwas reiner gewesen. Ich meine, was für einen Beamten recht ist, sollte für einen Minister billig sein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Kubicki hat ganz richtig formuliert. Jetzt können die stärksten Schultern des Regierungsapparates beweisen, ob sie tatsächlich bereit sind, mehr zu tragen.

(Martin Kayenburg)

Aber lassen Sie mich auf den Kern zurückkommen. Nachdem einige Kollegen der SPD, die zumindest in der Presse signalisiert hatten, dass man Sympathie für den Antrag von Herrn Kubicki oder der FDP haben könnte - ich erinnere an die „KN“ vom 24. Oktober -, will ich noch einmal deutlich machen, dass es uns darum ging, eine unsoziale Willkür zu verhindern. Aber wir wehren uns gegen die Geschichtsklitterung, wir hätten keine Vorschläge gemacht. Ganz im Gegenteil, wir haben mit den Betroffenen gesprochen, wir haben eine Kürzung vorgesehen und hätten diese durch eine Umverteilung so gestaltet, dass auch die Zustimmung der Betroffenen erfolgt wäre. Das ist für mich der Fehler, den Sie hier nun fortschreiben.

Nach diesen Erfahrungen sollten wir nun wirklich versuchen, eine sachgerechte Lösung für das gemeinsame Ziel einer angemessenen Veränderung des Landesministergesetzes zu finden und zu vereinbaren. Wir jedenfalls werden im Ausschuss mit Ihnen gemeinsam versuchen, einen angemessenen und adäquaten Weg zu finden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Kähler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kayenburg, wenn Sie dem Herrn Minister vorhin zugehört hätten, hätten Sie auch mitbekommen müssen, dass er klar und deutlich gesagt hat: Dies gilt auch für die Ministerinnen und Minister, die Kabinettsmitglieder insgesamt. Das sollten Sie zumindest zur Kenntnis nehmen.

Es wird ja nicht dadurch besser, dass Herr Kubicki nun für 128 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien zwischen A 2 und A 9 glaubt, eine Korrektur vornehmen zu können.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Kubicki, ich bin es - offen gestanden - wirklich leid, mich ständig mit der Überfunktion Ihrer politischen Drüse auseinander zu setzen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Es ist unglaublich, mit welchem Populismus eine solche Diskussion geführt wird.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich bitte Sie ernsthaft, zu einer sachlichen Diskussion zurückzukommen.

Die Landesregierung legt mit diesem Gesetzentwurf eine Änderung vor, die dem ursprünglichen Willen des Parlaments entspricht. Wie der Herr Minister bereits am 8. September dieses Jahres im Finanzausschuss dargestellt hat, war es für die Landesregierung unstrittig, dass der Wille des Gesetzgebers in Schleswig-Holstein nicht konterkariert werden darf. Es hat eine Diskussion darüber gegeben - Herr Kayenburg, das haben Sie freundlicherweise aufgegriffen -, dass der Bund sein Beamtenversorgungsgesetz ändern wollte. Die Quintessenz des Gerichtsurteils des OVG in Schleswig-Holstein geht ja darauf zurück, dass ein Widerspruch zwischen dem sehr restriktiven Landesgesetz und dem Bundesversorgungsgesetz gesehen wurde. Deshalb sollte zunächst abgewartet werden.

Da Sie die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage von Herrn Wiegard zitiert haben, möchte ich das gern aufgreifen. Die Landesregierung hat sich zu Fragen des Beamten- und Versorgungsrechts wiederholt öffentlich geäußert und eine Reihe von Anstößen gegeben. Die Lösung solcher Probleme war immer wieder Gegenstand regelmäßiger politischer Gespräche mit Kollegen auf Bundes- und Landesebene. Aufgrund der bekannt schwierigen Lage der öffentlichen Haushalte und die allgemein erforderlichen Einschnitte in die Altersversorgung aller Bevölkerungsgruppen hatte diese Landesregierung die Erwartung, dass das Bundesrecht auch für die Versorgung der Beamtinnen und Beamten und Politikerinnen und Politiker geändert würde. So ist es in den vergangenen Jahren nachzulesen gewesen und von der Regierung immer wieder deutlich gemacht worden.

Das war der Grund dafür, dass abgewartet werden sollte, bevor das Landesgesetz bei uns geändert wird. Wir haben nun alle feststellen können, dass dem auf Bundesebene nicht gefolgt wurde. Das ist uns allen inzwischen bekannt. Wir können doch nur hoffen, dass das dringend reformbedürftige Bundesrecht endlich geändert wird. Das ist etwas, was wir gemeinsam in Richtung Berlin klar und deutlich sagen sollten.

Das Landesministergesetz schließt im Entwurf eine Besserstellung für Beamtenvordienstzeiten aus und es ist nach einer Regelung gesucht worden, die nach menschlichem Ermessen keine weiteren Klagen nach sich ziehen kann. Somit ist dieser Entwurf der einzig richtige Weg, um zu vermeiden, dass uns das derzeit geltende Bundesrecht weitere Überraschungen präsentiert.

Die öffentliche Begleitung - das will ich hier persönlich anmerken -, die dieser Gesetzentwurf im Vorwe

(Ursula Kähler)

ge im September durch einige wenige Parlamentskollegen erfahren hat, war stillos und wurde der Sache nicht gerecht.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Wer hier wann lügt, Herr Kubicki, wollen wir hier lieber nicht vertiefen.

(Wolfgang Kubicki [FDP] und Dr. Heiner Garg [FDP]: Das können wir gern!)

Es wurde auch der Sache nicht gerecht. Ich kann nur hoffen, dass der Finanzausschuss fernab von allen Spekulationen, weiteren Unterstellungen und populistischen Äußerungen, die im September gefallen sind, diesen Gesetzentwurf zügig beraten und dem Landtag im Dezember zur Verabschiedung zuleiten wird.

Lassen Sie uns diesen Komplex im Stil und in der Sache zu einem positiven Abschluss bringen. Ich bitte um Überweisung federführend an den Finanzausschuss und mitberatend an den Innen- und Rechtsausschuss.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich beim Finanzminister und Oppositionsführer in spe, Dr. Stegner, ausdrücklich für den von ihm vorgelegten Gesetzentwurf bedanken. Herr Dr. Stegner, ich werde meiner Generalsekretärin Ihren Redebeitrag zuschicken. Die wird sich freuen, dass endlich einmal jemand auf ihrer Augenhöhe gesprochen hat.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Martin Kayenburg [CDU])

Der Gesetzentwurf zum Landesministergesetz gibt die Gelegenheit, uns nicht nur der aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts zu klärenden Fragen des erhöhten Ruhegehalts anzunehmen, nein, wir sollten und wir werden uns auch einmal allgemein darüber unterhalten, welche laufenden Bezüge Landesministerinnen und Landesminister insgesamt bekommen sollen und welche Bezüge sie nebenher noch als Abgeordnete bekommen dürfen.

Zunächst aber noch einmal zum erhöhten Ruhegehalt. Wir haben darüber in der letzten Tagung ausführlich

debattiert. Ich halte aber noch einmal fest: Durch das Verhalten dieser Landesregierung in Person des ehemaligen Finanzministers und heutigen Vorsitzenden des SPD-Landesverbandes, Claus Möller, ist dem Land ein Schaden entstanden. Wir haben für nach diesem Urteil aus dem Kabinett ausgeschiedene Landesminister einen höheren Ruhegehaltsanspruch, als es der Gesetzgeber wollte. Das hat Rot-Grün zu verantworten. Von dieser Verantwortung kann man sich nicht freisprechen mit der Behauptung, die Opposition hätte auch früher darauf kommen können.

Der nun vorgelegte Entwurf zum Landesministergesetz weist in der Frage des Ruhegehalts in die richtige Richtung. Der ursprüngliche Wille des Gesetzgebers wird wieder hergestellt. Es bleibt aber der Wermutstropfen, dass diejenigen Minister, die den Anspruch auf ein erhöhtes Ruhegehalt erworben haben, wegen des Vertrauensschutzes auch über die nächsten vier Jahre noch mehr erhalten, als es dem ursprünglichen Willen des Gesetzgebers entsprach.

Wir stellen auch dankbar fest, dass sich der Finanzminister mit seiner ursprünglichen Intention noch stoppen ließ, ein erhöhtes Ruhegehalt auch noch an bereits im Ruhestand befindliche Landesminister auszukehren, unter dem Stichwort „Gerechtigkeit für alle“. Dass er das heute nicht mehr wahrhaben will, ist ein menschlich nachvollziehbarer Schutzreflex. In der Sache wollte er jedoch zunächst anderes.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Meine Fraktion hatte zum Gesetz über jährliche Sonderzahlungen für Beamtinnen und Beamte bereits einen Änderungsantrag eingebracht, der den Ministerinnen und Ministern des Landeskabinetts den grundsätzlichen Anspruch auf Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen - man höre und staune: vermögenswirksame Leistungen! - streichen sollte. Unser Entwurf geht so weit, dass in Zukunft, wenn die haushalterische Sonne wieder über Schleswig-Holstein scheint und auch die Beamtinnen und Beamten wieder Urlaubsgeld bekommen könnten, dies nicht für Landesminister gelten soll.

Ich frage einmal in die Runde: Was unterscheidet eigentlich Minister dieses Landes von Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages? Mehr Arbeitskraft, als wir einsetzen, können die Ministerinnen und Minister für das Wohl des Landes SchleswigHolstein auch nicht einsetzen und sie sind eben keine Beamten. Bisher haben sie darauf großen Wert gelegt; wir sollten sie im Zweifel auch so behandeln, was nicht bedeuten muss, dass wir nicht unter Umständen

(Wolfgang Kubicki)

ihre Grundbezüge anheben müssen im Ländervergleich oder im Vergleich zu Regelungen in der privaten Wirtschaft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden es uns nicht nehmen lassen, im Rahmen des Verfahrens zum Landesministergesetz erneut einen inhaltsgleichen Antrag zu stellen. Den werden Sie dann in entsprechender Weise wieder beraten und abstimmen müssen. Ich bin gespannt, wie Frau Heinold, die sich ja in der letzten Zeit beim Weihnachtsgeld für Beamte zur Obersparkommissarin der Regierungsfraktionen aufgeschwungen hat, dann erklären will, dass sie hier auf ein Einsparpotenzial für den Haushalt verzichtet. Eine solche Kürzung, wie von uns vorgeschlagen, bringt keine soziale Härte mit sich. Ich bin mir sicher, dass beispielsweise der Innenminister auch nach einer solchen Kürzung immer noch im Porsche durch die Gegend fahren kann.

Damit ist unsere Phantasie aber noch nicht zu Ende. Wir haben eine allgemeine Debatte ähnlich der von Herrn Wiefelspütz auch in Schleswig-Holstein angetreten über die Frage der Versorgung der aktiv im öffentlichen Dienst tätigen Politikerinnen und Politiker sowie die Ruhegehaltsversorgung. Wie wäre es zum Beispiel, einmal über die Doppelbezüge von Landesministern nachzudenken, die zugleich Abgeordnete sind?

Ich will nur kurz klarstellen, dass ich nichts dagegen habe, dass Landesminister gleichzeitig Abgeordnete sein können. Aber die spannende Frage lautet, ob sie für diese Tätigkeit zusätzliche 25 % aus öffentlichen Mitteln erhalten müssen, 25 % zusätzlich zum Ministergehalt. Ein Landesminister ist gesetzlich verpflichtet, seine ganze Arbeitskraft in den Dienst des Landes zu stellen, sodass er faktisch gar keine Zeit mehr hat, seine Abgeordnetenfunktion zu erfüllen. Warum soll er dann darüber hinaus auch noch Abgeordnetenbezüge erhalten? Oder umgekehrt: Wenn er als Abgeordneter tätig wird, setzt er seine Arbeitskraft als Landesminister nicht ein. Für uns gilt der Grundsatz: einmal aus öffentlichen Kassen. Damit soll das sein Bewenden haben.

Auch diesen Antrag werden wir zur Beratung einbringen. Ich freue mich auf die Diskussion im Innen- und Rechtsausschuss und im Finanzausschuss, Frau Kollegin Kähler. Ich bin sicher, dass es uns gemeinsam gelingen wird, auch unter dem Volk nahe zu bringenden Erwägungen in zweiter Lesung einen sinnvollen Gesetzentwurf zu verabschieden.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Uwe Greve [CDU])