Protocol of the Session on September 29, 2000

(Beifall bei SPD und SSW)

Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Christel HappachKasan das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Feddersen, zunächst einmal beglückwünsche ich Sie zu Ihrem ersten Beitrag im Haus. Ich hätte mir allerdings gewünscht - das darf ich dann auch sagen -, dass wir die Wiederaufnahme des Themas Nationalpark Wattenmeer nicht ausgerechnet an einem kleinen Gasthof festmachen, über dessen Verpachtung es Streit gibt.

(Beifall der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.], Konrad Nabel [SPD] und Anke Spoorendonk [SSW])

Herr Malerius, ich bedauere, dass Sie bei der Schilderung der Hamburger Hallig doch eines vergessen haben zu erwähnen, dass nämlich auch der Synthesebericht diese Hamburger Hallig als einen Schwerpunkt des Fremdenverkehrs ausweist. 50.000 bis 100.000 Besucher kommen jedes Jahr in der Saison auf diese Hamburger Hallig. Es ist ein Kleinod - wie Sie zu Recht beschreiben - von gerade einmal 216 ha. Das beides zeigt - sowohl die Tatsache, dass da Brut- und Rastplätze von internationaler Bedeutung sind, wie auch der touristische Betrieb -, dass es doch exemplarisch möglich ist, Tourismus und Naturschutz nebeneinander zu betreiben. Ich meine, das sollten wir zum Wohle der Region alle erhalten wollen.

Die Neuverpachtung des Gasthauses hat nun den Streit ausgelöst, der hier ausgetragen wird. Der Streit ist die direkte Folge des Streits über die Novellierung des Nationalparkgesetzes. Er zeigt, dass die Landesregierung noch eine Menge zu tun hat, um das in der vergangenen Legislaturperiode verspielte Vertrauen der Menschen an der Nordseeküste in staatliches Handeln zurückzugewinnen. Gleichzeitig will ich aber auch sagen, dass für jemanden, der nicht aus dieser Region stammt, die Dimension des Streites, die Emotionalität, mit der er geführt wird, nicht ganz nachvollziehbar ist.

(Beifall der Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD] und Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Über die Verpachtung einer Liegenschaft entscheidet in aller Regel der Eigentümer oder die Eigentümerin. Dieses Grundprinzip muss nach Auffassung der F.D.P. unangetastet bleiben. Eigentümer der Hamburger Hallig einschließlich des Gasthauses ist das Land Schleswig-Holstein. Die Entscheidung über die Verpachtung liegt somit beim Land.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Als F.D.P.-Fraktion nehmen wir allerdings mit einer gewissen Verwunderung zur Kenntnis, dass das Land akzeptiert hat, dass nicht die GMSH - diese wundervolle Einrichtung - dieses Gasthaus übertragen bekommt. Wir wundern uns darüber, denn wenn es denn so eine gute Einrichtung wäre, dann müsste man doch die Verpachtung dieses Gasthauses vertrauensvoll in ihre Hände legen.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.] und vereinzelt bei der CDU)

Trotz dieser Einigkeit in der Frage, wer den Gasthof nicht verpachten soll, sowie der Einigkeit über das vom Arbeitskreis Hamburger Hallig erarbeitete Nutzungskonzept für die Liegenschaft entstand eine Konfrontation darüber, wer die Verpachtung vornehmen soll. Diese Konfrontation sowie die mediale Begleitung erwecken in meinen Augen den Eindruck, als solle die Schlacht um die Novellierung des Nationalparkgesetzes noch einmal geführt werden. Zu diesem Eindruck trägt bei, dass zum Vorschlag des Landes, der NationalparkService GmbH die Verpachtung zu übertragen, keine selbstverständliche und überzeugende Alternative genannt wird, es sie möglicherweise auch nicht gibt.

Aus der Region kommt der Vorschlag, dass ein noch zu gründender Zweckverband aus den dortigen Kommunen die Verpachtung vornehmen sollte. Die Gründung eines Zweckverbandes erfordert eine Satzung,

(Dr. Christel Happach-Kasan)

die Bildung von Verbandsorganen und deren Besetzung mit geeigneten Personen. In Zeiten, in denen wir über Aufgabenstraffung, Deregulierung, Vereinfachung der Behördenstruktur reden, ist dies ein Vorschlag von gestern.

(Beifall der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.], Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Er ist eine Hilfskonstruktion. Schließlich sind mit der Gründung des Verbandes noch keine Finanzmittel weder für den Kauf; 300.000 DM sind im Haushalt eingestellt; Herr Feddersen, das haben Sie erwähnt, noch für die notwendige Gebäudeunterhaltung - bereitgestellt. Selbstverständlich muss das Land als bisherige Eigentümerin das letzte Wort über die Verpachtung dieser Liegenschaft auch behalten. Solange über Geldmittel nicht gesprochen wird und auch vom Verband diese nicht in Aussicht gestellt werden können, scheint es mir eine Hilfskonstruktion zu sein, die nicht trägt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich möchte Sie auch bitten, das eine zu überdenken: Wären Sie wirklich bereit, dem Bürgermeister der Stadt Kiel die Entscheidung zu überlassen, was in dem Landeshaus, in dem wir hier sitzen, tatsächlich passieren soll?

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Da würde es besser werden! - Konrad Nabel [SPD]: Oh, oh! - Beifall der Abgeordneten Monika Hei- nold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich wäre als Mitglied der F.D.P.-Fraktion nicht dazu bereit. Wer die gestern verlorenen Schlachten noch einmal schlägt, verliert in aller Regel ein zweites Mal. Dieser Streit über die Verpachtung eines Gasthofes nützt all denen, die den Konflikt um die Novellierung des Nationalparkgesetzes am Leben erhalten wollen, sonst niemandem.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das kann man politisch so wollen, aber es ist naiv zu glauben, andere würden das nicht merken.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Genau!)

Das Anliegen der Menschen in der Region ist nicht die Fortführung des Streits, sondern die Stärkung des touristischen Angebots bei Wahrung der Interessen des Naturschutzes. Daher ist vom Arbeitskreis einstimmig ein Nutzungskonzept für die Hallig erarbeitet worden, das genau diesen Zielsetzungen Rechnung trägt. Dieses Konzept halte ich für gut und es sollte umgesetzt werden. Ich bedauere sehr, dass weder im CDU

Antrag noch im SSW-Antrag irgendein Bezug auf dieses Konzept genommen wird.

(Beifall bei der F.D.P., vereinzelt bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Landesregierung ist weiterhin aufgefordert, eigene Anstrengungen zu unternehmen, um das während der Novellierung des Nationalparkgesetzes verloren gegangene Vertrauen der Bevölkerung in staatliches Handeln zurückzugewinnen.

Ich bin gern bereit, mich der Ausschussüberweisung anzuschließen.

(Beifall bei F.D.P., SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Fröhlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das hier ist ja eine bemerkenswerte Debatte. Herr Feddersen, ich beglückwünsche Sie auch zu dem Ton Ihrer Rede.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Joachim Behm [F.D.P.])

Das ist etwas, was ich hier bisher in den Auseinandersetzungen über den Nationalpark noch nicht so erlebt hab. Das freut mich.

Zunächst muss ich allerdings nun doch feststellen, dass ich es etwas sonderbar finde, dass sich dieses hohe Haus nun heute mit der Verpachtung einer einzelnen Gaststätte befasst.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.)

Ob das noch im Sinne unseres politischen Auftrages und im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ist, bleibt aus meiner Sicht fraglich. Wenn, dann hätte man eine ganz andere Diskussion führen müssen. Frau Happach-Kasan hat das hier sehr klug angesprochen. Aber das will ich nicht tun. Das haben Sie ja auch nicht gewollt. Sie haben vielmehr gewollt, dass wir hier noch einmal eine Debatte über den Nationalpark eröffnen. Okay, dem will ich mich gern stellen.

Die Absichten hinter diesem Antrag sind aus meiner Sicht ähnlich deutlich wie bei der Reaktion auf die Entscheidung des Umweltministers, die NationalparkService GmbH mit der Betreuung der Hamburger Hallig zu betrauen. Ich werde mich dennoch sachlich damit auseinandersetzen.

(Irene Fröhlich)

Die NationalparkService GmbH ist seinerzeit gegründet worden, um als Außendienst des Nationalparkamtes gerade im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit tätig zu sein und als privat wirtschaftende Gesellschaft mehr Bewegungsspielraum zu haben, als eine öffentliche Einrichtung je haben könnte.

Es ist meiner Meinung nach immer ein Gewinn, wenn Information und Betreuung vor Ort in einer Hand liegen. Ziel auch unserer Bemühungen in den vergangenen Jahren war es, den Nationalpark in seiner Gesamtheit in einer einheitlichen und für die Besucher wiedererkennbaren Form zu präsentieren. Genau dies geschieht jetzt auf der Hamburger Hallig.

Der Umweltminister hat zugesagt, das im Arbeitskreis Hamburger Hallig erarbeitete und einstimmig verabschiedete Nutzungskonzept tatsächlich umzusetzen. Sie wissen, Herr Feddersen, dass auch die Naturschutzseiten Zugeständnisse gemacht haben. Man sollte das nicht dadurch wieder zunichte machen, dass man die Tür für die nächste Redeschlacht wieder aufmacht. Sie wissen das.

(Jürgen Feddersen [CDU]: Es dreht sich um die Immobilie!)

Die Gemeinden sind in diesem Arbeitskreis vertreten und befürworten dieses Konzept - die Naturschützer auch. Darüber hinaus haben sie über den Kreis Nordfriesland, der Anteilseigner ist, einen Anteil an der NationalparkService GmbH. Sie sind also immer mit eingebunden.

Die Besucherinformation liegt heute bereits beim Naturschutzbund und der NationalparkService GmbH und damit offensichtlich in sehr kompetenter Hand. Sonst wären die Erfolge des Zusammenwirkens von Tourismus und Naturschutz überhaupt gar nicht denkbar gewesen.

Vor allem der dortige Naturlehrpfad bietet vielfältige Details. Die angebotenen Nationalparkführungen bieten einen ausgezeichneten Einblick in die einzigartige Natur und stellen ein wertvolles Angebot für die Touristinnen und Touristen in unserer Region dar.

Auch bei der Neuverpachtung der Gaststätte auf der Hamburger Hallig sind sowohl die Gemeinden als auch die Service-Gesellschaft eingebunden. Extra zu diesem Zweck eine neue Vereinigung - nämlich den kommunalen Zweckverband - zu gründen, halte ich für völlig überflüssig und falsch. Wichtig ist, dass es endlich zu einer echten Kooperation zwischen Gastwirtschaft und Nationalpark kommt. Das war nämlich das zugrunde liegende Problem, mit dem wir uns nun aufgrund Ihrer weisen Entscheidung hier zu beschäftigen haben.

Das Gaststättengebäude gehört dem Land SchleswigHolstein. Das soll sich auch nicht ändern. Da gibt es auch keine zwei Meinungen in der Region. Das Land muss sicherstellen können, dass dort inmitten des Nationalparks vorbildlich umweltverträglich gewirtschaftet wird. Dies kann nur geschehen, wenn das Land über die NationalparkService GmbH unmittelbaren Einfluss hat. Aus diesem Grund können wir dem Ergänzungsantrag des SSW nicht zustimmen.

Wir freuen uns, wenn es gelingt, in der Gaststätte heimische Produkte und regionale Spezialitäten anzubieten. Immerhin sind die Hamburger Hallig und die dortigen Salzwiesen eines der Sahnestücke im Herzen des Nationalparks. Badegäste, Spaziergänger und Radwanderer sollen neben der Freude über die herrliche Natur auch kulinarisch auf ihre Kosten kommen und die Westküste rundum mit Augen, Nase und Gaumen genießen können.

Aufgrund des Antrags auf Ausschussüberweisung füge ich noch einen weiteren Gedanken hinzu. Der Nationalpark ist darüber hinaus für uns eine internationale Verpflichtung. Schließlich ist er nicht nur die Drehscheibe auf dem Vogelzug und damit alles entscheidender Trittstein für weltweit sich bewegende Vogelpopulation, sondern er ist auch als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt. Wir sollten uns hüten, aus dem Nationalpark, der ja eigentlich ein „InternationalPark“ ist, einen Kommunalpark werden zu lassen. Daher und weil es eine gute Debatte geben soll und weiterhin geben wird - davon bin ich überzeugt -, stimme ich - ein bisschen bedauernd - der Ausschussüberweisung zu. Ich bin der Meinung, dass wir das abschließend im Ausschuss beraten können. Im Übrigen halte ich die tatsächliche Verpachtung dieser Gaststätte nicht für eine Aufgabe der Parlamentarier, sondern nach wie vor für eine Aufgabe des Ministeriums.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Anke Spoorendonk [SSW])

Ich erteile Herrn Abgeordneten Harms das Wort.