Protocol of the Session on January 30, 2020

Wir brauchen weiterhin eine grundsolide und gerichtsfeste Basis für die Preisermittlung. Hierzu haben wir in einem sehr interessanten Vortrag vom Vertreter der ADD einen konstruktiven Vorschlag gehört.

Es ist aber noch einmal wichtig darauf hinzuweisen, es handelt sich teilweise um Organisierte Kriminalität. Wir brauchen bundesweite Ermittlungen und strafrechtliche Anpassungen.

Frau Dr. Gerhards hat mehrmals auf die Tatsache hingewiesen, dass es sich bei den betrügerischen Schlüsselnotdienstanbietern fast nie um Einzeltäter handelt, sondern das eine organisierte Struktur ist. Es gibt eindeutige Indizien dafür, dass es weiterhin eine Vernetzung von Scheinfirmen in diesem Bereich gibt. Deswegen sagt die Verbraucherzentrale, aufsichtsbehördliche Mittel alleine sind nicht geeignet, unseriöse Schlüsselnotdienste wirksam zu bekämpfen. Es muss zentral, bundesweit gegen diese kriminellen Bandenstrukturen ermittelt werden. Im Strafrecht müssen der Wuchertatbestand sowie der Straftatbestand des Betrugs dementsprechend angepasst werden. Ich bitte daher um Unterstützung für unseren Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Staatsministerin Spiegel.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man plötzlich ohne Schlüssel vor der

Tür steht, dann würden viele so ziemlich alles unterschreiben. Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Wenn man vor der Wohnungstür steht und man hört seine Haustiere an einem heißen Sommertag auf der anderen Seite, dann ist man bereit, tief in die Tasche zu greifen, damit die Tür schnell geöffnet wird.

Lassen Sie mich aber eines vorwegschicken: Die meisten Schlüsselnotdienste sind seriös, sie helfen und sie stellen eine angemessene Rechnung, aber die Beschwerden über schwarze Schafe sind schon lange ein Dauerbrenner bei den Verbraucherzentralen. Laut eines Marktchecks im Jahr 2017 kostet in Rheinland-Pfalz die Öffnung einer Tür an Werktagen im Durchschnitt 83,61 Euro und nachts sowie an Sonn- und Feiertagen 136,92 Euro. Unseriöse Unternehmen verlangen jedoch für eine einfache Türöffnung zum Teil Beträge von 600 Euro und mehr.

Zur Prävention verteilt unsere rheinland-pfälzische Verbraucherzentrale Aufkleber, die sich Verbraucherinnen und Verbraucher unter ihre Haustürfußmatte kleben können, auf denen sie die Nummer eines seriösen Notdienstes vor Ort notiert haben. Dieser Aufkleber ist so stark nachgefragt, dass er derzeit nachgedruckt wird.

Die Verbraucherzentrale kooperiert auch eng mit dem Landeskriminalamt, damit die Ermittlungsbehörden bei strafrechtlich relevanten Vergehen sofort aktiv werden können.

Zudem prüft die Bundesnetzagentur ständig Anbieter und schaltet auch Rufnummern ganz gezielt ab. Doch weiterhin werden fast täglich neue Fälle von Abzocke gemeldet. Das darf so nicht weitergehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Wir sind uns im Ziel einig, aber beim Weg dorthin habe ich schon Unterschiede gehört. Herr Lammert, ich muss schon sagen, es ist nun einmal ein Bundesgesetz. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass wir Verantwortung auf den Bund abschieben wollen, sondern wenn man hier wirklich effektiv vorgehen will und es sich um ein Bundesgesetz handelt, dann ist nun einmal der richtige Weg, dieses Bundesgesetz über den Bundesrat ändern zu wollen.

Darüber hinaus hat sich die Verbraucherzentrale – ich war selbst bei der Anhörung im Ausschuss dabei –, zumindest als ich in der Ausschusssitzung bei der Anhörung war, explizit nicht für ein Gütesiegel ausgesprochen. Warum? Weil sowohl die Verbraucherzentrale als auch ich der Meinung sind, dass ein Siegel nicht weiterhelfen wird; denn unseriöse Schlüsseldienste werden nicht davor zurückschrecken, mit einem gefälschten Siegel zu werben. Auch das wurde uns eindrücklich geschildert. Ich erinnere daran, dass es Unternehmen gibt, die so viel kriminelle Energie besitzen, dass sie mithilfe betrügerischer Technik vorgaukeln, man rufe im gleichen Ort an, um dann aber horrende Anfahrtskosten abzurechnen.

Zudem würden die Zertifizierungskosten für ein solches Siegel die seriösen Schlüsselunternehmen finanziell erheblich belasten. Ein Siegel – das war der Hauptpunkt, der von der Verbraucherzentrale vorgebracht wurde – müsste von allen dauerhaft mit den entsprechenden Kontrollen

nachgewiesen werden. Das wäre ein weiterer zusätzlicher, nicht unerheblicher bürokratischer Aufwand, den an dieser Stelle auch die Verbraucherzentrale explizit so nicht haben möchte.

Natürlich kann man als Verbraucherin oder Verbraucher Anzeige erstatten oder zivilrechtlich klagen, aber nicht jeder überhöhte Preis ist gleich strafbar. Häufig stellen sich auch praktische Probleme, zum Beispiel die Frage, wem gegenüber man gezahlt hat; denn oft wissen Betroffene nicht, ob und wie viel sie zu viel gezahlt haben. Genau hier informiert und berät die von meinem Ministerium geförderte Verbraucherzentrale und verweist darauf, dass Schlüsseldienste Preisverzeichnisse erstellen und auf Wunsch auch vorzeigen müssen. In der Regel sind Betroffene jedoch nicht in der Lage, auf die Schnelle einen Preisvergleich vorzunehmen.

Es gibt auch keine Behörde, an die man sich in diesem Fall wenden könnte; denn die Gewerbeämter – das hatten Sie ins Spiel gebracht, Herr Lammert – prüfen als Landesbehörde die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Der Sachverhalt, über den wir sprechen, hat aber im engeren Sinne nichts mit der Zuverlässigkeit als Gewerbetreibender zu tun. Sie kontrollieren auch nicht, ob der Preis angemessen ist.

Meine Damen und Herren, deshalb unterstütze ich den Antrag der Koalitionsfraktionen, dass die Schlüsseldienste ihre Preisverzeichnisse regelmäßig bei der zuständigen Aufsichtsbehörde hinterlegen sowie im Internet veröffentlichen müssen. In einem solchen Preisverzeichnis müssen alle typischerweise in Rechnung gestellten Leistungen und Auslagen dargelegt werden, auch die Anfahrtskosten. So können Verbraucherinnen und Verbraucher die Preise einfach erkennen. Durch ein veröffentlichtes Preisverzeichnis kann man im Streitfall auch Abweichungen nachweisen, wenn man doch abgezockt wurde.

Ich bin mir sicher, die Pflicht zur Vorlage der Preisverzeichnisse würde zudem den Markt bereinigen und dadurch die seriösen Schlüsseldienstanbieter auf dem Markt stärken. Wir werden hierzu eine entsprechende Initiative in den Bundesrat einbringen; denn wir brauchen hierfür endlich auch eine bundesgesetzliche Rechtsgrundlage. Es muss gelten, nur wer sein Preisverzeichnis für Prüfung und Publikation im Netz öffnet, der darf weiter Türen öffnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Abgeordneter Frisch gemeldet.

Frau Ministerin, ich teile Ihre Skepsis gegenüber einem Qualitäts- oder Prüfsiegel in der Form nicht. Unser Ziel muss es doch sein, nicht nachher zu reagieren. Die Maßnahmen, die Sie aufgezählt haben, greifen vielfach erst,

nachdem ein solcher Vorfall passiert ist, und dann haben sie in der Tat das Problem, dass die Aufgabe, sich dagegen zur Wehr zu setzen und gegebenenfalls zu klagen, beim Verbraucher liegt.

Was nützt da ein Preisverzeichnis? Er stellt dann fest, dass überhöhte Preise abgerechnet worden sind. Dann muss er gegebenenfalls bei den Strafverfolgungsbehörden vorstellig werden und vor Gericht versuchen, das Geld zurückzubekommen. Bei kriminellen Strukturen ist das, wie wir gehört haben, vollkommen zwecklos.

Genauso können sie solche Preisverzeichnisse auch fälschen. Sie können im Ernstfall dann sagen, es sind zusätzliche Arbeiten erforderlich gewesen. Das alles hat Frau Dr. Gerhards sehr eindrücklich geschildert. Sie kommen damit letzten Endes dem Problem nicht wirklich bei.

Wir schlagen mit unserem Prüfsiegel vor, dass man das im Vorhinein regelt und dafür sorgt, dass im Einzelfall gar nicht erst ein unseriöser Anbieter zu den Verbrauchern kommt. Natürlich kostet so etwas Geld. Aber all das, was Sie vorgeschlagen haben und im Nachhinein machen wollen, kostet ebenfalls Geld. Von daher ist die Argumentation für mich in der Form nicht überzeugend.

Ebenfalls nicht überzeugend ist der Hinweis, man würde mit gefälschten Prüfsiegeln arbeiten. Ja, wir haben es hier in der Tat mit hoher krimineller Energie in allen Bereichen zu tun. Es ist heute informationstechnisch aber überhaupt kein Problem, gefälschte Prüfsiegel im Netz zu identifizieren und dann auch gegen die entsprechenden Kriminellen vorzugehen.

Wenn wir eine Institution hätten – egal, ob das die Verbraucherschutzzentrale oder sonst jemand ist –, die bei den Bürgern bekannt ist, dann würde ein Prüfsiegel mit einem hohen Wiedererkennungswert dafür sorgen, dass sich die Menschen in der Notsituation tatsächlich direkt an diese seriösen Unternehmen wenden.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Zur Erwiderung spricht Staatsministerin Spiegel.

Herr Abgeordneter Frisch, Sie haben mir entweder nicht richtig zugehört, oder Sie haben Ihren eigenen Widerspruch eben nicht bemerkt, oder vielleicht auch beides. Frau Gerhards von der Verbraucherzentrale hat im Rahmen der Anhörung eindrücklich geschildert, dass sie das gerade am Tag zuvor noch einmal im Internet auf eigene Faust nachrecherchiert hatte und auf Anhieb gefälschte Prüfsiegel auffinden konnte.

Insofern kann man, wenn Sie auch selbst sagen, es gibt gefälschte Prüfsiegel im Netz, doch nicht allen Ernstes ein Prüfsiegel fordern. Damit unterstützt man doch im Grunde

diejenigen, die dann mit krimineller Energie versuchen, genau solche Siegel zu fälschen und zu hintergehen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Es gibt doch Hunderte von Prüfsiegeln!)

Nein, Sie haben mir nicht richtig zugehört. Mit einem solchen Preisverzeichnis würde man doch ansetzen, bevor die Verbraucherinnen und Verbraucher den Schlüsselnotdienst kontaktieren, weil das im Internet einsehbar wäre.

Das würde die seriösen Schlüsseldienstanbieter stärken und die schwarzen Schafe, die völlig überzogene Preise anbieten, auch dahin gehend schwächen, als dass sich die Verbraucherinnen und Verbraucher auf diese Preisverzeichnisse und den marktüblichen Wert berufen können. Wenn der massiv überschritten ist, kann man auch rechtlich viel besser dagegen vorgehen.

Insofern war das auch das, was in Richtung der Verbraucherzentrale empfohlen worden ist. Es war das, was die Koalitionsfraktionen wollen, und es ist das, was ich auch inhaltlich unterstützen würde.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen damit zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über den Antrag der Koalitionsfraktionen „Verbraucherinnen und Verbraucher schützen“ – Drucksache 17/9798 – ab. Wer für diesen Antrag ist, den darf ich um das Handzeichen bitten! – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD angenommen.

Wir kommen dann zur Abstimmung über den Alternativantrag der CDU „Unseriösen Schlüsselnotdiensten in Rheinland-Pfalz das Handwerk legen“ – Drucksache 17/11135 –. Wer für diesen Antrag ist, den darf ich um das Handzeichen bitten!

(Zuruf von der CDU: Unser Antrag?)

Ja, das ist der Antrag der CDU. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der AfD abgelehnt.

Wir kommen dann zur Abstimmung über den Alternativantrag der AfD „Verbraucher effektiv vor Betrug schützen und seriöse Schlüsselnotdienstanbieter stärken – Qualitätssiegel einführen und Aufklärung zielgenau verbessern“ – Drucksache 17/11137 –. Wer für diesen Antrag ist, den darf ich um das Handzeichen bitten! – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Wir kommen damit zu Punkt 16 der Tagesordnung:

Einsatz von Lehrkräften in Rheinland-Pfalz Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksachen 17/10175/10519/11106 –

Für die antragstellende Fraktion spricht die Kollegin Beilstein.