Protocol of the Session on May 16, 2019

(Vereinzelt Beifall im Hause)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Abgeordneten Hartenfels das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ging mir ein bisschen ähnlich wie Alexander Schweitzer: Beim Lesen des Antrags habe ich mich gefragt, was er mit der Realität in Rheinland-Pfalz zu tun hat. Ich will gern versuchen, aus meiner Sicht zu erklären, warum diese Form des Antrags mit der Realität in Rheinland-Pfalz nun wirklich nichts zu tun hat.

Ich glaube, es ist allgemein bekannt, wir Grüne machen uns für eine vielfältige Friedensaufklärung und Beschäfti

gung mit dem Thema „Frieden“ stark. Es verwundert vielleicht auch nicht, wir sind schließlich ein Stück weit aus der Friedensbewegung entstanden. Zu den damaligen Zeiten waren noch Ost und West bis an die Zähne hoch gerüstet und bewaffnet. Cruise-Missiles- und Pershing II-Debatten: Der eine oder andere wird sich daran vielleicht noch erinnern.

Es hat viele, viele Menschen und insbesondere junge Menschen umgetrieben. Gott sei Dank gab es einen Gorbatschow, der wesentlichen Anteil daran hatte, dass da etwas in Bewegung gekommen ist.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Nachdem Helmut Schmidt die Nachrüstung durchgesetzt hatte!)

Insofern wird von uns eine vielfältige Information über Frieden ausdrücklich begrüßt und gehört Friedensbildung in die Schulen: für uns Grüne zuallererst in den regulären Unterricht, den Sozialkundeunterricht. Das wurde schon angesprochen. Hier wird man über das informiert und aufgeklärt, was Herr Junge angesprochen hat: Wie funktioniert das Ringen um möglichst viel Frieden und das Vermeiden von militärischen Auseinandersetzungen in unserer Weltgemeinschaft? Da gibt es keinen Königsweg.

Wir scheitern manchmal mit zivilen Projekten, um Frieden zu sichern. Wir scheitern mit militärischen Interventionen, um Frieden zu sichern. Also es gibt keinen Königsweg, aber es ist wichtig, dass man sich darüber informiert und sich damit auseinandersetzt, auch gerade als junger Mensch. So habe ich meine Erinnerungen aus meinem Sozialkundeunterricht, dass wir uns damit ausgiebig beschäftigt haben.

Mich hat es damals dazu veranlasst, mich mit sozialer Verteidigung zu beschäftigen. In den damaligen noch Ostblockstaaten hat die Bevölkerung in den 50er-Jahren ein Stück weit sozialen Widerstand geleistet. Wie das endete, weiß noch der eine oder andere.

Die Beschäftigung in der Schule mit dem Thema hat mich tatsächlich als junger Mensch dazu gebracht, sich damit intensiv auseinanderzusetzen. Wie gesagt, es gehört für mich in den regulären Unterricht. Wir haben in RheinlandPfalz den Weg der Kooperationsvereinbarung gewählt. Ich nehme an, die Ministerin wird dazu noch einmal etwas sagen. Auch das wird von uns überhaupt nicht infrage gestellt.

Das funktioniert aus meiner Sicht gut, sowohl was die Jugendoffiziere der Bundeswehr als auch zum Beispiel das Friedensnetzwerk betrifft, das eingeladen werden kann, um genau das, was meine Kollegen schon gesagt haben, eine ausgewogene Beschäftigung mit diesem Thema, sicherzustellen. Das ist der Bildungsauftrag, den wir haben.

Insofern kann ich aus Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sagen, wir verstehen den Antrag, der von der CDU-Fraktion vorgelegt worden ist, nicht. Er hat eigentlich mit dem, was wir in Rheinland-Pfalz aus guten Gründen sehr gut und ohne Probleme praktizieren, nichts zu tun.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Ich möchte noch einen Gedanken aufgreifen, der vielleicht deutlich macht, dass wir leider relativ schnell in ideologische Auseinandersetzungen rutschen. Ich habe gesagt, vielfältige Friedensbildung ist uns wichtig. Ich möchte daran erinnern, uns ist es gelungen, in der Koalition im Jahr 2014 die Friedensakademie ins Leben zu rufen, um diese Vielfalt zu gewährleisten: auch in der Zivilgesellschaft, weil es viele Menschen umtreibt, weil es keine Königswege gibt und weil wir gut beraten sind, uns weiter dort fortzubilden und zu schauen, wie wir mit möglichst friedlichen Mitteln Konflikte lösen können.

Ich kann mich noch gut erinnern, die Friedensakademie ist gerade aus Kreisen der CDU nach dem Motto „Das brauchen wir doch überhaupt nicht, und was soll diese Friedensakademie“ massivst bekämpft worden. Diese Diskussion wurde sehr ideologisch aufgeladen.

(Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU: Überhaupt nicht!)

Das bedauere ich als Grüner zutiefst. Ich finde, das ist völlig unnötig und überflüssig gewesen. Die Friedensbewegung hat im fünften Jahr bewiesen, wie gut sie im Land Rheinland-Pfalz angekommen ist und welche wertvolle Arbeit sie in der Zivilgesellschaft, auch parteiübergreifend und regionsübergreifend, genießt.

Insofern lassen Sie uns bitte keine ideologischen Schlachten führen. Wir sollten uns bei dem Thema „Krieg und Frieden“ immer wieder stark dafür einsetzen, wie wir den Frieden in der Welt sichern können und wie wir das möglichst mit friedlichen Mitteln erreichen können. Das ist unser Auftrag, und das sollte auch die Richtlinie unseres Handelns sein.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP)

Für die Landesregierung spricht Staatsministerin Dr. Hubig.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 30. Januar diesen Jahres habe ich in meiner Regierungserklärung „Demokratie macht Schule: RheinlandPfalz stärkt Demokratiebildung, Erinnerungskultur und europäisches Miteinander“ deutlich gemacht, dass und wie die Landesregierung die Demokratiebildung an Schulen stärken wird.

Wir erreichen dies unter anderem durch mehr Sozialkunde bzw. politische Bildung in Gesellschaftslehre im Fachunterricht, durch Investitionen in mehr Servicestellen zur Unterstützung der Schulen, unter anderem im Pädagogischen Landesinstitut und dem Europahaus Marienberg sowie mit

einem ganzen Bündel an Maßnahmen, die ich damals erwähnt habe.

Die Angebote der außerschulischen Partner sind dabei besonders sinnvoll. Diese Zusammenarbeit im Sinne einer Öffnung der Schule ist uns wichtig und wird von den Schulen als große Bereicherung ihrer Arbeit wahrgenommen. Da wir den Anspruch haben, diese Zusammenarbeit möglichst vielfältig zu gestalten, kooperieren wir mit den unterschiedlichsten Partnern. Dieses breite Angebot trägt zur Mündigkeit von Schülerinnen und Schülern bei, um selbstbestimmt und eigenständig eine Meinung zu entwickeln.

Kooperationspartner sind beispielsweise die Gedenkstätte Yad Vashem, die Bethe-Stiftung, die Sportjugend Rheinland-Pfalz, das Netzwerk für Demokratie und Courage und das Netzwerk Friedensbildung, bei dem das Wissen um nichtmilitärische Konfliktlösungsmöglichkeiten im Mittelpunkt steht. Auch die Bundeswehr mit ihren Jugendoffizieren gehört zu diesen wichtigen Partnern, die einen Beitrag zur historisch-politischen Bildung leisten.

Um diese Partnerschaft zu festigen, wurde am 25. Februar 2010 vom damaligen Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur Rheinland-Pfalz die bereits mehrfach erwähnte Kooperationsvereinbarung mit dem damaligen Wehrbereichskommando II der Bundeswehr über die Einbindung von Jugendoffizieren im Rahmen der politischen Bildung in den schulischen Unterricht unterzeichnet.

Die Jugendoffiziere wirken auf dieser Grundlage in den Schulen in unterschiedlicher Weise an der politischen Bildung mit. Dazu gehören Vorträge und Podiumsdiskussionen, Seminare für Schülerinnen und Schüler oder die Durchführung der Simulation POL&IS, ein Planspiel zu Politik und internationaler Sicherheit, das ab Klassenstufe 10 angeboten wird. Ziel des Planspiels ist, das Verständnis der Bedingungen politischer Entscheidungsfindung in internationalen Konflikten zu vermitteln. Die Einsätze vereinbaren die Jugendoffiziere bilateral mit den Schulen. Diese Einsätze finden entsprechend statt, und es gibt keinerlei Einflussnahme auf die Schulen.

Zu dem, was der Abgeordnete Frisch erwähnt hat, also diese Unterstellung, so wie das üblich ist – leider hört er gerade im Moment nicht zu –, ist zu sagen, es hat keinerlei Auswirkungen auf die eigenständige Entscheidung der Schulen. Die Schulen entscheiden, wie sie das für richtig halten und wie es in das Konzept des Unterrichts passt.

Die Werbung für den Soldatenberuf ist dabei nicht zulässig. Das ist den Jugendoffizieren schon aus deren Selbstverständnis heraus untersagt.

Die Landesregierung bewertet den Einsatz der Jugendoffiziere als einen sinnvollen Beitrag zur historisch-politischen Bildung und sieht daher keinen Handlungsbedarf, an der bestehenden Praxis etwas zu ändern. Wir stehen ganz klar zu der bewährten Kooperation in Rheinland-Pfalz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Rheinland-Pfalz ist traditionell ein Bundesland mit großer Militärpräsenz. Viele Menschen sind mit ihrer Bundeswehr und den Stationierungsstreitkräften aufgewachsen. Die Landesregierung

vermittelt ihre Wertschätzung und Unterstützung durch regelmäßige Einladungen der Vertreter der Streitkräfte zu Veranstaltungen oder zu Gesprächen. So lädt die Landesregierung die Bundeswehr beispielsweise jedes Jahr ein, sich am Rheinland-Pfalz-Tag der Bevölkerung vorzustellen. Auch dies ist übrigens Ausdruck der Verbundenheit des Landes mit der Bundeswehr.

Nicht nur für den schulischen, sondern eben auch für den gesamten Bereich der Zusammenarbeit ist also festzuhalten, dass die Aktivitäten der Landesregierung, um die Bundeswehr in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken, und ihre Kooperation mit der Bundeswehr vielfältig sind. Sie funktionieren hervorragend, und das soll und wird auch so bleiben.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag. Oder wird Ausschussüberweisung beantragt?

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wir stimmen ab!)

Wir stimmen dann direkt über die beiden Anträge ab. Zunächst stimmen wir über den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/8998 – ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktionen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/9222 –. Wer dem Alternativantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Für Stimmenthaltungen kein Raum.

(Zurufe aus dem Hause)

Es gibt doch Enthaltungen. Ich halte noch einmal fest, es gibt Gegenstimmen der Fraktion der CDU. Dies war nicht eindeutig zu erkennen.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Herr Schweitzer hat uns abgelenkt!)

Die AfD-Fraktion hat sich enthalten. Ist das richtig so? – Danke schön. Damit ist der Alternativantrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der Fraktion der AfD angenommen.

Vielen Dank.

Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:

Rheinland-Pfalz in Europa – Europa in Rheinland-Pfalz

Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksachen 17/8535/9012/9136 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Die Koalition hat sich darauf verständigt, dass der Abgeordnete Hartenfels für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beginnt. Herr Abgeordneter Hartenfels, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Rheinland-Pfalz in Europa – Europa in RheinlandPfalz. In Anlehnung an den vorherigen Tagesordnungspunkt passt es eigentlich ganz schön. Europa ist eines der gelungensten Friedensprojekte seiner Zeit, das es zu hegen und zu pflegen gilt und das es zum Beispiel meiner Generation in meiner Familie als einer der ersten Generationen das Geschenk machte, bisher ohne Krieg leben zu dürfen. Das ist europäisch betrachtet leider immer noch eine Seltenheit. Umso schöner ist es, dass es seit sieben Jahrzehnten erfolgreich funktioniert.