Die Zinsabschlagsteuer könnte ja einen Vorteil für uns bringen, weil sie zumindest sozial gerecht zu sein scheint und die Flut des Kapitals ins Ausland stoppen wird, vielleicht sogar Kapital zurückführen wird.
Aber geben Sie doch endlich Ihren verlorenen Standpunkt auf! Der Kanzler hat Ihnen doch schon in der ARD-Sendung „Brennpunkt“ gesagt, dass die Vermögensteuer den Bundestag nie erreichen werde. Das Schlimme ist, Frau Simonis, dass dieses Land in Berlin nicht zählt, dass Sie nicht einmal mehr über Pläne informiert werden, dass Sie dieses Land allein ins Abseits geführt haben. Schade, SchleswigHolstein hätte wirklich etwas Besseres verdient.
Aber Sie verrennen sich ja nicht nur in der Steuerpolitik. Wenn es für das Regieren Schulnoten gäbe, Frau Simonis, dann müsste man jetzt sagen „Versetzung gefährdet“. Es fällt mir immer schwer, Extreme zu gebrauchen. Wir haben in der Vergangenheit die Regierungspolitik ja schon häufig als mangelhaft kritisieren müssen. Herr Astrup, Sie wissen, was Zeugnisnoten bedeuten. Was wir jetzt geboten bekommen, ist ein Ungenügend, eine glatte Sechs, und dies auch nach PISA.
Herr Astrup, dieses Land ist nun wirklich seit seiner Gründung in der schlechtesten finanziellen Verfassung, die es je gegeben hat. Der Finanzminister entblödet sich nicht, die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts festzustellen, nur weil er ungebremst weiter Schulden machen will.
Herr Minister, für den Fall, dass Sie es noch nicht gemerkt haben sollten, die Zahlen sind zwar dieselben geblieben, aber da steht jetzt nicht mehr D-Mark, sondern da steht Euro. Vielleicht kommt das ja auch bei Ihnen an, dass eine Milliarde € doppelt so viel ist wie eine Milliarde DM.
Aber ich will heute nicht viel Zeit auf die Vergangenheit verschwenden. Die katastrophale Ausgangslage des Landes kennt jeder. Ich glaube, wenn Sie eine ehrliche Analyse betreiben, meine Damen und Herren von Rot-Grün, dann werden Sie diesem Ergebnis auch nicht widersprechen. 15 Jahre Regierungsverantwortung unter der SPD mit Frau Simonis an verantwortlicher Stelle haben wirklich zu einem finanziellen Desaster geführt. Ständig steigende Schulden trotz regelmäßig steigender Steuereinnahmen, ständig sinkende Investitionen, ständig steigende Konsumausgaben, Ausverkauf des Landesvermögens zum Teil unter Wert, das ist der Weg, wie Sie dieses Land in die Pleite führen. Wenn Sie jetzt zum Beispiel feststellen, Sie würden eine Investitionsquote höher als im letzten Jahr von 10,2 % haben, Herr Minister, dann ist das doch Rosstäuscherei.
Sie setzen auf der einen Seite die Investitionsquote dadurch hoch, dass Sie die Flutopferhilfe mit in die Investitionen hineinrechnen.
Auf der anderen Seite kassieren Sie aus der verschobenen Steuerreform zusätzliche Mittel. Das nenne ich unseriös, Herr Minister.
Sie haben den alten Grundsatz: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ längst zur Bedeutungslosigkeit verkommen lassen. Sie haben keine Reformpolitik betrieben. Ich kann ja verstehen, Herr Hay, dass Sie nach 38-jähriger Oppositionszeit 1988 versucht haben, mit Schwung in die politische Entwicklung hineinzugehen. Aber der angekündigte Reformkurs hat nie zu Reformen geführt. Er ist nie in einen Regierungskurs umgesetzt worden. Das ist Ihr Problem.
Die Politik des verschwenderischen Geldausgebens hat die Landesregierung nicht aufgegeben, sondern sie hat das Land damit an den Rand des Ruins geführt. Jetzt sitzen Sie fest. Jetzt haben Sie das Schiff Schleswig-Holstein auf den Grund gesetzt. Ich fordere Sie, Frau Simonis, deshalb auf: Kommen Sie endlich von Ihrer rot-grünen Brücke. Machen Sie Platz für einen Lotsen, der den richtigen Kurs kennt.
(Beifall bei CDU und FDP - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Wer von den Sozialdemokraten soll das denn machen?)
Es ist in Schleswig-Holstein Zeit zum Umsteuern. Der Schuldenkurs, bei dem Sie immer noch nach dem alten Strickmuster vorgehen: „Schulden links, Schulden rechts, Investitionen fallen lassen“ hat sich doch längst überholt. So lösen Sie die Probleme der Zukunft nicht.
Die dicken Brocken anpacken, Schulden senken, Personal sozial verträglich abbauen. - Das kann man in der Tat, Herr Kollege Kubicki, nur mit einem Regierungswechsel zuwege bringen.
Dazu gehört aber - das haben wir ebenfalls gefordert; da sind wir, denke ich, mit der FDP gemeinsam im Boot - nicht nur Schuldenabbau, sondern insbesondere auch Aufgabenkritik und Abbau von Aufgaben; denn nicht alles, was früher in öffentlicher Hand lag, muss auch so organisiert sein.
Die Aufgaben des Staates ändern sich entsprechend der gesellschaftlichen und staatspolitischen Weiterentwicklung. Neue Aufgaben erfordern zwangsläufig den Abbau beziehungsweise die Umschichtung von alten Aufgaben.
„Das Betreiben eines Klärwerks muss eben keine hoheitliche Aufgabe sein, wenn es auch anders praktisch funktionieren kann.“
Herr Hay, dieses hat Ihnen einer Ihrer Vorgänger, nämlich Gert Börnsen, am 3. Juni 1992 gesagt. Ich bin erfreut darüber, dass dieser Satz heute offenbar auch Eingang bei der SPD gefunden hat. Herr Hay, Herr Börnsen hat damals auch gesagt:
„Ich möchte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesverwaltung, denen wir großen Dank schulden, ehrlich sagen, dass
wir auch in Zukunft an drastischen Personalkürzungen nicht vorbeikommen werden. Insoweit werden wir auch betriebsbedingte Kündigungen noch einmal überprüfen müssen.“
(Lothar Hay [SPD]: Betriebsbedingte Kündi- gung und betriebsbedingte Entlassung ist ein Unterschied!)
- Dazu werden wir noch kommen. Ich werde Ihnen gleich etwas zu kw-Vermerken und Ähnlichem sagen, Herr Kollege Hay.
Mich trennt von Herrn Börnsen politisch gewiss eine ganze Menge. Aber wo er Recht hat, hat er Recht. Es gibt in dieser Geschichte ein Problem. Das heißt Simonis. Sie, Frau Simonis, haben nämlich als damalige Finanzministerin und spätere Ministerpräsidentin nicht auf ihn gehört. Sie sind bis heute untätig geblieben. Sie wollten doch einen so genannten Modernisierungsprozess auf den Weg bringen. Dazu stellt der Landesrechnungshof fest:
„Erstens. Das Ergebnis ist im Hinblick darauf, dass die Verwaltungsmodernisierung seit zehn Jahren einen Schwerpunkt der Landespolitik darstellt, ernüchternd.
Zweitens. Die Frage, ob die Landesverwaltung Schleswig-Holstein dadurch tatsächlich moderner geworden ist, kann die Landesregierung nicht beantworten, denn es fehlt sowohl an einer Eröffnungs- als auch an einer Schlussbilanz.“
Da kann ich nur sagen: in die Luft hinein gewirtschaftet. Der Landesrechnungshof, der sich in der Regel zurückhaltend ausdrückt, hat im Klartext doch Folgendes gemeint - da will ich gern ein Lied von Klaus Lage aufgreifen: Zehn Jahre modernisiert, zehn Jahre lang ist nichts passiert, und wumm hat es in Schleswig-Holstein auch nicht gemacht.
Sie, Frau Simonis, haben die Funktionalreform in den Sand gesetzt, weil Sie vor großen Reformvorhaben zurückgeschreckt sind.
Sie sind bei der Aufgabenkritik nicht vorangekommen. Insbesondere haben Sie sich nicht getraut, der Kritik auch den Abbau von Aufgaben folgen zu lassen.
Sie haben zwar - das will ich gern zugeben - von Reformen geredet. Aber was haben Sie denn getan? - Stabsstellen eingerichtet, Lenkungsgruppen ins Leben gerufen, Projektgruppen auf den Weg gebracht. Aber Ergebnisse, die den Bürgerinnen und Bürgern Nutzen gebracht hätten, können Sie nicht vorweisen, schon gar keine, die zur Sanierung des Landeshaushalts beigetragen hätten. Sie, Frau Simonis, haben das kommunale System an die Wand gefahren. Heute betteln Sie noch nach Kooperationen. Ich sage betont: noch. Ich bin gespannt darauf, was nach dem 2. März von Ihnen in diesem Bereich auf den Weg gebracht werden wird.
Frau Simonis, Ihnen sind die Dinge aus der Hand geglitten. Deswegen sage ich Ihnen: Wir wollen wirkliche Veränderungen. Wir wollen eine Restrukturierung der Regierungsarbeit. Deswegen will ich Ihnen sehr deutlich sagen, was wir in unserem Entschließungsantrag von Ihnen fordern: Legen Sie im Hinblick auf die Organisationshoheit, die in der Tat bei Ihnen liegt, bis zum 1. Juni - wir sind uns bezüglich der Daten fast einig, Herr Kollege Hay - ein Konzept für die Reform der Verwaltungsstruktur in Schleswig-Holstein vor, in dem die Verwaltung konsequent zweistufig organisiert wird. Das wird zu Kosteneinsparungen führen.
Machen Sie doch endlich Ernst mit dem Verwaltungsabbau, indem Sie bei den Ministerien und den nachgeordneten Behörden jede fünfte Stelle als „künftig wegfallend“ ausweisen und durch eine sofortige dauerhafte Wiederbesetzungssperre dafür sorgen, dass die Personalkosten reduziert werden.
Verlagern Sie die Aufgaben von Beauftragten, Beiräten und Kommissionen mit Ausnahme der Minderheitenbeauftragten in die zuständigen Ministerien. Auch das führt, Herr Kollege Fischer, zu Kosteneinsparungen.
- Wenn Sie sich mit unseren Haushaltsanträgen auseinander gesetzt hätten, dann wüssten Sie es längst!