Protocol of the Session on March 28, 2019

Sie dürfen beginnen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die ausstehende Novelle des Kindertagesstättengesetzes führt zu massiver Verunsicherung und drohendem Qualitätsverlust.

„Kommunen beim Ausbau der Kindertagesstätten nicht alleinlassen – Landesförderung muss dauerhaft gesichert werden“, „Kinder fördern, Eltern unterstützen, Erzieherinnen entlasten – Notwendige Änderungen im Entwurf des neuen Kindertagesstättengesetzes“ und „Geplante Änderungen an der Kita-Novelle zementieren Verschlechterungen in den Kindertagesstätten für Eltern, Kinder und Erzieherinnen“: Kommt Ihnen das alles irgendwie bekannt vor? Verwunderlich wäre es nicht; denn zum sage und schreibe vierten Mal innerhalb von nur acht Wochen hat die CDU-Fraktion den Referentenentwurf der Landesregierung zur geplanten Kita-Novelle unter verschiedenen, durchaus kreativen Überschriften auf die Tagesordnung dieses Hauses gesetzt.

Zum vierten Mal innerhalb von acht Wochen sollen wir heute über ein vorläufiges Papier reden, das sich nach wie vor in einer regierungsinternen Überarbeitung befindet. Zum vierten Mal innerhalb von acht Wochen sollen wir über Inhalte diskutieren, die inzwischen allen Anwesenden und im Übrigen der Öffentlichkeit und den Bürgern unseres Landes hinlänglich bekannt sind.

Das alles erinnert mich an den alten Pastorenwitz, in dem die Pfarrhaushälterin ihren Chef beim Sonntagsfrühstück fragt, was sie denn herauslegen solle. Die Antwort des Pfarrers lautet dabei immer gleich: das Hemd von gestern und die Predigt vom letzten Jahr.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das war ein echter Schenkelklopfer!)

Ähnliches spielt sich seit einigen Wochen offensichtlich in der CDU-Fraktion ab: Was nehmen wir denn für die Aktuelle Debatte morgen? – Antwort: den Referentenentwurf zur Kita und die Rede vom letzten Mal.

(Beifall der AfD)

Nun wäre eine solche Strategie noch verständlich, wenn sich am belastbaren Sach- und Kenntnisstand irgendetwas geändert hätte. Aber das ist mitnichten der Fall. Um das zu kaschieren, zaubern Sie allen Ernstes ein internes Papier des Gemeinde- und Städtebunds aus dem Hut, das Medienberichten zufolge neue Eckpunkte aus dem geplanten Gesetzesentwurf von Ministerin Dr. Hubig enthalten soll.

Meine Damen und Herren, dieses Dokument ist jedoch weder öffentlich noch frei zugänglich. Demnach handelt es sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt um Exklusivinformationen, welche vielleicht der CDU-Fraktion vorliegen mögen, nicht aber der Gesamtheit der Mitglieder dieses Parlaments. Nicht einmal die Ministerin selbst wollte die Inhalte dieses Papiers bislang näher kommentieren. Auch die in der Presseinformation der CDU-Fraktion genannten Fakten sind entweder nicht neu oder nicht nachprüfbar. Gleiches gilt für die gestern veröffentlichte Erklärung des Gemeinde- und Städtebunds.

Auf einer solchen intransparenten Grundlage eine Aktuelle Debatte führen zu wollen, ist unserer Meinung nach nicht nur unseriös, sondern widerspricht auch den Gepflogenheiten dieses Hauses und den Grundsätzen einer vernünftigen parlamentarischen Arbeit.

(Beifall der AfD)

Aber der CDU-Fraktion ist anscheinend jedes Mittel recht, um sich im Vorfeld der Kommunalwahl als Gralshüter einer guten Kinderbetreuung aufzuspielen

(Zurufe von SPD und CDU)

und bei den zu Recht besorgten Eltern und Erziehern Pluspunkte zu sammeln. Wenn es mir nicht zuwider wäre, mir die von Ihnen immer wieder verwendete Definition des Wortes Populismus zu eigen zu machen, dann würde ich von einem eindeutig populistischen Vorstoß sprechen.

(Beifall der AfD)

Meine Damen und Herren, als AfD-Fraktion stellen wir uns jederzeit einer sachorientierten Debatte, wenn sie erstens einen wirklichen politischen Mehrwert bringt und zweitens unter fairen Bedingungen stattfindet. Beides ist hier und heute nicht der Fall.

(Zuruf der Abg. Simone Huth-Haage, CDU)

Deshalb werde ich mich zur inhaltlichen Diskussion an dieser Stelle nicht noch einmal äußern, nachdem bereits mehrfach alles zum jetzigen Zeitpunkt Notwendige gesagt worden ist.

Wir sind sicherlich genauso kritisch gegenüber der KitaPolitik der Landesregierung wie Sie von der CDU. Auch wir befürchten in der Tat, dass Ministerin Dr. Hubig für ihre Kita-Pläne eine noch schlechtere Note bekommen wird als die vier, die sie unlängst und im Übrigen vollkommen zu Recht von den Schulleitern dieses Landes erhalten hat.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Das ist schon schlecht!)

Aber es ergibt schlicht und ergreifend keinen Sinn, zum vierten Mal binnen acht Wochen über ungelegte Eier der Landesregierung zu diskutieren. Vor allem jedoch erweisen Sie mit Ihrem hektischen Aktionismus und Ihrem offensichtlich wahltaktischen Kalkül diesem wichtigen Anliegen einen Bärendienst, weil die Kita-Debatte in der Öffentlichkeit mittlerweile nicht mehr als ernsthaftes Bemühen um das Wohl unserer Kinder, sondern als parteipolitisch motivierte Auseinandersetzung wahrgenommen wird. Was wir eben sowohl vonseiten der CDU als auch der SPD gehört haben, hat diesen Eindruck bestätigt. Meine Damen und Herren, das war in Teilen wirklich peinlich.

(Beifall der AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns doch abwarten, bis die angekündigte Überarbeitung des Referentenentwurfs vorliegt. Dann, und erst dann, ist der Zeitpunkt gekommen, sich an dieser Stelle kritisch damit auseinanderzusetzen.

(Glocke der Präsidentin)

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile,

(Unruhe im Hause)

bitte ich um Aufmerksamkeit, weil wir Besucherinnen und Besucher begrüßen wollen. Ich freue mich, dass die Teilnehmerinnen am Girls’Day der SPD-Fraktion bei uns sind. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Wir freuen uns über Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe der Albert-Schweitzer-Realschule plus Mayen. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen!

(Beifall im Hause)

Für die FDP-Fraktion spricht die Kollegin Helga Lerch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die KitaNovelle liegt nicht final auf dem Tisch. Sie liegt uns nicht vor. Ich möchte deshalb in meinem Redebeitrag auf einen Aspekt, der meiner Fraktion am Herzen liegt, besonders hinweisen. Wie sehen die entwicklungspsychologischen Grundlagen in der frühen Kindheit aus, und welche pädagogischen Konsequenzen lassen sich daraus für die Arbeit in Kindertagesstätten ableiten? Ohne diese Kenntnisse, die auch wir als Politiker brauchen, wenn wir letztendlich entscheiden, läuft jede Kita-Novelle Gefahr, an der Realität vorbeizuführen.

Damit die Anlagen und Begabungen des Kleinkinds zur Entfaltung kommen, braucht es Unterstützung. Hartmut Kasten, ein Wissenschaftler, der sich auf diesem Gebiet hervorgetan hat, schreibt dazu: „Bleibt diese (Unterstüt- zung) aus, verkümmern seine Talente, im Extremfall entwickeln sie sich gar nicht.“

(Abg. Alexander Licht, CDU: Zweijährige sind anders als Sechsjährige!)

Der motorische Entwicklungsfortschritt findet statt, ohne dass es dafür einer besonderen Unterstützung durch Erwachsene bedarf. Krabbeln, aufstehen, hinfallen, aufrichten, sitzen, sich auf die Seite rollen usw. schafft das Kleinkind ohne Kraftanstrengungen.

Ganz anders verhält es sich allerdings mit dem emotionalen und sozialkognitiven Bereich. Kasten schreibt dazu: Diese Bereiche „bedürfen zwingend des Dialogs und der Anregung von Seiten der Bezugspersonen des Kleinkindes.“

(Abg. Alexander Licht, CDU: Sehr gut!)

Gleiches gilt für die Entwicklung der Sprache. Im zweiten Lebensjahr bilden sich bereits individuelle Neigungen heraus, die sich dadurch zeigen, dass das Kleinkind sich selbst Beschäftigungsbereiche sucht.

Zu diesem Lebenszeitpunkt muss das Kleinkind noch gewickelt werden. Das möchte ich deutlich hervorheben. Das ist ein sehr persönlicher Vorgang für die Erzieherin und auch für das Kind.

(Beifall bei FDP und CDU)

Was heißt dies nun für die Qualität, Bildung und Betreuung von Zweijährigen in Kitas?

Es gibt nach Meinung von Entwicklungspsychologen Risiken der außerfamiliären Betreuung, zum Beispiel wenn der Kitaplatz oft gewechselt werden muss

(Abg. Michael Frisch, AfD: Sehr richtig!)

oder es dem Kleinkind nicht gelingt, Vertrauen in eine konstante pädagogische Fachkraft aufzubauen.

(Beifall der Abg. Anke Beilstein, CDU – Abg. Christian Baldauf, CDU: Da spricht eine wirkliche Bildungsministerin! Die weiß, von was sie spricht!)

Die Forderung nach einer festen Bindung in der Kita, die Forderung nach kommunikativer und sprachlicher Zuwendung sind unabdingbar für die gute Entwicklung des Kindes. Ich bezweifle nicht, dass diese Thematik breiten Raum in der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher einnimmt, und ich bezweifle auch nicht, dass mit Elan und großer Liebe zum Kind die Arbeit der Erzieherinnen stattfindet.

Was heißt das nun für die neue Kita-Novelle

(Abg. Alexander Licht, CDU: Ja, genau? Was?)