Protocol of the Session on August 9, 2017

Ich glaube, diese Art und Weise ist absolut stillos, geschmacklos und rücksichtslos

(Beifall bei CDU und AfD – Zuruf von der SPD)

mit Blick auf die betroffene Kommune, aber auch mit Blick auf die betroffenen Kinder und Eltern. Es gab keine Möglichkeit des Abschiednehmens von der Schule oder eines Vorbereitens – – –

(Unruhe bei der SPD)

Ich hoffe, dass genau diese Äußerungen im Protokoll wiederzufinden sind. Ihnen ist es offensichtlich egal, dass man mit den Kindern in dieser Art und Weise umgeht.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Louis Schmidt, AfD)

Ein solches Vorgehen schürt Unsicherheit und lässt Vertrauen schwinden. Die Menschen vor Ort merken, diese Regierung ist nicht berechenbar. Sie hält sich schon zu Beginn nicht an ihre eigenen Regeln. Deshalb ist es verständlich, dass die Menschen sich fragen, inwiefern die Mainzer Entscheidungen überhaupt inhaltlich nachvollziehbar und berechenbar sind. An dieser Stelle sage ich: Die Kommunal- und Verwaltungsreform lässt grüßen.

(Beifall bei der CDU)

Nun zum Stichwort „Konzept“: Hier bekommen wir zwischenzeitlich vielfach Rückmeldungen, und zwar aus dem gesamten Land, dass man sehr alleingelassen werde und mitnichten die Unterstützung bekomme, die seitens der Bildungsministerin versprochen wurde.

Vielmehr erfolgt immer wieder der Hinweis, es komme lediglich auf die blanken Zahlen an. Pädagogische Konzepte seien unerwünscht und würden nicht berücksichtigt. Im Verbandsgemeinderat Cochem ist dies sogar öffentlich im Protokoll der Ratssitzung niedergeschrieben. Dort heißt es, dass der Vorsitzende, die Schulelternsprecher sowie die Ortsbürgermeister ihren Unmut und ihre Enttäuschung darüber zum Ausdruck brachten, dass ausschließlich Schülerzahlen das entscheidende Kriterium seien. Gute pädagogische Konzepte und negative Auswirkungen von Grundschulschließungen im ländlichen Raum führten zu keiner Berücksichtigung. Welch eine Farce!

(Beifall der CDU)

Auch diese Art des Umgangs mit Kommunen hat offenbar Methode. Man ruft vor Ort zur Mitwirkung und zu Konzepten auf. Man verlagert die Diskussion und den Streit nach unten. Die Entscheidung aber erfolgt dann später in Mainz, und zwar nach eigenem Gutdünken. Auch hier gilt: Die Kommunal- und Verwaltungsreform lässt grüßen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Louis Schmidt, AfD)

Nun kommt, ebenfalls mitten in den Sommerferien, ein neuer Aspekt hinzu. Laut Bertelsmann Stiftung werden die Schülerzahlen wieder ansteigen, und zwar deutlich. Dieser Trend ist bereits jetzt und genau bei den Grundschulen ablesbar und erkennbar.

Deswegen stellt sich für jeden vernünftigen Menschen die Frage: Brauchen wir die jetzt vorhandenen Kapazitäten nicht vielleicht doch noch in Rheinland-Pfalz für die Grundschüler? Wie sehen die Planungszahlen im Grundschulbereich speziell für Rheinland-Pfalz aus? Es ergibt doch keinen Sinn, dass wir heute Strukturen zerschlagen und sie später an anderer Stelle eventuell wieder brauchen.

(Beifall bei CDU und AfD)

Welchen Sinn hat es, an der einen Stelle Schulen zu schließen und an anderen möglicherweise später wieder Anbauten neu zu finanzieren?

(Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: Alles schon erlebt! – Zuruf des Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

All diese Fragen sind derzeit unbeantwortet. Deshalb wäre es vor dem Hintergrund dieser neuen Erkenntnisse und Zahlen sinnvoll, über ein Schließungsmoratorium nachzudenken, um gemeinsam zu überlegen, was im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung, und zwar unter Einschluss aller Aspekte – einer guten Pädagogik und Organisation sowie der Wirkung für den ländlichen Raum –, wirklich der sinnvolle Weg ist.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Klomann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Debatten über Schulstandorte sind so alt wie die Schulen selbst. Deshalb hat es schon immer Überprüfungen und Schließungen gegeben. Bekannt ist das Beispiel Saarland im vergangenen Jahrzehnt, als die christdemokratische Alleinregierung dort beschloss, 37 % ihrer Grundschulen zu schließen.

(Zurufe von SPD und AfD)

Das war uns damals kein Vorbild, und das ist uns auch heute kein Vorbild. Ein wohnortnahes Grundschulsystem wird es auch künftig in Rheinland-Pfalz geben.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Schulgesetz schreibt bislang schon vor, dass eine

Grundschule eine Mindestgröße haben muss, die in bestimmten Ausnahmefällen unterschritten werden darf. Mit den Leitlinien definieren wir diese Ausnahmen. Das heißt, die Grundschulen im Land, die im vergangenen Schuljahr eine oder zwei Klassen hatten und bei denen davon auszugehen ist, dass sie auch in den kommenden Jahren keine zusätzliche Klasse bekommen, werden nun ergebnisoffen von der ADD überprüft.

Die Überprüfung erfolgt in enger Abstimmung mit den Schulen und Schulträgern. Ausnahmen von Schließungen wird es geben, wenn gute Gründe vorliegen, etwa wenn der Schulweg unzumutbar lang ist oder die Nachbarschule, die für die Aufnahme der Kinder vorgesehen wäre, dies räumlich nicht schaffen kann, wie zum Beispiel bei der Grundschule Wernersberg.

Wir haben einen grundsätzlich eindeutigen Gesetzestext, der um eindeutige Kriterien ergänzt wird, die die Interessen des ländlichen Raums im Blick haben. Wie man hier von Konzeptionslosigkeit sprechen kann, verstehen nur Sie, glaube ich.

(Beifall der SPD und bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun ist die Grundschule Klotten, die jetzt im Fokus steht, eine Schule, bei der es eigentlich gar keine Leitlinien braucht,

(Abg. Martin Haller, SPD: Sehr richtig!)

um zu sehen, dass sie in Bezug auf ihre Größe den Vorschriften des Schulgesetzes nicht gerecht wird,

(Abg. Martin Haller, SPD: Schon lange!)

also mindestens eine Klasse pro Jahrgangsstufe. Eine Betreuungsrelation von 1 : 7 klingt auf den ersten Blick positiv. Das hat aber auch Schattenseiten.

Das sagen nicht wir, sondern die Pädagoginnen und Pädagogen vor Ort. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis aus der „Rhein-Zeitung“ vom 1. Februar 2017. Zu Wort kommen die Leiterin der Klottener und die der Cochemer Grundschule: „Zwar würden ihre sieben Schüler gut aufeinander achten, das soziale Miteinander sei mit so wenigen Klassenkameraden aber schwierig. Da hat man bei der Wahl der Freunde kaum Optionen.“

(Heiterkeit bei dem Abg. Uwe Junge, AfD)

„Gruppenarbeiten seien nicht möglich, und auch der Sportunterricht sei nur eingeschränkt zu realisieren, erklären Maul und Donhauser unisono“, – die Schulleiterinnen. „Der Schwimmunterricht fällt aus, an Wettbewerben nimmt die Schule nicht teil. ‚Die Kinder können sich kaum messen‘, erklärt die Schulleiterin. Und auch für die Klassenlehrerin ist die Stelle in Klotten eine Umstellung: ‚Den Unterricht für drei Klassenstufen gleichzeitig vorzubereiten, ist eine Herausforderung‘, sagt Lilli Maul. Aus Sicht von Carmen Donhauser fehlt in dieser Situation auch der ständige Austausch mit Kollegen. Dieser sei wichtig für Arbeitsteilung und neue Ideen.“ Mehr ist dem nicht hinzuzufügen.

(Beifall der SPD und bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Entwicklung in Klotten das Ergebnis einer Abstimmung mit den Füßen ist. Ein Großteil der Klottener Kinder, nämlich 30, haben bereits im vergangenen Jahr die Grundschule in Cochem besucht, aus den Gründen, die die Lehrerin der Klottener Grundschule selbst darlegt.

Ich denke, es ist Konsens in diesem Haus, dass alle Kinder in Rheinland-Pfalz möglichst die gleichen Lernbedingungen haben müssen. Natürlich ist das aber nie zu 100 % möglich. Es wird immer so sein, dass es in Städten größere Grundschulen gibt, als es in Landkreisen der Fall ist.

Worum ich Sie alle, die Sie hier sitzen, weil wir alle für das gesamte Land zuständig sind, bitte, ist, auch einmal die Brille der Städter aufzuziehen und zu erkennen, dass Ihre Herangehensweise, gerade in Bezug auf den Fall Klotten, in den Städten auf nur wenig Gegenliebe und großes Unverständnis stößt.

Mainz hat in den letzten Jahren über 10.000 neue Einwohner bekommen. Das heißt, wir brauchen neue weiterführende Schulen.

(Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Natürlich brauchen wir auch Grundschulplätze.

In meinem Stadtteil, in dem ich Ortsvorsteher bin, der Mainzer Neustadt, leben 28.000 Menschen. Wir haben drei Grundschulen mit 700 Schülerinnen und Schülern. Natürlich sind wir froh, dass wir die Klassenmesszahl 24 an den Schulen haben, sodass das Lernen viel besser läuft, als es früher der Fall war.

Die Mainzer Neustadt ist aber ein sehr vielschichtiger Stadtteil. Wir haben um die 23 % Migrationsquote. Wir haben viele Menschen, die finanziell gesehen nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Deren Kinder, mit all ihren Herausforderungen und Problemen, gehen auf unsere drei Grundschulen. Diese Kinder brauchen jede Lehrerin und jeden Lehrer,

(Beifall des Abg. Alexander Licht, CDU – Zurufe von der CDU)

jede pädagogische Fachkraft und jede helfende Hand. Deswegen haben die Schulleiterinnen in meinem Stadtteil kein Verständnis dafür, dass es Grundschulen gibt, die sich eine Betreuungsrelation von 1 : 7 leisten.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)