Protocol of the Session on June 20, 2018

Schriftführende Abgeordnete sind die Kollegen Rommelfanger und Dr. Martin. Herr Dr. Martin wird auch die Redeliste führen.

Entschuldigt fehlen heute die Kolleginnen Becker und Rauschkolb sowie die Kollegen Oelbermann und Schmitt. Herr Staatsminister Dr. Wissing ist bis heute Nachmittag um 15:30 Uhr entschuldigt. Entschuldigt ist auch Herr Staatssekretär Dr. Wilhelm.

Wir kommen zur Feststellung der Tagesordnung. Änderungswünsche und Ergänzungen liegen nicht vor. Damit ist die vorgeschlagene Tagesordnung festgesetzt.

Bevor wir zum ersten Punkt der Tagesordnung kommen, habe ich noch eine Mitteilung zu machen, in der ich einen Punkt aus der letzten Plenarsitzung aufgreifen möchte.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das Parlament ist der Ort, an dem die Abgeordneten der Öffentlichkeit gegenüber verpflichtet sind, Meinungsverschiedenheiten in der Debatte auszutragen, und zwar so, dass diese auch Vorbild für die Gesellschaft sein können. Dazu gehört unabdingbar der Respekt gegenüber der anderen Meinung, vor allem aber auch gegenüber der Person.

Äußerungen, wie sie in der letzten Plenarsitzung zum Beispiel vom Abgeordneten Alexander Schweitzer gefallen sind, der einem Mitglied dieses Hauses unterstellt hat, er habe getrunken, werden diesem Anspruch nicht gerecht. Ein solches Verhalten untergräbt die Integrität der betroffenen Person und schadet somit dem Ansehen des gesamten Parlamentes. Im konkreten Fall sieht die Geschäftsordnung vor, die Äußerung nachträglich zu rügen, was ich hiermit tue.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir kommen damit vor

Eintritt in die Tagesordnung zu einer Erklärung der Ministerpräsidentin:

Erklärung der Ministerpräsidentin Malu Dreyer zum Thema „Aktuelle Unwetterereignisse in Rheinland-Pfalz“

Ich erteile dazu der Ministerpräsidentin das Wort.

Verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordnete! Regenmengen etlicher Wochen fallen in einer Nacht, die eines normalen Monats in wenigen Stunden. Sturzbäche ergießen sich vom Himmel. Die verheerende Folge: Es treten selbst kleinste Flüsse über die Ufer, vor allem in den Mittelgebirgen, in der Eifel, im Westerwald, im Hunsrück und Taunus. In der sonst so sonnigen Pfalz und in Rheinhessen steht binnen Minuten das Wasser kniehoch in den Straßen, und ganze Ernten werden in Sekunden vernichtet.

Menschen sehen ihr Hab und Gut wegtreiben, ihre Häuser von Wasser und Schlamm verwüstet. Einige bangen um ihre Existenz. Wir betrauern leider auch einen Todesfall.

Was sich anhört wie in einem düsteren Film, war in den letzten Wochen bei uns in Rheinland-Pfalz leider immer wieder traurige Realität. Zwar punktuell, aber umso unvermittelter, kaum vorhersehbar. Während wir im Land in den vergangenen 25 Jahren über 1,1 Milliarden Euro in den Hochwasserschutz an unseren großen Flüssen investiert haben, sind plötzlich Regionen und Ortschaften betroffen, die in ihrer Geschichte schon viel erlebt haben, aber noch nie Hochwasser. Wir erleben wie bereits 2015 und 2016 eine Unwetterserie – und das diesmal sogar völlig untypisch bereits im Frühjahr.

Meine sehr verehrten Herren und Damen, mein größter Dank gilt allen, die beherzt angepackt und geholfen haben – am Wochenende, nachts, teilweise unter Einsatz ihres Lebens und unter Inkaufnahme eigener Schäden. Vor allem den rund 4.000 Helfern und Helferinnen von Feuerwehren, Polizei, dem THW, den Bundeswehrsoldaten und den Rettungskräften sage ich für ihren unermüdlichen, teilweise fast schon übermenschlichen Einsatz ein ganz herzliches Dankeschön.

(Beifall im Hause)

Ehrenamtliche und Hauptamtliche Hand in Hand – das ist Rheinland-Pfalz. Nachbarschaften standen solidarisch und tatkräftig zueinander. Die Menschen in unserer Heimat haben die Ärmel hochgekrempelt und nicht gefragt, sondern erst einmal geschafft. Dieses Engagement und dieser Zusammenhalt zeichnen uns aus. Solch ein Ehrenamt macht mich stolz auf unser Land!

Ich danke den unzähligen freiwilligen Helfern und Helferinnen aus der unmittelbaren und entfernten Nachbarschaft, die größte Anstrengungen auf sich genommen haben, um den Betroffenen beizustehen. Auch Arbeitgeber und Firmen haben die ehrenamtlichen Kräfte der Feuerwehren für die Einsätze freigestellt. An die kommunale Familie mit

allen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen, an die betroffenen Landräte und Oberbürgermeister danke für die schnelle Reaktion und danke für die gute Organisation vor Ort.

(Beifall im Hause)

Die Landesregierung hat schnell reagiert. Viele Mitglieder des Kabinetts waren unmittelbar nach den Ereignissen vor Ort. Innenminister Roger Lewentz, Umweltministerin Ulrike Höfken, Wirtschaftsminister Dr. Volker Wissing, Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig und Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler waren nicht nur fachlich zuständig, sondern auch regional in ihrer unmittelbaren Heimat betroffen.

Viele Staatssekretäre und auch ich selbst sind direkt in die betroffenen Regionen gefahren, um sich einen direkten Überblick über die Schäden und die notwendigen Maßnahmen zu verschaffen. Das Ausmaß der Verwüstungen und die damit verbundenen menschlichen Schicksale haben uns alle sehr erschüttert.

Meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordnete, wir alle kennen die Bilder der Überflutungen. Betroffen sind Privathäuser und Firmengebäude, öffentliche Gebäude und Einrichtungen. Schulen, Verwaltungen und auch Feuerwehrhäuser wurden nicht verschont.

Wir haben im Ministerrat bereits vergangene Woche beschlossen, für die Unterstützung von bedürftigen Privatgeschädigten der Unwetterereignisse ab dem 27. Mai 2018 eine Summe von 3,5 Millionen Euro bereitzustellen. Zusammen mit den Fördermöglichkeiten des Landes bei Schäden an Einrichtungen der Kommunen und den Förderprogrammen in den Ressorts steht damit ein millionenschweres Hilfspaket zur Verfügung, das durch eine Reihe an Erleichterungen auf der Verfahrensebene ergänzt wird.

Danke an dieser Stelle besonders an das Finanzministerium und das Innenministerium, und hier insbesondere an Staatssekretär Randolf Stich, der die Hilfsmaßnahmen koordiniert.

(Beifall der SPD, der AfD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Viele Menschen wissen in den ersten Tagen eines Unwetters nicht, wo sie schlafen sollen. Sie haben vielleicht keine Wechselkleidung für ihre Kinder oder müssen die Versorgung von hilfsbedürftigen Familienangehörigen neu regeln. Für diese ganz alltagspraktischen Nöte stellt das Land Rheinland-Pfalz den aktuell von Unwetterereignissen besonders betroffenen Landkreisen und kreisfreien Städten je Schadensereignis 25.000 Euro zur Verfügung.

Die Landkreise und Städte wissen am besten, wo vor Ort pragmatisch und schnell geholfen werden muss. Pro Familie können dafür bis zu 1.500 Euro durch die Kommunen ausgezahlt werden. Bedürftige Bürger und Bürgerinnen aus den betroffenen Landkreisen, die solche Schäden geltend machen und sich um eine Soforthilfe bemühen wollen, können sich an ihre lokale Kreisverwaltung wenden.

Es war toll, zu sehen, wie die Menschen in solchen Ausnahmesituationen zusammenstehen, und zwar nicht nur

in den betroffenen Regionen. In Dudeldorf beispielsweise habe ich eine Frau aus Kordel getroffen. Sie kannte Hochwasser von der Kyll und der Mosel. Bei ihr gingen alle Alarmglocken los, als sie im Radio von dieser Katastrophe hörte. Sie hat überhaupt nicht nachgedacht, sondern sich einfach aufgemacht, um den Betroffenen vor Ort zu helfen, und ist dort hingefahren.

Nachbarn, Freunde, aber auch Unbekannte haben Wasser geschippt, Brote geschmiert und Geröll weggeräumt. Zusätzlich zu dieser tatkräftigen Hilfe haben die Menschen mit Spenden geholfen. Auch hier zeigt sich, RheinlandPfalz ist das Land des Zusammenhalts. Diese Solidarität wollen wir unterstützen.

Viele Kommunen haben ein Sonderkonto für den Katastrophenfall eingerichtet. Wer für Betroffene der Unwetter bis zum 30. September 2018 auf ein solches Konto spendet, benötigt keine gesonderte Spendenquittung. Seine Spende wird unabhängig von der Höhe steuerlich berücksichtigt. Eine Buchungsbestätigung oder der Einzahlungsnachweis reichen hierfür aus.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, wir wissen, trotz aller Unterstützung durch Freunde, Spenden oder Versicherungen stellen diese Ereignisse für die Betroffenen besondere Belastungen dar. Dinge, die einen emotionalen Wert haben, etwa Fotoalben oder auch Kinderzeichnungen, kann niemand wirklich ersetzen, und auch materiell kann ein Unwetterereignis zu einer existenziellen Belastung werden.

Dort, wo das eigene Vermögen, die Versicherung, bestehende öffentliche Hilfeleistungen und die Spenden den materiellen Schaden nicht auffangen können, will das Land mit einer neuen Förderung bei Bedürftigkeit unterstützen. Bei einem verbleibenden Restschaden zwischen 5.000 und 50.000 Euro übernimmt das Land 50 %. Selbst wenn das Risiko versicherbar gewesen wäre, werden noch 20 % übernommen. Wir knüpfen daran allerdings eine Bedingung. Der Geschädigte muss nachweisen, dass er für die Zukunft eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen hat; denn das Ziel muss sein, dass sich in Zukunft deutlich mehr Menschen absichern.

Nicht nur die Spender, sondern auch die Betroffenen unterstützen wir steuerlich. So gibt es unter anderem Regelungen zur Stundung von Steuerforderungen und zur Anpassung von Steuervorauszahlungen für unmittelbar betroffene Bürger.

Meine sehr verehrten Herren und Damen, ich sagte es zu Beginn, der Kreis der Betroffenen ist sehr unterschiedlich, Hausbesitzer, aber ebenso Gewerbetreibende, Winzer und Landwirte. Wir bündeln unsere Unterstützungsmaßnahmen, um eine möglichst unbürokratische Hilfe zu ermöglichen.

Landwirtschaftsminister Dr. Volker Wissing hat in Zusammenarbeit mit der ISB und der Bürgschaftsbank RheinlandPfalz eine Taskforce gebildet, die das bestehende Beratungsangebot zu zinsgünstigen Darlehen, Bürgschaften und Zuschüssen bündelt.

Ein besonderes Augenmerk gilt der Wiederherstellung des Wirtschaftswegebaus. Aber auch im allgemeinen Straßen

netz hat es zum Teil erhebliche Schäden gegeben. Die Wiederherstellung der sicheren Befahrbarkeit der Straßenverbindungen hat besondere Priorität.

Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Landesbetriebs Mobilität haben hervorragende Arbeit geleistet. Auch dafür möchte ich mich sehr, sehr herzlich bedanken.

(Beifall im Hause)

Finanzministerin Doris Ahnen ermöglicht Sonderabschreibungen für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetriebe oder Selbstständige. Hochwasserbedingte Aufwendungen können unter erleichterten Voraussetzungen als Erhaltungsaufwand bzw. Betriebsausgaben anerkannt werden.

Auch die kommunale Familie kann sicher sein, wir helfen bei der Beseitigung von Schäden an Schulen, Kindergärten und anderen öffentlichen Gebäuden.

Klar ist für mich und alle meine Minister und Ministerinnen, die Landesregierung hilft schnell, unkompliziert und passgenau. Die Menschen stehen im Mittelpunkt. Die Bürgerinnen und Bürger können sich auf diese Regierung verlassen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Leider war dies nicht das erste Mal, dass wir in RheinlandPfalz derart heftige Starkregenereignisse erlebt haben. Sie sind eine Folge des globalen Klimawandels. Wir müssen uns darauf einstellen, dass sie sich wiederholen können. Wir müssen deshalb das Augenmerk noch stärker auf die Vorsorge legen. Dazu gehört, dass möglichst viele Hausbesitzer eine Elementarschadenversicherung abschließen; denn wie wir jetzt deutlich sehen, auch dort, wo bislang keine Hochwasser entstanden, kann Starkregen zu Überschwemmungen führen.

Gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz wollen wir die bestehende Landeskampagne für mehr Versicherungsschutz mit neuem Schwung versehen und eine Aktionswoche starten.

Bereits seit 2013 arbeiten wir eng mit der Versicherungswirtschaft und der Verbraucherzentrale in dieser Frage zusammen. Dazu gehört auf der einen Seite die Verbesserung der Versicherungsmöglichkeiten und -bedingungen, auf der anderen Seite Information und Werbung bei den möglichen Betroffenen. Beispielsweise können sich Interessierte beim kostenlosen Beratungstelefon der Verbraucherzentrale informieren. Wir konnten mit unseren Maßnahmen eine Steigerung der Versicherungsquote von 19 % im Jahr 2012 auf aktuell ca. 33 % erreichen.

Unser Ziel ist es, dass jeder Rheinland-Pfälzer und jede Rheinland-Pfälzerin ihr Eigentum in den kommenden Jahren so schützt.

Ein guter Anfang wäre, wenn wir in den kommenden fünf Jahren erreichen, dass es bereits jeder Zweite ist.

An die Kollegen und Kolleginnen hier sage ich, vielleicht schauen Sie zu Hause auch einmal nach, ob Sie eine

Elementarschadenversicherung haben. Das ist wirklich sinnvoll in der heutigen Zeit.