Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke der Landesregierung für die vielen Initiativen, und ich weiß, dass Ministerpräsidentin Dreyer den Bundesverkehrsminister angeschrieben und auch einen Termin mit Herrn Scheuer vereinbart hat. Es ist endlich notwendig, dass Herr Scheuer versteht, hier muss gehandelt werden. Wenn er nicht sofort anfängt zu handeln, sorgt er dafür, dass dieses Tal immer mehr zugrunde geht, die Kultur dort zugrunde geht und die Menschen leiden wie ein Hund.
(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie der Kollege Hüttner bin ich am Mittelrhein geboren, bin dort aufgewachsen und wohne und lebe immer noch dort. Insofern, glaube ich, sind der Kollege Hüttner und ich in der Lage, über die Situation am Mittelrhein authentisch zu reden, so wie im Übrigen zum Beispiel auch der Kollege Lewentz von der anderen Rheinseite.
Aber ernsthaft, meine sehr geehrten Damen und Herren! SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bringen den Antrag „Mittelrheintal von Lärm entlasten, alternative Güterverkehrsstrecke realisieren, Lärmschutzmaßnahmen voranbringen“ gemeinsam ein. Allein diese Gemeinsamkeit ist ein starkes und wichtiges Signal. Das gilt für alle drei genannten Punkte, es gilt insbesondere aber für den Bau einer alternativen Güterverkehrsstrecke und damit einer der wichtigsten und größten infrastrukturpolitischen Maßnahmen für unser Bundesland.
Das Signal der Landespolitik, das Signal des Landtags, das wir heute von hier aussenden, hat mehrere Adressaten. Dieses Signal, das wir heute aussenden, geht natürlich zuerst an die Adresse der Bundesregierung und hier zuallererst an den Bundesverkehrsminister. Ein missverständliches Schreiben aus seinem Ministerium hat die Aktuelle Debatte ausgelöst.
(Abg. Michael Hüttner, SPD: Ja, ja eben! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ach, das war ein Missverständnis?)
Herr Schweitzer, ich zitiere zur Versachlichung der Debatte. Vielleicht hören Sie sich das gerade noch an, und dann können Sie sich ein Urteil bilden,
Ich zitiere: „Um den Bau einer Neubaustrecke für den Güterverkehr wirtschaftlich begründen zu können, müsste sich das Verkehrsaufkommen des Personen- und Güterverkehrs auf der Schiene im Mittelrheintal deutlich, etwa um den Faktor 10, über die bis 2030 prognostizierten Zugzahlen hinaus erhöhen.“
Einen Satz weiter heißt es: Dennoch sollen unabhängig vom Wirtschaftlichkeitsnachweis im Zuge einer Machbarkeitsstudie bereits jetzt Vorausplanungsprozesse für das Projekt vorbereitet werden. –
Es würde zur Versachlichung beitragen und damit der erfolgreichen Wahrnehmung unserer Interessen in Berlin dienen, wenn wir anerkennen, dass das Projekt „Alternative Güterverkehrsstrecke“ vom Bundesverkehrsministerium keinesfalls grundsätzlich abgelehnt wird, wie vielfach zu hören war. Gleichzeitig aber – das ist die andere Seite der Medaille – müssen wir deutlich machen, womit wir nicht einverstanden sind, und das ist die Zeitvorstellung des Ministeriums. Die Zeitvorstellungen des Bundesverkehrsministers in dieser Frage sind nicht unsere, sind nicht die des Landes Rheinland-Pfalz.
Nachdem seit 2007 zum ersten Mal vom Kollegen Dötsch und mir nach vielen Gesprächen und Beratungen mit Experten die Forderung nach einer Alternativtrasse für das Mittelrheintal öffentlich ins Gespräch gebracht wurde – – –
(Staatsminister Roger Lewentz: Sie kommen von der Bürgerinitiative! Nein, das war die Bürgerinitiative!)
(Staatsminister Roger Lewentz: Es waren die Bürgerinitiativen! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja, so ist es!)
Nein, das ist schlicht und ergreifend nicht richtig. Das lässt sich nachvollziehen. – Ist ja auch egal!
Doch, es bringt uns in der Sache keinen Millimeter weiter, und es nutzt den lärmgeplagten Menschen am Mittelrhein Nullkommanichts,
wenn wir heute versuchen, Rechnungen aufzumachen nach dem Motto, wer wann wo wie was gesagt oder nicht gesagt und getan hat.
Auch hier gilt der bekannte Satz des ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann: Wer mit dem Finger auf andere zeigt – so wie Sie das gerade machen und was ja Ihre beliebteste Disziplin ist –, auf den zeigen immer mindestens drei Finger der eigenen Hand zurück, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Deshalb ist die Gemeinsamkeit, die in diesem Antrag zum Ausdruck kommt – und ich hoffe, die von Ihnen auch nicht infrage gestellt wird, Herr Schweitzer –, ein wichtiges Signal, mit dem wir deutlich machen:
Erstens, die Einschätzungen aus dem Bundesverkehrsministerium, wonach die Bedingungen für eine Alternativtrasse noch nicht erreicht wären, widersprechen der Lebenswirklichkeit im Mittelrheintal grundlegend.
Zweitens, die Alternativtrasse ist und bleibt zwingend. Es gibt zur Alternativtrasse keine Alternative.
Viertens, alle hierfür notwendigen gesetzlichen und finanziellen Möglichkeiten müssen ausgeschöpft bzw. geschaffen werden.
Und schließlich fünftens, die angekündigte Machbarkeitsstudie muss schnellstmöglich, muss unverzüglich auf den Weg gebracht werden.
Adressaten des vorliegenden gemeinsamen Antrags sind neben dem Bundesverkehrsminister natürlich auch die aus Rheinland-Pfalz kommenden Mitglieder der Bundesregierung von SPD und CDU, nicht zu vergessen unsere
Kolleginnen und Kollegen aus Rheinland-Pfalz im Deutschen Bundestag, deren aktive Mithilfe wir natürlich auch weiter brauchen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Bahnlärm ist längst zur Geißel geworden. Das trifft die Menschen im Mittelrheintal in besonderer Weise. Sie leiden schon jetzt unter dem Status quo, unter einer kaum oder nicht mehr erträglichen Lärmbelastung. Das allein ist schon schlimm und wäre schon ein ausreichender Grund dafür, grundlegende Änderungen wie den Bau einer Alternativtrasse vorzunehmen.
Aber die Menschen im Tal wissen außerdem, dass alle Planungen und Prognosen davon ausgehen, dass das Güterverkehrsaufkommen und damit der Lärm im Mittelrheintal in den kommenden Jahren deutlich zunehmen werden, wenn wir nichts unternehmen. Bereits im Jahr 1996 hat sich die Bundesregierung nämlich im Vertrag von Lugano dazu verpflichtet, die Rheintalstrecke zwischen Karlsruhe und Basel als Zulaufstrecke zum Gotthardtunnel auszubauen. Schon damals war klar, dass Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg Transitländer für Güterzüge auf der Nord-Süd-Achse von den Nordseehäfen nach Genua sein werden.
Deshalb ist ebenso klar, dass der Bund seinen Verpflichtungen jetzt auch in Rheinland-Pfalz zügig nachkommen muss.