Protocol of the Session on December 12, 2019

Zu den Ausführungen des Abgeordneten Hartenfels hat sich Abgeordneter Lohr zu einer Kurzintervention gemeldet.

Ich möchte einmal mit diesem Exportmärchen aufräumen. Sie kennen vielleicht die Target-Salden. Ich versuche, es für Sie einfach zu erklären, damit Sie es auch verstehen.

(Zuruf von der SPD: Wie überheblich!)

Die Verbindlichkeiten sind mittlerweile bei 1 Billion Euro, die als Schulden bei der Deutschen Bundesbank auflaufen. Davon schuldet uns Italien beispielsweise 400 Milliarden Euro. Das ist ungefähr so, als hätte ich eine Kneipe,

(Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Das stellen wir uns besser nicht vor! – Zurufe aus dem Hause)

Sie würden die ganze Zeit kommen, bei mir etwas trinken, anschreiben, und ich habe auf dem Bierdeckel dieses Geld, aber in Wahrheit habe ich es gar nicht. Das sind die Target-Salden, und das ist auch im Großen gesehen die Exportwirtschaft.

Ich möchte Ihnen erklären, was in Italien passiert ist: In Italien hat man die Goldreserven des Landes zum Finanzministerium überführt, und die Banca d’Italia wurde privatisiert. Das heißt, wenn diese Salden fällig werden, dann haben wir Italiener, die das gar nicht zahlen können, und dann ist dieser Exporttraum wirklich nur ein Traum und ausgeträumt, weil die Schulden bei uns in Deutschland stehen. Deutschland hat schon vor dem Euro super Exporte gehabt. Deutschland braucht den Euro nicht, um

Exportweltmeister zu sein.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Zur Erwiderung hat Abgeordneter Hartenfels das Wort.

Herr Lohr, Sie machen gerade so weiter und bestätigen das, was ich Ihnen und der AfD-Fraktion in Gänze vorgeworfen habe: Es geht um Neiddebatten, und es geht um ein gegeneinander Ausspielen. Allein die Formulierung, Italien würde uns 400 Milliarden Euro schulden, zeigt das begrenzte ökonomische Verständnis, das Ihre Person und insbesondere die AfD-Fraktion an den Tag legt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Es wäre vielleicht auch für Sie schön, einmal anzuerkennen, dass wir uns in einer globalisierten Welt bewegen, es sehr viele Akteure und Player gibt, wir nur gemeinsam – da gehe ich bewusst über den europäischen Rahmen hinaus – auch an den ökonomischen Themen und Fragestellungen zu arbeiten haben und es in Zukunft viel stärker auch nur gemeinsam geht.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Was hat das mit den Target-Salden zu tun?)

Ihr Rückgriff, Deutschland wird das auch alles allein schaffen, zeigt genau, wohin Sie wollen: Sie wollen wieder in die nationalstaatliche Staatlerei hinein. Das haben Sie für uns textlich im Protokoll dankenswerterweise wieder festgehalten. Das ist nicht der Weg, den die Mehrheit dieses Plenums gehen will. Wir wollen den Weg gemeinsam mit Europa in dieser globalisierten Welt gehen, weil das und nicht der Weg in die Nationalstaaterei unsere Zukunft ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Zurufe von der AfD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Damit sind wir am Ende der Aussprache zu dem Bericht der Landesregierung über den Ausschuss der Regionen.

Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Grundwasser schützen und Pflanzen richtig ernähren Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/10758 –

dazu: Gewässer in Rheinland-Pfalz schützen – Zukunft der bäuerlichen Landwirtschaft sichern – Gemeinsam mit der Landwirtschaft

Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/10817 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Zunächst darf ich dem Mitglied der antragstellenden Fraktion, Abgeordneten Zehfuß von der Fraktion der CDU, das Wort erteilen. – Bitte schön.

Sehr geehrte Damen und Herren, Herr Präsident! Grundwasser zu schützen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und geht uns alle an: Jeden Einzelnen von uns und jeden in seinem Bereich. In der aktuellen Diskussion steht die Landwirtschaft besonders im Fokus, Haupteinträger der Nitratbelastung zu sein, hervorgerufen durch die Art und Weise der heutigen landwirtschaftlichen Produktion.

Die Ergebnisse des landesweiten Messstellennetzes werden zur Untermauerung dieser These und entsprechende Maßnahmen über die Landesdüngeverordnung als Therapie für zu hohe Nitratbelastungen an den Messstellen herangezogen. In Rheinland-Pfalz gibt es aktuell 117 Grundwasserkörper. Das Messnetz im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie besteht in Rheinland-Pfalz aus 278 Messstellen.

Für die Maßnahmen im Rahmen der Nitratrichtlinie und somit auch der Düngeverordnung gibt es ein weiteres Messnetz, das Messnetz der Europäischen Umweltagentur (EUA). Die Messstellen des EUA-Messnetzes, die einen landwirtschaftlichen Bezug haben sollen, stellen das EUNitratmessstellennetz dar. Das Nitratmessnetz, das sogenannte Teilmessnetz Landwirtschaft, beinhaltet die Messstellen im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie, denen ein landwirtschaftlicher Bezug zugeschrieben wird.

Das EUA-Messnetz besteht in Rheinland-Pfalz aus 69 Messstellen und das EU-Nitratmessnetz sogar nur aus 35 Messstellen. Das EU-Nitratmessstellennetz hat eine Messnetzdichte von 3,7 Messstellen pro 1.000 km2. Bezogen auf landwirtschaftliche Flächen sind das sogar nur zwei Messstellen. Zum Vergleich: In Belgien haben wir dergleichen 96 Messstellen und in den Niederlanden 35 Messstellen. Ich hoffe, Sie konnten mir bis hierhin folgen.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Betrachten wir uns nun die einzelnen Messstellen und den Proberhythmus im Detail. Messstelle 1335 Beindersheim mit steigendem Nitratgehalt auf hohem Niveau: 450 mg/l. Um die Messstelle herum ausgedehnte Spargelkulturen mit Endvolumen weit unter 80 kg.

Messstelle 1451 Meckenheim, Weinbach: Acker- und Gemüsebau, davon rund 50 % bio, und seit vielen Jahren auf gleichbleibend hohem Niveau. Messstelle 1461 Schifferstadt Queckbrunnerhof – der eine oder andere hat es im Ohr – 190 mg/l, seit Jahren stark ansteigend. Seit 30 Jahren ist ein Großteil der Umgebungsflächen unter staatlicher Bewirtschaftung.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was heißt das jetzt?)

Messstelle 1324 Dannstadt, Münchhof, 7Böhl-Iggelheim mit niederigem Niveau: unter 1 mg/l. Die beiden letztgenannten Messstellen liegen im intensivsten genutzten Gemüseanbaugebiet in der Vorderpfalz. Messstelle 2216: steigende Nitratwerte von 45 mg/l auf 85 mg/l. In unmittelbarer Nähe dazu Messstelle 2189: sinkende Werte auf dauerhaft 110 mg/l.

Die Bewertung, ob rot oder grün, und die zugrunde liegenden Daten stammen grundsätzlich aus den Jahren 2007 bis 2012. Seitdem wurde an den Messstellen gemessen. Die Daten sind aber laut Umweltministerium erst mit Abschluss der dritten Bestandsaufnahme verfügbar. Sie sind schon da, werden aber nicht veröffentlicht, sehr wahrscheinlich erst übernächstes Jahr.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Das gibt es doch nicht!)

Ich zitiere nach Auskunft des Umweltministeriums: Für eine belastbare Bewertung des chemischen Zustands wurden neben Messdaten der Wasserrahmenrichtlinie der Jahre 2007 bis 2012 Ergebnisse aus anderen Grundwassermessprogrammen sowie Rohwasserdaten ergänzend genutzt, welche im Rahmen einer freiwilligen Kooperationsvereinbarung durch die Wasserversorgung zur Verfügung gestellt wurden. Landesweit standen somit 1.600 Messdaten zur Verfügung. – Das Umweltministerium macht ein Staatsgeheimnis daraus, welche Messdaten das sind. Es drängt sich schon die Frage auf: Werden nur die Beträge der gefälligen Daten aufgenommen?

Sehr geehrter Herr Dr. Griese, Transparenz sieht anders aus, wie man sieht: 1.700 Grundwasserkörper, aber nur 35 EU-Nitratmessstellen. Deshalb nimmt man das Messnetz im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie, das aber überhaupt nichts mit den Nitrateinträgen aus der Landwirtschaft zu tun hat, zur Hilfe. Auf diesen Kommunikationsfehler angesprochen, bekommt man die Antwort aus dem Umweltministerium, es gebe aktuell nichts Besseres.

Meine Damen und Herren, doch, es gibt etwas Besseres. Schauen Sie nach Nordrhein-Westfalen. Dort arbeiten das Forschungszentrum Jülich und das Johann Heinrich von Thünen-Institut daran, nachvollziehbare und belastbare Daten zu sammeln, die auch eine statistisch verwertbare Aussage zu den Entwicklungen machen können.

Die Vorgehensweise in Rheinland-Pfalz kann das nicht ansatzweise. Punktuelle historische Vorbelastungen der Messstellen werden nicht gewürdigt. Zum Beispiel Messstelle 1335, das war die erste: Dort wurde kommunal jahrelang kostengünstig Klärschlamm entsorgt.

(Abg. Gerd Schreiner, CDU: Ach was!)

Messstelle 1451: Dort trat nach stärkeren Regenfällen regelmäßig der Vorfluter einer kleinen Kläranlage über die Ufer und versorgte die in der unmittelbaren Nähe gelegene Messstelle mit nitrathaltigem Wasser.

Noch ein Wort zur Vergleichbarkeit und statistischen Belastbarkeit der Messwerte.

(Unruhe im Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Unruhe im Hause)

Nachher haben Sie alle Zeit der Welt.

Der unregelmäßige Entnahmemodus und die Verschiedenheit der Messstellen widersprechen jeglichen Vorgaben zur Erstellung zuverlässiger Statistiken. Die einzelnen Messstellen sind keinem standardisierten System unterworfen. Einen Messstellen-TÜV gibt es nicht. Allein aufgrund dieser Mängel stehen in Nordrhein-Westfalen viele Messstellen nicht mehr zur Verfügung. Das Beispiel Sachsen zeigt, wie die Binnendifferenzierung Gebiete mit geringer Grundwasserneubildung, also bei uns vergleichbar mit Rheinhessen, wissenschaftlich fundiert betrachten kann.

Mit modernsten Analysemethoden wird Nitrat im Milligrammbereich in 1.000 g Wasser ermittelt. Hoch spezielle Labore machen das. Es werden Messstellen ermittelt, die nicht den geringsten wissenschaftlichen Ansprüchen der Reproduzierbarkeit entsprechen. Salopp gesagt, hier wird mit steriler Hightech auf dem Misthaufen operiert.

(Heiterkeit der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Es ist für keinen Landwirt verständlich, dass ein ganzer Grundwasserkörper „rot“ erklärt wird, nur weil ein im Extremfall 30 km nördlich gelegener Messpunkt über 50 mg liegt. Nach der Binnendifferenzierung muss das Messstellennetz auf völlig neue Füße gestellt werden, um wirklich den Anspruch der Repräsentanz erfüllen zu können.

(Glocke des Präsidenten)