Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Gibt es dazu Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann haben alle Fraktion diesem Überweisungsvorschlag zugestimmt. Damit ist der Tagesordnungspunkt erledigt.
Entlastung der Landesregierung Rheinland-Pfalz für das Haushaltsjahr 2014 Antrag der Landesregierung – Drucksache 16/6025 –
Entlastung des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz für das Haushaltsjahr 2014 Antrag des Rechnungshofs – Drucksache 16/6057 –
16/6050) sowie Ergänzung zum Schlussbericht der Landesregierung im Entlastungsverfahren für das Haushaltsjahr 2013 (Drucksache 16/6122) Unterrichtung durch die Landesregierung – Drucksache 17/7 –
Die Beratung beginnt mit der Berichterstattung. Ich darf dem Abgeordneten Dr. Weiland dazu das Wort erteilen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das Entlastungsverfahren für das Haushaltsjahr 2014 findet mit der heutigen Befassung des Landtags seinen formellen Abschluss. Mit der Erteilung der Entlastung wird zum Ausdruck gebracht, dass die parlamentarische Rechnungsprüfung beendet ist, das Haushaltsgebaren der Landesregierung im Ganzen gebilligt wurde und die Regierung insoweit ihrer politischen Verantwortung dem Landtag gegenüber gerecht geworden ist. Somit wird ein Schlussstrich unter die Haushaltswirtschaft 2014 gezogen.
Das Entlastungsverfahren ist, wenn man so will, Kernstück demokratischer Staatskontrolle und Korrelat zum parlamentarischen Budgetrecht. Im Rahmen des Entlastungsverfahrens muss sich die Landesregierung dafür verantworten, dass der Haushaltsplan in Übereinstimmung insbesondere mit dem Haushaltsverfassungsrecht, der Landeshaushaltsordnung und dem Haushaltsgesetz vollzogen und mit den vom Landtag bewilligten Haushaltsmitteln wirtschaftlich und sparsam umgegangen wurde.
Dieses Verfahren wurde eingeleitet, indem die Ministerin der Finanzen mit Schreiben vom 14. Dezember 2015 die Haushaltsrechnung und die Vermögensübersicht für das Haushaltsjahr 2014 vorgelegt sowie zugleich beantragt hat, die Landesregierung zu entlasten.
Auf dieser Basis sowie den Grundlagen des Jahresberichts 2016 des Rechnungshofs und der Stellungnahme der Landesregierung hierzu hat die Rechnungsprüfungskommission zusammen mit dem Rechnungshof und Vertretern der Ministerien und der Staatskanzlei an drei Sitzungstagen im Juli 2016 Beschlussempfehlungen für den Haushaltsund Finanzausschuss des Landtags erarbeitet.
Die Beschlussempfehlung und der Bericht liegen Ihnen als Drucksache 17/900 vor. Diese insgesamt fünf Punkte umfassende Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses inklusive der Entlastung der Landesregierung wurde in der Sitzung am 8. September 2016 einstimmig gefasst.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich einige Schwerpunkte der Beratungen der Rechnungsprüfungskommission ansprechen. Hierzu zählt selbstverständlich wie auch in den vergangenen Jahren die Grundsatzaussprache zum Landeshaushalt und zu den aus der angespannten Finanzlage zu ziehenden Folgerungen. Grundlage für die Aussprache bildete hierbei der Jahresberichtsbeitrag des Rechnungshofs zur Haushaltslage des Landes und zu ihrer voraussichtlichen Entwicklung, in dem wesentliche Kennzahlen zur Haushaltsanalyse zusammengestellt sind.
Diese Kennzahlen belegen einerseits, dass die Verringerung des strukturellen Defizits bis Ende 2014 auch infolge des historisch niedrigen Zinsniveaus weiter fortgeschritten ist, als es nach der Planung erwartet worden war. Andererseits macht der Bericht des Rechnungshofs aber auch deutlich, dass noch erhebliche Anstrengungen erforderlich sind, um den Haushalt gemäß den Vorgaben der neuen
Schuldenregel spätestens im Jahre 2020 ohne strukturelle Schuldenaufnahme in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen.
Auf einige Kennziffern darf ich zur Verdeutlichung der weiterhin angespannten Haushaltslage eingehen. Die laufende Rechnung – das ist, vereinfacht ausgedrückt, der konsumtive Haushaltsteil – schloss 2014 mit einem Überschuss von 384 Millionen Euro ab. Trotz eines erheblich höheren Steueraufkommens blieb der Überschuss damit um 64 Millionen Euro hinter dem Vorjahreswert zurück. Er reichte nicht zur Deckung der Investitions- und Tilgungsausgaben aus.
Zum Haushaltsausgleich wurden neue Kredite von insgesamt 754 Millionen Euro benötigt, davon 616 Millionen Euro für den Kernhaushalt und 138 Millionen Euro für die Landesbetriebe.
Infolge des Kreditbedarfs stieg die Gesamtverschuldung des „Konzerns Land“ – also des Kernhaushalts und der Betriebshaushalte – bis Ende 2014 auf fast 37,5 Milliarden Euro. In diesem Betrag sind Schulden von nahezu 4,2 Milliarden Euro beim Pensionsfonds und der Versorgungsrücklage enthalten.
Die aus den Schulden resultierenden Haushaltsbelastungen werden anhand von Ländervergleichen deutlich. Die Pro-Kopf-Verschuldung von Rheinland-Pfalz lag Ende 2014 mit 8.157 Euro um fast 41 % über dem Durchschnitt der anderen Flächenländer. In diesem Betrag sind nach den Dokumentationen des Bundesministeriums der Finanzen über den Schuldenstand der Länder am Ende des Monats Dezember 2014 die Darlehen beim Pensionsfonds und bei der Versorgungsrücklage noch nicht enthalten.
Der Schuldendienst beansprucht einen hohen Teil an Steuern und allgemeinen Zuweisungen. So musste 2014 fast jeder zwölfte Euro allein zur Zahlung von Zinsen eingesetzt werden. Mit 237 Euro je Einwohner überstiegen die Zinsausgaben des Landes den Durchschnittswert der anderen Flächenländer um nahezu 39 %. Ihr Anteil an den Gesamtausgaben betrug in Rheinland-Pfalz 6,3 %, bei den anderen Flächenländern im Durchschnitt 4,4 %.
Außerdem sollte eine Reihe weiterer Haushaltsbelastungen und Risiken nicht außer Acht bleiben, auf die der Rechnungshof in seinem Jahresbericht 2016 hinweist. Hierzu zählen zum Beispiel Wohnbauschulden des Landes beim Bund von mehr als 226 Millionen Euro, künftig noch zu erfüllende Verpflichtungen von rund 155 Millionen Euro aus der privaten Vorfinanzierung von Investitionen sowie übernommene Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen von 2,3 Milliarden Euro, aus denen das Land noch in Anspruch genommen werden kann.
Außerdem sollten die eingegangenen längerfristigen Zahlungsverpflichtungen unter anderem im Zusammenhang mit der Optimierung der Erträge des Wohnbauvermögens und der einseitigen Ablösung von Verträgen über den Einsatz derivativer Finanzinstrumente nicht unberücksichtigt bleiben.
Gleiches gilt für zurückgestellte notwendige Investitionen und erforderliche Unterhaltungs- sowie Instandsetzungs
ausgaben, unter anderem für Gebäude, Brücken und Straßen. Zu dem Letztgenannten ist der Investitionsbedarf in den beratenden Äußerungen des Rechnungshofs vom August 2015 zur Erhaltung des Landesstraßennetzes mit 970 Millionen Euro beziffert.
Diese Gesichtspunkte sollten bei der Bewertung des von mir bereits angesprochenen Fortschritts bei der Verringerung des strukturellen Defizits nicht unerwähnt bleiben. Dieses betrug Ende 2014 noch 388 Millionen Euro. Damit wurde das nach der Planung erwartete Defizit um mehr als 300 Millionen Euro unterschritten. Nach den vorläufigen Rechnungsergebnissen verringerte sich das strukturelle Defizit bis Ende 2015 weiter auf 234 Millionen Euro.
Der Rechnungshof geht in seinem Jahresbericht 2016 davon aus, dass der Haushalt 2020 erstmals mit einem strukturellen Überschuss abschließen könnte, wenn die von der Landesregierung vorgesehenen Konsolidierungsbeiträge im Vollzug konsequent erwirtschaftet werden.
In der Rechnungsprüfungskommission bestand angesichts der genannten Haushaltskennzahlen sowie der beschriebenen Risiken und Haushaltsbelastungen Einvernehmen, dass zur Sicherstellung der finanziellen Handlungsfähigkeit des Landes sowie zur Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben bezüglich des Haushaltsausgleichs die beschlossenen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung konsequent umzusetzen und die noch offenen Handlungsfelder möglichst bald durch konkrete Festlegungen zu schließen sind.
In der aktuellen Finanzplanung geht die Landesregierung von einem offenen Handlungsbedarf ab 2017 von 420 Millionen Euro aus. Davon sind in dem Rechenwerk 180 Millionen Euro als weitere Personaleinsparungen und 240 Millionen Euro in der Gruppe 549 „Globale Minderausgaben“ berücksichtigt. Insoweit konzentriert sich die Konsolidierungsplanung zu einem hohen Teil auf den Bereich der Personalausgaben.
Die Landesregierung hat bereits zugesagt, eine „ressortbezogene bzw. behördengenaue Zuordnung“ der vorgesehenen Einsparungen von 2.000 Stellen „vor der Einbringung des nächsten Doppelhaushaltes“ vorzulegen, die nunmehr für Dezember 2016 angekündigt ist.
In diesem Zusammenhang könnten die Feststellungen des Rechnungshofs zur Organisation und zum Personalbedarf des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung, die einen weiteren Schwerpunkt der diesjährigen Beratungen der Rechnungsprüfungskommission bildeten, umfassend einbezogen werden.
Nach dessen Untersuchungen könnten beim Landesamt ohne Qualitätsverlust bei der Aufgabenerledigung allein in den geprüften Bereichen insgesamt mehr als 150 besetzte Stellen eingespart und dadurch Personalausgaben von bis zu 10,5 Millionen Euro jährlich vermieden werden.
Hierzu bedarf es einer Straffung der Aufbau- und Ablauforganisation und der konsequenten Nutzung der mit der
Eingliederung der Ämter für soziale Angelegenheiten verbundenen Synergieeffekte. Die Landesregierung hat angekündigt, eine Konzeption zu erarbeiten, mit deren Hilfe Stellen von 93,25 Vollzeitäquivalenten abgebaut werden könnten, und weitere Einsparungen anzustreben. Auch zu diesem Beitrag bestand in der Rechnungsprüfungskommission Einvernehmen, dass das vom Rechnungshof aufgezeigte Potenzial zum Abbau entbehrlicher besetzter Stellen möglichst vollständig genutzt werden sollte.
Einen weiteren Beratungspunkt, den ich aus Gründen einer möglichst umfassenden Information des Haushaltsgesetzgebers über etwaige künftige Haushaltsvorbelastungen anspreche, ist die Förderpraxis im Bereich der Baumaßnahmen in Ganztagsschulen.
Den Feststellungen des Rechnungshofs zufolge bewilligte das zuständige Ministerium oftmals Teilbeträge der vorgesehenen Gesamtzuwendung und stellte die restliche Förderung in Aussicht. Insoweit hatten die Schulträger Baumaßnahmen über mehrere Jahre vorzufinanzieren. Die Summe der in Aussicht gestellten Fördermittel, die im Jahresbericht 2016 auf mindestens 150 Millionen Euro beziffert ist, war bisher den Haushaltsplänen des Landes nicht zu entnehmen. Der Rechnungshof wies darauf hin, dass hieraus de facto nicht mehr revidierbare Förderverpflichtungen und damit haushalterische Zukunftsbelastungen resultieren, die das Budgetrecht des Landtags unmittelbar tangieren.
Die Rechnungsprüfungskommission hält es für erforderlich, dass die Landesregierung über die in Aussicht gestellten Förderungen im Schulbau für Zwecke der Beratungen über den Doppelhaushalt 2017/2018 berichtet.
Neben 19 Beiträgen des Jahresberichts 2016 waren insgesamt 19 Restanten aus den Vorjahren, die im Rahmen des Entlastungsverfahrens nicht oder noch nicht als erledigt angesehen werden können, Gegenstand der Beratungen der Rechnungsprüfungskommission.
Zu den Altfällen zählte unter anderem der Beitrag „Entgeltvereinbarungen für Leistungen der Eingliederungshilfe in Werkstätten für behinderte Menschen“, auf den ich in aller Kürze eingehe.
Mit ein Grund dafür, dass sich die Rechnungsprüfungskommission bereits im zweiten aufeinanderfolgenden Jahr mit dieser Thematik befasste, war, dass die vom Landtag 2015 gefassten Beschlüsse größtenteils noch nicht zufriedenstellend umgesetzt waren. Trotz einer seit 1996 bestehenden bundesgesetzlichen Verpflichtung hat das Land – und dies auch im Unterschied zu anderen Ländern – mit den Vereinigungen der Einrichtungsträger auf Landesebene keine Rahmenverträge und mit den Einrichtungsträgern keine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen geschlossen.
Auch von der Möglichkeit, bei Weigerung zum Abschluss von Rahmenverträgen trotz schriftlicher Aufforderung eine Rechtsverordnung zu erlassen, hat das Land noch nicht Gebrauch gemacht.
Namens der Rechnungsprüfungskommission erinnere ich daran, dass die Landesregierung nach vergleichbaren Prü
fungsfeststellungen des Rechnungshofs Anfang des Jahres 2013 den Erlass einer Rechtsverordnung angekündigt hatte und die Angelegenheit deshalb im damaligen Entlastungsverfahren für erledigt erklärt worden war. Im April 2014 hatte das Fachressort dann allerdings mitgeteilt, dass die Rechtsverordnung nicht in Kraft gesetzt werde, weil die Vorlage des Bundesteilhabegesetzes abgewartet werden solle.
Ich halte fest, niemandem geht es darum, auf Kosten behinderter Menschen zu sparen. Allerdings erachtete es die Rechnungsprüfungskommission auch bei den diesjährigen Beratungen als problematisch, dass das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung bei Entgeltvereinbarungen auf die Vorlage von Nachweisen über die wirtschaftliche Situation der Werkstätten verzichtete und von seinem gesetzlichen Prüfrecht keinen Gebrauch machte.
Das Landesamt erhöhte regelmäßig ohne Nachweis und Kenntnis der Notwendigkeit die Tagessätze. Diese Sachverhalte sind auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass im Ergebnis rund 230 Millionen Euro jährlich an Sozialhilfe an Werkstätten in Rheinland-Pfalz ausgezahlt werden und die vereinbarten Tagessätze nach dem Kennzahlenvergleich der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe deutlich über dem Durchschnitt der anderen Länder liegen. Angesichts dessen hat die Rechnungsprüfungskommission eine Reihe von Empfehlungen ausgesprochen, die von dem unverzüglichen Erlass einer Rechtsverordnung nach erfolglosem Ablauf der Frist für den Abschluss eines Rahmenvertrags und einer sachgerechten Festlegung der Vergütungsschlüssel bis hin zur nachdrücklichen Forderung der Vorlage geeigneter Unterlagen zur Beurteilung der Angemessenheit der Tagesätze und der unverzüglichen Prüfung der Unterlagen reicht.
Darüber hinaus hat die Rechnungsprüfungskommission – orientiert an der Rechtslage in Schleswig-Holstein – empfohlen, den Trägern der Sozialhilfe zustehende Prüfrechte gegenüber Dritten im Zusammenhang mit Rechtsvorschriften oder Verträgen des SGB XII dem Rechnungshof ergänzend einzuräumen. Eine Prüfung, an welcher geeigneten Stelle diese ergänzenden Prüfrechte gesetzlich verankert werden, hat das Ministerium der Finanzen dankenswerterweise zugesagt.