Die Kommunen sollen die Unterkunftskosten für die Bezieher von Leistungen nach dem SGB II übernehmen sowie die Unterkunftskosten für die Bezieher von Sozialhilfe im Bereich der Grundsicherung im Alter. Das bisher gemeinsam von Bund und Ländern finanzierte Wohngeld entfällt. Die Bundesländer werden durch den teilweisen Wegfall des Wohngeldes sowie durch den Wegfall der bisherigen Eingliederungsleistungen für Sozialhilfeberechtigte entlastet. Die anfallenden Einsparungen sollen an die Kreise und kreisfreien Städte weitergegeben werden. So lautet in kurzen Worten das Ergebnis des Vermittlungsausschusses vom Dezember 2003.
Allerdings bestehen zwischen den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten bekanntlich beträchtliche strukturelle Unterschiede. Um zu gewährleisten, dass alle Kommunen von der Neuregelung profitieren, bedarf es eines entsprechenden Finanzausgleiches zwischen den Städten und Gemeinden. Damit sollen die zum Teil erheblich differierenden Zahlen von Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfebeziehern sowie die unterschiedlichen Höhen der Wohnkosten in den Kommunen ausgeglichen werden. Die Reform des SGB II darf nicht zu Verlierern und Gewinnern auf kommunaler Seite führen.
Die Zahlen, die im Moment im Gespräch sind, führen zu großer Besorgnis, wenn - wie im Fall der Stadt München - von einer jährlichen Mehrbelastung in Höhe von 70 Millionen € ausgegangen wird. Gegenrechnungen ergeben aber, dass die Stadt München um schätzungsweise jährlich 10 Millionen € entlastet werden würde.
erneuter Abgleich der Zahlen unter Einbeziehung der Veränderungen im Wohngeldbereich notwendig ist. Diese Unsicherheit schränkt den Entscheidungsspielraum erheblich ein. Bevor die finanziellen Auswirkungen nicht eindeutig geklärt sind, fällt es natürlich jeder Kommune schwer, sich für eines der Organisationsmodelle gemäß SGB II zu entscheiden. Entweder man bildet unter der Federführung der Bundesagentur für Arbeit eine Arbeitsgemeinschaft, die im Wesentlichen die Betreuung und Vermittlung von Arbeitslosen und Sozialhilfeberechtigten in der Zukunft übernimmt, oder aber die Vermittlung von Arbeitslosen und Sozialhilfeberechtigten wird voll auf die Kommunen übertragen. Das ist das so genannte Optionsmodell. Die Kommune übernimmt dann die Zuständigkeit.
Die Vorbereitung zur Umsetzung dieser Entscheidung bedarf einer klaren Aussage über die finanziellen Auswirkungen. Diese fordern wir mit unserem Antrag ein. Wir bitten Sie, diesen Antrag zu unterstützen. Wir wollen ihn heute beschließen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU-Landtagsfraktion hat sich stets für eine Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe ausgesprochen. Der Vermittlungsausschuss des Bundesrates hat sich auf Initiative von CDU und CSU dafür stark gemacht, den Kommunen ein Optionsrecht bei der Anwendung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt einzuräumen.
Die CDU-Landtagsfraktion ist davon überzeugt, dass auf der kommunalen Ebene eine weit größere Kompetenz vorhanden ist, Langzeitarbeitslose zielgerichtet in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln.
Eine Grundvoraussetzung, um in diesem sensiblen Bereich erfolgreich arbeiten zu können, ist allerdings, dass es eine Nähe zwischen der zuständigen Behörde und den Arbeitsuchenden vor Ort gibt. Schon der Zuschnitt der Arbeitsamtbezirke mit einer Zuständigkeit über mehrere Kreise und kreisfreie Städte hinweg macht deutlich, welche Problematik bei einer Anbindung dieser Aufgabe bei der Bundesagentur für Arbeit entstehen könnte.
Langzeitarbeitslose sind nicht nur darauf angewiesen, dass eine reine Vermittlungsbehörde für das neue Instrument geschaffen wird. Gerade Langzeitarbeitslose brauchen häufig zusätzliche Hilfs- und Beratungsangebote. Diese Angebote gibt es zurzeit auf der kommunalen Ebene. Dazu zählen beispielsweise die Schuldnerberatung, die Suchtberatung, aber auch familienberatende Dienste. Arbeitslosigkeit hat in vielen Fällen ihre Begründung darin, dass es Defizite bei den sozialen Kompetenzen Arbeitsuchender gibt.
Aus diesen Gründen waren wir uns im Landtag einig und haben gesagt: Aus diesen Gründen muss das Instrument auf kommunaler Ebene angesiedelt werden. Die Kreise und die kreisfreien Städte müssen allerdings vom Bundesgesetzgeber in die Lage versetzt werden, die geschaffene Option überhaupt nutzen zu können. Daher muss der Bundesgesetzgeber aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion folgende Grundvoraussetzungen schaffen:
Die von der Bundesagentur an die optierende Kommune zu zahlende Summe muss für den kommunalen Träger auskömmlich sein und sollte sich sinnvollerweise aus drei Komponenten zusammensetzen, nämlich den passiven Leistungen wie Sozialgeld und Übergangszuschlag als durchlaufender und in tatsächlicher Höhe zu erstattender Posten, aus einer fallbezogenen Pauschale für die Verwaltungskosten - dazu zählen Sach- und Personalkosten in den Ämtern - und einer Pauschale für die Eingliederungsleistungen.
Die Pauschalen müssen dynamisiert werden, damit wir in ein paar Jahren nicht sagen: „Da haben wir etwas Tolles beschlossen“, die Kommunen kommen aber nicht mehr hinterher, die Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.
Die Bereitstellung der Mittel durch die Bundesagentur ist unter Berücksichtigung der Belange der kommunalen Träger so zu regeln, dass die Liquidität der Kommunen gewährleistet ist. Das ist für uns die Grundbedingung, um die Option wahrzunehmen, die geschaffen werden soll.
Hinsichtlich des Zulassungsverfahrens ist festzustellen, dass der Gesetzeswortlaut des § 6 a Sozialgesetzbuch II insoweit eindeutig ist, dass der Bund keinen Spielraum für die Entscheidung hat, ob eine Kommune greifen darf oder nicht.
Für die CDU-Landtagsfraktion ist es außerdem von großer Bedeutung, dass die optierenden Kommunen entsprechend den für die Agenturen für Arbeit getroffenen Regelungen die Möglichkeit erhalten, Aufga
ben an Dritte, sei es auf Wohlfahrtverbände, kreisangehörige Gemeinden, andere Kreise oder auch an die Agentur für Arbeit zu delegieren. So sollten gewisse Leistungen zur Eingliederung, wie zum Beispiel die Berufsberatung, von den Agenturen für Arbeit erbracht werden.
Die unterschiedliche Gebietsaufteilung von Landkreisen und Agenturen für Arbeit kann zu problematischen Abstimmungsprozessen führen, wenn auf einer der beiden Seiten mehrere Verhandlungspartner sitzen. Darum ist unsere Position ganz klar: Wir brauchen als Kommunen einen Ansprechpartner, um Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe zielgerichtet an die betroffenen Personen zu bringen.
An dieser Stelle erlaube ich mir den Hinweis, dass die Bundesagentur für Arbeit unter einem da noch anderen Namen gesagt hat, sie sei in der Lage, das Instrument wahrzunehmen, bräuchte dazu aber 11.000 Personen zusätzlich.
Meine Damen und Herren, diese Behörde schafft schon jetzt ihre Arbeit nicht ausreichend vernünftig. Wir sagen: Diese Behörde ist schon jetzt zu groß. Wir wollen aus dieser Mammutbehörde nicht ein noch größeres Haus machen, das nicht mehr zielgerichtet arbeiten kann.
Die CDU-Landtagsfraktion hält an dem Optionsmodell fest. Wenn wir wirklich erfolgreich und dauerhaft Langzeitarbeitslose vermitteln wollen - so sagen uns auch die Fachleute -, sollten die Kommunen greifen. Die Voraussetzung ist allerdings, dass nicht erneut der finanzpolitische Schaden auf der Seite der Kommunen entsteht. Wir sind in dieser Frage sehr weit. Die Opposition, die Regierungen in diesem Haus haben immer gemeinsam gesagt: Wir wollen dieses Instrument zusammenfügen. Das ist jetzt erreicht. Es darf nicht dazu kommen, dass durch Trickserei erreicht wird, den Beschluss des Vermittlungsausschusses zur Mitte des Jahres auszuhebeln.
Zu den beiden vorliegenden Anträgen sage ich: Dem SSW-Antrag können wir zustimmen, dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD nicht, weil wir schlichtweg nicht glauben, dass die Mittel vorhanden sind, in dem Bereich Hartz IV den Bereich der unter Dreijährigen zu versorgen. Das ist Augenwischerei. Hier geht es um Sachpolitik und Verantwortungspolitik. Wir sind hier nicht bei „Wünsch dir was“.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Mit Hartz IV werden Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige zusammengelegt. Wir haben auch immer gesagt, dass es eine vernünftige, sinnvolle Reform des deutschen Sozialstaates ist. Dennoch ist die Gefahr groß, dass die Kommunen dabei draufzahlen müssen. Genau deswegen hat der SSW - so jedenfalls habe ich Ihren Antrag verstanden - die Initiative ergriffen. Warum die Kommunen draufzahlen müssen, ist rein rechnerisch unverständlich. Wenn die Arbeitslosenhilfe auf das Niveau der Sozialhilfe sinkt, müsste der Staat eigentlich weniger Geld ausgeben. Es sollte also möglich sein, diese Einsparungen so zu verteilen, dass hinterher niemand mehr bezahlen muss. Aber es kam ganz anders. Das haben Sie auch gesehen, Frau Kollegin Spoorendonk.
Denn der Bundeskanzler versprach, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II zusammenzulegen. Bisher zahlt der Bund die Arbeitslosenhilfe. Bald zahlt er das Arbeitslosengeld II an erwerbsfähige Hilfsbedürftige. Schröder versprach damals, die Kommunen dabei um jährlich 2,5 Milliarden € zu entlasten.
Gleichzeitig bekamen die Kommunen eine neue Aufgabe. Sie sollen die Unterhaltskosten für Empfänger des Arbeitslosengeldes II und ihre Angehörigen zahlen.
Der Vermittlungsausschuss errechnete, dass das Arbeitslosengeld II den Bund 11,5 Milliarden € kosten würde und der Unterhalt die Kommunen 9,7 Milliarden € - rein rechnerisch also eine Entlastung der Kommunen um 1,8 Milliarden €. Bis zum gehaltenen Versprechen fehlten dem Kanzler damals also noch 700 Millionen €.
Hartz IV umfasst noch viele weitere Maßnahmen. Der Vermittlungsausschuss errechnete, dass Länder und Gemeinden insgesamt um gut 2,8 Milliarden € entlastet würden, die Länder um knapp 2,4 Milliarden €, die Kommunen um etwa 450 Millionen €. Für SchleswigHolstein ergab sich eine Entlastung um 185 Millionen €, 72 Millionen € für das Land und 114 Millionen € für die Kommunen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frage bei mehr Geld für die Kommunen ist also: Warum reden wir darüber? Wo liegt das eigentliche Problem?
Das erste Problem sind die Zahlen selbst. Es wurde nämlich mit Zahlen von 2002 gerechnet. Die Arbeitslosigkeit ist 2003 aber erheblich gewachsen. Was also wie ein Vorteil für die Kommunen aussah, wird ab 2005 vermutlich zu einem sehr teuren Nachteil, weil die Unterhaltskosten überproportional ansteigen werden.
Das zweite Problem liegt in der Verteilung der Entlastung. Die Länder werden um knapp 2,4 Milliarden € entlastet, die Kommunen aber nur um 450 Millionen €. Die Entlastung der Länder kommt den Kommunen nur teilweise zugute, nämlich über den so genannten kommunalen Finanzausgleich. Den Rest stecken die Länder selbst ein. Im Ergebnis bleibt: Die Kommunen haben vom Bund eine neue, eine teure Aufgabe bekommen, das Geld dafür bekommen größtenteils die Länder.
Das dritte Problem liegt in der Anrechnung von Einkommen und Vermögen der Bezieher des Arbeitslosengeldes II. Es wird nur auf die Leistungen des Bundes angerechnet, nicht auf die der Kommunen. Das entlastet den Bund noch einmal um 4 Milliarden €, die Kommunen allerdings überhaupt nicht.
Das vierte Problem besteht darin, dass die Kommunen noch eine zusätzliche Aufgabe bekommen haben. Sie sollen ganztägige Kinderbetreuung ermöglichen, damit arbeitslose Mütter und Väter auch Zeit zum Arbeiten haben. Sie bekommen dafür aber nicht genug zusätzliches Geld.
Der Kollege Geerdts hat im Zusammenhang mit dem Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so wunderbar von „Wünsch dir was“ gesprochen. Dieses „Wünsch dir was“ will ich etwas genauer aufdröseln und sagen, warum auch wir, wenn in der Sache abgestimmt werden soll, dem SSW-Antrag selbstverständlich zustimmen - er ist richtig, er ist in der Sache sinnvoll -, den Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aber ablehnen. Sie müssen sich einmal die beiden letzten Absätze der Regierungsfraktionen unter anderem zur Kinderbetreuung durchlesen.
Was der Kollege Geerdts mit „Wünsch dir was“ bezeichnet hat, lautet konkret wie folgt: Der Bundeskanzler hat versprochen, die Kommunen beim Zusammenlegen von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, also Hartz IV, um 2,5 Milliarden € zu entlasten, 1,5 Milliarden davon sollen die Kommunen für die Betreuung von bis zu 20 % der Kinder unter drei Jahren
ausgeben. Leider reichen 1,5 Milliarden € dafür aber bei weitem nicht aus. Nehmen Sie einmal das, was Renate Schmidt, die Bundesfamilienministerin, dazu sagt: Allein - jetzt kommt es - für NordrheinWestfalen betrügen die einmaligen Investitionskosten bereits 3,5 Milliarden € und die laufenden Kosten noch einmal 1 Milliarde €.
Was Sie also in Ihrem Antrag feststellen, erklären und bekräftigen wollen, ist wirklich nichts als reine Augenwischerei von Zahlen, die mit der Realität bedauerlicherweise nicht das Geringste zu tun haben. Deshalb warne ich davor, dass diese an sich richtige Sozialreform dadurch wieder auf Unverständnis stoßen und kaputtgemacht wird, dass man den Leuten etwas völlig Falsches verspricht, völlig falsche Hoffnungen erweckt, die nicht zu halten sind.
Ich appelliere deswegen an Sie - aus Vernunftsgründen -: Springen Sie über Ihren Schatten, stimmen Sie auch dem SSW-Antrag zu! Der SSW-Antrag ist vernünftig, er bringt die Sache ins Rollen.