Protocol of the Session on June 19, 2018

(Heiterkeit und Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu dem Ergebnis werden Sie aber auch heute nach der Abstimmung kommen.

Ich habe in keiner Weise die Schätzung – das können Sie in jeder Stellungnahme und in jeder Zeitung nachlesen – der möglichen Kosten des Bundes der Steuerzahler herabgewürdigt. Das ist nämlich nur eine Schätzung. Sie haben sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, aus der Schätzung heraus vielleicht den Versuch zu starten, eine Vergleichsberechnung anzustellen. Allerdings weiß ich immer noch nicht, wie Sie anhand von drei Verbandsgemeinden, von denen Sie selbst scheinbar noch nicht einmal die Straßenlängen, die möglichen Einwohnerzahlgrundwerte und ihre Aufteilung kennen, sagen wollen,

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

wie Sie aus dieser Schätzung vielleicht zu reellen Zahlen kommen können. Vielmehr übernehmen Sie einfach nur, genauso wie Sie Konzepte aus anderen Bundesländern übernehmen, die hier eben nicht passen.

Wir werden unsere Konzepte einbringen. Die liegen noch gar nicht auf dem Tisch. Die werden wir zu gegebener Zeit mittelfristig einbringen und entsprechend begründen.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Dann treffen wir uns hier wieder.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die FDP-Fraktion spricht Frau Abgeordnete Becker.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Straßenausbeiträge waren und sind vielerorts häufig

ein Streitfall zwischen den betroffenen Gemeinden und der Bürgerschaft. Die Diskussion hierüber ist nie richtig zum Stillstand gekommen und hat in der Konsequenz zu unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern geführt. In Rheinland-Pfalz ist nicht nur, wie in den anderen Bundesländern, die Erhaltung der kommunalen Straßen, sondern auch die damit im Zusammenhang stehende Beitragserhebung Aufgabe der Kommunen und Teil der kommunalen Selbstverwaltung. Es liegt somit im Moment in der Entscheidungskompetenz der politischen Mandatsträger vor Ort, wie, ob und in welchem Umfang sie im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten Beiträge erheben.

Meine Damen und Herren, bislang hat sich die kommunale Familie für die derzeit praktizierte Form der Erhebung von Ausbaubeiträgen ausgesprochen. Es gab deshalb keinen konkreten Anlass, zu Beginn dieser Legislaturperiode über eine Änderung nachzudenken und eine Änderung in den Koalitionsvertrag aufzunehmen.

Meine Damen und Herren, natürlich kann man über eine andere Form der Finanzierung der Ausbaubeiträge diskutieren, wie das aktuell geschieht. Ja, so hat die FDP auf ihrem Landesparteitag in Ransbach-Baumbach den Beschluss gefasst, die jetzige Form der Erhebung abzuschaffen und durch eine übergeordnete Finanzierung zu ersetzen. Meine Damen und Herren, dies kann allerdings nicht von oben herab geschehen, sondern muss gemeinsam mit der kommunalen Familie diskutiert und entschieden werden.

Meine Damen und Herren, aber nicht nur deshalb können wir dem vorliegenden Gesetzentwurf der AfD-Fraktion nicht zustimmen. Der Gesetzentwurf hat erhebliche handwerkliche Fehler. Darauf ist Herr Kollege Schnieder schon sehr deutlich eingegangen. Das gilt ebenfalls für Herrn Noss.

Herr Bollinger, das Bundesverfassungsgericht hat die Vereinbarkeit des Beitrags mit dem Grundrecht auf Gleichbehandlung bestätigt. So ist eine Steigerung des Grundstückverkehrswerts verfassungsrechtlich eben nicht erforderlich, um den Beitrag zu rechtfertigen.

Zwar empfinden immer wieder Anlieger den Ausbau als nachteilig; allerdings ist für das Bundesverfassungsgericht einzig und allein entscheidend, ob das Grundstück durch den Ausbau wegemäßig besser erschlossen wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Dieser Vorteil ist geeignet, den Gebrauchswert des Grundstücks positiv zu beeinflussen.

Auf einen darüber hinausgehenden, in Geld messbaren Sondervorteil jedes einzelnen Beitragsschuldners kommt es dabei nicht an.

Außerdem, meine Damen und Herren, berücksichtigt Ihr Entwurf auch nicht – das hat Herr Kollege Schnieder sehr deutlich gemacht –, dass Verkehrsaufkommen und Wegenetz in den Kommunen unterschiedlich groß sind. Neben der Gemeindefläche und neben der Einwohnerzahl wären aber auch diese Faktoren wichtige Berechnungsgrundlagen für die Zuweisungen des Landes. Diese Faktoren

fehlen im Gesetzentwurf leider vollkommen. Es gibt also unterschiedliche Gründe, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Meine Damen und Herren, ich möchte es an dieser Stelle auch noch einmal deutlich machen: Wir als Koalition halten daran fest, Initiativen gemeinsam auf den Weg zu bringen. Dieses Prinzip ist und bleibt mit Blick auf die bisher absolut vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit innerhalb der Koalition aus SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN oberste Prämisse.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur so können wir auch weiterhin im wechselseitigen Vertrauen agieren, und das werden wir auch weiterhin so tun.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Dann sollten Sie nicht als Partei das eine fordern und im Landtag das andere machen! Das ist nicht ehrlich!)

Das hält uns aber natürlich nicht davon ab, innerhalb der Koalition und bei der Landesregierung konstruktiv im Dialog über unser Vorhaben zu sprechen und es zu bewerten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abgeordnete Schellhammer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Ausbau und Erhalt von kommunalen Straßen und Wegen gehört zur kommunalen Selbstverwaltung und ist essenziell für die Weiterentwicklung einer Gemeinde. Die langfristige Finanzierung dieser Infrastruktur wird durch das Kommunalabgabengesetz (KAG) geregelt. Das KAG sieht vor, dass es den Kommunen möglich ist, Beiträge zu erheben.

In Rheinland-Pfalz können diese Beiträge einmalig oder wiederkehrend erhoben werden. Diese Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an dem Erhalt und Ausbau ihrer Straßeninfrastruktur durch die Straßenausbaubeiträge sind ein erprobtes Mittel.

Aber worüber reden wir derzeit? – Es existieren keine umfangreichen Erhebungen aus allen Gemeinden und Städten in Rheinland-Pfalz. Das Statistische Landesamt kann zu dem Thema keine Datengrundlage liefern.

Doch kurz vor der Kommunalwahl zaubern einige Parteien ihre Positionen aus dem Hut, und auch AfD und CDU zaubern Zahlen aus dem Hut, für die es keine Datengrundlage gibt. Die genannten Beiträge aus der Opposition sind in einer Höhe von 50 bzw. 100 Millionen Euro, und sie stehen auf tönernen Füßen.

Die Schätzungen des Gemeinde- und Städtebunds, also

jener Vereinigung, die es am ehesten wissen kann, gehen von einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag aus. Daher sage ich in Richtung der CDU und der AfD, sie sollten an dieser Stelle gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ehrlich sein und reinen Wein eingießen. Sie wissen schlicht und einfach nicht, welche Beiträge das Land dann übernehmen müsste. Sie handeln nach dem Motto: Was interessieren mich Fakten, wenn ich ein Wahlkampfthema gefunden habe?

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Ich habe auch die CDU eben so verstanden nach dem Motto: Wir wollen eigentlich die Straßenausbaubeiträge abschaffen, aber wir wissen noch nicht ganz genau, wie wir das bewerkstelligen wollen. – Aber bei so wenig Fakten doch so viel Position.

(Zurufe der Abg. Gordon Schnieder, Hedi Thelen und Dr. Adolf Weiland, CDU, und des Abg. Martin Haller, SPD)

Das ist vielleicht mutig, aber es ist nicht verantwortungsbewusst, ein bislang erprobtes System einfach über den Haufen zu werfen, ohne die finanziellen Folgen genau zu kennen.

(Weitere Zurufe von der CDU – Glocke des Präsidenten)

Eines wissen wir aber sicher. Durch diesen Einschnitt in den Landeshaushalt konkurrieren die Mittel auch mit anderen Projekten: mit der Verkehrswende, mit der Verbesserung des ÖPNV, mit dem Ausbau der Kita-Plätze und mit dem Klimaschutz. Andere Mittel, die durch den Haushalt finanziert werden könnten,

(Abg. Martin Haller, SPD: So ist es!)

und die Mittel, die Sie dafür ausgeben wollen, konkurrieren damit, und da haben wir eine andere Prioritätensetzung. Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge allgemein entlastet somit nur die Grundstückseigentümer und führt im Umkehrschluss zu einer Belastung aller, beispielsweise auch jener Teile der Gesellschaft ohne Wohneigentum, welche am wenigsten davon profitieren.

Am besten zusammengefasst hat diesen Aspekt meines Erachtens der Verbandsgemeindebürgermeister von Nieder-Olm, Herr Ralf Spiegler. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:

„Auch wenn künftig das Land alles bezahlen sollte, werden die Bürger nicht entlastet; denn auch das sind Steuermittel. Und die Gemeinden müssten, wenn sie künftig Straßen ausbauen wollen, beim Land als Bittsteller auftreten. Ist das wirklich gewollt? Meines Erachtens ist das ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung.“

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Das stimmt doch gar nicht! – Abg. Martin Haller, SPD: Ein schlauer Mann, Herr Spiegler! – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Wir Grüne sind uns selbstverständlich bewusst, dass einmalige hohe Summen Bürgerinnen und Bürger schwer belasten können. Aber auch hierfür sieht das Kommunalabgabengesetz Möglichkeiten vor, die durch die Kommunen ergriffen werden können, um eben diese sozialen Härten zu verhindern.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Die haben doch selber kaum Geld, das wissen Sie doch genau!)

Es besteht in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit, wiederkehrende Beiträge einzuführen.