Protocol of the Session on November 11, 2004

schwaders 2 in Eggebek/Tarp. Wir haben den Kopf nicht in den Sand gesteckt, sondern das vielfältige Know-how im Lande im Konversionsbüro des Wirtschaftsministeriums gebündelt und auch Geld investiert, um den betroffenen Kommunen so kräftig unter die Arme zu greifen, wie es nur irgend möglich ist.

(Beifall bei der SPD)

Angesichts der erneuten Reduzierung der Bundeswehr in Schleswig-Holstein haben wir entschieden, am gleichen Tag noch, als der Verteidigungsminister die Standortschließung bekannt gab, das bestehende Landesprogramm zur Förderung der Konversion in den besonders betroffenen Kommunen um insgesamt rund 7 Millionen aufzustocken.

Ich darf hier anmerken, dass es in anderen Ländern offensichtlich schwieriger ist, so schnell ein Programm aufzustellen, dass beispielsweise in Niedersachsen die CDU-geführte Regierung beschlossen hat, keinerlei Finanzhilfe für die Kommunen bereitzustellen, die vom Abzug der Bundeswehr betroffen sind. In Schleswig-Holstein werden 5,1 Millionen € für die besonders betroffenen Kommunen aus dem Regionalprogramm bereitgestellt und zwei weitere zusätzlich für die Standorte im Süden des Landes. Außerdem haben wir beschlossen, die Fördersätze zu erhöhen.

Ich will aber betonen - das ist auf dem Workshop am vergangenen Montag deutlich geworden -, Geld ist die eine Seite. Es kommt jetzt vor allem darauf an, gute und vor allen schnelle Ideen zu entwickeln. Professor Soltwedel vom Institut für Weltwirtschaft hat das in seinem Artikel eindringlich geschrieben.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesplanung will deshalb ein zusätzliches Arbeitstreffen mit den Gemeinden und Kreisen arrangieren, wo Ideen ausgetauscht und Projekte vorgestellt werden können.

Aus dem bisher noch laufenden Konversionsprogramm vom 3. April 2001 in Höhe von 30,7 Milionen € sind 14,9 Millionen € noch nicht abgeflossen. Mit den neu zur Verfügung stehenden rund 7 Millionen € stehen damit insgesamt rund 22 Millionen € für Konversionsprogramme zur Verfügung.

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrte Damen und Herren, die Landesregierung und ich appellieren dringlich und ausdrücklich an den Bund, beim Verkauf von Bundeswehrliegenschaften nur, wie wir es immer nennen, einen symbolischen Kaufpreis von,

von mir aus, nur 1 € zu nehmen, und wir würden da gerne Ihre Unterstützung erbitten. Dies geht allerdings nur mit einem Nachbesserungsschein.

(Beifall bei der SPD)

Die Landesregierung ist bereits an die entsprechenden Ausschüsse des Bundestages herangetreten. Wir werden an dem Punkt nicht locker lassen, weil eine Liegenschaft, die lange genug liegt, kaum noch von Interessen für einen Investor ist. Je schneller eine Idee verwirklicht werden kann, umso größer ist am Ende auch der Gewinn für den Bundesfinanzminister.

Die Erfahrungen nach den Stationierungsentscheidungen der 90er-Jahre und des Jahres 2001 zeigen, dass die Verwertungspolitik bezüglich freigewordener Bundeswehrliegenschaften ein entscheidendes Hindernis für die zügige und erfolgreiche Konversion ist. Man hört zum Beispiel, dass beim „Hungrigen Wolf“, wo bis jetzt Hubschrauber in Hallen untergestellt worden sind, ein dort ansässiger Unternehmer wünscht, von sich dort Sachen in den leer gefallenen Gebäuden unterstellen zu können, und bekommt zu hören: „Nein, jetzt müssen wir erst einmal die Statik des Ganzen untersuchen.“ Ich meine, was für einen Panzer und für einen Hubschrauber reicht, wird wohl auch für ein paar Kisten eines Unternehmers reichen. Ich finde, da schlägt die Bürokratie ein bisschen stark zu.

(Zurufe)

- Ja, wer ist da zuständig? Auch der Bund und natürliche die Verwaltung, die Kommunen, das ist klar.

(Martin Kayenburg [CDU]: Und das Land! - Lachen bei der SPD)

- Nein, Herr Kayenburg, tut mir Leid. Ich wollte es ganz ruhig machen, aber es ist nicht das Land, es sind die Kommunen, die dort Planungsrechte haben.

(Zurufe von CDU und SPD)

- Herr Oppositionsführer, wir brauchen uns gar nicht zu streiten, wir können nach dieser Runde mit der Landesplanung und dem Innenminister sehen, was wir sozusagen auf dem Wege der Verwaltungskunst lösen können. Es ist aber eindeutig - und das möchte ich gern im Protokoll haben - Sache der Kommunen und nicht des Landes, betrifft die Planungsrechte vor Ort.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was die Frage des schnellen Abgebens von Liegenschaften betrifft, so ist der Bundesverteidigungsminister auf unserer Seite. Er hat uns seine Unterstützung und die

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

seiner Verwaltung sowie der G.e.b.b. zugesagt. Ich hoffe auch, dass der Finanzminister an dieser Stelle überzeugt werden kann, genauso wie die dafür notwendigen Verwaltungsakte, die von einer Einrichtung geleitet werden, die leider Gottes nicht in SchleswigHolstein ist, sondern in Mecklenburg-Vorpommern. Wir hoffen aber, dass wir die Dienstwege dort sehr verkürzen werden.

Meine sehr verehrte Damen und Herren, zum Schluss bitte noch eine Zusammenfassung: Konversion bietet auch neue Entwicklungsmöglichkeiten für Kommunen und Regionen. Diese Chancen sollten wir gemeinsam untersuchen und dann mit den Kommunen nutzen. Wenn wir es schaffen, neue Unternehmen anzusiedeln und touristische Angebote zu entwickeln, werden wir auch neue Arbeitsplätze und neue Wertschöpfungen in den Regionen schaffen können. Die Landesregierung wird daran mit Hochdruck arbeiten und ich habe gesehen, dass einige Abgeordnete in der Zwischenzeit schon mit den betroffenen Regionen Kontakt aufgenommen haben und die ersten Ideen bei uns eingereicht haben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Oppositionsführer, Herr Abgeordneter Kayenburg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Verteidigungsminister Struck hat mit den jetzt bekannt gemachten Standortschließungen und der Umstrukturierung der Bundeswehr Schleswig-Holstein erneut benachteiligt. Die wirtschaftlichen, Arbeitsmarkt belastenden und strukturpolitischen und vor allem sozialen Folgen der Entscheidungen aus Berlin sind für die betroffenen Soldatinnen und Soldaten bitter, für die Wirtschaft und den Mittelstand nachteilig, für die Bürger in den betroffenen Regionen Existenz gefährdend und für Schleswig-Holstein insgesamt katastrophal. Wir haben doch schon bei den vergangenen Truppenreduzierungen harte Einschnitte hinnehmen müssen. Was nun geschieht und bis zum Jahr 2010 realisiert werden soll, ist der totale Aderlass, der Tod mancher Gemeinde in unserem Land. Ich meine, Strucks Basta-Manie ist bürgerfeindlich, rücksichtslos und arrogant.

(Beifall bei der CDU)

Ob Olpenitz, Segeberg, Kellinghusen, Breitenburg, Albersdorf, Rendsburg oder eine andere betroffene Kommune, alle diese Städte und Gemeinden werden

über lange Zeit durch die Standortschließungen belastet sein. Was hat die Landesregierung getan? Offensichtlich viel zu wenig. Wo waren Sie denn, Frau Simonis, als die Entscheidungen vorbereitet wurden? Sie haben uns doch erzählt, Sie hätten mit Herrn Struck geredet. Das Ergebnis Ihrer Gespräche ist offensichtlich gleich null. Erreicht haben Sie jedenfalls für unser Land nichts, entweder weil Ihre Argumente in Berlin nicht gelten oder weil Ihnen die Entwicklung ziemlich gleichgültig war. Aber egal, welcher Grund vorliegt, er zeigt erneut die Unfähigkeit Ihrer Regierung.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich frage Sie: Warum waren andere erfolgreicher? Schauen Sie einmal nach Sachsen. Herr Milbradt hat es doch geschafft.

(Lachen bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Er hat seinen Wahlkampf Wahlkampf sein lassen und ist nach Berlin gefahren und hat dort um den Erhalt der Bundeswehrstandorte gekämpft und hat für Sachsen Konversionsmittel erhalten. Er hat Erfolg gehabt, wir nicht.

(Beifall bei der CDU)

Ich frage Sie, Frau Simonis: Warum konnten Sie das nicht? Oder lag es daran, dass man sich unter Genossen gegenseitig keinen Ärger macht? Galt etwa eine Maulkorbregelung zulasten unseres Landes, zulasten unserer Bürgerinnen und Bürger und zulasten der Soldatinnen und Soldaten? Für die Misere, die Schleswig-Holstein jetzt durch die Bundeswehrstrukturreform erleidet, sind Sie, Frau Simonis, und Herr Struck verantwortlich. Sie haben unser Land schon haushaltspolitisch an den Rand des Ruins gebracht. Nun sind Sie auch beim Kampf um den Erhalt der Standorte erfolglos. In der Öffentlichkeit - so heute Morgen noch im Radio - spielen Sie die Betroffene, gleichzeitig verkünden Sie ein angebliches Konversionsprogramm, das kaum zusätzliche Mittel enthält, das regional ungerecht ist und das unsolide finanziert ist.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich sage Ihnen, nachträglicher Aktionismus ersetzt eben keine vorausschauende Aktivität. Für die betroffenen Standorte muss es doch wie Hohn klingen, wenn Sie sagen, Sie wollten mit den Kommunen jetzt beraten, was zu tun sei. Wo waren Sie denn, als die Bürger von Kappeln sich frühzeitig für Olpenitz eingesetzt haben? Sie schlagen sich doch in die Büsche, wenn Sie sagen, Ihre Regierung hätte nie die Stimme dagegen erhoben, dass überhaupt nichts ge

(Martin Kayenburg)

schehen sollte. Schließlich hätten Sie auch bei den Vorgängerregierungen immer mitgemacht und Sie würden sich an Weizsäckers Zahlen - ich denke, Sie meinen die Zahlen der Weizsäcker-Kommission zur Bundeswehrreform - halten und die Anpassung sei wegen der Weltlage erforderlich. Wenn das wirklich so ist, Frau Simonis, dann müssen Sie uns aber wenigstens begründen, warum Schleswig-Holstein wieder einmal proportional stärker betroffen ist, überproportional betroffen ist gegenüber den anderen Ländern. Sagen Sie uns doch konkret, was Sie denn getan haben. Welche Entscheidung von Herrn Struck haben Sie beeinflusst? Oder warum haben Sie nicht wenigstens vorbeugend ein Krisenmanagement für die betroffenen Standorte organisiert?

Was heißt es, wenn Sie sagen: „Nicht alle unsere Forderungen beim BMVg waren erfolgreich.“? Welche waren denn erfolgreich? Sie kennen doch weder die militärpolitischen noch die betriebswirtschaftlichen Kriterien, die für die Standortschließungen und Verlagerungen maßgeblich sind - angeblich weil die Ministerpräsidenten in militärischen Dingen kein Fragerecht hätten. Mit Verlaub: Das ist lächerlich! Die militärpolitischen Fragen finden Sie in verschiedenen Fachzeitschriften, zum Beispiel „Soldat und Technik“, und die betriebswirtschaftlichen Daten stehen keineswegs unter striktem sicherheitspoltischen Vorbehalt. Das Ganze beweist doch nur, dass sich diese Regierung viel zu wenig um die Probleme gekümmert hat.

Nun zum Landeskonversionsprogramm! Das ist unehrlich, unausgewogen und ungerecht. Sie tun so, als ob Sie 22 Millionen € zusätzlich für die von Standortschließungen betroffenen Gemeinden zur Verfügung stellen. Tatsächlich steuern Sie circa 15 Millionen € aus einem vorhandenen Programm um. Sie entziehen also anderen Projekten, die aus GA-Mitteln hätten gefördert werden können, Gelder. Sie benachteiligen dieses Land an dieser Stelle. Wenn Sie weitere 5 Millionen € ansprechen, frage ich Sie, woher die eigentlich kommen. Das ist bis heute überhaupt nicht klar. Oder wollen Sie da wieder ein anderes Programm anzapfen?

(Beifall bei der CDU - Zuruf der Abgeordne- ten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die 2 Millionen €, die zusätzlich für die Gebiete außerhalb der GA-Förderkulisse zur Verfügung gestellt werden - etwa im Wert von vier Fünftel der Kosten einer Wildbrücke, Herr Kollege Hentschel -, sind wirklich Peanuts im Vergleich zu den Belastungen, die auf die Gemeinden zukommen. Das ist ungerecht und lässt jedes Augenmaß vermissen.

(Günter Neugebauer [SPD]: Aber jetzt kommt Ihr Vorschlag, Herr Kayenburg, Ihre Alternative!)

Wir wollen ein Konversionsprogramm, aber ein solide finanziertes.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir teilen Ihre Auffassung, dass die betroffenen Bundeswehrliegenschaften aus struktur- und beschäftigungspolitischen Gründen verbilligt an die Kommunen oder ansiedlungswillige Unternehmen weitergegeben werden sollen.

(Günter Neugebauer [SPD]: Ihr Vorschlag!)

- Entschuldigung, Herr Neugebauer, nun halten Sie endlich mal den Rand!