Protocol of the Session on January 21, 2004

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Ich glaube, dass die regionale Identität, die wir mit Regionalfernsehen festigen wollen, auch die regionale Vielfalt, die wir im Nachrichtenbereich einbringen wollen, durchaus über Landesgrenzen hinweg gehen können, wie es in der Produktion bereits teilweise der Fall ist.

(Beifall bei SPD und FDP)

Nun zu sagen: „Hamburg geht nicht, aber SchleswigHolstein muss“, ist ein Sache, die wir noch einmal klären sollten.

Es gilt also, im Ausschuss zu klären, wie die Qualität und natürlich auch die Quantität der regionalen Berichterstattung im Fernsehen am besten zu sichern ist. Das sollten wir im Innenausschuss und mitberatend im Wirtschaftsausschuss machen; denn hinsichtlich der Produktion sind auch wirtschaftliche Fragen zu berücksichtigen.

(Beifall bei SPD, FDP und SSW)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kubicki.

(Zuruf der Abgeordneten Renate Gröpel [SPD])

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz so einfach, liebe Kollegin Gröpel, will ich es

mir doch nicht machen, weil es hier darum geht, dass die CDU-Fraktion dem Landtag eine Änderung des Landesrundfunkgesetzes vorschlägt. Diese Änderung soll Folgendes beinhalten:

Die zwei reichweitenstärksten bundesweiten Vollprogramme im Fernsehen, die in Schleswig-Holstein über terrestrische Frequenzen verbreitet werden, also RTL und SAT.1, sollen verpflichtet werden, ein mindestens dreißigminütiges Regionalprogramm täglich anzubieten.

Diese Sender werden darüber hinaus verpflichtet, die Herstellung und studiotechnische Abwicklung der Regionalprogramme in Schleswig-Holstein vorzunehmen.

Hintergrund dieses Gesetzentwurfes ist wohl die Beanstandung des Senders RTL durch die unabhängige Landesanstalt für Rundfunk und neue Medien. Was war passiert?

Eine Überprüfung des Regionalprogramms „Guten Abend, RTL“ durch die ULR hatte ergeben, dass RTL nach Auffassung der ULR den in der Lizenz festgelegten Umfang der Schleswig-Holstein-bezogenen Berichterstattung nicht erreicht. Insbesondere der Nachrichtenblock habe an keinem der insgesamt 22 Kontrolltage die von der ULR vorgeschriebene Länge erreicht, sondern unterschritt diese um 25 %. In der Gesamtheit tendiere RTL dahin, vermehrt Boulevardthemen zu behandeln, was ja auch im öffentlichenrechtlichen Sendebereich vorkommen soll.

Nach Auffassung der ULR gibt es darüber hinaus Zentralisierungstendenzen der Sender bei Produktion und Abwicklung der Regionalprogramme. Der ehemalige Innenminister des Landes und jetzige Vorsitzende des ULR-Medienrates hierzu wörtlich:

„Für den Schleswig-Holstein-Bezug ist es immer noch das Beste, wenn die Programme hier im Land produziert werden.“

Das genau will die CDU nun vorschreiben. Sie folgt damit auch dem Ansinnen der niedersächsischen Landesregierung, die Ende letzten Jahres eine entsprechende Regelung in die Neufassung ihres Landesmediengesetzes aufgenommen hat.

Die FDP wird die von der CDU vorgeschlagenen Änderungen zum Rundfunkgesetz nicht mittragen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Anders als in Niedersachsen!)

- Herr Kollege Kayenburg, ich hoffe, es geht Ihnen gelegentlich wie uns, dass wir eine eigene Meinung haben und nicht all dem folgen, was andere vorgeben. Das wäre nämlich bedenklich, auch bei Ihnen.

(Wolfgang Kubicki)

Das hat folgende Gründe: Erstens. Die Regelungen sind inhaltlich faktisch nicht notwendig. Zweitens. Sie haben im Rundfunkgesetz nichts zu suchen, sondern - wenn überhaupt - im Lizensierungsverfahren. Drittens. Sie sind zumindest teilweise europarechtlich bedenklich. Darauf ist übrigens Niedersachsen bereits hingewiesen worden.

Zur faktischen Notwendigkeit der vorgeschlagenen Änderung: Man könnte dann über eine Gesetzesänderung nachdenken, wenn es Anzeichen dafür gäbe, dass die Regionalfenster von RTL und SAT.1 außerhalb Schleswig-Holsteins produziert werden sollen. Das ist allerdings nicht der Fall. Alle Regionalfenster der genannten Privatsender werden in den entsprechenden Ländern produziert. Sie werden auch weiterhin in den entsprechenden Ländern produziert. Alles andere macht auch für die Sender keinen Sinn. Herr Kollege Kayenburg, ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass beispielsweise SAT.1 am Brandenburger Tor einen Bericht über eine Sturmflut an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste produzieren wollte.

Wer allerdings immer noch Zweifel daran hat, dass die Produktion der entsprechenden Berichte zentralisiert würde, der nehme bitte die gestrige dpa-Meldung zur Kenntnis. Darin steht explizit, dass RTL zugesagt hat, seine Produktionspraxis für sein Regionalfenster beizubehalten. Auch Frau Annette Krümmel, Leiterin für Medienpolitik bei PRO 7/SAT.1, wird in eben dieser Meldung mit dem Satz zitiert:

„Es gibt derzeit keine Planungen für Änderungen bei der Produktion.“

Entsprechende Nachfragen unserer Fraktion bei den Sendern haben zum gleichen Ergebnis geführt.

Zu den europarechtlichen Bedenken: Es bestehen seitens der Privatsender nachvollziehbare europarechtliche Bedenken gegen die Regelung, dass die studiotechnische Abwicklung der Regionalfenster im jeweiligen Bundesland zu erfolgen hat. Das ist wahrscheinlich die zentrale Frage, die Sie sich stellen. Hierdurch wird der Markt für entsprechende Betriebsstätten außerhalb von Schleswig-Holstein abgeschottet. Sowohl SAT.1 als auch RTL prüfen derzeit, ob sie gegen diese Regelung im niedersächsischen Mediengesetz den Rechtsweg beschreiten.

Dabei muss man sich vor Augen führen, was die studiotechnische Abwicklung überhaupt bedeutet. Es handelt sich hier um einen kleinen Raum, ein kleines virtuelles Studio, bei dem der Zuschauer überhaupt keinen Unterschied merkt, ob die Übertragung nun von Hamburg, Berlin oder Kiel aus erfolgt. Der Zuschauer muss doch in dieser Frage für uns der Maß

stab sein, Herr Kollege Kayenburg. Ihm kann es egal sein, ob nun das in Schleswig-Holstein produzierte Regionalfenster aus einem kleinen Studio in Kiel oder von anderswo her auf seinen Bildschirm flimmert. Das ist eben nicht so wie bei „Wetten, dass…?“, wo aus der Kieler Ostseehalle direkt übertragen wird und werden muss.

Letztlich - das ist unsere Auffassung - haben alle angesprochenen Punkte nach Auffassung meiner Fraktion nichts im Gesetz zu suchen, sondern gehören, wenn überhaupt, ins Lizensierungsverfahren. Dabei werden wir, denke ich, auch bleiben.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Fröhlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mangelnde Qualität der privaten Rundfunkprogramme, aber auch der öffentlichrechtlichen - ich will das gerne zugeben - wird vielerorts und von vielen Personen beklagt. Der Quotenwettlauf und der Druck der Werbemärkte führt zunehmend zu einer Angleichung des Programmangebots nach dem Motto: more of the same.

Qualitätssicherung in den Medien hat daher vor allem mit Vielfalt zu tun. Eine solche Vielfalt in den Medien lässt sich nicht allein quantitativ über einen Zuschaueranteil bestimmen, wie das geschieht. Ebenso notwendig sind qualitative Aspekte der Vielfaltsicherung, wie es nun auch geschehen soll. Diese kann der sich selbst überlassene Markt nicht gewährleisten.

Die Pflicht zur Durchführung von Fensterprogrammen ist eine Möglichkeit, regionale Vielfalt bei privaten Fernsehsendern wenigstens ansatzweise sicherzustellen. Darüber hinaus werden damit Arbeitsplätze vor Ort gesichert. Das Anliegen, das mit dem Antrag der CDU-Fraktion verfolgt wird, ist mir von daher durchaus sympathisch. Durch die Standortnähe wird eine bessere regionale Einbindung ermöglicht, was der Vielfalt und der Authentizität gut tut und somit auch dem Wettbewerb der Sender untereinander.

Zwar haben die Sender Zentralisierungspläne im Moment dementiert, aber diese Geschäftspolitik kann sich jederzeit ändern. Insofern kann eine Festschreibung der Anforderungen an regionale Fensterprogramme sinnvoll sein, wie wir sie jetzt auch in der Siebten Änderung des Rundfunkstaatsvertrages definieren wollen. Das werden wir wahrscheinlich am Freitag machen.

(Irene Fröhlich)

Fraglich allerdings ist, ob der vorliegende Antrag so, wie er ist, diesem Anliegen gerecht wird. Wir stehen vor dem Problem, eine Lösung zu finden, die sowohl die europäische Niederlassungsfreiheit als auch die allgemeine Berufsfreiheit des Grundgesetzes berücksichtigt. Das sind sehr komplexe juristische Fragen, mit denen sich nun auch das Land Niedersachsen auseinander zu setzen hat. Diese Details werden wir in den Ausschussberatungen zu klären haben. Alles Übrige ist von meinen Vorrednern und vor allen Dingen meiner Vorrednerin zutreffend dargestellt worden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer sich den Gesetzentwurf der CDU zur Änderung des Rundfunkgesetzes für das Land SchleswigHolstein angesehen hat, ist im ersten Moment geneigt, diesem ohne weiteres zuzustimmen. Ein paar Fragen haben wir dennoch, auch wenn wir sagen, dass die Richtung stimmt. Da macht es aus unserer Sicht nichts, dass der Gesetzentwurf identisch mit dem Niedersächsischen Mediengesetz ist. Ich möchte die CDU dafür loben - das ist nicht ganz ernst gemeint -, dass sie den im Entwurf angefügten Absatz 3 korrekt vom Gesetzentwurf zum Niedersächsischen Mediengesetz abgeschrieben und dabei sorgsam darauf geachtet hat, dass die Landeszuordnung stimmt. Das ist doch lobenswert.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das ist auch eine Leistung!)

Was nun den Absatz 3 des vorliegenden Entwurfs angeht, stellt sich für mich die Frage, inwieweit der § 15 des Landesrundfunkgesetzes die Anforderungen bereits erfüllt. So ist in § 15 Abs. 3 festgeschrieben:

„In bundesweit verbreitete Fernsehvollprogramme sollen bei drahtloser Verbreitung durch erdgebundene Sender in SchleswigHolstein Fensterprogramme aufgenommen werden, die aktuell die Ereignisse des politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens in Schleswig-Holstein darstellen. Mit der Organisation der Fensterprogramme ist zugleich deren Finanzierung durch die bundesweiten Veranstalter sicher

zustellen. Die Landesanstalt stimmt die Organisation der Fensterprogramme in zeitlicher und technischer Hinsicht unter Berücksichtigung der Interessen der betroffenen Veranstalter mit den anderen Landesmedienanstalten ab.“

So heißt es in dem geltenden Gesetzestext.

Da frage ich natürlich: Wo ist hier der inhaltliche Unterschied zu Absatz 3 des CDU-Entwurfs?

Ich sagte bereits, dass wir den Inhalt von Absatz 3 unterstützen können. Er wird aber dadurch nicht besser, dass wir ihn im Gesetz wiederholen. Natürlich kann man sagen, manchmal ist es okay, sowohl Gürtel als auch Hosenträger zu tragen.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

- Gut, Herr Kollege Kayenburg! Trotzdem sollte das im Ausschuss hinterfragt werden.

Was nun die geforderte Dauer von mindestens 30 Minuten für ein landesweites Fensterprogramm angeht, kann ich sagen, dass dies im Rundfunkstaatsvertrag und in den Zulassungsbestimmungen für die Regionalberichterstattung geregelt ist. Die Pressemitteilung der ULR vom 14. Januar 2004 ist schon zitiert worden. Daraus geht hervor, dass RTL den in der Lizenz festgelegten Umfang der SchleswigHolstein-bezogenen Berichterstattung nicht eingehalten hat. Dieser zeitliche Umfang für die regionale Berichterstattung gilt im Übrigen auch für SAT.1. Nach Auffassung des SSW müssen wir den Absatz 3 des Gesetzentwurfs in den Ausschussberatungen auf jeden Fall näher beleuchten - ich habe das schon angedeutet -, um zu erfahren, welche Handhabung wir durch das Gesetz bekämen, die wir nicht schon durch die Lizenz haben.