Protocol of the Session on March 2, 2023

(Beifall der CDU)

Vermutlich ist das auch der Grund dafür, dass Sie glauben, Sie würden genügend Ärzte in Rheinland-Pfalz ausbilden. Sie haben ofensichtlich keine Datenbasis, auf der Sie entscheiden konnten. Glauben Sie daher Dr. Gensch: Wir brauchen mindestens 250 zusätzliche Studienplätze in der Medizin.

(Beifall der CDU)

Im Übrigen brauchen wir auch dringend eine Veränderung im Krankenhaussystem in Deutschland. Der Bundesgesundheitsminister hat endlich das schon länger im Bundesgesundheitsministerium vorbereitete Konzept vorgelegt,

(Heiterkeit bei der SPD)

welches wir grundsätzlich in weiten Teilen so unterstützen.

Notwendig für diese Umsetzung ist aber natürlich auch eine Krankenhausplanung in den Ländern, eine Krankenhausplanung, die weiß, welches Krankenhaus was leistet und leisten kann. Notwendig ist es zu wissen, welches Krankenhaus seinen Anforderungen gerecht werden kann, welche Investitionen notwendig sind und wo Erweiterungen vonnöten sind. Gegebenenfalls ist es auch notwendig zu wissen, auf welches Krankenhaus verzichtet werden kann, wenn es dem wirtschaftlichen Druck nicht mehr standhält. Dafür muss man aber doch wissen, welche Krankenhäuser das sind, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Wie wollen Sie eine Krankenhausreform in Rheinland-Pfalz umsetzen, wenn Sie keine Daten über die wirtschaftliche Situation unserer Krankenhäuser haben? Oder fühlen Sie sich hier genauso wenig vom Bundesgesundheitsminister angesprochen wie beim Ausbau der Studienplatzkapazitäten?

Ich hätte es nicht für möglich gehalten, so etwas einmal zu sagen, aber hören Sie doch einfach auf Ihren Bundesgesundheitsminister. Übernehmen Sie Verantwortung, und lassen Sie unsere Krankenhäuser nicht im Regen stehen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU und bei den FREIEN WÄHLERN sowie des Abg. Ralf Schönborn, AfD)

Nächster Redner ist für die Fraktion der FREIEN WÄHLER Abgeordneter Helge Schwab.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die medizinische Versorgung in den Krankenhäusern ist eine gleichwertige, gemeinsame Pflichtaufgabe in Stadt und Land.

Die Antwort auf die Große Anfrage der AfD macht neben der Tatsache, dass zu vielen Fragen keine Erkenntnisse vorliegen, eines klar: Die Gründe für die wirtschaftliche Misere sind vielschichtig. Unsere krisengeschüttelten Krankenhäuser brauchen zweifelsfrei dringend unsere Unterstützung. Hier erklärte sich die FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion uneingeschränkt solidarisch.

Um unsere Krankenhäuser zukunftsfähig zu erhalten, müssen wir die Probleme detailliert und konkret beleuchten. Es ist wie in der Medizin, vor der Therapie kommt die sorgfältige Diagnose.

Die allgemeingültigen Ursachen kennen wir alle durch unzählige Brandbriefe. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die Folgen durch die Energiekrise, die Beschafungsengpässe mit Inflation und der weiter zunehmende Personalmangel mit seinen Folgen sind uns allen ersichtlich.

Es ist kein Geheimnis, dass die Infrastruktur unserer Krankenhäuser sehr unterschiedlich ist. Hier muss das Land weiter deutlich nachbessern und die Grundlagen für die bedarfsgerechte gleichwertige Ausstattung herstellen. Unsere Krankenhäuser brauchen unbedingt eine tragfähige Lösung für ihre Investitionskosten.

Die widrigen Gründe für den akuten, besorgniserregenden wirtschaftlichen Druck unserer Krankenhäuser sind genauso vielschichtig und unterschiedlich wie die regionalen Gegebenheiten, die Träger und die Schwerpunkte der Häuser, die manchmal sehr speziell sind.

Neben der Ausstattung stehen bei allen aktuell vor allem die Betriebs- und Personalkosten im Vordergrund. Nach einer Umfrage des vdek geht gerade bei den Betriebskosten die Schere immer weiter auseinander. Seit dem Jahr 2012 zeigt sich eine gravierende und massiv steigende Unterfinanzierung. Bei der Krankenhausfinanzierung liegt Rheinland-Pfalz unter dem Bundesdurchschnitt.

Wir erwarten von unseren Krankenhäusern, dass sie auf Krisen und vielfältige Behandlungen vorbereitet sind. Unser System Krankenhaus ist allerdings nachhaltig erschöpft.

Nehmen wir einmal eine andere Daseinsvorsorge zum Vergleich, unseren Brand- und Katastrophenschutz. Hier gibt es flächendeckend eine vorsorgliche, vorhaltende Finanzierung für den Fall der Fälle, von dem wir alle hofen, dass er nie eintritt.

In der Krankenhausversorgung dagegen bauen wir betriebswirtschaftlich

darauf, dass sich der medizinische Behandlungsfall ereignet, um seine eigene Vollfinanzierung zu sichern.

Wir sind uns alle einig, die Fallpauschale war der falsche Weg. Sie war die Freigabe zur kompletten Kommerzialisierung unseres Gesundheitswesens. Gesundheitspolitisch, wirtschaftlich und infrastrukturell hat sie die vorliegende Katastrophe ausgelöst.

Unabhängig von Einsätzen oder Fallzahlen muss es für die Vorhaltung der medizinischen Behandlung auch eine Vorhaltefinanzierung geben und zusätzlich für die ländlichen Regionen einen strukturbedingten Ausgleich zur Sicherstellung der gleichwertigen medizinischen Versorgung auf dem Land. Sie müssen als solidarische Gemeinschaftsaufgabe anerkannt und mitfinanziert werden. Dies betrift nicht nur die Geburtshilfe und die Kinderkliniken, auch die Notfallambulanzen, die Chirurgie und die Innere dürfen hier nicht vergessen werden.

Nun das Wichtigste im Gesamtkontext, die personelle Problematik. Ärzte, Pflegekräfte und Gesundheitspersonal sind das Rückgrat unserer Krankenhäuser. Sie stimmen gerade in der aktuellen Arbeitsmarktsituation mit den Füßen ab. Der Erfolg aller Maßnahmen wird entscheidend davon abhängen, ob es uns gelingt, die Arbeits- und Rahmenbedingungen in den Krankenhäusern zu verbessern.

Erlauben Sie mir noch eine Frage zum Abschluss. Mit welchem Grund werden Krankenhäuser, welche die personellen Mindestanforderungen aus bekannten Gründen nicht erfüllen, wohlgemerkt nicht erfüllen können, finanziell sanktioniert und für ihre medizinische Behandlung abgestraft?

Willkommen in der bürokratischen Realität. Willkommen im deutschen Gesundheitswesen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FREIEN WÄHLER und vereinzelt bei der CDU)

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Hoch.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Krankenhäuser waren und sind seit Einführung des sogenannten DRGSystems in der Betriebskostenrefinanzierung seit Jahren erheblich zur Ökonomisierung ihres Verhaltens gezwungen. Dabei war das System damals eigentlich gut gedacht. Ziel war eine leistungsbezogene Vergütung der Krankenhäuser.

Heute stellen wir fest, dass Kostensteigerungen bei den Krankenhäusern, die vor allem durch so besondere Ereignisse wie Energiekostensteigerungen, eine Pandemie und vermehrte Personalausfälle eintreten, dann über Leistungs- und Efzienzsteigerungen überhaupt nicht mehr aufgefangen werden können. Wir haben also in weiten Teilen eine Grenze erreicht, was wir unseren Krankenhäusern und Trägern zumuten können.

Die Krankenhäuser – das ist eben schon angesprochen worden – im ländlichen Raum stehen dabei häufig unter besonderem wirtschaftlichen Druck; denn neben den limitierenden Rahmenbedingungen für alle Standorte gibt es dort individuelle Einflussfaktoren. Oftmals sind es geringe Fallzahlen, die eine Refinanzierung nicht ermöglichen.

Herr Welling, ich bin sehr überrascht, dass Sie sich den Vorschlag einer Expertenkommission derart zueigen machen, woraus jetzt gerade ein Gesetzgebungsverfahren von Bund und Ländern gemeinsam zur Krankenhausreform gerade im ländlichen Raum erarbeitet wird, und Sie sich auch noch dazu versteigen, dass das unter dem Vorgängerbundesgesundheitsminister schon erarbeitet worden wäre, obwohl ein Expertengremium erst nach der letzten Bundestagswahl eingesetzt wurde, das mit wissenschaftlicher Expertise diese Empfehlungen herausgebracht hat.

(Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: So ist das! – Weitere Zurufe von der SPD)

Für die Opposition ist aber der Versuch zulässig, sich mit fremden Federn zu schmücken.

(Zuruf des Abg. Gordon Schnieder, CDU)

Sie muss halt nur davon ausgehen, dass das auch aufällt.

Deshalb gehört dazu, für die Krankenhausfinanzierung ist der Bund zuständig. Herr Schnieder, das wissen Sie auch. Sie können Ihren Bruder fragen.

Wir begrüßen es deshalb sehr, dass auf der Bundesebene endlich Bewegung in diese Frage kommt, was die letzte Bundesregierung grundsätzlich verschlafen hat. Wir setzen uns nämlich im Land seit Jahren dafür ein, dass wir eine verbesserte Betriebskostenfinanzierung bekommen und vor allem die Vorhaltekosten im ländlichen Raum endlich auch abgebildet werden.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich beteiligen wir uns sehr intensiv in der eingesetzten Arbeitsgruppe, um für die Bürgerinnen und Bürger zukunftsfeste Krankenhausstrukturen in der Fläche vorzuhalten und, ja, die auch angemessen auf die sich wandelnde Gesellschaft, auf eine älter werdende Gesellschaft reagieren können. Das ist die Betriebskostenfinanzierung. Deshalb sind Kliniken auch in ihren Jahresabschlüssen und Fehlbeträgen gerade vor so große Herausforderungen gestellt.

Wir als Land leisten die Investitionsfinanzierung. Wir leisten einen wesentlichen Beitrag dazu, dass unsere Krankenhäuser auf einem hohen Standard gehalten und sogar ausgebaut werden. Sie dürfen aber nicht verkennen, dass gesetzlich vorgesehen ist, dass die Instandhaltungsmittel für die Finanzierungen aus den Erlösen zu erbringen sind, und dafür ist wieder der Bund zuständig.

Dann kommt hinzu, dass Krankenhäuser – auch das ist vom Bund gewollt – künftig und auch heute schon sehr viele ambulante Leistungen erbringen, und die sind investiv seitens des Landes in der dualen Finanzierung eben nicht förderfähig.

Ich will Ihnen aber einmal sagen, wir haben in den letzten zehn Jahren in unsere Krankenhauslandschaft in Rheinland-Pfalz über 1,2 Milliarden Euro alleine in die Investitionskostenförderung hineingebracht. Wir haben in den letzten Jahren – Sie waren immer live dabei und haben immer dagegen gestimmt – die Einzelförderung schrittweise erhöht, zuletzt seit dem Jahr 2019 um 13,8 Millionen Euro jährlich. Im Doppelhaushalt 2023/2024 haben wir sie noch einmal um 9,5 Millionen Euro erhöht, nämlich im Jahr 2023 um 6 Millionen Euro und im Jahr 2024 um 3,5 Millionen Euro.

Wir haben die Kofinanzierung im Krankenhausstrukturfonds dargestellt. Das sind noch einmal 103,5 Millionen Euro Landesgeld von den 230 Millionen Euro, die es insgesamt gibt.

Dann haben wir etwas gemacht, was an anderer Stelle immer wieder gefordert wird, zu dem ich der Meinung bin, das ist nicht richtig, wenn wir das generell tun, nämlich dass es keinen Eigenanteil für Investitionsmaßnahmen gibt, weil dann einfach alles auf einen großen Haufen gelegt wird und man überhaupt keine Priorisierungsaspekte mehr hat.

Wir haben das aber als eines der wenigen Bundesländer an einer Stelle getan, nämlich beim Krankenhauszukunftsfonds. Von den 203 Millionen Euro gibt das Land 61 Millionen Euro, und es gibt keinen Trägeranteil.

Wer mir jetzt sagt, es gäbe einen unendlichen Investitionsstau und man müsse nur auf den Eigenanteil verzichten, dann würde das Geld quasi automatisch abfließen, dem sage ich, ja, es ärgert mich wahnsinnig, dass Geld nicht abfließt. In diesem Bereich sind bis jetzt noch nicht einmal 10 % der Summen ausgegeben und abgeflossen, aber wir stehen vor der großen Herausforderung, dass bis zum Jahresende droht, dass Bundesgeld verfällt, wenn die Träger Geld, das sie nichts kostet, nicht ausgeben. Auch dazu befinden wir uns im Gespräch.