Protocol of the Session on December 13, 2001

Ich möchte noch eine Bemerkung zu dem Thema Energie, natürlich zur Windenergie, zu den OffshoreWindparks, machen. Auf Seite 53 heißt es:

„Mit der Einspeisungsvergütung trüge sich ein Windpark wirtschaftlich selbst“.

Einen solchen ökonomischen Unsinn hätte ich aus dem Energieministerium erwartet,

(Beifall bei FDP und CDU)

als Bemerkung aus dem Wirtschaftsministerium haut er mich allerdings um.

(Christel Aschmoneit-Lücke)

Die maritime Wirtschaft ist ein wichtiger und zukunftsträchtiger Wirtschaftssektor für SchleswigHolstein. Darin sind wir uns einig. Die Unternehmen, die Beschäftigten und die Forschungsinstitute sind Weltspitze. Das wussten viele von uns auch schon ohne diesen Bericht.

Was wir auch nach dem Studium des Berichts noch nicht wissen, ist, wie die Landesregierung die hoffnungsvolle Zukunft der maritimen Wirtschaft gestalten oder mitgestalten will. Ich nenne dazu das Stichwort Aquakultur. Als Hochlohn- und Niedrigtemperaturland sollten wir uns nicht darauf stürzen, Sardinen zu züchten. Anwendungsnahe Forschung und exportorientierter Anlagenbau sind die Themen. Herr Minister, wer soll das Feld der Aquakultur im Lande federführend vorantreiben? Ist die InWaterTec ein voller Erfolg? Gibt es eigentlich konkrete Vorbereitungen für die zweite Veranstaltung dieser Art in SchleswigHolstein? Schließlich habe ich mit Interesse gelesen, dass wir im nächsten Jahr wieder in London auf der Oceanology präsent sein werden. Ich würde gern wissen, wie dazu die Vorbereitungen in SchleswigHolstein laufen. Wird Schleswig-Holstein sich dort - wie wir uns das vorstellen - als Land präsentieren? Ich wäre dankbar für die Beantwortung all dieser Fragen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Abgeordneter Hentschel hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Aschmoneit-Lücke, ich war etwas überrascht über die Bewertung des Berichts. Ich habe den Bericht auch gelesen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ihm ist nichts aufgefallen!)

Spontan bin ich für diesen Bericht zu der Einschätzung gekommen, dass er - wenn man ihn durchliest - ausgesprochen übersichtlich, klar gegliedert und gut lesbar ist.

(Lachen bei CDU und FDP)

Nun habe ich ihn aufgrund Ihrer Anmerkungen noch einmal durchgeblättert. Es stimmt in der Tat, dass eine Kurve der Grafik - ich glaube auf Seite 27 - nicht erkennbar ist. Das liegt allerdings - wenn man ehrlich ist - daran, dass die Kopie des Landtags schwarz-weiß ist, während das Original bunt war.

(Uwe Eichelberg [CDU]: Woher weißt du das?)

Es ist ein Problem, wenn die Regierung bunt arbeitet und der Landtag schwarz-weiß.

(Heiterkeit)

Vielleicht sollten wir einmal im Ausschuss eine Initiative starten, damit die Farbgebung zwischen Landtag und Landesregierung kongruent gemacht wird.

Nun zum Inhalt des Berichts: Ich möchte das Thema Subventionen ansprechen. Ich habe gerade mit Interesse im Parteiprogramm der FDP geblättert und festgestellt, dass sich die FDP auch im Bereich der Hafenwirtschaft dafür ausspricht, die Subventionen endlich auszubauen. Das ist ein interessanter Gesichtspunkt, wenn gleichzeitig die wirtschaftspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion hier im Landtag auftritt und der Landesregierung in dem Bereich, der in SchleswigHolstein in den letzten Jahren am höchsten subventioniert worden ist - allein in den letzten Jahren mit einer halben Milliarde DM - vorwirft, dass sie hier zu wenig Subventionen geleistet hat. Das ist ein bemerkenswerter Widerspruch, den Sie vielleicht einmal aufklären könnten.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich glaube tatsächlich, dass es notwendig ist, im Bereich der Werftenwirtschaft Subventionen zu leisten, weil die Werftenwirtschaft für uns in SchleswigHolstein eine hohe Bedeutung hat und die letzte große Industrie ist, die Schleswig-Holstein hat. Das heißt, dies ist ohne Zweifel ein wichtiger Wirtschaftssektor. Es lohnt sich auch zu subventionieren, weil die Subventionen nicht höher sind als in anderen Bereichen. Ich vergleiche diesen Bereich einmal mit den Subventionen für Steinkohle oder den Bergbau, obwohl das nicht vergleichbar ist. Die Subventionen liegen dort bei einer Höhe von 100.000 DM pro Arbeitsplatz im Jahr, während sie bei den Werften in etwa bei 7.000 DM im Jahr pro Arbeitsplatz liegen. Das heißt, dass allein die jährlichen Steuerzahlungen der Arbeiter wesentlich höher liegen als die Subventionen, sodass es für die Regierung insgesamt ein positives Geschäft ist, wenn sie diese Subventionen zahlt.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Trotzdem kann das natürlich kein Dauerzustand sein.

(Uwe Eichelberg [CDU]: Warum hast du ge- stern nicht zugestimmt?)

Es ist völlig richtig, wenn daran gearbeitet wird, von diesem Zustand wegzukommen.

(Karl-Martin Hentschel)

Nun zu den Fragen, wie man subventioniert und wie es weitergehen kann: Es ist verständlich, dass sich die EU gegen weitere Subventionen sperrt. Ich kann das verstehen, denn eine Reihe der Länder, die das gemacht haben, haben selber schon lange die Subventionen für die Werftindustrie in ihrem eigenen Land eingestellt. Ich erinnere nur an Schweden, das unter vielen Opfern die gesamten Subventionen eingestellt hat und wo einige Werften tatsächlich Pleite gegangen sind. Es ist verständlich, wenn die Schweden nach dieser Strukturbereinigung sagen, dass sie nicht bereit sind, weiterhin Subventionen in anderen europäischen Ländern zuzulassen. Das ist verständlich. Diese Diskussion muss man daher auch aus dem Blickwinkel beider Partner sehen.

Trotzdem ist es notwendig, diese Diskussion zu führen. Es ist nicht in Ordnung, wenn die Europäische Union die Augen vor Südkorea zumacht, weil dieses Thema ein heißes Eisen ist, das man nicht anpacken will. Es ist daher richtig, wenn wir, wie es auch immer formuliert worden ist, gegenüber der Bundesregierung deutlich machen, dass die Werftindustrie nicht nur das Problem einiger norddeutscher Länder ist, sondern ein Problem der gesamten deutschen Wirtschaft, denn ein großer Teil der Wertschöpfung findet auch in Süddeutschland statt.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Außerdem glaube ich, dass die maritime Wirtschaft insgesamt wichtig ist. Daher finde ich es gut, dass der Bericht kein Werftbericht, sondern ein Bericht der maritimen Wirtschaft ist.

(Beifall der Abgeordneten Christel Aschmo- neit-Lücke [FDP])

Die maritime Wirtschaft geht selbstverständlich weit darüber hinaus und umfasst weitere Aspekte. Einer der zentralen Aspekte ist das Thema Schifffahrt an sich. Das Schiff als Verkehrsmittel ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel überhaupt. Mit dem geringsten Ressourceneinsatz wird ein Großteil der Waren der Welt transportiert. Wir reden viel über den Eisenbahnund den LKW-Verkehr. Wir vergessen dabei, dass das Verkehrsmittel Nummer eins im internationalen Verkehr das Schiff ist. Vom Volumen her werden im internationalen Verkehr 90 % der deutschen Waren mit dem Schiff transportiert. Das wird häufig vergessen. Das Schiff hat eine ganz hervorragende Bedeutung. Wenn es die verlieren würde, würden wir die Verkehrsströme überhaupt nicht mehr bewältigen können.

Ich möchte das am Beispiel Schleswig-Holstein demonstrieren: Es wird über die LKW-Ströme geklagt.

Schleswig-Holsteins Transitverkehr wird zu zwei Dritteln über das Schiff abgewickelt. Wenn das Schiff nicht mehr wäre, wenn der Nord-Ostsee-Kanal nicht mehr wäre, um die Verkehre aus Skandinavien nach Hamburg zu bringen, dann würde das bedeuten, dass sich der durch Schleswig-Holstein fließende LKWVerkehr verdreifachen würde. Was das für unsere Straßen bedeuten würde, kann man sich leicht ausrechnen.

Insofern mache ich einen Schlenker zu all denjenigen, die in ihrem Parteiprogrammen das Thema Fehmarnbelt bejubelt haben. Wir müssen uns darüber klar sein: Wenn wir die Verkehrsströme vernünftig und umweltfreundlich lenken wollen, dann heißt der Weg in allen Programmen „from road to sea“. Das gilt für die Programme der Europäischen Union, für die deutschen und norddeutschen Programme und auch für die schleswig-holsteinischen Verkehrsprogramme. Überall steht: „From road to sea“. Wir wollen Verkehre auf das Schiff verlagern. Dass das geht, zeigen uns unter anderem auch die USA. Dort erfolgt zum Beispiel ein Viertel des gesamten Binnengüterverkehrs per Schiff. Das ist eine erstaunliche Leistung, von der wir uns viel abschneiden können. Gerade die Osteeverkehre werden heute noch zum großen Teil mit dem Schiff abgewickelt. Wenn wir die Ostseeverkehre vom Schiff auf die Straße bringen wollten, dann begehen wir ein Umweltvergehen. Wir begehen aber auch ein Vergehen gegen eine vernünftige Verkehrspolitik.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Deshalb ist es politischer Wahnsinn, wenn wir ein Vorhaben anstreben, bei dem wir 10 Milliarden DM in ein Bauwerk wie die Fehmarnbelt-Brücke stecken. Das ist fast das Volumen eines gesamten schleswigholsteinischen Landeshaushalts. Das wäre zehnmal so viel Geld, wie in zehn Jahren insgesamt in die maritime Wirtschaft investiert worden ist.

(Zuruf der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

- Frau Strauß, ich bin nicht dagegen, dass man sich Gedanken über eine vernünftige Verkehrspolitik macht. Aber bitte, es müssen die Relationen gewahrt sein!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Es kann nicht sein, dass die maritime Wirtschaft nur mit einem Bruchteil der Summe unterstützt wird, die

(Karl-Martin Hentschel)

ein einziges Bauwerk benötigen wird, das eine Verlagerung vom Schiff auf die Straße hervorbringen wird. Das finde ich falsch.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Ich glaube, dass es gut ist, wenn die Landesregierung die maritime Wirtschaft weiter fördert. Das gilt sowohl für den Offshorebereich als auch für das Zentrum für angewandte Meereswissenschaften und auch für die Technologieförderung im Bereich der Werften. Dabei denke ich nur an Bereiche wie Doppelhüllentanker, Katalysatorentechnik zur Abgasminderung bei Schiffen, Brennstoffzellenantriebe oder sogar Windhilfsantriebe.

Alle diese Bereiche dienen auch dazu, dass unsere Werften technologisch vorn sind, und das ist - so glaube ich - auch der wichtigste Teil bei der Beurteilung der Frage, ob unsere Werften überhaupt eine Chance für die Zukunft haben.

In Bezug auf die Förderung möchte ich Folgendes sagen. Falls die Förderung der Werften weitergehen sollte, müssen wir uns über einen Gesichtspunkt Gedanken machen: Wir machen zurzeit eine Subventionspolitik, die vom Charakter her grundfalsch ist. Wir fördern nämlich die Produkte. Produktförderung ist das ist wirtschaftswissenschaftlich anerkannt - eine falsche Art von Wirtschaftsförderung. Wenn man Wirtschaftsförderung macht, dann muss man Strukturen fördern, Innovationen fördern; das heißt, in der Werftindustrie zum Beispiel die Entwicklung von Schiffstypen.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn wir uns angucken, was Korea macht, was Japan macht, die ja Weltführer im Schiffbau sind, dann sehen wir, dass die Serienproduktionen auflegen; die produzieren nicht ein Schiff, die produzieren auch nicht zehn Schiffe, sondern die produzieren 100 Schiffe vom gleichen Typ.

Wenn wir konkurrenzfähig sein wollen, dann müssen wir in die gleiche Richtung gehen. Deswegen ist mein Plädoyer für die Werftwirtschaft in SchleswigHolstein: Wir kommen nicht darum herum, die Werftindustrie von der Kleinteiligkeit zu einer einheitlichen Werftenlandschaft, zu einer einheitlichen Strategie aller Werften hinzuführen. Wir müssen Schiffstypen entwickeln, die zukunftsfähig sind, die konkurrenzfähig sind, die technologisch hochwertig sind, und dann müssen wir mit diesen Schiffstypen in Serienproduktion gehen, wobei wir dann wirklich mit zweistelligen