Protocol of the Session on October 23, 2019

(Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

Wir hatten zum Aspekt der Grundwasserneubildung gerade eine Veranstaltung in unserem Haus – einige von Ihnen, etwa Herr Hartenfels, waren dabei –, und auch da muss ich sagen, bin ich sehr alarmiert, weil wir sehen, dass sich die Niederschlagsmengen alarmierend verringert haben und sich die Verdunstung entsprechend entwickelt hat. So sehen wir, dass die Grundwasserneubildung in manchen Regionen unseres Landes – übrigens auch im Westerwald – schon bei minus 40 % liegt. Das wird enorme Auswirkungen auf die Wasserwirtschaft haben und uns alle tangieren, aber insbesondere die Landwirtschaft.

Vom Kollegen Weber ist erwähnt worden, dass auch der

Wald in Rheinland-Pfalz zu Beginn der Industrialisierung schon einmal devastiert war. Die Notbremse war das Thema „Nachhaltige Waldwirtschaft“. Das wird aber durch die unheilvolle Nutzung der fossilen Energien und ihre Emissionen konterkariert.

Wir haben die Walderklärung als ein großes Bündnis gestaltet. Das Bündnis setzt sich aus allen Akteuren, die mit dem Wald zu tun haben, zusammen, und es ist auch ein Dialog. Es ist in erster Linie ein Bündnis für den Klimaschutz. Wir haben sehr frühzeitig auf die Krise reagiert und gemeinsam mit der Ministerpräsidentin die Walderklärung erstellt.

Es ist klar, dass das Thema „Finanzierung“ hier eine große Rolle spielt. Meine Vorredner haben die Situation schon dargestellt. Wir haben bereits ein Jahr vorher im Bundesrat Initiativen ergriffen. Ich darf noch einmal auf den wichtigen Punkt hinweisen, dass hier auch die Länder massiv kofinanzieren. Ja, es wird so getan, als ob der ganze Segen aus Berlin käme. Nein, hier kommt ein Großteil – 40 % dieser Finanzmittel – vom Land. Das heißt ganz konkret, dass wir hier in ganz relevanter Art und Weise beisteuern und das natürlich auch schon im Ausschuss intensiv diskutieren.

Das Land stellt die Kofinanzierung zur Verfügung. Wir nehmen unsere Verantwortung wahr. Wir haben natürlich auch schon früher gehandelt. Wir haben bereits frühzeitig gegenüber 2018 die Förderung für die Waldschutz- und Waldumbaumaßnahmen in den Jahren 2019 und 2020 um jeweils rund 3,5 Millionen Euro aufgestockt, übrigens große Teile aus Mitteln der Wasserwirtschaft.

Hinzu kommen reguläre GAK-Mittel, die auch bereits kofinanziert werden. Von den 0,47 Euro pro Hektar, Entschuldigung, 0,42 Euro – ich möchte nicht übertreiben –, die die Bundesregierung zurzeit zur Verfügung stellt, werden wir demnächst einen Aufwuchs zu erwarten haben. Wir werden auf vielleicht 16 Euro pro Hektar kommen. Aber gemessen an den Notwendigkeiten ist das sicher noch lange nicht genug.

Wir sehen vor allem den Wald in seiner Bedeutung für Rheinland-Pfalz. Deswegen gehen wir auch weiter. Die Walderklärung hat wichtige Parameter genannt.

(Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

Betriebskostensenkungen: Genau diese bereiten wir für die Kommunen vor. Das wird sie massiv entlasten. Wir diskutieren ganz konkret über die Verkehrssicherung. Auch das ist eine große Belastung für die Waldbesitzer und -besitzerinnen. Auch hier wird die Kooperation zwischen Landesforsten und dem Landesbetrieb diskutiert, um zu entlasten.

Personelle Verstärkung: Angesichts der Unsicherheit, die durch die mangelnde Standfestigkeit der Bäume entsteht, brauchen wir eine personelle Verstärkung. Vor dem Hintergrund ist das Personalkonzept Landesforsten in der Überprüfung. Wir forcieren unsere Nachwuchsinitiative.

Thema „Umwelt“: Sie haben sich gerade wieder über die Wildnisflächen und Prozessschutzflächen lustig gemacht.

Aber ganz klar ist, wir in Rheinland-Pfalz sind sogar Vorbild für die ganze Republik mit unseren Ansätzen, die auf der einen Seite auf dem Dialog, auf der anderen Seite aber auf einer dualen Strategie beruhen, nämlich einerseits die Biodiversität zu unterstützen, das heißt, die Wildnisflächen und Prozessschutzflächen zu erreichen, die die Bundesregierung uns auch mit ihrer Nachhaltigkeitsstrategie vorgibt, um das ökologische Gleichgewicht im Blick zu haben, und natürlich auch Antagonisten für die ganzen Schädlinge, die existieren und einwandern, zum Teil zu stören.

Andererseits setzen wir auf das Thema „Naturnahe Waldwirtschaft“, und zwar nicht erst seit gestern, sondern seit Jahren. Ich glaube, diese Strategie ist geeignet, um tatsächlich eine Stabilität erreichen zu können.

Ich möchte noch einmal sagen, wir haben in RheinlandPfalz bereits eine Situation, in der wir 60 % Laubwald haben, 90 % Naturverjüngung, 87 % Mischwald. Das heißt, wir haben keine Plantagenwirtschaft, sondern einzelne Relikte der nach dem Krieg erfolgten Aufforstungen, die monokulturell sind. Aber wir denken, dass wir mit einer solchen Strategie weiter erfolgreich sind.

Zum Thema „Umwelt“ gehört auch das Thema „Jagd“. In dem Punkt möchte ich nochmals bestärken, dass wir im Dialog mit allen Beteiligten wirklich dahin kommen müssen, dass wir nicht mit unseren Aufforstungen – Bäumchen zu pflanzen alleine reicht nicht, verehrte Kollegen von der CDU – dazu kommen, dass unsere Neuanpflanzungen nicht teures Wildfutter sind, sondern wir dazu kommen, dass wir eine angepasste Bejagung erreichen können. Ich denke, dass wir mit einer professionellen Bejagung unterstützen müssen, die auch im Sinne der Jäger und Jägerinnen sein sollte. Diesen Dialog wollen wir führen.

Zum Schluss noch die Holzstrategie. Das Cluster „Forst und Holz“ spielt bei uns im Land eine sehr große Rolle. Wem die Biodiversität egal ist, der sollte zumindest die wirtschaftliche Rolle unseres Waldes sehen; denn wir haben mit 51.000 Beschäftigten im Wald mehr Arbeitsplätze dezentral und im Mittelstand als im gesamten Kfz-Bereich. Das heißt, wer immer auf den Kfz-Bereich schaut, schaut in unserem Land sicherlich nicht in die richtige Richtung. Mit unserem Cluster „Forst und Holz“ haben wir riesige Wertschöpfungen in unserem Wald. Diese gilt es zu bewahren. Deswegen wollen wir auch hier die nachhaltige Nutzung von Holz weiter voranbringen, natürlich auch das Laubholz in den Blick nehmen.

Wir werden den Dialog mit den Waldbesitzern und -besitzerinnen fortsetzen, mit den Umweltverbänden, mit allen gesellschaftlichen Akteuren, um zu erreichen, dass einerseits im Bündnis für den Klimaschutz die Treibhausgase heruntergehen – das brauchen wir für den Wald – und andererseits alle Maßnahmen ergriffen werden können, die jetzt dazu beitragen, die Schäden zu minimieren und die Umbaumaßnahmen zu leisten, die für die Anpassungsfähigkeit des Waldes notwendig sind.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aufgrund der verlängerten Redezeit der Ministerin stehen Ihnen weitere 3 Minuten und 41 Sekunden zur Verfügung, also insgesamt 5 Minuten und 41 Sekunden für die zweite Runde. Es hat sich der Abgeordnete Hartenfels zu Wort gemeldet, dem ich das Wort erteile.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Michael Billen, in Deinen Ausführungen ist noch einmal deutlich geworden, wie eklatant die Unterschiede zwischen dem sind, was die CDU unter zukunftsfähiger Waldpolitik versteht, und dem, was wir von der Koalition und als Grüne unter zukunftsfähiger Waldpolitik verstehen. Ich möchte es an drei Botschaften, die Du gesetzt hast, noch einmal deutlich machen.

Die erste Botschaft ist, wir haben die 480 Millionen Euro vom Bund bekommen. Wir müssen jetzt nicht mehr vertieft über Waldpolitik nachdenken. Das hat sich doch erledigt, ein bisschen süffisant sogar in unsere Richtung, warum denn überhaupt noch einmal eine Aktuelle Debatte.

Das ist natürlich sehr kurz gesprungen, wenn man über Waldpolitik redet und wenn man die Nöte und die Sorgen ernst nimmt und sich die Schadbilder, die wir in unseren Wäldern haben, vor Augen führt. Deswegen habe ich die Beispiele bewusst aus dem Forst gebracht und keine grünen Belegstellen zu diesem Thema genutzt.

Wir wissen vielmehr anhand der ökonomischen Situation, dass wir in Zukunft nicht nur einen Feuerwehrtopf brauchen, sondern wir werden künftig deutlich weniger Erträge aus den Wäldern erwirtschaften. Das ist alles, was wir von den Prognosen her wissen. Das bedeutet, wir brauchen deutlich mehr öffentliche Mittel, die wir in den Wald pumpen. Das ist notwendig, und das halten wir Grüne auch für sinnvoll, weil die Not der Wälder eine existenzielle Frage für uns ist.

Deswegen sind wir auch der Ansicht, dass das Thema der Waldpolitik und der Zukunft unserer Wälder regelmäßig ins Plenum gehört, um die verschiedenen Facetten dieser Problematik diskutieren zu können. Es ist zu kurz gesprungen zu sagen, wir haben jetzt eine halbe Milliarde bekommen, jetzt können wir uns doch erst einmal gemütlich zurücklehnen, jetzt läuft die ganze Geschichte.

(Abg. Michael Billen, CDU: Das reicht auch nicht!)

Nein, so wird es nicht laufen. Wir brauchen zukünftig deutlich mehr öffentliche Mittel für unsere Wälder. Wenn wir diesen Weg gehen – wir müssen diesen Weg gehen –, dann muss man sich über die Verteilung und Kriterien dieser Verteilung, weil es öffentliche Mittel sind, Gedanken machen. Da unterscheiden wir uns auch sehr von Deinen Ausführungen.

Deine zweite Botschaft war, wir reden den Privatwaldbesitzern und den Kommunen auf keinen Fall herein, wenn wir dort öffentliche Mittel hineingeben. Sie sollen einmal

schön selbst schauen, was sie für ihren Wald als richtig erachten. Auch das ist für uns die falsche Stoßrichtung. Wir müssen als Gesellschaft gemeinsam überlegen, wie wir die Wälder zukünftig begründen, nach welchen Kriterien wir Nachhaltigkeit entwickeln wollen und wie wir unsere Wälder auch klimafest machen oder zumindest dem Klimawandel begegnen wollen.

Das müssen wir gemeinsam als Gesellschaft benennen. Deswegen gab es diese Walderklärung schon vor der Sommerpause, bei der sich unsere Ministerin mit den Akteuren, die im Wald zu tun haben, zusammengesetzt hat. Sie haben gemeinsam Kriterien entwickelt. Das ist genau der Weg, der gegangen werden muss. Deswegen ist die zweite Botschaft von Dir auch falsch, zu sagen, da hält sich der Staat völlig heraus. Wir geben zwar die finanziellen Mittel, aber ansonsten lassen wir die Waldbesitzer mal machen, wie sie es wollen.

Dann komme ich zur dritten Botschaft. Das ist wieder sehr typisch für Michael Billen. Du bringst ein Beispiel aus Deinem Wald. Der Tellerrand von Michael Billen.

(Abg. Michael Billen, CDU: Aber das Beispiel aus Deinem Wald kannst Du nicht bringen!)

Dann wird hier noch einmal gesagt, na ja, die Buchen und die Eichen haben in meiner Waldparzelle noch keine Probleme, und es sind auch nur wenige Fichten betroffen. Das sind die Botschaften, die ein Michael Billen mit seinem Tellerrand nach dem Motto bedient: So im Großen und Ganzen ist das alles in Ordnung. Wenn ich jetzt noch einen kleinen finanziellen Ausgleich bekomme, dann wird das zumindest meine Waldpartie schon hinkommen.

Das ist hoffentlich nur die Ansicht von Michael Billen. Ich hoffe nicht, dass es die Ansicht der CDU-Landtagsfraktion zum Thema „Wald“ und zu dem ist, was wir an Herausforderungen zu bewältigen haben. Da brauchen wir deutlich mehr. Da müssen wir darüber nachdenken, welche Baumarten künftig noch klimafest sind.

Dass die Fichte uns wegbricht, dass wir sie im Prinzip schon fast gar nicht mehr anpflanzen müssen, hat sich herumgesprochen. Aber wir müssen auch darüber nachdenken, was wir tatsächlich machen, wenn uns die Eiche wegbricht. Was machen wir, wenn uns sogar die Buche als die Hauptleitbaumart im gesamteuropäischen Raum wegbricht? Dann müssen wir über andere Baumarten nachdenken.

Das ist natürlich noch sehr viel Zukunftsmusik, aber wir müssen heute anfangen, diese zu diskutieren. Wir müssen sehr ernsthaft diskutieren. Dafür müssen wir uns Zeit nehmen. Da dürfen wir unsere Forstwirtschaft nicht im Regen stehen lassen oder in der Trockenheit im wahrsten Sinne des Wortes, die wir im Moment zu beklagen haben, sondern dann müssen wir hier im Parlament die Debatten führen, was die Zukunftsperspektiven sind, die wir entwickeln müssen.

Ich möchte noch einen abschließenden Satz vor dem Hintergrund sagen, dass wir nachher noch eine Klimadebatte bekommen werden. Wir müssen uns überhaupt keine Ge

danken mehr machen, wenn es uns nicht gelingt, endlich die Energiewende zum Laufen zu bringen und tatsächlich dafür zu sorgen, dass wir uns von den fossilen Brennstoffen verabschieden. Wenn uns das nicht in den nächsten 10 bis 15 Jahren gelingt, dann brauchen wir uns über waldbauliche Maßnahmen für unsere Jugend keine Gedanken mehr zu machen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Für die SPD-Fraktion spricht noch einmal der Abgeordnete Nico Steinbach.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zunächst einmal, einen Hinweis auf die öffentlichen Diskussionen rund um den Wald und auf die teilweise Polemik und falschen Behauptungen in der Debatte zu geben, die aufgestellt werden. Das ist in erster Linie auch an die AfD adressiert, die regelmäßig Zweifel am menschengemachten Klimawandel sät

(Abg. Joachim Paul, AfD: Demokratie ist die Staatsform des Zweifels!)

und damit einen Rechtfertigungsgrund für Passivität und Gleichgültigkeit liefert. Das haben wir gerade in dem Redebeitrag noch einmal erlebt. Das kann keine zukunftsgerichtete und nachhaltige Forstpolitik für unser Land sein.

In meinen ersten Ausführungen hatte ich schon erwähnt, wie unser Land Ende des 18. Jahrhunderts in der Forstwirtschaft ausgesehen hat. Deswegen reicht es nicht zu meinen, der Wald würde, wenn man ihn nur sich selbst überlassen würde, schön werden, und am besten würde man die Nutzung einstellen. Auch das ist eine Mär, die so nicht stehenbleiben kann.

(Abg. Michael Billen, CDU: Wer hat denn den Nationalpark eingerichtet?)

Mir geht es nun aber darum, mit voller Leidenschaft nach vorne zu schauen und anzupacken und nicht nur darüber zu reden, was man machen könnte. Gott sei Dank sind wir schon lange, und zwar viele Monate, Jahre und Jahrzehnte, wie ich es schon beschrieben habe, unterwegs. Aber aktuell geht es darum, das Personalkonzept Landesforsten 2020 – auch das ist angesprochen worden – noch einmal zu überprüfen.

Ich freue mich sehr, dass alle Referendare, alle Forstassessoren und Forstassessorinnen in den Landesdienst übernommen werden können, dass der Nachwuchs entsprechend in die Forstämter gebracht wird und wir insbesondere unser Augenmerk auf die Personalausstattung bei den Forstwirten legen; denn die Aufarbeitung von Schadholz und insbesondere die Wiederaufforstung und im Anschluss die intensive Pflege der Kulturen lassen sich nicht vom Rednerpult oder vom Schreibtisch aus dirigieren, sondern werden viele Jahre Arbeit in den Revieren erfordern.

Ich freue mich auch sehr über die Ankündigung der Landesregierung, was die Reduzierung der Revierkosten für die Kommunen angeht. Das ist praktische Hilfe; denn wir wissen, dass insbesondere viele kommunale Forstbetriebe – als Schwerpunkt nenne ich einmal stellvertretend den Westerwald – viele Jahre negative Forstergebnisse einfahren werden. Da ist es für die kommunalen Haushalte eine wirklich praktische Unterstützung.