Protocol of the Session on April 17, 2024

Viele weitere Themen gibt es zu beachten: Gewalt in Familien und gegen Frauen, Hotellerie und Gastronomie, die Kulturlandschaft, Gottesdienste der verschiedenen Religionsgemeinschaften usw. Die Zeit reicht nicht aus, um alles aufzuzählen.

Ganz wichtig ist mir jedoch, dass keine Gruppe außer Acht gelassen wurde sowie während und nach der Pandemie das Lernen aus aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen immer im Vordergrund stand und Beachtung fand sowie findet. Nur so können wir aus Fehlern lernen und es künftig besser machen. Wir können uns auf unsere Wissenschaft und Forschung verlassen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für die CDU-Fraktion spricht Abgeordneter Dr. Gensch.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich muss zu Beginn sagen, so ganz erschließt sich mir der Sinn der Aktuellen Debatte nicht, da wir eigentlich seit Wochen bzw. Monaten auf Initiative der CDU im Gesundheitsausschuss auch mit den Kollegen der Fraktionen in Vorbereitung sind, wie wir eine umfangreiche Anhörung ausgestalten und in RheinlandPfalz aufarbeiten.

Zweifelsohne ist aber das Thema „Corona“ ein wichtiges Thema, kein Thema, das sich aus meiner Sicht mehr für die große Schlagzeile eignet, aber doch ein Thema, das fachpolitisch aufgearbeitet werden muss und sollte. Zweifelsohne müssen wir gerüstet sein für künftige Pandemien, und man sollte die Gefahr einer erneuten Pandemie nicht aus dem Auge verlieren und auch nicht als zu gering einschätzen.

Ich will Sie vielleicht noch einmal daran erinnern, dass wir in den letzten vier Jahrzehnten – Kollege Kusch hat es schon an einigen Beispielen ausgeführt – schon einige gefährliche Virusausbrüche erlebt haben: SARS-CoV-2, SARSCoV-1, MERS, Ebola, HIV. Wir haben potenzielle Zoonosen, so etwas wie die Vogelgrippe oder die Schweinegrippe.

Es ist also nicht so, dass diese Gefahr nicht real wäre; man vergisst und verdrängt aber gern sehr schnell. So sagt auch Hendrik Streeck, der Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn, eine neue Pandemie kann jederzeit wieder auftreten. Es gibt geschätzt 400.000 noch unbekannte humanpatogene Viren, also Viren, die fähig sind, eine Krankheit bei Menschen auszulösen und teilweise auch eine Pandemie. Wir müssen also für die Zukunft lernen.

Wie sollten wir aufarbeiten? Wir hatten in Rheinland-Pfalz – auch das haben die Kollegen Kusch und Schwab schon angesprochen – bereits eine EnqueteKommission, die wiederum auf Initiative der CDU damals nach der ersten Pandemiewelle versucht hat, im laufenden Prozess schon frühzeitig Erkenntnisse zu gewinnen. Ich halte es daher für wenig sinnvoll, wie jetzt auch in der Presse kolportiert, auf Landesebene eine zweite Enquete-Kommission durchzuführen und dies unter Umständen auch in 16 verschiedenen Bundesländern zu tun. Das erscheint mir doch unter Kosten-, Zeit- und Efzienzgesichtspunkten wenig sinnvoll.

Ich glaube, dass es sinnvoller ist, eine solche Enquete-Kommission auf Bundesebene zu machen und gegebenenfalls auch so etwas wie eine BundLänder-Kommission einzurichten, um so eine nationale Aufarbeitung durchzuführen. Ich glaube, auf dieser Ebene sind viele Entscheidungen getrofen worden, und insbesondere kann auf dieser Ebene auch der Blick ins benachbarte Ausland oder weltweit gerichtet werden, um auf andere Länder zu

schauen und zu sehen: In welchen Bereichen waren wir besser, in welchen Bereichen haben wir schlechter abgeschnitten?

Ich persönlich glaube, dass wir uns vor einem solchen Vergleich aus meiner Sicht nicht zu fürchten brauchen. Basierend auf dem damaligen Kenntnisstand wurde in Deutschland vieles richtig gemacht, und trotzdem ist es gar keine Frage, dass wir noch besser werden können, dass wir bezüglich der Resilienz des Gesundheitssystems in den Akutphasen der Pandemie mit Sicherheit noch Steigerungspotenzial haben, dass wir uns über nationale Pandemiereserven noch mehr auseinandersetzen müssen: Was brauchen wir tatsächlich vor Ort, und welche Lieferketten werden unterbrochen?

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, was mich nach der Corona-Pandemie noch umtreibt, ist, dass wir nicht mit derselben Intensität, mit der wir damals den Corona-Impfstof weltweit vorangetrieben und entwickelt haben, jetzt versuchen, einen globalen Impfstof gegen das Coronavirus zu entwickeln. Wir laufen eigentlich den immer vorherrschenden Varianten mit unserem entwickelten Impfstof hinterher. Es ist so ähnlich wie bei den Grippeimpfungen: Wir finden keinen Grippeimpfstof, der mehr den Kern des Virus attackiert und uns deswegen auch unabhängig von Mutationen über einen längeren Zeitraum einen Schutz bietet.

Ich glaube, gerade nach SARS-CoV-1 und SARS-CoV-2 sowie MERS sollte uns schon klar sein, dass uns die Coronaviren in den letzten 20 Jahren dreimal negativ überrascht haben, und es gibt keinen guten Grund, nicht zu glauben, dass dies auch noch ein viertes Mal passieren könnte. Das ist also ein Bereich, mit dem wir uns noch auseinandersetzen müssen.

Was mich auch umtreibt – das nicht nur aus persönlicher Betrofenheit heraus –, ist, dass tatsächlich bei einer Studie auf die Frage, „Sollten Politiker dafür bestraft werden, wie sie mit der Corona-Pandemie umgegangen sind?“, erstaunlich viele Leute, auch international, mit Ja geantwortet haben. Mit Ja antworteten 48 % der Befragten in Mexiko und Großbritannien, 43 % in Spanien, 40 % in den USA, 29 % in Deutschland und 19 % in Schweden. Daher stellt sich schon die Frage: Woher kommt diese tief sitzende Verärgerung, eigentlich trotz zahlreicher Hilfen und trotz der Tatsache, dass die eben aufgeführten Länder zum Teil ganz unterschiedliche Ansätze gewählt haben? Beispielsweise hat Schweden eine deutlich unterscheidbare Herangehensweise gewählt.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Es sind weniger Leute da!)

Das sind Fragen, mit denen wir uns noch einmal auseinandersetzen müssen, ohne in den Bereich irgendwelcher Schwurbler zu kommen, die uns irgendetwas erklären, was mit vernünftiger Sachpolitik nichts zu tun hat.

Meine Damen und Herren, wie zu Beginn gesagt, wir sind eigentlich parteiübergreifend in konstruktiven Gesprächen, ein vernünftiges und zielführendes Format zur Aufarbeitung zu finden, und sind dabei eigentlich auch schon recht weit, ein Format, welches der Bedeutung der Pandemie auf der

einen Seite entspricht, welches aber auch berücksichtigt, dass es schon eine Enquete-Kommission gab und ein Großteil der Entscheidungen gar nicht auf Länderebene getrofen worden ist.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Abgeordneter Winkler.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns noch einmal vier Jahre zurückversetzen, da war gerade die erste Welle des Coronavirus bei uns auf ihrem Höhepunkt. Wir befanden uns im ersten Lockdown, alle Schulen und Kitas waren geschlossen. Alle Geschäfte waren geschlossen. Die Grenzen zu unseren europäischen Nachbarn waren geschlossen, und sogar Spielplätze wurden mit Absperrband abgesperrt. Es wurde teilweise schon erwähnt.

All das war die Reaktion auf eine vorher unvorstellbare Bedrohung durch ein völlig unbekanntes Virus, das erst in China und dann schon in Norditalien vor unserer Haustür täglich unzählige Tote gefordert hatte und gegen das es zunächst kein wirksames Mittel gab, außer eben den völligen Lockdown. Das änderte sich dann im Übrigen erst durch die Impfungen.

Einige dieser Maßnahmen kommen uns heute sicherlich absurd vor, weil wir rückblickend wissen, dass sie nicht nötig gewesen wären oder sogar falsch waren, weil wir inzwischen mehr über das Virus wissen. Die meisten anderen Maßnahmen aber haben damals Schlimmeres verhindert und sich als außerordentlich wirksam erwiesen.

Es war also eine Zeit, in der wir im Zustand fast völliger Unwissenheit über dieses neue Virus, seine Wirkungsweise und Verbreitung sehr schnell teilweise sehr weitreichende Entscheidungen trefen mussten, im Bund genauso wie in den Ländern. Es liegt in der Natur der Sache, dass dabei in der Rückschau nicht alles noch einmal so gemacht würde, also, dem Titel der Aktuellen Debatte folgend, das sind die Lessons learned. Natürlich haben wir vier Jahre später aus dieser Krise gelernt, würden also in einer evident vergleichbaren Situation Entscheidungen anders trefen.

Es wäre aber gleichwohl falsch, deshalb irgendjemandem, die oder der damals in der Verantwortung war und Entscheidungen getrofen hat, Vorwürfe machen zu wollen, weil sich die eine oder andere Maßnahme nicht nur als nicht notwendig,

(Unruhe bei und Zurufe von der AfD)

sondern vielleicht sogar als kontraproduktiv herausgestellt hat.

Ich habe noch immer großen Respekt vor diesen Menschen, Politikerinnen und Politikern, aber auch Wissenschaftlern, und danke ihnen für diese Arbeit;

(Zurufe von der AfD)

denn ich hätte nicht in ihrer Haut stecken wollen.

Dass sich eine gewisse Unruhe in der Fraktion der AfD sowie auch der anderen Teilnehmer zeigt, die früher in der AfD waren, bestätigt nur die Richtigkeit meiner Aussage.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Weitere Zurufe von der AfD – Heiterkeit des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Die allermeisten Entscheidungen und Maßnahmen aus dieser Zeit haben sich auch in der Rückschau als richtig und unbedingt notwendig erwiesen, auch die in Rheinland-Pfalz getrofenen.

Es wäre aber andererseits falsch, aus dieser Erfahrung nicht lernen zu wollen und nicht die Dinge zu benennen oder sich auch benennen zu lassen, die sich als wenig hilfreich erwiesen haben; denn dann würden wir in einer vergleichbaren Situation, die hofentlich so schnell nicht wiederkommt, aber – Herr Kollege Dr. Gensch hat es richtig ausgeführt – natürlich jederzeit wieder vor der Tür stehen kann, dieselben Fehler noch einmal machen, anstatt es besser zu machen.

Zum Beispiel wissen wir heute – Herr Kollege Dr. Kusch hat es angesprochen –, dass die Schließung der Spielplätze völlig unnötig war, weil sich das Virus im Freien nicht besonders gut ausbreiten konnte.

(Abg. Michael Frisch, fraktionslos: Das wusste man auch damals schon!)

Sie wissen wahrscheinlich alles immer, das ist ganz klar.

(Zuruf von der AfD: Und Sie wissen gar nichts!)

Sie wissen nur nicht, wie Sie sich eine Mehrheit in Ihrer eigenen Fraktion und in Ihrer eigenen Partei organisieren können. Also halten Sie sich bitte ein bisschen zurück.

Heute wissen wir, dass im Gegenteil für die Kinder und Familien ein paar Stunden auf dem Spielplatz sehr entlastend gewesen wären, als Pause von dem Aufeinandersitzen in den Wohnungen bei Homeofce, Homeschooling und Kinderbetreuung gleichzeitig. Wir wissen auch, dass Kinder und Jugendliche gerade nicht die Pandemietreiber waren – das wurde bereits gesagt – und wir deshalb heute die Schließung der Kitas und Schulen nicht mehr zu den ersten Maßnahmen zählen würden, sondern eher zu den letzten.

Wir haben bereits im Gesundheitsausschuss genau zu diesem Thema eine Anhörung durchgeführt, zum DRK-Gesundheitsreport mit der Spezialisierung auf die psychischen Folgen für Kinder und Jugendliche.

Es hat sich herausgestellt, dass eine gravierende Beeinträchtigung dieser Altersgruppe vorliegt. Ich hofe, dass sich das teilweise durch Therapie, teilweise auch durch das wieder aufgenommene soziale Leben in den nächsten Jahren verbessert. Der Report wird jährlich fortgeführt.

Deswegen kann ich mir eine Enquete-Kommission sinnvoll nur auf der Bundesebene vorstellen. Sowohl das Infektionsschutzgesetz als auch die maßgeblichen Bundesinstitute, die die Empfehlungen ausgegeben haben, sind nun einmal in Berlin angesiedelt gewesen oder haben der Bundesregierung zugearbeitet. Dort wurden die Empfehlungen auch für die Länder gegeben. Wenn dort etwas untersucht werden sollte, dann sollte das nicht in 16 Bundesländern einzeln passieren.

Zu der Anhörung, die hier mehrfach schon vorgetragen wurde, sage ich dann kurz noch etwas in der zweiten Runde.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Wir dürfen als Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag Schülerinnen und Schüler der IGS Nieder-Olm begrüßen, hier die 11. Jahrgangsstufe, Leistungskurs Sozialkunde. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im Hause)