Protocol of the Session on December 14, 2017

Ein solcher Zustandsbericht ist natürlich kein Selbstzweck, sondern soll uns 101 Abgeordneten natürlich Hinweise geben, was das bessere und richtigere Handeln ist, damit sich der Zustand des Waldes verbessert.

Frau Schneider, Sie haben einige Aspekte angesprochen, die eher die Nachsorge betreffen. Ich werde vor allen Dingen auf den einen oder anderen Vorsorgeaspekt eingehen, der im Bereich des Waldzustandsberichts wichtig ist.

Zunächst einmal müssen wir als erste wichtige Erkenntnis festhalten, nur jeder vierte Baum in unseren Wäldern in Rheinland-Pfalz kann noch als gesund und ohne Schadeinwirkungen bezeichnet werden. Das kommt zum einen daher, dass wir jahrzehntelang grob fahrlässig mit den Luftverschmutzungen umgegangen sind. Wir haben vor allem im Bereich der Schwefeldioxide, der Schwermetalle und der Stickoxide Werte gehabt, die über Jahrzehnte unsere Wälder überfordert haben. Es ist sehr erfreulich, dass die Politik darauf reagiert hat. Anfang der 1990er-Jahre wurde durch den Druck der Umweltbewegung, aber auch durch den Druck der Wissenschaft reagiert, sodass wir tatsächlich im Schwefeldioxid-Bereich über die Rauchgas

waschungsanlagen in den Kraftwerken eine starke Reduzierung hinbekommen.

Ich möchte den Wert, der schon genannt wurde, noch einmal aufgreifen. Seit den 1990er-Jahren konnten wir die Schwefeldioxidbelastungen in unseren Waldböden um 94 % reduzieren. Das hat dazu geführt, dass gerade das Versauerungsproblem an der Ursache angepackt worden ist und wir Verbesserungen erzielen konnten, sodass sich der pH-Wert unserer Waldböden nicht mehr bei unter 4 bewegt, sondern inzwischen bei deutlich über 5. Das bedeutet auch, dass wir im Bereich der Waldkalkungen, die zwar immer noch notwendig sind, deutlich weniger Anstrengungen unternehmen müssen, weil sich der Gesamt-pH-Wert tatsächlich entspannt hat und wir nur noch sehr differenziert vorgehen müssen.

Es führt natürlich auch zu Entlastungen im Landeshaushalt, wenn man Vorsorge betreibt.

Ein Punkt, bei dem die Politik leider noch viel zu wenig reagiert hat, ist der Bereich der Stickoxidbelastungen, die zu einer übermäßigen Eutrophierung auch der Waldböden führen, vor allen Dingen aus dem Verkehrsbereich, aus dem Kraftwerksbereich und natürlich über den Ammoniakpfad auch aus der Landwirtschaft.

Hier muss man konstatieren, dass die Politik noch nicht bereit ist, wenn ich den Verkehrsbereich nehme, sich wirklich ernsthaft und energisch vom Verbrennungsmotor zu verabschieden, der natürlich auch eine Problemursache für die Belastung unserer Wälder ist. Da wäre es natürlich sinnvoll, wenn die Politik den Mut hätte, wesentlich deutlicher in Richtung E-Mobilität zu gehen, deutlicher in Richtung öffentliche Nahverkehrssysteme, überhaupt den fossilen Verbrennungsmotor tatsächlich schrittweise bis 2030 – das ist zumindest die Vorstellung der Grünen – aus dem Auto zu verbannen und zu ersetzen.

(Beifall der Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen neben den Luftverschmutzungen zu einem zweiten Aspekt, der dem Wald zunehmend zu schaffen macht. Das ist ein etwas neuerer Aspekt, nämlich das Stichwort des Klimawandels. Hier haben wir leider die Situation, dass die Wälder eigentlich ein Verbündeter im Kampf gegen den Klimawandel sind. Die Bäume binden das CO2, das wir auf der einen Seite wieder aus der Atmosphäre herausbekommen müssen, und sorgen natürlich für die Sauerstoffproduktion. Dann ist es natürlich besonders bedauerlich, dass jetzt gerade die Wälder selbst unter dem Klimawandel leiden, den wir feststellen.

Meine Kollegen haben es schon angesprochen. Das bedeutet vor allem, durch die wärmeren und trockeneren Sommer, die wir bekommen, und die extremen Witterungssituationen, geraten zunehmend wichtige Waldbäume unter Druck. Die Fichte ist schon genannt worden. Sie ist jahrzehntelang ein wichtiger „Brotbaum“ für die Förster gewesen, mit dem man auch Gewinne erzielen konnte. Sie wird in Zukunft an vielen Standorten in Rheinland-Pfalz nicht mehr funktionieren.

Auch die Douglasie, die ein Stück weit Ersatzbaum wer

den sollte, ist nicht an jedem Standort so unproblematisch. Wir sehen, wir müssen die Auswirkungen des Klimawandels sehr genau beobachten und schauen, wie wir in dem Bereich dann auch unsere Forstwirtschaft und unseren Waldbau neu ausrichten müssen, damit wir, da wir den Klimawandel nicht von heute auf morgen stoppen können, die Wälder anpassen.

In dem Punkt möchte ich einen Bereich aufgreifen, der auch im Waldzustandsbericht seinen Niederschlag gefunden hat. Das ist unser Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Der Nationalpark soll für uns Zentrum der biologischen Vielfalt werden. Er soll aber vor allen Dingen auch Forschungszwecken dienen. Ich möchte in dem Zusammenhang noch einmal daran erinnern – das ist im Waldzustandsbericht auch aufgelistet –, dass wir allein 15 Forschungsgegenstände im Nationalpark in Angriff genommen haben, zum Beispiel zum Stichwort Kohlenstoffspeicherung, Stichwort Moore. Das ist ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal unseres Nationalparks. hier gibt es viele Erkenntnisgewinne auch bezogen auf den Klimawandel, aber auch andere Forschungsgegenstände spielen eine Rolle.

Insofern müssen wir uns deutlich machen – ich muss an dem Punkt leider zum Schluss kommen –, was uns der Waldzustandsbericht auch noch einmal veranschaulicht hat: Wenn der Wald stirbt, dann ist klar, dass wir Menschen ihm direkt folgen, weil wir ohne die Wälder nicht überleben können. Wir müssen noch wesentliche Herausforderungen meistern.

(Glocke des Präsidenten)

Der Waldzustandsbericht gibt uns hier Hinweise. Diese Hinweise müssen wir ernst nehmen und in politisches Handeln ummünzen. Ich hoffe, dass wir in diesem Parlament dann auch die richtigen Schritte ergreifen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Höfken.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich danke dem Parlament für die alljährlich stattfindende Debatte um den Waldzustand. Das ist tatsächlich sehr wichtig. Diese Debatte ist letztendlich auch Grundlage für die sehr genaue wissenschaftliche Begleitung der Entwicklung unserer Wälder. Somit haben wir ein statistisches Material, was auch für die politischen Entscheidungen immer sehr wichtig ist.

Ich danke auch allen Vorrednern. Den meisten kann ich mich anschließen. Frau Schneider, ich möchte allerdings eine Korrektur anbringen. Sie haben sich um den Faktor 10 vertan, was die Berechnung bei der Waldkalkung angeht.

Es kostet nicht 2.000 bis 3.000 Euro pro Hektar, sondern nur 200 bis 300 Euro.

(Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU)

Also stellt sich die Situation doch etwas anders dar. Beim Thema Nährstoffnachhaltigkeit geht es auch nicht direkt um die Kalkung. Aber dazu komme ich gleich noch einmal.

Ich war im November bei der COP 23, der Weltklimakonferenz. Die Wälder waren dort ein wichtiges Thema. Ich habe davon berichtet. Wir sehen, das Zeitfenster zum Handeln wird immer kleiner. Wir sehen das auch ganz klar bei unserem rheinland-pfälzischen Wald; denn der Wald ist ein Indikator.

Der Waldzustandsbericht 2017 ist ein wichtiger Bestandteil des nationalen forstlichen Umweltmonitorings in Europa im Verbund. Bereits seit 34 Jahren werden die Daten erfasst.

Ich darf den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen ganz herzlichen Dank aussprechen, die den Waldzustandsbericht verfasst haben, aber auch allen, die im forstlichen Bereich arbeiten. Ich darf vielleicht ganz kurz noch einmal Dr. Block erwähnen, der einen maßgeblichen Anteil gerade am Thema Nährstoffnachhaltigkeit in dem Bericht hat.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Danke. Ich glaube, das ist wirklich eine berechtigte Botschaft.

Die Schadstoffe sind schon angesprochen worden. Vielleicht ist die gute Botschaft die, dass es der Politik durch entschiedenes Handeln gelingt, Veränderungen und Verbesserungen herbeizuführen. Die Kollegen haben darauf schon hingewiesen. Ganz klar ist aber, es muss etwas für die Wälder getan werden; denn unsere Wälder werden die Belastungen durch Kohleverbrennung, Verkehrsemissionen und auch Stickstoff aus der Landwirtschaft nicht mehr so lange aushalten. Das können wir wirklich nachvollziehen.

Das ist nicht eine normale Verschiebung von Standorten, sondern wir sehen, dass immer weniger Standorte auch in unserem Bundesland für die Wälder und die verschiedenen Baumarten geeignet sein werden. Schauen Sie nur einmal darauf, dass die bereits im Juli 2016 begonnene Folge trockener Monate sich bis zum Juni 2017 fortgesetzt hat. Eine so lang anhaltende Trockenheit ist für die Wälder natürlich nicht verkraftbar. Sie kennen auch die Frostschäden, die in der Landwirtschaft entstanden sind.

Es gab auf der Klimakonferenz – ich habe schon davon berichtet – eine große Aktion des Deutschen Forstwirtschaftsrates. Herr Kollege Hartenfels hat gerade noch einmal darauf hingewiesen, die Wälder sind auf der einen Seite Opfer, aber sie sind eben auch Teil der Lösung. Deswegen ist es so wichtig, dass wir sie erhalten und das auch über unsere Grenzen hinweg tun. Hier ist ein Umdenken bei der Luftreinhaltung und bei der Emissionspolitik gefragt. Diese sehen wir übrigens auch beim Thema Nährstoffnachhaltigkeit.

Wir haben jetzt zum ersten Mal auch wirklich eine wissenschaftliche Grundlage für die Waldbewirtschaftung im Sinne einer Nährstoffnachhaltigkeit. Es geht tatsächlich um die Pflanzenernährung. Wir sehen eben auch da, dass der Entzug an Nährstoffen bei unterschiedlicher Nutzungsintensität sehr beträchtlich variiert.

Die Entnahme von auch dünnerem Kronenmaterial erhöht den Nährstoffexport gegenüber einer auf Derbholz – also mit einem Durchmesser größer als 7 cm – begrenzten Nutzung sehr beträchtlich. Vor allem bei den Laubbäumen lässt sich der Nährstoffentzug durch Beschränkung der Nutzung auf stärkere Stämme oder Industrieholz merklich reduzieren. Dabei geht es auch nicht um die Reduzierung des Brennholzeinsatzes, sondern wir haben gerade mit dem 1.000-Öfen-Programm dafür einen Anreiz gegeben, die Öfen auszutauschen. Das ist ein Anreiz und kein Zwang.

Wir haben aber auch mit neuen Technologien neue Angebote für Energieeinsparungen und Ressourceneinsatz gemacht. Deswegen passt das sehr gut zusammen.

Weitere Aspekte sind noch einmal in dem Bericht erwähnt, auf die ich jetzt nicht weiter intensiv eingehen möchte, zum Beispiel die Neophytenentwicklung im Zusammenhang mit dem Klimawandel oder die externe Überprüfung von FSC-Monitoring, Nationalpark und anderes. Das sind alles interessante Aspekte.

Ich kann Ihnen den Bericht nur empfehlen und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen von Frau Ministerin Höfken erteile ich Frau Abgeordneter Schneider das Wort.

Frau Ministerin, ich komme noch einmal zu den Kosten im Zusammenhang mit dem Thema Waldkalkung. Möglicherweise habe ich einen Zahlendreher gehabt. Ich rechne es jetzt aber noch einmal vor.

Wir haben 840.000 ha Wald in Rheinland-Pfalz. Sie stellen in diesem Jahr 600.000 Euro für die Waldkalkung zur Verfügung. Gehen wir jetzt von 200 Euro Kosten pro Hektar aus, haben Sie pro Jahr für 3.000 ha Geld, um zu kalken.

(Staatsministerin Ulrike Höfken: Aber ich brauche doch nicht zu kalken, wenn es nicht notwendig ist!)

Wenn ich jetzt 3.000 ha auf eine Gesamtfläche von 840.000 ha hochrechne, würde das bedeuten, dass nur alle 280 Jahre wieder an der gleichen Stelle gekalkt wird. Deswegen habe ich von mindestens 100 Jahren gesprochen, weil wir davon ausgehen, dass nicht jede Stelle gekalkt werden muss, Herr Kollege von der FDP.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist jetzt ganz wichtig!)

Deshalb ist es nicht richtig, wenn Sie sagen, Sie machen alles, um unsere Böden zu entsäuern.

(Beifall der CDU – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber gibt es dann noch den Euro?)

Zu Erwiderung erteile ich Frau Staatsministerin Höfken das Wort.

Wie auch der Kollege Weber und andere schon deutlich gemacht haben, geht es nicht darum, dem Wald irgendetwas vorzuenthalten, sondern bedarfsgerecht das zu tun, was nötig ist. Das tun wir auch.

Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christine Schneider, CDU: Das tun Sie nicht!)