Protocol of the Session on December 13, 2000

Die Hochschulen brauchen nach wie vor dringend eine gründliche Strukturreform, um sie für das 21. Jahrhundert fit zu machen.

(Lothar Hay [SPD]: Gehen Sie mal nach Flensburg! Gucken Sie sich das mal an!)

Die Schulen sind nicht auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet.

Die Versorgung mit Lehrern ist katastrophal.

Die mangelnde Verkehrsanbindung ist nach wie vor ein struktureller Nachteil, insbesondere für die Westküste.

Die Hauptbahnstrecken, zum Beispiel nach Lübeck, sind immer noch nicht elektrifiziert.

Die Verbindungen zu unserem Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern sind zehn Jahre nach Vollendung der deutschen Einheit immer noch nicht ausgebaut.

Die technische und personelle Ausstattung der Polizei liegt unter dem Standard anderer Länder.

Die Angebote im kulturellen Bereich, so zum Beispiel beim Schleswig-Holstein Musik Festival, sind erheblich geringer geworden.

Die Tourismuswirtschaft hat erhebliche Probleme.

Dieser Negativkatalog ließe sich unendlich fortsetzen. Er wirft zwangsläufig die Frage auf: Was haben Sie in den letzten zwölf Jahren mit dem ganzen Geld gemacht? Jedenfalls in Investitionen zur Schaffung neuer sicherer Arbeitsplätze ist es nicht geflossen, denn die Investitionsquote dümpelt nach wie vor bei 10 %

(Martin Kayenburg)

herum. Bayern hat 16,4 % und in den Zeiten von Stoltenberg lag sie teilweise über 20 %.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Frau Simonis, Sie loben sich doch ständig für angeblich sichere und zusätzliche Hightech-Arbeitsplätze in unserem Land. Ich will auch gar nicht leugnen, dass die Entwicklung in einigen Bereichen wirklich erfreulich war. Aber: Hightech-Arbeitsplätze bergen auch erhebliche Risiken, wie wir im Moment in mehreren Fällen bitter erfahren müssen. Bei dem einen brechen die Kurse wegen angeblich fehlender Liquidität weg, bei dem anderen werden Entlassungen konkret angekündigt und beim Dritten wird die Verwaltung bei gleichzeitigem Arbeitplatzabbau in Kiel nach Hamburg verlegt. Erhebliche Landesmittel sind aber in diese Unternehmen geflossen und die Regierung hat stolz ihre vermeintlichen Erfolge verkündet.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Ja!)

In Wirklichkeit ist aber abkassiert worden und die Regierung hat es nicht bemerkt. Ich erwähne dies insbesondere deswegen, weil ich es mehr als ärgerlich finde, dass die Sozialministerin, kaum dass die Unternehmen Aufhebungsverträge ankündigen, mit ASH 2000 winkt und „Jobtransfer“ bewegen möchte. Sie machen es den Unternehmen wirklich zu leicht, zunächst abzukassieren und dann ihre sozialen Verpflichtungen nicht einzuhalten, Frau Moser!

(Beifall bei CDU und F.D.P. - Wolfgang Ku- bicki [F.D.P.]: Und Mutti hat doch dazube- zahlt!)

Hier werden öffentliche Mittel vergeudet wie auch in der Verwaltung insgesamt.

Wer sich die Entwicklung unseres Landes insgesamt anschaut, der wird feststellen, dass sich der öffentliche Bereich, der weit über die Ministerien hinausgeht, gewaltig aufgebläht hat. Wenn ich mir zum Beispiel allein die Umweltverwaltung ansehe, dann fällt mir nun wirklich nichts anderes mehr ein, als dass die vor lauter Kraft wirklich bald nicht mehr laufen kann.

Aber die Landesverwaltung, deren Personalbestand durch zahlreiche Ausgliederungen - zum Beispiel der GMSH auf dem Papier, aber nicht faktisch - reduziert wurde, hat sich in den vergangenen Jahren im Wesentlichen mit sich selber beschäftigen müssen. Leitbilddiskussionen, Aufgabenanalyse, Aufgabenkritik, die Entwicklung einer Kosten- und Leistungsrechnung sowie ständiges Herumbasteln an den Beurteilungsrichtlinien haben Kraft und Zeit gebunden und die Kosten im konsumtiven Bereich in die Höhe getrieben. Sie haben bei der Verschlankung der Verwaltung ver

sagt, Frau Simonis, und Ihr Effizienzgerede ist nichts als ein Täuschungsmanöver, denn die Finanzlage ist dramatisch schlecht.

(Beifall bei der CDU)

Der Finanzminister hat doch schon 1998 festgestellt, dass die konsumtiven Ausgaben in den Jahren von 1988 bis 1998 überproportional gestiegen sind. Nur, Lehren haben Sie, meine Damen und Herren von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aus dieser richtigen Erkenntnis bis heute leider nicht gezogen.

Unser Land könnte im Wettbewerb mit anderen Bundesländern viel besser dastehen, wenn es nicht durch eine sich selbst lähmende Regierung gebremst würde.

(Beifall bei der CDU)

Wie man ein Land dynamisch entwickeln kann, beweist doch gerade Peter Müller im Saarland. Er hat konsequent Investitionen erhöht, beachtlich Standards abgesenkt, erheblich konsumtive Ausgaben zurückgenommen - eine Trendwende, die wir hier in SchleswigHolstein nicht haben durchführen können. Wenn Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, doch erkannt haben sollten, dass hier der Ansatz liegt, dann fehlt Ihnen die wirkliche Kraft zu einer Trendwende. Stattdessen bauen Sie für die Bürgerinnen und Bürger und wie ich fürchte - auch für sich selbst eine virtuelle Welt auf, in der Sie leben. Herr Hay hat das eben deutlich gemacht.

Ich will Ihnen das nur an einem aktuellen Beispiel verdeutlichen. Am 27. September erklären Sie, Frau Simonis, bei der Vorlage des Haushaltsentwurfs hier im Landtag:

„Schon im nächsten Semester wird der Multimedia-Campus das erste Studienangebot machen. Rund 60 Firmen unterstützen das Vorhaben mit mehr als 20 Millionen DM.“

In der vergangenen Woche, am Donnerstag, rückt Ihr Wirtschaftsminister Ihre ganze Euphorie vom September zurecht. Er teilt auf einer Pressekonferenz ungefragt mit:

„Das Finanzierungskonzept wird jetzt erstellt und abgestimmt, die Ausschreibungen für Lehrstühle sind angelaufen.“

Das ist Ankündigungspolitik, Frau Ministerpräsidentin. Das heißt, Sie sind sich mit den Sponsoren überhaupt noch nicht einig. Sie aber stellen sich hier hin und sagen, 60 Firmen hätten 20 Millionen DM und so weiter. Frau Simonis, eine Politik, die die Menschen verdummt, verdummt am Ende sich selbst.

Dass wir mit unserer Beurteilung der dramatischen Finanzlage des Landes allerdings nicht allein daste

(Martin Kayenburg)

hen, zeigt auch die Stellungnahme des Landesrechnungshofs vom 20. Oktober dieses Jahres. Der Landesrechnungshof stellt fest, dass die Finanzlage des Landes bedrückend und besorgniserregend ist. Sie, Herr Kollege Neugebauer, haben dazu in einem Interview erklärt:

„Ich gebe zu, dass der Landesrechnungshof Recht hat in der Analyse. Das Land ist hoch verschuldet. Der Handlungsspielraum ist sehr eng und wir müssen in der Tat noch weiter alle Förderprogramme auf den Prüfstand stellen...“

Aber was haben Sie zustande gebracht, Herr Neugebauer? - Sie haben mit Ihren eigenen Haushaltsanträgen, die über den Entwurf und die Nachschiebelisten der Regierung hinausgehen, lächerliche 0,14 % des ganzen Haushaltsvolumens bewegt. Bei den Einsparungen wird es noch spannender: 0,05 %! Ich würde mich schämen, Herr Neugebauer!

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Aber vielleicht sollte ich Ihnen auch gratulieren. Ein zukunftweisendes Konzept jedenfalls sind Sie schuldig geblieben.

(Günter Neugebauer [SPD]: Aber das ist rea- listischer als das, was Sie vorschlagen!)

Wir weisen dagegen mit unserem Antrag an 18 Beispielen seit 1998 nach, dass die rot-grüne Landesregierung viele finanzpolitische Forderungen von uns mit Verzögerung umgesetzt hat. Allein durch die verzögerte Umsetzung sind dem Land erhebliche finanzielle Schäden entstanden, die eine Größenordnung von 300 Millionen DM erreichen dürften. Ich erinnere nur an die Entbeamtungspolitik, an die Auflösung des Frauenministeriums - nicht so viel, aber immerhin -, an die Abschaffung des zweiten Staatssekretärs im Bildungsministerium. Sie hätten erhebliche Einsparungen haben können. Aber Sie haben unsere Vorschläge erst mit Verzögerung angenommen. Die Beispiele zeigen, dass wir uns finanzpolitisch durchsetzen - nicht immer, aber immer öfter.

Wir belassen es jedoch nicht nur bei der kritischen Analyse rot-grüner Finanzpolitik, sondern zeigen in unseren Änderungsanträgen 2001 auf, wie eine dringend notwendige Kurskorrektur vorgenommen werden könnte. Da sind zunächst einmal die Personalausgaben. Es ist einfach nicht länger hinnehmbar, dass bei Nettoausgaben von knapp 15 Milliarden DM die Personalausgaben allein fast 5,6 Milliarden DM ausmachen.

Zusammen mit den hohen Zinsausgaben ist unser Haushalt damit natürlich zur Unbeweglichkeit erstarrt. Das darf so nicht weitergehen.

(Beifall bei der CDU)

Die vorhandenen Personalressourcen müssen besser genutzt werden. Der Personalbestand ist außerhalb der Tabubereiche zu überprüfen und zurückzuführen. Aber auch innerhalb der Tabubereiche - wie bei Lehrern und bei der Polizei - müssen durch Modernisierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen Effizienzsteigerungen vorgenommen werden.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum wollen Sie dann den Per- sonalhaushalt um 20 Millionen DM erhöhen? Das verstehe ich nicht!)

Ich nenne nur die Angleichung der Stundenverpflichtungen der Gesamtschullehrer an den entsprechenden Schulen, Herr Hentschel!

Um nachhaltig Einsparungen bei den Personalausgaben zu erzielen, helfen nur - da gebe ich Ihnen ja völlig Recht und das wissen wir auch - langfristige Strategien. Aber selbst die fehlen Ihnen ja, Frau Simonis! Allerdings kann man auch kurzfristig durch den Verzicht auf neue Stellen und Stellenhebungen, durch eine Straffung des Personalbudgets und durch eine konsequente Wiederbesetzungssperre Einspareffekte erzielen. Wir haben hierfür zahlreiche Vorschläge gemacht, zum Beispiel auch mit der Begrenzung der Zahl der Abgeordneten dieses Landtages im Zuge einer Wahlrechtsreform. Ich bin sicher, manche dieser Vorschläge werden in den nächsten Jahren in unsere Liste der verzögerten Übernahmen der CDU-Vorschläge eingestellt werden.

(Beifall bei der CDU)

Eine weitere schwere Hypothek für die Haushalte kommender Jahre sind die Schulden des Landes, die unter Zugrundelegung der mittelfristigen Finanzplanung bis 2004 etwa 35 Milliarden DM erreicht haben werden. In der 14. Legislaturperiode sollte die jährliche Neuverschuldung noch auf 800 Millionen DM zurückgeführt werden. Das war Ihnen wahrscheinlich zu lächerlich, Frau Simonis. Dafür soll jetzt bis zum Jahre 2010 - oder neuerdings sogar bis zum Jahre 2008 - die Neuverschuldung auf null gebracht werden. Im Haushaltsentwurf 2001 allerdings stehen noch eine Milliarde DM und Sie zeigen jedenfalls in meinen Augen nicht, dass Sie ernsthaft die Absicht haben, mit dem Abbau der jährlichen Neuverschuldung zu beginnen. Sie können es eben nicht

(Widerspruch des Abgeordneten Günter Neu- gebauer [SPD])