Ich möchte an dieser Stelle den Bogen bewusst weiter spannen. Polizistinnen und Polizisten, Rettungskräfte, Behördenvertreterinnen und -vertreter werden unverblümt angegriffen. Ehrenamtliche Kommunalpolitikerinnen und -politiker erhalten Bedrohungen.
Die Verächtlichmachung staatlicher Institutionen und der sogenannten Altparteien von rechtsextremer Seite befeuert diese Gewalt. Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland
ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität offen angefeindet oder angegriffen. Die pauschale Hetze gegen Migrantinnen und Migranten und gegen die vielfältige Gesellschaft durch die extreme Rechte in unseren Parlamenten ist der Nährboden für diese Gewalt.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Abg. Michael Frisch, AfD: Wir sind an allem schuld!)
Diese Entwicklung macht uns Sorge. Deshalb haben wir diese Aktuelle Debatte angemeldet. Wir wollen damit ganz klar sagen, dass sich all jene in Rheinland-Pfalz, die Opfer von Hass und Hetze werden, unserer Solidarität sicher sein können. Wir stehen an ihrer Seite. Wenn eine Frau aus Oppenheim, eine Transfrau, angegriffen wird, dann stehen wir an ihrer Seite.
Als queerpolitische Sprecherin wird mir immer wieder entgegnet, was das Thema denn noch solle. Die rechtliche Gleichstellung sei doch da, und die Akzeptanz in der Gesellschaft auch. Beides ist leider falsch. Wir haben immer noch keine volle rechtliche Gleichstellung, immer noch ist das diskriminierende Transsexuellengesetz in Kraft, und noch immer erleben nicht heterosexuelle Menschen Diskriminierung sowie verbale und körperliche Gewalt.
Eine Anfrage an die Bundesregierung zeigt, dass die Zahlen der Gewalttaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen deutschlandweit stark gestiegen sind. Zwischen den Jahren 2013 und 2018 hat sich die Zahl der homo- und transfeindlichen Gewalttaten bundesweit verdoppelt. Der jüngste Vorfall in Oppenheim und die Übergriffe auf die jungen Frauen aus Mainz und Koblenz zeigen, dass auch Rheinland-Pfalz betroffen ist.
Betroffene zögern oftmals, Anzeige zu erstatten. Umso entscheidender ist es, dass auch unsere Polizeidienststellen sensibilisiert werden. Wir haben deswegen Ansprechpersonen für gleichgeschlechtliche Lebensweisen bei der Polizei geschaffen, um auch hier die Hemmschwelle abzubauen. Das ist wichtig.
Aber die Sensibilisierung der Polizei ist nur ein Aspekt. Wir wollen es erst gar nicht dazu kommen lassen, dass polizeiliches Handeln erforderlich ist. Wir sehen uns darin bestärkt, dass wir die gesellschaftliche Akzeptanzarbeit für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt weiter ausbauen.
Noch beim letzten Doppelhaushalt haben wir die Diskussion hierüber auch im Plenum geführt. Der Bund der Steuerzahler Rheinland-Pfalz hat die Mittel der Landesregierung für Akzeptanzarbeit kritisiert. Sie wurden damals als grüne Spielwiese abgetan.
Das zeigt, dass das Problem einfach nicht erkannt wird. Das ist bedauerlich. Ich sage deshalb ganz klar: Jeder Cent für Akzeptanzarbeit ist gut investiertes Geld. Wir bauen damit Vorurteile in der Gesellschaft ab und leisten einen wichtigen präventiven Beitrag gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.
Woher kommt die Feindlichkeit in unserer Gesellschaft? Ich bin bei meinen Recherchen auf viele homo- und transfeindliche Aussagen der AfD gestoßen.
weil es in unserem Plenarprotokoll sehr klar dokumentiert ist. Noch im Februar diesen Jahres, als es darum ging, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen, ist ein Zwischenruf von Frau Dr. Groß dokumentiert. Sie sagt: „Abartig!“
Das ist weiterhin im Plenarprotokoll zu finden. Weder Frau Dr. Groß noch die AfD-Fraktion haben sich von dieser Aussage distanziert.
Wir stehen an der Seite all jener, die von Hass und Hetze bedroht werden. Niemand darf aufgrund seiner Hautfarbe oder seiner geschlechtlichen Identität angegriffen werden. Hier sind wir ganz klar. Wir stehen für eine vielfältige Gesellschaft.
Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, freue ich mich, dass wir Gäste bei uns im Landtag begrüßen dürfen, und zwar ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger aus der Gemeinde Biebelnheim, dem SPD-Ortsverein Gau-Odernheim sowie Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 33 – Alzey. Seien Sie uns herzlich willkommen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich nur einmal vor, wie es der transidenten Frau aus Oppenheim gegangen ist. Sie gehen aus der Haustür heraus, wollen vielleicht an den Briefkasten oder ans Auto gehen, und dann sehen Sie da einen Zettel. Sie denken vielleicht: Na ja, das ist vielleicht Werbung oder irgendetwas anderes.
Sie schauen sich den Zettel genauer an, und dann steht da – ich zitiere, was auf dem Zettel steht und was ich echt unglaublich finde –: Wir kriegen Dich noch. Bespuckt es, und schlagt es. –
Was bedeutet das in dem Moment, wenn Sie so etwas lesen? Da haben Sie Angst um sich, um ihre Familie, um alle, die bei Ihnen sind, um Ihr Haus, um alles, was Ihr Leben bedeutet. Sie gehen rein und fragen sich: Was mache ich denn jetzt? Was passiert hier mit mir? Wie geht jetzt überhaupt das Leben weiter? Vor wem muss ich Angst haben, weil der Verfasser anonym war? Kann ich überhaupt noch irgendwo hier im Ort hingehen? Was passiert mit mir?
Wir stehen – das hat die Kollegin Schellhammer schon gesagt – in Solidarität mit dieser Frau und mit allen, denen solche Dinge widerfahren.
Wir in Rheinland-Pfalz als demokratische Gesellschaft können doch nicht hinnehmen, dass dies passiert. Auch darüber hinaus können wir nicht hinnehmen, dass Menschen beschuldigt werden, Hassbotschaften gesät werden – ob per E-Mail oder auf Facebook –, Zettel in den Briefkasten geworfen werden, man Angst hat, Scheiben eingeworfen werden und noch viel Schlimmeres passiert. Das können wir einfach nicht dulden. Das ist erschreckend, aber ich finde, das hat hier absolut keinen Platz.
Wir sind ein weltoffenes und tolerantes Land, und niemandem wird etwas weggenommen. Wenn diese transidente Frau da lebt, nimmt sie doch niemandem etwas weg. Sie nimmt mir und meiner Familie rein gar nichts weg. Sie stört doch niemanden, und sie lebt so, wie sie glücklich ist, und das ist doch etwas, was wir alle unterstützen müssen.
Gleichzeitig muss man sich, wenn man sieht – die Kollegin hat es gesagt –, was alles auf die Menschen zukommt, fragen, ob das die Gesellschaft ist, in der wir leben wollen. Ist das die Gesellschaft, in der ich meine Kinder großziehen möchte? Nein, absolut ist es nicht die Gesellschaft.
Wir stehen dafür ein, dass das hier eine offene Gesellschaft ist. Wir alle als demokratische Kräfte – außer die paar Brandbeschleuniger – müssen dafür sorgen, dass so etwas nicht wieder passiert und Kinder und Jugendliche so aufwachsen
und dahin gehend Möglichkeiten bekommen, Vorurteile abzubauen und miteinander ins Gespräch zu kommen.
Wir haben in Rheinland-Pfalz ganz tolle Sachen: „Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen“ als Beratung, wir haben ein Netzwerk, aber wir haben auch das Netzwerk für Demokratie und Courage (NDC).
Ich selbst war als Juso-Landesvorsitzende im Trägerverein. Hier werden ganz tolle Projekttage an Schulen gemacht. Es gibt einen Projekttag, der nennt sich „Ohne Angst verschieden sein“. Das heißt also, hier werden für Vereine und Schulen Tage gemacht, um mit Dingen aufzuräumen und aufzuklären. Natürlich geht es einem vielleicht auch so, dass man in Oppenheim noch nie eine transidente Frau gesehen hat. Dann gilt es aber einfach, den Kindern zu erklären, was das bedeutet, wie die Frau ihr Leben lebt und wie es mit anderen Leuten, mit schwulen oder lesbischen Pärchen ist.
Wenn man dann aufgeklärt wird und in der Schule oder in Vereinen einfach darüber spricht, und jemand kommt und hängt Dinge auf, dann finde ich es viel einfacher für die jungen Menschen, damit aufzuwachsen.
Es gehört jetzt zu unserer Gesellschaft. Bei meinem Kind im Kindergarten gehört es vielleicht dazu, dass da Kinder sind, die zwei Papas oder zwei Mamas haben. Es gehört einfach zum Leben dazu, und es ist für sie nichts Besonderes mehr. Da wollen wir doch hin, und es ist wichtig, dass wir zusammen einstehen.
Wichtig ist jetzt, dass wir nicht zurückweichen ob der Bedrohung. Es geht viel, viel weiter als nur das, was dieser Frau passiert ist. Es geht darum, dass wir für ein diskriminierungsfreies Rheinland-Pfalz und eine wehrhafte Demokratie einstehen,
solche Dinge aufgefangen und benannt werden und man nicht einfach sofort zum Alltag zurückkehrt und sagt: Ach, das war einmal. Das ist da passiert. Ja, es ist halt passiert, aber da müssen wir jetzt weitergehen. –