Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die heutige Nachmittagssitzung und wäre dankbar, wenn die qualifizierte Minderheit, die sich zurzeit im Saal befindet, ihre Plätze einnähme und sich der Tagesordnung widmete.
Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes über die Organisation der Polizei in Schleswig-Holstein (Polizeiorganisationsgesetz - POG)
Zunächst erteile ich der Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, der Frau Abgeordneten Schwalm, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich mit dem ihm durch Plenarbeschluss vom 17. Juni 2004 überwiesenen Gesetzentwurf der Landesregierung in mehreren Sitzungen befasst, zuletzt in seiner Sitzung am 20. Oktober 2004, und eine schriftliche und mündliche Anhörung durchgeführt.
Mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Enthaltung der FDP empfiehlt der Ausschuss dem Landtag, den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Polizeiorganisationsgesetz ohne Änderung anzunehmen.
Ich bitte, über diese Beschlussempfehlung mit der Maßgabe abzustimmen, dass § 14 Satz 1 des Gesetzentwurfs wie folgt konkretisiert wird: „Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündigung in Kraft.“
Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rother.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach nunmehr zwei großen Polizeireformen wird mit dem Beschluss eines neuen Polizeiorganisationsgesetzes die Umsetzung der Ergebnisse der dritten großen Polizeireform eingeleitet. Mit der Reform wird die Chance genutzt, in diesem Land Polizeiarbeit in einer zweckmäßigen Struktur, mit den erforderlichen Arbeitsmitteln, an zeitgemäß eingerichteten Arbeitsplätzen und mit ordentlich bezahlten Mitarbeitern zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger besser zu leisten.
Bereits in unserer Juni-Tagung wurde in der ersten Lesung gewürdigt, dass die schleswig-holsteinische Landespolizei das alles ohne externe Beratung, aus eigener Kraft erarbeitet hat. Allen an diesem Prozess beteiligten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten - manche haben dabei sogar ihren eigenen Arbeitsplatz infrage gestellt - gebührt Anerkennung, Dank und Respekt.
Aber damit sind wir noch nicht am Ende. Auf die betroffenen Mitarbeiter wird in der Umsetzungsphase noch einmal eine Menge Arbeit zukommen. Ich denke, dass die Perspektive, die diese Reform bietet, die hohe Motivation, mit der diese Arbeit bis jetzt geleistet wurde, weiter erhalten wird.
In den gut vier Monaten zwischen den Lesungen ist eine Reihe von Fragen erörtert worden. Auf ein paar aus meiner Sicht wesentlichen Punkte möchte ich im Folgenden kurz eingehen.
Erstens: Das Tempo der Beratungen. Es bestanden Befürchtungen, das Gesetz werde „durchgepeitscht“, es bestünde zudem „Dauerstress“ und „politische Hektik“. Festzustellen ist hingegen: Der Gesetzentwurf wurde eingehend, ohne besonderen Zeitdruck, mit allen und wirklich jedem, der sich dazu zu Wort gemeldet hat, in einem musterhaften Beteiligungsverfahren erörtert und im Ausschuss entschieden.
Ich bin den Oppositionsfraktionen dafür dankbar, dass sie das Ganze verfahrensmäßig nicht in die Länge gezogen haben. Das war manchmal ein wenig zu befürchten. Aber ich denke, das hätte niemand verstanden; denn die positiven Ergebnisse dieser Reform für die Polizeiarbeit hätten wir - unabhängig von irgendwelchen Wahlen - schon viel früher gut gebrauchen können.
Zweitens: Der Verbleib des so genannten Umsteuerungspotenzials. Die Gewinne aus der Reform III werden komplett im Polizeihaushalt verbleiben. Das ist immer wieder betont und festgestellt worden.
Herr Kubicki, ein Aufrechnen mit allgemeinen Bewirtschaftungsvorgaben des Etats ist ohne Zusammenhang und wirklich nichts als Angstmacherei. Die Aussage Ihrer Seite, die Polizistinnen und Polizisten würden in dieser Frage vom Ministerium belogen, ist wirklich abenteuerlich und absurd. Vielleicht nutzen Sie die Gelegenheit, das nachher hier vorn richtig zu stellen.
Was unter dem Strich zählt, ist die Tatsache, dass 160 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in den ersten beiden Schritten aus den Stäben herausgenommen werden und damit faktisch dem operativen Dienst, also im Streifenwagen und auf der Straße,
zusätzlich zur Verfügung stehen. Nach unserem Gesetzesbeschluss beginnt die Umsetzungsphase. Sie werden erleben, dass alle Maßnahmen aus der Reform nachvollziehbar bleiben. Später werden wir sicherlich noch feststellen können, wer in dieser Debatte den Mund voll genommen und vielleicht auch etwas Falsches erzählt hat.
Unser Regierungsprogramm für die Jahre 2005 bis 2010 beschreibt, dass wir weiterhin das Personal in den Führungsstäben verringern wollen, um mehr Polizistinnen und Polizisten auf der Straße einzusetzen. Zudem werden wir für die Verbesserung der Personalstruktur sorgen. Das steht, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das befindet sich ganz im Gegensatz zu den Versprechungen von CDU und FDP in Niedersachsen, in Hamburg oder im Saarland. Dort hätte ein Untersuchungsausschuss „Wahlbetrug“ in Bezug auf den öffentlichen Dienst wahrhaftig viel zu tun.
Drittens: Die Organisation der Flächendirektionen. Das 8 + 1-Modell ist der Vorschlag von Polizeifachleuten und keine politische Vorgabe. Das Ergebnis ergibt sich aus der Kombination einer maximal zu handhabenden Führungsspanne und einem maximal zu erreichenden Umsteuerungspotenzial. Im Vergleich zum 13 + 1-Modell sind das 50 ganze Stellen, 50 Stellen, die in der operativen Aufgabenwahrnehmung vor Ort dringend gebraucht werden.
Das 4 + 1-Modell ist aufgrund der enormen Führungsspanne nicht funktionsfähig und bestenfalls Zukunftsmusik. Organisation ist ja ein Dauerprozess, Herr Schlie, und endet nicht mit dem Gesetzesbeschluss. Hierauf wird man in Zukunft sicherlich noch weiter schauen müssen. Auch die Leitstellenfrage ist an diesem Punkt nicht entscheidend. Ihre Fragen gerade zu diesem wichtigen Teil der Organisationsreform müssten eigentlich beantwortet sein, und damit könnten Sie dem Gesetz nach dieser Debatte auch ihre Zustimmung geben.
Viertens: Die Einordnung des Landeskriminalamtes. Die organisatorisch gleichwertige Einordnung beider Ämter in die neue Aufbauorganisation wurde insbesondere vom SSW kritisiert. Sie ist aber im dienstlichen Alltag unproblematisch. Wer sich in welchem Fall nach den Vorgaben des anderen richten muss, ist in der Polizeidienstvorschrift klar geregelt. Auch wenn sich der Titel eines Polizeipräsidenten von Schleswig-Holstein, den es dann vielleicht geben könnte, schön anhört, sollte dies nicht die Grundlage für eine Organisationsentscheidung sein.
An dieser Stelle möchte ich Innenminister Klaus Buß in seiner Haltung in Bezug auf eine mögliche Kompetenzerweiterung des Bundeskriminalamtes bestärken. Die bisherige Aufgabenteilung ist vor dem Hintergrund neuer Bedrohungslagen natürlich zu optimieren. Darauf wird der Bundesstaatsanwalt schon aufpassen. Angesichts der „normalen“ Aufgabenwahrnehmung bei der Bekämpfung der Kriminalität ist der Weg einer engen Zusammenarbeit mit der Schutzpolizei und der Staatsanwaltschaft, also einer engen Zusammenarbeit von Landesbehörden, weiterhin der richtige Weg.
Fünftens: Die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft, Richterschaft und Polizei. Bei der Umsetzung des 8 + 1-Modells wurden Reibungsverluste in dieser Zusammenarbeit befürchtet. Hierzu liegt uns ein umfassender Projektgruppenbericht mit ganz konkreten Vereinbarungen für die verschiedenen Fälle vor, der genau diese Befürchtungen zerstreut. Zudem werden sogar weiterhin Schnittstellen verringert, auch im Bereich Segeberg/Pinneberg - dort hat ja immer ein besonderes Problem bestanden - werden diese Zuständigkeiten detailliert geregelt, und es gibt auch eine Evaluation, das heißt man kann im laufenden Verfahren noch weiter korrigieren.
Sechstens: Die Aufgaben der Verkehrspolizeidirektion. Es gab Befürchtungen, die Qualität der Arbeit der Verkehrspolizei könne darunter leiden, dass nunmehr eine Anbindung des operativen Geschäfts an die Flächendirektionen erfolgt. Wir vertrauen der Polizeiführung, vertrauen ihr darin, dass sie diese Führungsleistung erbringen kann. Andere Flächenbundesländer fahren mit dieser Organisationsform gut. Sie machen das genauso. Ich habe bis heute nicht verstanden, warum in Schleswig-Holstein immer alles anders sein soll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend möchte ich auf den enormen Umfang des Reformprozesses III hinweisen, der ja nicht das einzige laufende organisatorische Vorhaben in der Landespolizei ist und für den in zwei Jahren - ich hatte es bereits angesprochen - der Evaluationsprozess ansteht. Laufbahnrechtliche Fragen werden in der nächsten Zeit wohl als weiteres bedeutendes Arbeitsfeld im Organisationsbereich hinzukommen. Das macht auch deutlich, dass die Pressekonferenz des Innenministers vom 28. Oktober 2004 anlässlich der 590 Beförderungen bei der Landespolizei zum 1. Dezember keine Abschiedsvorstellung des Ministers war, wie von einigen angemerkt worden ist. Es war vielmehr eine Zwischenbilanz zu aktuellen Fragen des polizei
Und es war eine Erfolgsbilanz, insbesondere wenn man an die Verbesserung der Sachausstattung und Gebäudesituation bei der Polizei denkt.
- Herr Kubicki, Defizite in der Landespolizei sind ja von diesem Minister nie beschönigt oder klein geredet worden. Ganz im Gegenteil, das ist erkannt worden, das ist aufgearbeitet worden, das ist angegangen worden, und das ist sogar zu einem großen Teil auch abgearbeitet worden.
Das ist ein ehrlicher Umgang miteinander. Das sind keine falschen Versprechungen. Ich meine, diese Art von Amtsführung hat wirklich Anerkennung gefunden. Das hat innerhalb der Polizei, wenn man auch jenseits der Versammlungen mal mit den Leuten spricht, ein Mehr an Vertrauen ausgelöst und auch zum Teil Zufriedenheit geschaffen.
- Es gibt ja nicht nur diese Veranstaltung, Herr Kubicki. Ich meine, das macht deutlich, auch in der Zusammenfassung vor kurzem anlässlich dieser Pressekonferenz, dass unsere Politik der inneren Sicherheit Perspektiven aufzeigt und dass diese Politik auch tatsächlich Akzeptanz findet. Das wird man uns am 20. Februar 2004 bestätigen. Da bin ich ganz sicher.
Ich begrüße auf der Tribüne unsere nächste Besuchergruppe, und zwar vom Max-Planck-Gymnasium in Kiel mit Austauschschülern der Endrop Skolen aus Fredensborg in Dänemark. - Herzlich willkommen!