Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wir sind für eine Privatisierung des Flughafens. Wir haben Sie schon viel früher darauf aufmerksam gemacht, dass sie notwendig ist. Wir werfen Ihnen nicht vor, dass Sie den Hahn privatisieren. Was wir Ihnen aber vorwerfen ist, dass Sie es erst jetzt tun und wie Sie es tun. Das werfen wir Ihnen vor.
Es wurde viel Zeit vertan. Es gab kein Gesamtkonzept. Frau Ministerpräsidentin, das Marktumfeld wurde von Tag zu Tag schwieriger. Die Landesregierung hielt viel zu lange an einem Geschäftsmodell fest, als schon klar war, dass es nicht mehr tragfähig ist. Sie haben Millionen Euro in diesen Flughafen gesteckt, ohne dass es ein Zukunftskonzept gab. Das war Fiasko mit Ansage. Sie warben aber wie immer um das große Vertrauen. Viele Bürger haben es Ihnen geschenkt und sind jetzt enttäuscht; denn irgendwann ist der Zug schlichtweg abgefahren gewesen. Es gab keine interessanten Investoren mehr.
Frau Dreyer, aber auch dazu haben Sie die Öffentlichkeit eben nicht ins klare Licht gesetzt. Es gab keine interessanten Investoren mehr, aber Sie haben etwas anderes behauptet. Das ruft Misstrauen hervor. Vor der Wahl hat die Landesregierung enorme Energie darauf verwendet, die Situation anders erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich ist. Keine Grundlage für Vertrauen.
Es war Ihnen wichtiger, die eigene Macht zu sichern, als ehrlich zu sein. Weil Sie das wussten, haben Sie öffentlich umso mehr betont, dass Sie das Gegenteil, nämlich transparent seien.
Frau Dreyer, Ihr Satz, Sie handelten anders als Ihr Vorgänger, der wirkt vor allem vor dem Hintergrund, was wir jetzt wissen, nur noch wie eine leere Worthülse.
Sie erstatten nun Anzeige wegen arglistiger Täuschung. Frau Dreyer, nicht Sie sind das Opfer. Verehrte Mitglieder der Landesregierung, nicht Sie sind das Opfer, sondern die Bürger in Rheinland-Pfalz sind die Opfer Ihrer Politik.
Manchmal sagen Bilder mehr als Worte. Es war am vergangenen Wochenende, da twitterte Ihr SPD-Fraktionsvorsitzender ein Foto von Ihrem schönen Pressefest, Frau Dreyer. Darauf waren Sie gemeinsam mit Herrn Schweitzer und den Fraktionsvorsitzenden von FDP und Grünen zu sehen, in ausgelassener Stimmung, bestens gelaunt. Untertitel: „Und hier noch ein Ampel-Gruß vom Pressefest der Ministerpräsidentin gestern Abend.“ – Wissen Sie, da bangen Tausende Arbeitnehmer und ihre Familien im Hunsrück um ihre Arbeitsplätze, und für Sie gibt es keine wichtigere Botschaft, als dass die Stimmung in der Koalition gut ist.
Wenn man sich die Geschichte des gescheiterten Verkaufsprozesses ansieht, dann ist die wichtigste Frage für die Menschen am Hahn doch, wie es weitergehen wird, wie es dazu kam, und nicht, wie die Stimmung in Ihrer Koalition in Mainz am Büfett ist.
Frau Dreyer, Sie haben bis heute nicht erklärt, warum Sie seit Jahren wichtige Entwicklungen ignoriert haben – Sie haben eine Sorgfaltspflicht –, warum Sie den Hahn absehbar in die jetzige schwierige Situation gebracht haben und warum Sie bis zum Schluss, wirklich bis zum Schluss nicht den Mut hatten, der Öffentlichkeit Ihr Scheitern einzugestehen. Das wäre die letzte Reißleine gewesen!
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es wäre eine Alternative gewesen, sich vor die Öffentlichkeit zu stellen und ganz offen und ehrlich zu sagen: Es tut uns leid, aber wir haben keinen seriösen Käufer gefunden. Jetzt lasst uns gemeinsam überlegen, wie wir mit dieser Situation umgehen. – Das haben Sie aber nicht gemacht, Frau Dreyer. Deshalb kann ich, kann meine Fraktion der Christdemokraten Ihren Worten nicht mehr vertrauen.
Frau Ministerpräsidentin, wenn wir heute hier im Parlament über das Vertrauen in Volksvertreter reden – auch in Sie als Ministerpräsidentin –, dann muss auch über Ihren Umgang mit dem Parlament gesprochen werden.
Sie haben uns ein Gesetz vorgelegt, über das wir in der Öffentlichkeit gar nicht offen diskutieren konnten, weil Sie die Unterlagen als geheim einstuften, weil Sie nicht wollten, dass die Öffentlichkeit die ganze Wahrheit erfährt. Das ist keine maximale Transparenz.
Sie haben ein Gesetz vorgelegt, das die Öffentlichkeit ohne Lesehilfe gar nicht verstehen konnte, weil es mehrfach auf vertrauliche Dokumente verwies, bewusst von Ihnen so entschieden, bewusst ein Fahrplan für Intransparenz.
Diese Dokumente haben Sie dem Parlament erst auf unsere Nachfrage hin zugeleitet. Über vieles dürfen wir heute
So viel Vertrauensvorschuss – Wahlen sind Vertrauensvorschüsse – kann man einfach nicht mehr geben bei den Erfahrungen, die wir mit Ihnen machen mussten.
Frau Dreyer, wenn es erst der Journalisten bedarf, die das machen, was am naheliegendsten ist, und diese dann in China den Bluff des von Ihnen als seriös eingestuften Käufers aufdecken, wie kann man denn da noch in Ihr Regierungshandeln und Ihre Regierungskompetenz vertrauen?
Nachdenklich macht der hohe Zeitdruck, den Sie auch jetzt wieder aufbauen. Im Eilverfahren soll der Haushaltsausschuss am Donnerstag über den Verkauf von Grundstücken am Hahn entscheiden. Oder soll das nicht der Fall sein? Auch darüber würden wir gern Näheres erfahren.
Nachdem der Verkauf an die Chinesen ein peinliches Ende genommen hat, soll nun ein ehemaliger SPDStaatssekretär den Zuschlag erhalten. Der aktuelle Innenstaatssekretär war noch nicht aus China zurück, da verhandelte der Kulturstaatssekretär mit einem anderen Käufer über Grundstücke am Hahn. Als der Innenminister Lewentz per Pressemeldung den Ausstieg der Chinesen verkündete, da saßen die Professoren Barbaro und Englert schon eine Stunde am Verhandlungstisch.
Auch das hat der Landtag im Übrigen aus den Medien erfahren. So sieht nicht Vertrauensbildung aus. Sie manifestieren das Misstrauen in Sie, Frau Dreyer.
Man muss sich das vor Augen führen. Sie haben gerade ein Desaster erlebt und offensichtlich nichts daraus gelernt; denn wir sehen bei Ihnen wieder die gleichen Mechanismen. Warum haben Sie auch das nicht offen und transparent kommuniziert, sondern in einer Nacht- und Nebelaktion durchgezogen? Ich kann Ihnen sagen, dieser Verkauf der Grundstücke wirft ganz neue Fragen auf.
Das Haltbarkeitsdatum dieses maximalen Versprechens oder dieser maximalen Transparenz ist bereits nach vier Wochen abgelaufen. Eigentlich war dieses große Wort von der maximalen Transparenz von Anfang an nur ein Ablenkungsmanöver. Aber wir sollten Ihnen weiter vertrauen.
Dabei hat der neue Käufer für den Hahn für die Grundstücke noch überhaupt keinen Businessplan vorliegen, oder, um es mit den Worten Ihres Beratungsunternehmens KPMG zu sagen, der Businessplan des neuen Käufers war wesentlich weniger detailliert als der Businessplan des jetzt aufgeflogenen chinesischen Käufers.
schäftspartners gelesen. Wir dürfen über die Inhalte nicht reden, weil Sie es uns untersagt haben. Nur so viel kann man sagen, wenn der deutlich detaillierter ist als der des neuen Käufers, dann müssen Sie, Frau Dreyer, heute der Öffentlichkeit einiges erklären. Vertrauen reicht hier alleine nicht mehr.
Frau Dreyer, der neue Käufer gibt in einem Zeitungsinterview unumwunden zu, er braucht noch mindestens ein Vierteljahr, bis er ein realistisches Konzept hat, und er weiß auch noch nicht, ob er später den Flughafen überhaupt kaufen wird. Aber in einer Nacht- und Nebelaktion verkaufen Sie ihm Grundstücke, und Sie wissen nicht, was das Gesamtkonzept ist.
Warum geben Sie ihm denn jetzt schon Grundstücke? Geben Sie damit nicht bereits jetzt den einzigen Trumpf aus der Hand, den Sie bei späteren Verkaufsverhandlungen eigentlich bräuchten? Warum diese Hektik, Frau Dreyer? Warum brauchen Sie so dringend im jetzigen oder im nächsten Monat das Geld? Warum setzen Sie dieses Parlament erneut unter diesen hohen Zeitdruck? Warum beantworten Sie nicht zuerst die Fragen klar und genau? Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Warum schon wieder diese Intransparenz, Frau Dreyer?
Sie sagen dazu nichts. Maximale Transparenz, das gilt nur bei angenehmen Wahrheiten für Sie. Wo es unbequem wird, da schreiben Sie die Intransparenz Ihres Vorgängers, Ihres Ziehvaters Kurt Beck einfach weiter. Das ist kein Einzelfall, das ist strukturelles Agieren hier in Rheinland-Pfalz.
Stutzig macht uns dann, mit welchem Ergebnis der Staatssekretär aus China zurückkam, die Unterlagen seien gefälscht. Starke neue Botschaft. Er könnte das nur mündlich bestätigen. Die schriftliche Bestätigung käme dann noch. Da fragen wir uns: Musste er dafür wirklich nach China reisen? Hätte man das nicht auch über das Konsulat abwickeln können, oder ging es auch hier wieder um wohlinszenierte Effekte, um Bilder, um ein Ablenkungsmanöver? Frau Dreyer, das fragen wir Sie.
Frau Dreyer, in Ihrer ersten Regierungserklärung hat der Begriff Transparenz eine ganz große Rolle gespielt. Sie sagten – ich zitiere Sie –: „Unsere Demokratie ist eine Sache mündiger und gut informierter Bürgerinnen und Bürger. Hier hat die Politik eine Bringschuld, sie muss sich erklären, ihre Vorhaben und Entscheidungsgrundlagen nachvollziehbar machen.“ – Ja, das stimmt, Frau Dreyer.
Aber warum halten Sie sich selbst nicht daran, nicht an das, was Ihre großen Worte sind, wo Sie Vertrauen erwecken wollen, aber letztlich das Vertrauen missbrauchen?
Wissen Sie, ich würde Ihnen das gar nicht so zum Vorwurf machen, wenn Sie nicht selbst diese Vertrauenswürdigkeit zum Maßstab Ihrer eigenen Glaubwürdigkeit gemacht hätten.
Frau Ministerpräsidentin, Sie haben in Ihrer Rede im Landtag in der vergangenen Woche sehr großen Wert darauf gelegt, dass die Staatskanzlei nur das Beihilfeverfahren begleitet hätte, und zwar erfolgreich. Alles andere hätten Innen- und Finanzministerium erledigt, weniger erfolgreich.
Wörtlich sagten Sie: „Für die Begleitung des Beihilfeverfahrens habe ich damals auch ein Beihilfeteam in der Staatskanzlei errichtet sowie eine Taskforce unter Federführung des Innen- und Finanzministeriums eingerichtet. (...) Es gab keine Taskforce in der Staatskanzlei.“ Die Arbeit meines Teams, des Beihilfeteams war dann erfolgreich beendet. Am 1. Oktober 2014 war es erfolgreich beschieden das Beihilfeverfahren.
Frau Dreyer, Sie haben mit dieser Äußerung den Eindruck erweckt, dass die Staatskanzlei seit dem 1. Oktober 2014 mit dem Verkauf nichts mehr zu tun hatte. Schuld sei nur der Innenminister, an dem Sie übrigens festhalten wollen, weil er ein prima Innenminister für Sie ist.
Die Aussage ist übrigens mehr als interessant, dass nur er schuld war, wenn man sich die Unterlagen ansieht, die uns am vergangenen Freitag aus dem Innenministerium übersandt worden sind.