Natürlich werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass die Straßenausbaubeiträge abgeschafft werden. Wir hoffen, dass sich die FDP endlich ehrlich macht, zum Wohle der Bürger dem Willen ihrer Parteibasis folgt und zusammen mit uns den Straßenausbaubeiträgen ein Ende macht. Sie hätten heute dazu die Gelegenheit.
Meine Damen und Herren, die Abschaffung der international fast einmaligen Straßenausbaubeiträge ist überfällig.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Kaum habe ich Herrn Schnieder gelobt, da wird er unsachlich und verunglimpft die FDP.
Herr Schnieder, schauen Sie einmal in den Koalitionsvertrag. Darin steht auf Seite 137: Wir vereinbaren, dass „nicht mit wechselnden Mehrheiten abgestimmt wird. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind“.
Das ist in Koalitionsverträgen durchaus üblich. Da Sie schon seit 30 Jahren keine Koalitionsverträge mehr in diesem Land machen, haben Sie das wahrscheinlich übersehen.
Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der CDUFraktion war Gegenstand einer Anhörung im Juni dieses Jahres. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und mich noch einmal herzlich bei den Experten bedanken. Wir haben durch sie einen fachlich fundierten Überblick über die Straßenausbaubeiträge aus historischer, rechtswissenschaftlicher und finanzwissenschaftlicher Sicht erhalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Debatte um die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge wird in fast allen Ländern geführt. Dabei gibt es, wie in Rheinland-Pfalz, Kontroversen über Parteigrenzen hinweg. So hat auch meine Partei einen Beschluss gefasst – darüber freut sich immer die CDU –, die jetzige Form der Straßenausbaubeiträge abzuschaffen.
In Bayern hat beispielsweise die CSU die Beiträge abgeschafft, Jamaika in Schleswig-Holstein hält noch an den Beiträgen fest, und in Sachsen-Anhalt – jetzt hören Sie gut zu – ist die Abschaffung gerade an den Stimmen der dortigen CDU-Fraktion gescheitert.
Meine Damen und Herren, das heißt, an dieser Gemengelage wird deutlich, dass uns eine oberflächliche Betrachtung in der Debatte nicht weiterhilft. Vielmehr sollten wir uns mit der Thematik der Abschaffung der Ausbaubeiträge sachlich auseinandersetzen.
Dabei muss insbesondere dort über Korrekturen nachgedacht werden, wo Bürgerinnen und Bürger durch einmalige Beträge in besonders hohem Maße belastet werden. Nur
Grundsätzlich heißt das, eine Abschaffung kann nur nach einer gründlichen und gewissenhaften Prüfung erfolgen. Im Schnellverfahren, wie Sie das vorhaben, eine lang durchgeführte Praxis aufzubrechen, ist bei einer so wichtigen und bedeutungsvollen Aufgabe wie die künftige Sicherstellung der Investitionen für eine moderne kommunale Straßeninfrastruktur kein vernünftiger Lösungsweg,
lieber Herr Schnieder; denn zur Wahrheit gehört auch, dass Ihr Gesetzesvorschlag alle Bürgerinnen und Bürger über Steuern belastet und nicht nur die direkten Nutzer der zu finanzierenden Straßen.
Meine Damen und Herren, dabei ist für uns die wichtigste Frage, mit welchen Kosten für das Land bei einer Abschaffung zu rechnen ist und wie dann eine Gegenfinanzierung zu erfolgen hat.
Meine Damen und Herren, für mich bleiben die Kosten das Hauptproblem, das sich auch durch die Expertenanhörung nicht aufgelöst hat. Bei den zu erwartenden Kosten gibt es eine große Spannbreite von 50 Millionen Euro auf der einen Seite bis zu 600 Millionen Euro auf der anderen Seite. Das heißt für uns als FDP-Fraktion, eine Kostenschätzung ist derzeit für Rheinland-Pfalz seriös einfach noch nicht möglich.
Vor diesem Hintergrund halten wir auch Ihre Kostenschätzung, verehrte Kollegen von der CDU, von 75 Millionen Euro, die zum Beispiel Baukostensteigerungen oder einen vorhandenen Sanierungsstau nicht berücksichtigt, für genauso fraglich wie die der AfD-Fraktion, die mit 50 Millionen Euro spekuliert.
Meine Damen und Herren, daraus schlussfolgernd können wir den Gesetzentwurf nicht unterstützen, da die für uns ebenfalls wesentliche Frage der Gegenfinanzierung deshalb nicht beantwortet wird bzw. überhaupt nicht beantwortet werden kann.
Die Abschaffung der einmaligen und wiederkehrenden Beiträge erfordert eine solide Gegenfinanzierung, die eben nicht umsonst zu haben ist. Der pauschale Vorschlag von Ihnen, einen Betrag von 75 Millionen Euro über den Nachtragshaushalt für das Jahr 2020 bereitzustellen,
Diesem hastig erstellten Gesetzentwurf fehlt es an Gründlichkeit. Ich sage noch folgenden Satz: Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier ein nicht zu Ende gedachter politischer Wettbewerb die Feder geführt hat.
Meine Damen und Herren, auf einer solchen Grundlage sollte ein Parlament aber keine solch weitreichenden Beschlüsse fassen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir beraten heute in zweiter Lesung den Gesetzentwurf der CDU zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge.
Vorangegangen ist eine intensive Anhörung im federführenden Innenausschuss. Aus grüner Sicht kann ich sagen, wenn ich die Stellungnahmen der Anzuhörenden noch einmal Revue passieren lasse, insbesondere die Stellungnahmen aus der kommunalen Praxis, dann sehen wir uns in unserer ablehnenden Haltung zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge eindeutig bestätigt. Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ist aus unserer Sicht nicht notwendig. Deshalb lehnen wir den vorliegenden Gesetzentwurf der CDU ab.
Wir scheuen auch nicht die Diskussion. Herr Schnieder hat schon das Szenario der Landtagswahl angesprochen. Zu diesem Punkt können wir gut argumentieren. Wir haben eine kommunale Praxis, auf die wir verweisen können. Für uns ist die kommunale Selbstverwaltung an dieser Stelle ein hohes Gut. Es gibt die Möglichkeit der wiederkehrenden Beiträge. Das macht Sinn, was auch durch die Anhörung bestätigt wurde.
Als Grüne wissen wir auch – wir bekommen natürlich auch Zuschriften –, dass einmalige hohe Summen Bürgerinnen und Bürger sehr belasten können. Das ist klar, aber es gibt die Möglichkeit, in der Kommune den Weg zu gehen, durch wiederkehrende Beiträge so etwas zu vermeiden.
In der Anhörung haben wir durch den Finanzdezernenten Günter Beck an einem Beispiel für die Stadt Mainz gehört, dass bei 500 m² und zwei Stockwerken auf den Hausbesitzer jährlich 58 Euro zukommen. Davon wird niemand arm. 58 Euro pro Jahr für einen Hausbesitzer mit 500 m² und zwei Stockwerken als wiederkehrende Beiträge kann man gut einführen. Wir sehen nicht, weshalb wir dieses bewährte System einfach über Bord werfen sollen.
Ein wesentlicher Kritikpunkt an dem Gesetzentwurf ist die Finanzierung. Darüber wurde bereits diskutiert. Sie haben die Berechnung des Gemeinde- und Städtebunds in das Reich der Märchen verwiesen, Herr Kollege Schnieder. Nichtsdestotrotz kommen wir nicht daran vorbei, dass dieser dreistellige Millionenbetrag im Raum steht und die unklare Summe, die dahintersteht, nicht dazu führen kann, dass wir einfach sagen: Ja, die Abschaffung ist ein guter Move. – Nein, die Höhe der Summe ist nicht belegt.
Der Gemeinde- und Städtebund hat meines Erachtens eine sehr plausible Berechnung an den Tag gelegt, aber selbst wenn man Ihrer Berechnung folgt, steht die Finanzierung, die Sie im Gesetzentwurf vorgeschlagen haben, auf tönernen Füßen, weil Sie einfach aus der globalen Mehrausgabe für das Personal, also aus den Personalverstärkungsmitteln, diese 75 Millionen Euro gezogen haben. Das ist weder eine seriöse Kalkulation noch eine seriöse Gegenfinanzierung. Deshalb können wir auch bei der Finanzierung Ihrem Gesetzesvorschlag nicht folgen.
Damit ist ebenfalls eine Prioritätensetzung beim Haushalt verbunden. Wenn Sie sagen, Sie wollen eine solche Summe zur Abschaffung eines bewährten Systems vor Ort in die Hand nehmen, dann muss man sich fragen, ob das wirklich die richtige Prioritätensetzung bei der Verausgabung unserer Haushaltsmittel ist.
Da komme ich ganz klar zu dem Schluss: Nein, das wäre niemals unsere Prioritätensetzung. Wir stehen als Land vor so vielen Herausforderungen. Ich nenne die Verkehrswende und die Bildungslandschaft in Rheinland-Pfalz, in die diese Summen sehr viel besser investiert sind.
Wir hören immer wieder Vorschläge von der Opposition zum Beispiel zu Lehrkräften, zu Polizistinnen und Polizisten oder was sonst noch an Forderungen kommt, die mit Finanzen zu unterlegen sind. Dann sollen auch noch die Straßenausbaubeiträge abgeschafft werden. Ich finde, das ist alles nicht seriös. Fordern kann man viel, aber man muss es auch seriös unterlegen. Das machen Sie einfach nicht an dieser Stelle.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Es wurden Vorschläge gemacht!)