Wenn wir uns die Anzahl der Schweinehalter in RheinlandPfalz anschauen, wenn wir uns die Bestandsgrößen anschauen, wenn wir uns anschauen, wo Schweinehalter überhaupt noch Schweine produzieren, dann ist das sehr begrenzt. Wir haben in Rheinland-Pfalz keine 800 Schweinehalter. Unser Selbstversorgungsgrad ist dementsprechend gering.
Am 18. Februar habe ich im Trierischen Volksfreund gelesen, dass sich ein Unternehmen in Trier schon seit vielen Jahren mit der Biowurst-Produktion beschäftigt. Ich habe gelesen – ich zitiere einfach einmal aus dem Presseartikel –: „Inzwischen verarbeitet der Betrieb drei Bio-Rinder pro Woche.“ Drei Rinder werden dort verarbeitet. Ich zitiere weiter: Inzwischen werden „fünf Schweine pro Woche“ in diesem größeren Betrieb in Trier verarbeitet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir über Tierwohl reden, dann reden wir auch über Investitionen und Veränderungen der Landwirte. Die Landwirte haben sich in den letzten 40 Jahren fortlaufend verändert. Sie haben fortlaufend ihre Tierhaltung zum Wohle der Tiere, aber zum Nachteil ihres Einkommens verändert. Sie haben investiert, sie haben für das Tierwohl gearbeitet, aber die Preise sind immer mehr in den Keller gegangen.
Ich sage Ihnen, wir werden einen Labelwust bekommen. Der Einzelhandel wird ab April eigene Labels initiieren. Wir werden mit den zusätzlichen drei Labels, die vonseiten der Bundesministerin ab dem Jahr 2020 angedacht sind, subventioniert mit 70 Millionen Euro an Fördergeldern für die Werbekampagne, einen Dickicht von Labels im Einzelhandel erleben, sodass der Verbraucher tatsächlich nicht mehr erkennen kann, wo das Schwein herkommt und wie es aufgewachsen ist.
Daran müssen wir arbeiten. Wir müssen den Landwirten Perspektiven eröffnen, wie sie künftig ihre Betriebe noch besser umstellen können, dies aber auch mit der Garantie bzw. mit dem Commitment, dass sich das auch im Einzelpreis niederschlägt, weil es ohne eine preisliche Perspektive künftig kein gelabeltes Fleisch geben kann. Die Landwirte brauchen eine gesicherte Einkommensperspektive.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sehe in dem Vorschlag der Frau Klöckner keinen Ansatz, der die Schweinehaltung in Rheinland-Pfalz, die Perspektiven gerade für die Junglandwirte voranbringt.
Daher wäre die Verpflichtung sinnhaft, aber wir brauchen auch – da gebe ich den Vorrednern recht – ein europaweites System, eine europaweite Einbindung. Wir leben in globalen Märkten. Ich nehme das Beispiel der Eier. Das System finde ich gut, aber wir müssen, wenn wir über Fakten reden, auch sagen, dass mittlerweile nur noch 40 % der Eier, die in Deutschland verbraucht werden, aus deutscher Haltung kommen. 60 % kommen nicht aus Deutschland.
Wenn wir dem bei der Schweinehaltung entgegentreten wollen, wenn wir unsere deutsche Schweineproduktion bzw. die rheinland-pfälzische Schweineproduktion mit regionaler Produktion in den Vordergrund stellen wollen, brauchen wir eine Offensive für die Landwirte, eine Schweineoffensive. Wir brauchen eine Perspektivoffensive, im Rahmen derer die rheinland-pfälzischen Schweine – ob es ein Eifelschwein, Hunsrückschwein oder ein Pfalzschwein ist – zu vermarkten sind und die Landwirte ihre Einkommen erzielen können.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Böhme, wer etwas für die Gesellschaft leistet, der soll auch dafür bezahlt und honoriert werden. Das finden wir ganz in Ordnung. Das gilt auch für die Bauern.
Herr Billen, es ist gerade umgekehrt, ein verbindliches Tierhaltungslabel wie bei den Eiern hat den Bauern etwas gebracht. Wir schauen einmal auf die Geflügelwirtschaft bei uns in der Eifel. Der einzige Bereich, der in Rheinland-Pfalz wächst, ist der Geflügelbereich. Da sind Unternehmen, die sich wieder als Unternehmer – Unternehmerinnen natürlich auch – entwickeln und positiv in die Zukunft blicken.
Da kann man schon sagen, das hat unter der Dachmarke EIFEL regional und bio schon etwas gebracht. – Also, es ist gerade umgekehrt.
Leider muss ich sagen, der Vorschlag von Frau Klöckner ist wirklich nur Verbraucherverwirrung, zu spät, durch den Handel überholt, nicht kompatibel mit bestehenden Kennzeichnungen, unverbindlich, hat eine Marktdurchdringung nur für Schweine und keine Anreize für Erzeuger – die haben nämlich nichts davon –, und es ist eine Superbürokratie damit verbunden. Sogar Biobetriebe müssen sich zertifizieren lassen, obwohl sie schon gesetzlich geregelt sind. Es bringt den Verbrauchern gerade nichts.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und FDP – Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist es! – Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)
Wir wollten ein anderes System. Wenn ich sage „wir“, dann heißt das übrigens alle Länder. Alle Bundesländer haben sich in andere Richtungen positioniert. Die Länder sind überhaupt nicht mit einbezogen worden in das neue Label. Wir hatten dazu vernünftige Vorschläge vorgelegt. Wir wollten Verbindlichkeit, wir wollten ein einfaches System, wir wollten Anschlüsse an bestehende Systeme mit Blick auf die Vermarktung der Eier. Was einmal für die Verbrau
cher kommunikativ eingeführt worden ist, das kann man schließlich nutzen. Bio als Einzelkategorie war ja schon geregelt.
Aber das ist nicht so gekommen. Stattdessen hat der Handel nun die Bundesregierung bei Weitem überholt mit diesem Zeichen – vielleicht haben Sie es schon einmal gesehen –, ab April verbindlich, natürlich mit einer riesigen Marktdurchdringung. Aldi, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto, Penny und Rewe kennzeichnen also nun gemeinsam, und es ist – das muss man leider sagen – tatsächlich besser als das von Frau Klöckner vorgelegte Label. Das System kann verschiedenen Initiativen zugeordnet werden.
Herr Billen, ich hätte schon gehofft, dass der Staat noch etwas voraus ist. Die Produkte, die nicht zertifiziert und gekennzeichnet sind, fallen unter die Stufe 1 als gesetzlicher Mindeststandard, was ich auch richtig finde.
Zudem wird das Engagement der Landwirte honoriert durch die Initiative Tierwohl, und ich hoffe, dass dies noch ausgebaut wird; denn das sollte wirklich bleiben. Im Gegensatz zum staatlichen freiwilligen Label gibt es eben eine hohe Marktdurchdringung.
Frau Klöckners Argument lautete immer: Mit dem, was die Länder wollen, wird die ganze Kette nicht erfasst. – Ja, das stimmt. Wir wollten auch explizit bestimmte Dinge, die man eben nicht freiwillig regeln kann, wie beispielsweise die Schlachtung, gesetzlich regeln; denn jedes Tier muss natürlich schonend geschlachtet werden. Es kann doch nicht der Freiwilligkeit unterworfen sein.
Besonders absurd ist auch noch, Frau Klöckner hat – wie ich finde, tierschutzgesetzwidrig – das Ende der betäubungslosen Ferkelkastration blockiert, aber im freiwilligen Label ist sie dann wieder enthalten. – Also, das kann es doch nicht sein.
Auch die 70 Millionen Euro für Berater und für Werbeagenturen stören mich gewaltig. Wenn wir den Königsteiner Schlüssel zugrundelegen, sollten wir die 3,5 Millionen Euro für Rheinland-Pfalz direkt unseren Schweinehaltern und -halterinnen zukommen lassen. Davon hätten sie wenigstens etwas. Sie würden bestimmt etwas Gutes damit machen.
Zum Schluss möchte ich sagen, Frau Klöckner hat gerade den Orden wider den tierischen Ernst verliehen bekommen. Den hat sie sicher auch verdient, aber – um auf den Titel der Anfrage zurückzukommen – das Tierwohl nimmt sie mit dem neuen Label nicht ernst.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Michael Billen, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie so deutlich geworden sind, wo Sie in Sachen Tierwohl stehen. Ich glaube, das ist auch wichtig für die Öffentlichkeit, und die Fraktion hat Ihnen auch Beifall geklatscht. Insofern ist wohl Ihre Position auch die Position der CDULandtagsfraktion. – Tierwohl, alles super und in Ordnung in Deutschland, das konnte man Ihren Ausführungen entnehmen. Das nehme ich einmal zur Kenntnis.
Das macht aber auch deutlich, dass es einen breiten Graben gibt zwischen meiner Wahrnehmung sowie der Wahrnehmung von vielen Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land und Ihrer Wahrnehmung.
Uns ist das, was in Sachen Tierwohl passiert, deutlich zu wenig in Deutschland. Natürlich müssen wir das europaweit durchsetzen.
Aber es ist symptomatisch, dass wir seit 14 Jahren eine Bundesregierung haben, die sich an dieses Thema nicht herantraut, weil sie eigentlich an den Strukturen nichts verändern will. Das ist nämlich der springende Punkt, und das ist das Ärgerliche daran.
Eine Begründung, die von Ihrer Seite gekommen ist – das möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen –, war wieder die typische Verbraucherschelte: Die Verbraucher würden vor der Tür des Einkaufszentrums anders reden, als sie nachher drinnen einkaufen.
Dort, wo sich die Politik an das Thema herangetraut hat, entweder bei der Eierkennzeichnung mit klaren verbindlichen Regelungen oder beim Bio-Gütesiegel mit der klaren Kennzeichnung, haben wir Bewegungen weg von dem Mindeststandard und hin zu höheren Standards. Das ist doch die Realität, die vielleicht auch einmal von der CDU zur Kenntnis genommen werden sollte.
Es ist doch auch nicht schlimm, dass das Bio-Gütesiegel inzwischen beim Einzelhandel und bei den Discountern angekommen ist.
Wir wollen doch kein Nischenprodukt. Wir wollen, dass Tierwohl wirklich für viele Menschen bezahlbar wird und es überall gekauft werden kann.
Alles, was Sie heute dargestellt haben, haben wir schon in vielen Bereichen vorbildhaft und sehr gut verwirklichen können. Entscheidend war immer der Mut in der Politik, diesen Weg zu gehen. Wir haben die Vorbilder, und diese
Vorbilder sollten wir auch pflegen. Insofern kann ich als Verbraucher nur sagen, wenn das die Position und die Haltung der CDU ist, die Sie uns heute skizziert haben, dann schäme ich mich dafür. Das ist nicht mein Verständnis von Tierwohl. Da möchte ich woandershin.