Sie haben ein zweites Modellprojekt, das Sie in der Vergangenheit immer wieder erwähnt haben. Das ist die berufsbildende Schule in Kirn. Auch dort werden geistig behinderte Kinder unterrichtet. Dort gibt es keine Förderlehrerstunde und keinen Sonderpädagogen. Da darf ich einmal den Schulleiter zitieren, der übrigens SPDMitglied ist. Er sagt, man hat dort eine Katastrophe zulasten der Kinder umgesetzt.
Sie fordern, die Ausstattung der berufsbildenden Schulen mit Schulsozialarbeit zu verstetigen. Ich zitiere aus einer Ausgabe des vlbs vom November: „Die Schulsozialarbeit ist im BVJ weiter zu stärken. Da immer mehr Schulformen von der Schulsozialarbeit betreut werden müssen, bleibt den sozialpädagogischen Fachkräften kaum mehr Zeit, die Arbeit mit den Jugendlichen im BVJ zu leisten.“ – Schon jetzt ist die Ausstattung sehr schlecht. Das hören wir aus allen berufsbildenden Schulen. Sie wollen das verstetigen, aber gleichzeitig die Aufgaben im Berufsvorbereitungsjahr deutlich ausweiten. Das ist also eine Ressource, die nicht vorhanden ist und die weiter zulasten der Kinder geht.
Wir als CDU wollen keine Experimente, sondern wir haben die Verlässlichkeit zum Wohl der Kinder im Blick. Deswegen fordern wir, Inklusion mit Bedacht umzusetzen und berufsbildende Schulen konsequent einzubinden.
Dazu brauchen wir die Voraussetzungen sowohl in personeller wie auch in sächlicher Hinsicht. Das ist bisher in keinem Ihrer Konzepte vorgesehen. Die Aussage von Frau Ministerin Ahnen war immer – vielleicht hat sich das jetzt geändert –, dass es keine Förderlehrer an den berufsbildenden Schulen geben soll, um die Inklusion umzusetzen.
Berufsbildende Schulen haben auch keine Möglichkeit, Schwerpunktschule zu werden und sich darauf verlassen zu können, dass Ressourcen vorhanden sind, dass das mit Ganztagsunterricht laufen kann und es mehr
Einbindungen der beeinträchtigten Schülerinnen und Schüler gibt. Insoweit haben Sie mit dem, was Sie heute vorgestellt haben, zwar etwas gesagt, aber nichts getan.
Wir fordern nach wie vor – darauf haben wir immer hingewiesen – Konzepte, um das Konzept der Schwerpunktschulen und die Integration von beeinträchtigten Kindern auch im Bereich der berufsbildenden Schulen fortzusetzen und Möglichkeiten zu schaffen, sie auch in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Deshalb brauchen wir Konzepte, wie die berufsbildenden Schulen ihren Beitrag zur Inklusion leisten können.
In diese Konzepte müssen wir viele mit einbinden, unter anderem auch die Behindertenwerkstätten, um den Übergang von der Schule in den Beruf gemeinsam zu planen und Schülerinnen und Schüler zu unterstützen. Wir brauchen vor allem – das ist ganz wichtig – förderpädagogische Kriterien darüber, welchen Anspruch Schülerinnen und Schüler an berufsbildende Schulen haben, was die Lehrerinnen und Lehrer und das sonderpädagogische Fachpersonal anbelangt.
Das ist etwas, was es bisher noch nicht gibt. Die Schulen befinden sich im luftleeren Raum. Die Kinder haben keinerlei Förderung zu erwarten, weil die Lehrerinnen und Lehrer nicht ausgebildet sind und kein sonderpädagogisches Fachpersonal da ist.
Insoweit lehnen wir Ihren Antrag ab und bitten Sie, in diesem Punkt nicht zu experimentieren, sondern ein zielführendes Konzept vorzulegen, das auch Ressourcen beinhaltet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Präsident, mit Ihrer Genehmigung zitiere ich aus dem Antrag der Kollegin von der CDU: „Der gemeinsame Unterricht behinderter und nichtbehinderter Schüler hat Grenzen. Sie liegen auch dort, wo trotz aller Unterstützungsmaßnahmen der gemeinsame Unterricht die Mehrzahl der Schüler in ihrem Lernerfolg hemmt.“
Frau Kollegin, danke schön, dass Sie manchmal doch verblüffend ehrlich sind. Der Vorhang ist hochgezogen. Man sieht deutlich, was Sie von Inklusion halten. Inklusion geht, solange Sie nicht meinen, die Mehrheit der Schülerinnen und Schüler würde in ihrem Lernerfolg gehemmt.
Ich glaube, man könnte seine Rede an dem Punkt schon abbrechen, weil es kaum mehr eine ernsthafte Auseinandersetzung mit jemand geben kann, der ein solches Verständnis von Inklusion hat.
Inklusion – mein Kollege Gunther Heinisch hat es schon gesagt – ist viel mehr als das, was Sie uns erzählen wollen. Sie sprechen immer von den allgemeinbildenden Schulen und dem gemeinsamen Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern. Die Inklusion ist die Begleitung auf einem Weg zu einem selbstständigen Leben. Besonders ist das die Aufgabe, die man dann wahrnehmen muss, wenn man Schülerinnen und Schüler ins berufsbildende Schulsystem und in den beruflichen Alltag begleitet.
Hätten Sie sich die Mühe gemacht und wären ins Internet gegangen, hätten Sie sich anschauen können, welche Ansätze und Vorschläge man darin lesen kann. Dann würden Sie jetzt mit roten Ohren da sitzen ob der Sätze, die Sie gesagt haben, und der Kleingeistigkeit und der Angst davor, dass man nicht Inklusion machen könnte, wenn nicht ein ausgefeiltes System in Bronze gegossen ist.
Unsere berufsbildenden Schulen sind schon heute und seit mehr als zehn Jahren von Heterogenität von Schülerinnen und Schülern mit höchster Begabung und mit Behinderungen geprägt. Die Lehrerinnen und Lehrer dort haben schon immer die Fähigkeit besessen, durch individuelle Förderung, das einzelne Eingeben und das Definieren von Zielen, die mit den Begabungen und Leistungsfähigkeiten der Kinder in Einklang gebracht werden können, den Schulweg zu begleiten.
Ja, der Schulweg kann dann auch ohne die Berufsreife enden. Der junge Mensch hat aber dennoch einen Riesenschritt auf dem Weg zu einem selbstbestimmten Leben gemacht. Dieses in der Diskussion nicht mit zu bedenken, heißt schlicht und einfach, den Begriff der Inklusion nicht verstanden zu haben.
Frau Kollegin, es ist schlimm, wenn man darüber diskutiert, weil man sofort im Ansatz der pädagogischen Überlegung restriktiv vorgeht und sagt, ohne Abschluss ist das alles nichts. Wir wissen aber, dass der Weg in den Beruf so vielfältig ist wie die beruflichen Schulen sind. Deswegen können Sie dort nicht das, was Sie unbedingt wollen, die rechtliche Fixierung hinsichtlich des Übergangs in eine Schwerpunktschule so definieren wie mit einer allgemeinbildenden Schule, weil die Schulen unterschiedlich sind und unterschiedliche Lösungen brauchen.
Wir haben in unserem Antrag – Herr Heinisch hat ausführlich darüber geredet – Vorschläge und Konzepte gemacht, die – Frau Kollegin, ich kann es wirklich kaum glauben, wenn Sie zweifeln – mit und von den Schulen entwickelt werden. Die Experimentierklausel ist nämlich die Aufforderung und das Tablett für diese Schulen. Sie wissen es. Sie haben sich dafür bedankt und nehmen es wahr, ihre eigenen Konzepte für den jeweiligen Weg, den sie einschlagen wollen, zu entwickeln.
Frau Kollegin, aus diesen Konzepten werden sich dann auch die Anteile an Förderschullehrkräften, die die Schu
len brauchen, entwickeln. In welches Glas haben Sie eigentlich geschaut, als Sie plötzlich wussten, dass diese Schulen keine förderpädagogischen Fachkräfte bekommen werden? Natürlich werden sie die Fachkräfte bekommen.
Sie werden weitergebildete Fachkräfte aus ihrem Pool des Fachpersonals der berufsbildenden Lehrerinnen und Lehrer haben. Sie werden Förderpädagoginnen und Förderpädagogen haben. Natürlich werden sie weiter qualifizierte Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter haben.
Alle Behauptungen, die Sie an diesem Pult von sich gegeben haben – das gibt es nicht, das wird es nicht geben, ich weiß das schon –, sind schlicht und einfach Unfug, wenn ich Ihnen das einmal mit dem harten Wort sagen darf.
Unsere Schulen arbeiten bereits auf dem Weg zur Inklusion mit dem großen Verständnis für Schülerinnen und Schüler mit viel und weniger viel Begabung. Darauf bauen wir auf. Wir bauen auch darauf.
Zusammen mit dem, was im Bereich der Beratung entsteht, werden diese Schulen eine Entwicklung hin zu einer offenen inklusiven Schule machen, in der jeder Schüler und jede Schülerin, die dort ankommt, auf ihrem individuellen Weg bis zum Abschluss oder ohne Abschluss begleitet werden.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist gut, dass wir heute über die Stärkung der schulischen Inklusion an berufsbildenden Schulen sprechen. Es wurde schon viel Richtiges, aber auch viel Falsches gesagt. Bevor ich Ihnen erläutere, was wir vorhaben, um die Inklusionskompetenz an den berufsbildenden Schulen zu stärken und zu unterstützen, möchte ich Ihnen erst einmal sagen, dass unsere berufsbildenden Schulen schon heute eine hervorragende Integrationsarbeit leisten.
Das verdient Applaus, weil in allen Schulformen der berufsbildenden Schulen junge Menschen mit Behinde
rungen unterrichtet werden. Unsere Lehrkräfte an den berufsbildenden Schulen tun dies mit großem Engagement, aber auch mit Unterstützung.
Frau Dickes, das muss ich an Sie gerichtet sagen. Natürlich gibt es Unterstützung in Form von Berufspädagogen. Natürlich gibt es auch heute schon eine Zusammenarbeit mit Förderschulen und berufsbildenden Schulen. Es gibt nicht das Konzept der Schwerpunktschule. Dazu stehe ich auch. Man würde den berufsbildenden Schulen keinen Gefallen tun, wenn man ihnen ein Konzept überstülpen würde, was der Vielzahl und der Differenziertheit der Angebote an den berufsbildenden Schulen überhaupt nicht Rechnung tragen würde. Eine solche Forderung kenne ich auch nicht aus dem Bereich der berufsbildenden Schulen.
Deswegen lassen Sie mich vielleicht sagen, wie wir den Antrag von den Regierungsfraktionen, über den ich mich wirklich gefreut habe, aufgreifen werden und was wir vorhaben zu entwickeln. Es wurde schon erwähnt. Wir haben mit dem § 109a im Schulgesetz die Experimentierklausel. Das ist eine schulgesetzliche Grundlage, die es uns ermöglicht, ein strukturiertes Inklusionskonzept für berufsbildende Schulen zu entwickeln, und zwar im Berufsvorbereitungsjahr. Darauf haben wir uns konzentriert. Hier soll an zehn ausgewählten Standorten zum Schuljahr 2015/2016 begonnen werden.
Worum geht es? Das Angebot im Berufsvorbereitungsjahr soll sich vor allem an Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung richten, die derzeit eine Schwerpunktschule besuchen, und zwar aufbauend auf Erfahrungen, die die berufsbildenden Schulen gemacht haben. Auch dieses Konzept haben wir nicht im luftleeren Raum entwickelt und schon gar nicht am grünen Tisch oder an einem Tisch im Ministerium. Wir haben geschaut, welche unterschiedlichen Konzepte, die gut sind, es schon im Berufsvorbereitungsjahr an berufsbildenden Schulen gibt. Diese haben wir aufgegriffen und daraus das BVJ-Inklusionskonzept entwickelt. Ich sage Ihnen gleich, wie es gehen soll.
Da die Schwerpunktschule im Unterschied zur Förderschule ganzheitliche Entwicklung keine Werkstufe anbietet, werden wir diesen Schülerinnen und Schülern – deswegen diese Schwerpunktsetzung – ein Angebot im BVJ machen.
Ziel ist es, diesen jungen Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen und ihnen eine Chance auf dem Ersten Arbeitsmarkt zu bieten.
Frau Dickes, es ist in der Tat schade, ich kann Sie natürlich nicht zwingen zuzuhören, aber jetzt käme ich zu der Ausstattung. Es geht nämlich nicht mit „null Ressourcen“. Wir werden nicht weiterkommen und kein Konzept haben. Das dauert ungefähr eine Minute. Wenn Sie jetzt zuhören, können wir uns darüber fachlich auseinandersetzen.
Wir haben nämlich vor, an zehn Standorten das Berufsvorbereitungsjahr Inklusion mit folgender Ausstattung zu machen: 20 Lehrerwochenstunden pro BVJ-Inklusionsklasse, bis zu vier Schülerinnen und Schüler sollen diese Inklusionsklassen mit dem Förderschwerpunkt ganzheit