Protocol of the Session on January 30, 2019

Frau Ministerin, Sie hatten viel Zeit, um einen guten Gesetzentwurf zu erarbeiten. Sie hatten auch seit dem Herbst vergangenen Jahres viel Zeit, auf die gerechtfertigte Kritik einzugehen und eine Verbesserung vorzulegen, sodass wir heute im Parlament über einen Entwurf beraten könnten. Die Zeit drängt. Jede weitere Woche wächst die Unsicherheit vor Ort.

(Beifall der CDU)

Was sind die Kernprobleme Ihres Gesetzentwurfs? Sie sind angetreten, um die Kita-Finanzierung transparenter zu gestalten, aber das Gegenteil wurde erreicht. Freie Träger haben kaum mehr Finanzierungssicherheit. Alles scheint zur Disposition zu stehen. Die Grundzuweisung für die allermeisten Kitas wird sich verschlechtern. Gleichzeitig wird es unsichere Budgets geben, die jederzeit wieder abgeschmolzen werden können. Wichtige Kern- und Pflichtaufgaben werden nach dem Motto „Nach Kassenlage“ ermöglicht oder auch nicht. Also, Integration, Inklusion, Sprachförderung, Schulvorbereitung oder auch die wichtigen Lern- und Spielstuben, all das ohne feste, ohne berechenbare und bedarfsdeckende Zuweisungen. Frau

Ministerin, das kann so nicht bleiben.

(Beifall der CDU)

Kindertagesstätten dürfen Personal nur noch für besetzte Plätze einsetzen, mit einer minimalen Freigrenze von 8 %. Das hat zur Folge, dass die Träger viel häufiger als heute mit befristeten Teilzeitstellen hantieren müssen, um gegebenenfalls Überkapazitäten abzubauen. Das ist arbeitsrechtlich, aber auch pädagogisch eine Katastrophe.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Wir begrüßen ausdrücklich – das ist so das Bonbon für die Eltern, was wir richtig und wichtig finden –, dass Sie sagen, der Betreuungsanspruch über den Vormittag – sieben Stunden mit Mittagessen – ist gut, aber wir wissen, auch das ist nicht mit Mitteln und Personal hinterlegt.

Wenn Kinder Anspruch auf ein Mittagessen samt Mittagsruhe haben, brauchen eben viele Kindertagesstätten entsprechende Ruheräume. Über Mittag ist die Betreuung deutlich personalintensiver.

In Ihrem Gesetzentwurf steht nichts von einem Investitionsprogramm, um die Kitas fit zu machen. In Ihrem Gesetzentwurf steht nichts von zusätzlichen Personalressourcen. Das ist eine Rosstäuscherei, die Ihnen, wie in den Stellungnahmen zu Beginn aufgezeigt, niemand mehr abnimmt.

(Beifall der CDU und des Abg. Michael Frisch, AfD)

Meine Damen und Herren, dies tun nicht einmal die Abgeordneten der Regierungsfraktionen, die fast ausnahmslos bei jeder Diskussionsveranstaltung den Erzieherinnen vor Ort versprechen, die Einwände mit nach Mainz zu nehmen und ein Einsehen der Kritik vor Ort suggerieren.

Frau Ministerin, die Kitas habe in den letzten Jahren unglaublich viel geleistet. Sie haben viele Aufgaben gestemmt, wie frühkindliche Betreuung, Herausforderungen der Integration, Sprachförderung, Ausweitung der KitaZeiten. Sie sind am Rand der Belastung. Da gibt es keine Luft mehr nach oben. Es wäre gut gewesen, wenn Sie sich bei der Vorbereitung dieses Gesetzes mit Pädagogen beraten und nicht nur Haushaltsrechner benutzt hätten.

(Beifall der CDU und des Abg. Martin Louis Schmidt, AfD)

Wir hatten gestern eine Veranstaltung mit dem künftigen Oberbürgermeister von Worms, auf der auch viele Erzieherinnen anwesend waren.

(Abg. Martin Brandl, CDU: Guter Mann!)

Ich kann Ihnen sagen, eine hat mir etwas mit auf den Weg gegeben, das ich Ihnen heute mitgeben möchte. Sie sagte: Wir verstehen, dass es um Finanzen geht. Wir verstehen, dass es um technische Dinge geht, wie Personalschlüssel und Betreuungsquoten. Wir verstehen das. – Frau Ministerin, Sie bat mich aber, Ihnen mitzugeben, wir hier und Sie sollen auch verstehen, dass es letztendlich um nicht weniger geht als um die Zukunft unserer Kinder.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Wir dürfen Gäste im Landtag begrüßen, und zwar politisch interessierte Bürgerinnen und Bürger aus dem Kreis Bad Dürkheim. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im Hause)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Brück das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! RheinlandPfalz steht bundesweit für sehr gute Bildung von Anfang an. Bei uns wird Kindern von Anfang an qualitativ hochwertige Bildung und Betreuung ermöglicht, beitragsfrei von der Kita bis zur Hochschule. Wir haben Maßstäbe gesetzt, und das wird auch so bleiben.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Die Landesregierung hat vor einem halben Jahr den ersten Referentenentwurf eines neuen Kita-Zukunftsgesetzes vorgestellt, um die heute schon guten Rahmenbedingungen weiter zu verbessern.

Wir waren bundesweit das erste Land, das 1991 ein KitaGesetz beschlossen hat. Wir waren das erste Land mit einem Rechtsanspruch auf einen gebührenfreien Kita-Platz. Wir haben den Ausbau der Plätze für Kinder unter drei Jahren massiv vorangetrieben. Wir haben Sprachförderung eingeführt. Wir haben für Kitas in besonderen sozialräumlichen Bereichen Maßnahmen ergriffen, dabei den Personalschlüssel nicht aus den Augen verloren und diesen verbessert.

Um die gute Qualität weiter voranzutreiben und unsere engagierten Erzieherinnen und Erzieher zu unterstützen, bedarf es jetzt einer grundlegenden rechtlichen Überarbeitung des Kita-Gesetzes.

Dabei hat Ministerin Hubig klar und deutlich gemacht, dass mehr Geld ins System kommen soll: 62 Millionen Euro jedes Jahr für die frühkindliche Bildung,

(Abg. Christian Baldauf, CD’U: Sie wissen genau, dass das nicht stimmt! Falsch gerechnet!)

zusätzlich – on top – zu den rund 700 Millionen Euro, die jetzt schon im System sind. Das ist gut angelegtes Geld für unsere Kinder; denn um sie geht es. Es geht um qualitativ hochwertige Bildung und Betreuung.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu hat Ministerin Hubig einen Vorschlag vorgelegt, der seit dem Sommer in einem sehr breiten und beispielge

benden Anhörungs- und Beteiligungsprozess von allen Gruppen, die mit der Kita zu tun haben, diskutiert wird.

Liebe Kollegin Huth-Haage, die Abgeordneten unserer Fraktion haben sehr, sehr viele Kitas besucht, mit Erzieherinnen und Erziehern gesprochen, mit Eltern, mit Trägern, mit Jugendämtern.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Da kommt dann so ein Murks raus? Wärt Ihr besser nicht hingegangen!)

Wir haben sehr viele gut besuchte öffentliche Veranstaltungen durchgeführt, um die Rückmeldungen zu dem Gesetzentwurf zu diskutieren. Ministerin Hubig und Staatssekretär Beckmann waren auf fast allen Veranstaltungen als Diskussionspartner dabei. Überdies haben sie eine Reihe von eigenen Informationsveranstaltungen gemacht, um die geplanten Neuerungen mit allen Betroffenen zu besprechen und Anregungen und Rückmeldungen aufzunehmen.

Ich möchte nur eine Rückmeldung – die ist im Internet zu lesen – von gestern Abend wiedergeben. Das war eine Veranstaltung des Kollegen Manfred Geis in der evangelischen Kita Bockenheim. Der Förderverein schreibt auf Facebook: Was für ein gelungener Abend! –

(Zurufe von CDU und AfD)

Es findet derzeit eine sehr, sehr breite Bürgerbeteiligung statt.

(Glocke des Präsidenten)

Die Wahrnehmung ist also sehr unterschiedlich.

(Zurufe von CDU und AfD)

Wir nehmen dies sehr ernst. Ministerin Hubig hat klar erklärt, dass alle Rückmeldungen sorgfältig ausgewertet werden und im weiteren Verfahren geprüft wird, welche Anregungen eingearbeitet und welche Kritikpunkte abgearbeitet werden können. Dafür ist die Bürgerbeteiligung da. Dazu braucht es keiner Aufforderung von der CDU-Fraktion.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Panikmache oder Verunsicherung, egal von welcher Stelle, ist in diesem Prozess vollkommen unangemessen, vielmehr geht es um eine sachbezogene Debatte, die notwendig ist. Es liegt noch gar kein Gesetz für die parlamentarische Beratung vor. Es gibt nur einen Referentenentwurf.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ach so!)

Wenn die Landesregierung jetzt einen grundlegenden Systemwechsel in der Personalbemessung im Kita-Bereich vorgeschlagen hat – weg von der Bemessung über ein komplexes Gruppensystem hin zu einem unbürokratischen, transparenten und platzbezogenen System –, dann ist doch klar,

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

dass das auch Fragen aufwirft, die derzeit bearbeitet und

beantwortet werden. Das ist ein ganz normaler Vorgang.

Die Ministerin hat auch klargestellt, dass das Land den Kommunen, deren ureigenste Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung die Kita-Politik ist, so viel Geld zur Verfügung stellen wird, dass sich keine Kita durch die Systemumstellung verschlechtern muss. Vielerorts wird nämlich nur die Hälfte der Fakten genannt.