(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Thorsten Geißler [CDU] und Dr. Johann Wadephul [CDU])
Wenn wir die Höhe unserer Diäten einmal mit denen anderer Landtage vergleichen - ich habe den Zettel dabei -, so stellen wir fest, dass Schleswig-Holstein, abgesehen von den Teilzeitparlamenten in den Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen und von BadenWürttemberg, an vorletzter Stelle steht, was die Höhe der Diäten angeht. Lassen Sie uns ein bisschen selbstbewusster sein. Für die Arbeit, die wir hier leisten, müssen wir das entsprechende Geld haben, möglichst vielleicht noch ein bisschen mehr. Die Abgeordnetenzahl können wir gern auf eine funktionsfähige Größe von 75 herunterschrauben, auf das verfassungsmäßige Maß begrenzen mit einer dafür gangbaren Möglichkeit. Ihre könnte eine sein. Wir sind bereit, mit Ihnen diese Möglichkeit im Ausschuss zu prüfen.
(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Puls, zu Beginn meiner Rede möchte ich doch noch einmal klarstellen, dass die Sozialdemokraten nicht alle Wahlkreise in diesem Land gewonnen haben.
Frei nach Asterix möchte ich sagen: Einige Dörfer und Städte leisten hier noch erfolgreich Widerstand.
Nun ist es allerdings ausgesprochen einfach, liebe Kolleginnen und Kollegen von der F.D.P., nur eine Reduzierung der Wahlkreise zu fordern, von der man selber nicht betroffen ist. Kollege Puls hat das bereits ausgeführt.
Ich glaube schon, dass die Vertretung eines Wahlkreises durch einen direkt gewählten Abgeordneten eine besondere Verpflichtung darstellt.
Insbesondere in einem Flächenland wie SchleswigHolstein ist der persönliche Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern vor Ort von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit. Kandidaten und Abgeordnete sollten auch regional bekannt sein. Nur so erreichen wir eine Identifikation der Menschen in diesem Land mit ihrem Landtag und seinen Abgeordneten.
Was wir brauchen, ist ein modernes, zeitgemäßes Wahlgesetz, dessen oberstes Prinzip lauten muss: Demokratie lebt von der Auswahl. Das Wahlrecht ist ein entscheidendes, wenn nicht gar das wichtigste Grundrecht der Menschen in diesem Land. Insofern ist die Zahl der Wahlkreise zumindest für SPD und CDU, die die direkt gewählten Abgeordneten stellen, schon von großer Bedeutung. Daher ist es im Ansatz auch positiv, dass 60 % der Abgeordneten direkt vom Wähler entsandt werden und nur 40 % über die Landeslisten der Parteien bestimmt werden. Noch bürgerfreundlicher wäre es natürlich, wenn die Wählerinnen und Wähler alle Abgeordneten direkt wählen könnten.
Die CDU-Fraktion hat in diesem Hause wiederholt Anträge gestellt, die Zahl der Abgeordneten nachhaltig zu begrenzen. Ich möchte klarstellen, dass es das Ziel sein muss, die Zahl der Sitze im Landtag auf 75 zu beschränken, wie es von der CDU bereits in der letzten Wahlperiode beantragt wurde. Im Rahmen der Verfassungsreform haben wir sogar beantragt, die Zahl der Sitze auf 68 abzusenken. Das ist damals leider in der Abstimmung gescheitert.
Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es eine Reihe von Möglichkeiten - nicht nur die Verringerung der Zahl der Wahlkreise von 45 auf 37, wobei mir auch die Zahl von 37 nicht zwangsläufig einleuchtet. Ich wüsste nicht, warum die Zahl der Wahlkreise nicht auf 38 oder zum Beispiel auf 40 Wahlkreise festgesetzt werden könnte.
Eine weitere mögliche Maßnahme, die allerdings Verfassungsrang hätte, wäre die Abschaffung der Ausgleichsmandate.
Eine dritte Möglichkeit wäre die bereits erwähnte Reduzierung der Sitzzahlen, die wir in der letzten Legislaturperiode beantragt hatten.
Meine Damen und Herren, Sie können also unschwer erkennen, dass es sich bei der vorliegenden Problematik um ein breit gefächertes, sehr kompliziertes Thema handelt, das nicht in einem Schnelldurchlauf behandelt werden sollte.
Vielmehr ist ein umfassender Meinungsbildungsprozess erforderlich, in den die Menschen einbezogen werden müssen und der in der Öffentlichkeit geführt werden sollte.
Gleichzeitig bedarf es einer sachkundigen Beratung im zuständigen Fachausschuss. Dieser sollte, nachdem das zuständige Innenministerium alle Zahlen und Fakten auf den Tisch gelegt hat und ihm das erforderliche Informationsmaterial zugeleitet hat, über den vorliegenden Antrag beraten.
Namens der CDU-Fraktion beantrage ich daher die Überweisung an den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es scheint hier ja nun ein ganz klares Interessenkonglomerat zwischen den beiden großen Fraktionen und den kleinen Fraktionen dieses Hauses zu geben.
(Holger Astrup [SPD]: Daran ist was! - Mar- tin Kayenburg [CDU]: Da müssen Sie etwas nicht verstanden haben!)
Aber dass die Aussage, dass die kleinen Parteien davon nicht betroffen wären, nicht zutrifft, könnten Sie schon daran ersehen, dass natürlich uns allen auch klar ist - ich nehme an, auch der antragstellenden F.D.P. -, dass dann, wenn es diese Ausgleichsmandate nicht gegeben hätte, wir - um konkret zu bleiben - beide ein Mandat weniger hätten, was für uns ausgesprochen bitter wäre.
Für Sie ist es vielleicht nicht ganz so dramatisch, weil es in der Opposition nicht so darauf ankommt,
aber für uns wäre das ausgesprochen dramatisch. - Ja, das sage ich ganz ernst. Ich kann mir gut vorstellen, dass man Oppositionsarbeit
auch mit vier Leuten sehr schlagkräftig hinkriegen würde, aber dabei, gegenüber einem größeren Koalitionspartner standzuhalten und sozusagen die Regierung ein Stück weit zu kontrollieren und wirklich auch hinterherzukommen, kommt es wirklich - so sage ich einmal - auf jede Figur an, auf jede Persönlichkeit.
- Lassen Sie mich doch einfach einmal reden; ich habe Ihnen ja auch aufmerksam zugehört. Aber anscheinend läuft das Unterhaltungsprogramm hier bereits.
Aber wir freuen uns natürlich über diesen Punkt im Koalitionsvertrag, den wir für einen ausgesprochenen Erfolg gegenüber dem Koalitionsvertrag von 1996 halten - da haben wir es nicht geschafft, die Sozialde
mokraten zu diesem Schritt zu bringen -, sodass wir jetzt durch die Freien Demokraten ausgesprochene Schubkraft für unser Anliegen bekommen.
Ich will auch einmal Folgendes sagen: Da geht es uns natürlich schon darum - selbstverständlich wird das in der Öffentlichkeit diskutiert; Herr Lehnert, das müssen wir, glaube ich, nicht extra in die Hand nehmen -, eine Verlässlichkeit dafür zu schaffen, wie Demokratie in diesem Land organisiert werden soll.
Das hat gar nichts damit zu tun, wie viel Geld Abgeordnete bekommen. Das ist davon völlig unabhängig. Aber Bürgerinnen und Bürger sollen wissen können: Unser Landtag hat 75 Leute und die 75 Leute kosten soundso viel Geld. Das ist es, worum es geht.
Es ist aber natürlich auch kein Geheimnis, dass wir einer Verkleinerung auf weniger als 75 Abgeordnete aus den eben kurz angerissenen Gründen überhaupt nicht zustimmen können. Ich denke, Herr Lehnert, dass auch Demokratie ein Stück Grundausstattung braucht und dazu braucht es halt eine Mindestanzahl an Mandaten im Parlament. Sonst kann man hier im Parlament nicht vernünftig arbeiten. Wir alle wissen das aus eigener Erfahrung. Ich muss das nicht weiter erläutern.
Wir streben eine angemessene Zahl von Abgeordneten an, die gesetzlich festgeschrieben wird und die Zahl 75 nicht übersteigt. Das kann mit 35 Wahlkreisen geschehen. So haben wir es schon vor Jahren gefordert. In der Zeit, als der Antrag im Landtag kam, haben wir uns aus der außerparlamentarischen Opposition heraus dazu geäußert und ein Gutachten darüber in Auftrag gegeben, wie man Wahlkreise in Schleswig-Holstein schneiden könnte. Das wird ein bisschen mehr Arbeit brauchen. Wir werden uns damit ernsthaft befassen müssen. Ich halte das aber für eine ganz spannende Sache, weil es wiederum darum geht zu klären, was dieses Land an demokratischer Grundausstattung braucht.
Natürlich brauchen wir ein stabiles Verhältnis zwischen direkt gewählten Abgeordneten und denen, die über den Verhältnisausgleich in den Landtag gewählt werden. Selbstverständlich könnten wir uns noch ganz andere Modelle vorstellen.