Protocol of the Session on February 21, 2019

Hat einmal jemand darüber nachgedacht, zu welchem Spießrutenlaufen das für die wenigen Betroffenen führen wird,

(Beifall der AfD)

welche Ausgrenzung damit in einem Alter verbunden ist, in dem alle einfach nur dazugehören wollen?

Oder nehmen wir den Leitfaden der Stadt Hannover für eine geschlechtergerechte Amtssprache. Hier wird unter anderem empfohlen, auf die Anreden „Herr“ und „Frau“ ganz zu verzichten oder ein substantiviertes Partizip Präsens wie „Mitarbeitende“ unter Missachtung seiner genuinen Bedeutung auch für diejenigen zu verwenden, die längst im wohlverdienten Feierabend sind.

Diese Liste, meine Damen und Herren, ließe sich nahezu beliebig fortsetzen. Und wenn es nach den linken und vor allem grünen Ideologen geht, die jedem selbst überlassen wollen, welchem Geschlecht er, sie oder es sich gerade zugehörig fühlt, dann wird dieser Wahnsinn auch so schnell kein Ende finden.

(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist diskriminierend!)

Lassen Sie mich deshalb mit einer Aussage des jüdischen – nicht rechtspopulistischen – Publizisten Henryk M. Broder schließen,

(Heiterkeit bei SPD, FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

der erst vor wenigen Tagen in einer Podiumsdiskussion beklagte, in Deutschland rede man nicht über die wirklichen Probleme, sondern erfinde künstliche wie etwa die gendergerechte Toilette. Ich zitiere Henryk M. Broder: „Deutschland ist ein Irrenhaus. Könnte man die Bundesrepublik überdachen, wäre es eine geschlossene Anstalt.“

Vielen Dank.

(Beifall der AfD – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Abgeordneter Schellhammer das Wort.

Es ist genau das eingetreten, was ich prognostiziert habe. Es gibt ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das uns ganz klar sagt, es gibt mehr als nur Mann und Frau. Das ist umzusetzen, und die Rechte der betroffenen Personen sind zu achten. Es ist ein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht, da es ein Grundwert unserer Verfassung ist, wenn man das nicht tut.

Die AfD nimmt dieses Urteil und die davon abgeleitete gesetzliche Norm zum Anlass, um hier ihre Polemik gegen Gender-Ideologen und auch Gender-Forschung, eine wissenschaftliche Disziplin,

(Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Nicht wissenschaftlich! In keinster Weise! – Abg. Uwe Junge, AfD: Nicht wissenschaftlich, nur ideologisch!)

die uns Erkenntnisse geliefert hat, in diesem Plenum darzustellen. Sie negieren einen ganz entscheidenden Punkt, nämlich die freie Entfaltung einer jeden Person. Zur freien Entfaltung einer jeden Person gehört es, dass ich auch meine geschlechtliche Identität leben und ich frei entscheiden kann, wie ich meine geschlechtliche Identität empfinde. Das ist ein wesentlicher Aspekt der Persönlichkeit, und dieses Persönlichkeitsrecht gilt es zu achten.

Mit der Debatte, wie Sie sie führen, machen Sie eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, einen Beschluss verächtlich. Wenn man sich einmal die Begründung anschaut, die der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, in seiner Stellungnahme zum Prüffall und zum Beobachtungsfall der JA genannt hat,

(Abg. Michael Frisch, AfD: Es geht um die Umsetzung!)

dann ging es darum, dass die Menschenwürde missachtende Positionen vertreten

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages gerade angezweifelt und negiert!)

und staatliche Institutionen – als solche ist das Bundesverfassungsgericht auch in der Debatte erwähnt worden – verächtlich gemacht werden. Das ist ein ganz gefährlicher Weg.

Wir stehen zu der Selbstbestimmung einer jeden Person, dies gehört zur freien Entfaltung. Wir sind auf dem Boden des Grundgesetzes. Das Bundesverfassungsgericht gibt uns hier recht auf diesem Weg, und diesen Weg wollen wir auch weiter beschreiten. Sowohl in Rheinland-Pfalz als auch bundesweit sind nicht nur Männer und Frauen herzlich willkommen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir treten nun in die Mittagspause ein und setzen die Sitzung um

14:15 Uhr fort.

Ich darf Sie noch ganz herzlich zu der Ausstellung „Bad Bergzaberner Republik“ einladen.

U n t e r b r e c h u n g d e r S i t z u n g : 1 3 : 2 2 U h r.

W i e d e r b e g i n n d e r S i t z u n g : 1 4 : 1 5 U h r

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir fahren in der Tagesordnung fort. Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Mittelrheintal von Lärm entlasten, alternative Güterverkehrsstrecke realisieren, Lärmschutzmaßnahmen voranbringen Antrag der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/8377 –

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Hüttner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Mittelrhein waren schon einige Bundesverkehrsminister zu Besuch, passiert ist aber in der Tat noch nicht wirklich viel. Der aktuelle Verkehrsminister Andreas Scheuer hat allerdings einen der größten Problempunkte in der Bundesrepublik, nämlich die noch nicht regulierte Trasse Rotterdam – Genua, noch nicht besucht. Er hat aber jetzt, wie ich in einer Zeitung aus Hessen lesen konnte, eine Einladung erhalten.

Glauben Sie mir, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch ich wohne in dem Bereich und bin gern bereit, ihm ein Zimmerchen mit Bahnseite zu sponsern, damit er einmal eine neue Erkenntnis gewinnt; denn das, was in dem Brief des Verkehrsministeriums formuliert ist, ist unerträglich.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn es nicht so dramatisch wäre, könnte man jetzt in der Fastnachtszeit wirklich darüber lachen. Aber es besteht die Situation, dass es eine europäische Vereinbarung gibt. Das Nachbarland Holland hat mit seiner Betuwe-Linie bereits alles geregelt, und die Schweiz hat es geschafft, einen 57 km langen Gotthard-Basistunnel zu bohren. Aber in Deutschland ist schier überhaupt nichts passiert; anders kann man auch die kleinsten Maßnahmen nicht interpretieren.

Aber gut, vielleicht tut man doch etwas. Es gibt in dem Brief immerhin auch die Aussage, dass die Anzahl der Züge bis zum Jahr 2030 zwar von heute 400 auf künftig 500 bis 600 steigen soll, aber man mit einer Entlastungsstrecke wohl in der Lage sei, 20 Züge aus dem Mittelrheintal wegzunehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist doch überhaupt nicht zu verstehen, dass man von einer Entlas

tung redet, wenn zuerst 200 Züge dazukommen und dann 20 wieder wegkommen sollen.

(Beifall der SPD)

Weiterhin wird in diesem Brief ausgeführt, damit der Neubau einer Strecke wirtschaftlich wäre, müsste der Verkehr etwa um den Faktor 10, also auf 5.000 bis 6.000 Züge steigen. – Das heißt in der Konsequenz, Zug um Zug, Waggon um Waggon, ohne jegliche Pause, und wahrscheinlich ist es technisch noch nicht einmal machbar.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie sehr muss man denn im Bundesverkehrsministerium in Berlin von den Menschen entfernt sein, um so etwas zu schreiben und die Menschen so zu quälen?

(Beifall der SPD)

Da helfen auch keine Beschwichtigungen, und da hilft es auch nichts zu sagen, na ja, so haben wir es nicht gemeint, der Faktor 10 ist es ja nicht wirklich. – Es hilft auch nichts zu sagen, wir machen ja schon Lärmschutzmaßnahmen, wir haben schon 112 Millionen Euro vorgesehen, oder der Einbau von Schienenstegdämpfer hat im Oktober 2018 begonnen, oder Schienenschmiereinrichtungen sind auf einer Strecke von 2,6 km geplant. – Ich weiß, man braucht sie nicht überall. Aber das Tal hat eine Länge von 130 km und links und rechts eine Bahnlinie. Wenn ich es als Erfolg verkaufe, dass ich auf 2,6 km Lärmminderungsmaßnahmen durchführe, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, führe ich die Menschen dort an der Nase herum.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Es ist heute Fakt – dazu gibt es genügend Messungen –, dass nächtliche Lärmpegel Mittelwerte von 70 dB erreichen und es am Tag auch Spitzenwerte von über 100 dB gibt. Dies ist extrem gesundheitsgefährdend, darüber gibt es sowohl zum Bahnlärm als auch in anderen Bereichen Erhebungen. Daher brauche ich auch keine Frage mehr offenzulassen, ob eine Wirtschaftlichkeit notwendig ist. Vielmehr ist es eindeutig so, dass es endlich einmal um die Menschen gehen muss und eben nicht die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund steht.

Meine Damen und Herren, ich wundere mich schon ein bisschen. Es gibt viele Leute, die dort aktiv sind. Ich bedanke mich ganz herzlich bei den Initiatoren der Bürgerinitiative, die bei uns zu Gast sind.

(Beifall im Hause)

Einen solchen Brief auszuhalten, ist schon aller Ehren wert.

Aber ich nenne in diesem Zusammenhang auch den Superlandrat Bröhr. In Oberwesel: Der Zug geht in der ersten Etage quasi durch den Ort hindurch. Sankt Goar: durch die erste Etage. Bad Salzig, Boppard: mitten durch den Ort. Wenn ich sehe, dass dieser Landrat überhaupt nichts tut, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Andere Gemeinden sind aktiv, andere Kreise sind aktiv, und das erwarte ich von diesem Herrn auch.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Aber hallo!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke der Landesregierung für die vielen Initiativen, und ich weiß, dass Ministerpräsidentin Dreyer den Bundesverkehrsminister angeschrieben und auch einen Termin mit Herrn Scheuer vereinbart hat. Es ist endlich notwendig, dass Herr Scheuer versteht, hier muss gehandelt werden. Wenn er nicht sofort anfängt zu handeln, sorgt er dafür, dass dieses Tal immer mehr zugrunde geht, die Kultur dort zugrunde geht und die Menschen leiden wie ein Hund.