Protocol of the Session on January 29, 2015

Wir sind kleiner.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Falsche Zitate sind schon eine Unverschämtheit!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Ratter.

Danke, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns doch zu den Inhalten zurückkehren. Es ist doch albern, dass sich ein Parlament über die Zahlen in dieser Form streitet.

(Frau Huth-Haage, CDU: Gebrochene Versprechen!)

Wir haben einen Koalitionsvertrag, und an den halten wir uns. Das ist der Fall. Wir haben Aufgaben. Diese Aufgaben werden in Zukunft nicht geringer werden. Diesen Aufgaben stellen wir uns. Wir sollten uns darauf konzentrieren, dass wir den Kindern, die in unseren Schulen sind, eine möglichst gute Bildung und Ausbildung angedeihen lassen. Das könnten wir sehr wohl auch gemeinsam tun.

Wir wollen die neuen Aufgaben, die auf die Schulen zukommen. Wir reden alle, als stünden wir hinter der UN-Behindertenrechtskonvention. Wir setzen uns alle für die Inklusion ein. Wir wollen allen unseren Neuankömmlingen in unserem Bundesland eine Willkommenskultur zukommen lassen, die es ihnen ermöglicht, in der Gesellschaft Fuß zu fassen.

Das sind unsere Aufgaben. Denen sollten wir uns stellen. Wir sollten dafür sorgen, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die an unseren Schulen unterrichten, in der Lage

sind, diesen Aufgaben nachzukommen. Das hängt nicht an der Klassenmesszahl. Die Klassenmesszahlen sind tatsächlich in einem Umfang realisiert worden, wie man sehr gut pädagogisch wertvoll unterrichten kann. Hinter dieser Aufgabenstellung hat sich die Landesregierung versammelt. Wir werden das Beste tun, dass jedes Kind, das in unserer Schule ist, die bestmögliche Ausbildung erhält.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit treten wir in die Mittagspause ein. Wir werden um 13:15 Uhr wieder beginnen. Wir haben heute einmal eine etwas längere Mittagspause. Das hat etwas mit den Gebärdendolmetschern zu tun.

U n t e r b r e c h u n g d e r S i t z u n g: 11:56 Uhr.

W i e d e r b e g i n n d e r S i t z u n g: 13.15 Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen unsere heutige Plenarsitzung fort.

Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:

Willkommen in Rheinland-Pfalz Regierungserklärung der Ministerin für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen

Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Alt.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute, während wir im Plenum sitzen, hoffen rund 1.700 Menschen in unseren Erstaufnahmeeinrichtungen in Trier und Ingelheim auf eine bessere Zukunft für sich und ihre Familien. Heute besucht eine Bürgermeisterin die gerade in ihrer Stadt angekommenen Flüchtlinge, um sie willkommen zu heißen.

Heute weisen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialdienstes der AfA Trier die neu angekommene Gruppe Asylsuchender wie üblich in die Gepflogenheiten und Alltagssituationen in Deutschland ein. Heute begleitet ein ehrenamtlicher Integrationslotse einen Flüchtling bei seinem Behördengang. Heute bringt ein Lehrer in einem Sprachkurs Asylsuchenden ihre ersten Worte auf Deutsch bei.

Heute plant ein Landrat, wo er in seinem Landkreis die nächste Gruppe von Zufluchtsuchenden unterbringen

kann. Heute richtet eine Kirchengemeinde eine Unterkunft für Flüchtlinge in ihrem Pfarrhaus ein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch heute heißen viele Menschen Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz willkommen. Deshalb lautet der Titel meiner Regierungserklärung: „Willkommen in Rheinland-Pfalz“.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Menschen aus vielen Ländern dieser Erde fliehen vor Krieg, vor Gewalt, vor Verfolgung, Elend und Not. Sie verlassen ihre Heimat, lassen Hab und Gut zurück und suchen Zuflucht bei uns, und sie finden Zuflucht bei uns. Sie werden willkommen geheißen von den Menschen in Rheinland-Pfalz, die sie offen und positiv in Empfang nehmen und bereit sind, ihnen bei uns eine neue Heimat zu geben. All diesen Menschen in unserem Land, die sich für die Flüchtlinge engagieren, in Institutionen des Landes, in den Kommunen, in den Kirchen und Glaubensgemeinschaften, in den Vereinen, Sozialdiensten, Unternehmen und Verbänden, in den Redaktionen von Zeitungen, in Radio und Fernsehen, den Menschen in den vielen ehrenamtlichen Initiativen, all diesen Menschen in Rheinland-Pfalz möchte ich ganz herzlich, von ganzem Herzen im Namen der Landesregierung für ihr großartiges Engagement danken. Vielen herzlichen Dank!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge ist eine große Aufgabe, die unsere gesamte Gesellschaft fordert. Bund, Land, Kommunen und die Zivilgesellschaft müssen zusammenstehen bei dieser großen gesamtgesellschaftlichen Kraftanstrengung. Ich bin überzeugt, dass wir diese Kraftanstrengung gemeinsam mit allen Akteuren im Land meistern werden.

Im Jahr 2014 sind rund 10.000 Menschen nach Rheinland-Pfalz gekommen, und in diesem Jahr könnten es bis zu 15.000 Menschen werden. Dies bedeutet, dass wir in diesem Jahr zusätzliche Maßnahmen auf den Weg bringen müssen und das Engagement des Landes weiter verstärken werden, insbesondere deshalb, um dabei auch die vielen Akteure im Land noch stärker zu unterstützen.

Deshalb hat die Landesregierung einen Maßnahmenplan verabschiedet, gerade auch mit Blick auf die Unterstützung der Kommunen. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen an der Flüchtlingspolitik beteiligten Ressorts der Landesregierung und bei allen Kolleginnen und Kollegen für die gute, vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Vielen Dank!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Land hat die Platzzahl in der Erstaufnahme seit 2012 von 700 Plätzen auf aktuell 1.700 Plätze mehr als verdoppelt. Darüber hinaus ist das Land intensiv in den Planungen für eine weitere Einrichtung, für eine dritte

und eine vierte Aufnahmeeinrichtung in Hermeskeil und in Kusel, involviert. Wir führen intensive Gespräche mit den kommunal Verantwortlichen, mit den Bürgerinnen und Bürgern, und ich bin optimistisch, dass wir bald eine weitere Erstaufnahmeeinrichtung schaffen können, eine Maßnahme, die alle Kommunen entlasten wird.

Vor wenigen Tagen habe ich mit 700 Bürgerinnen und Bürgern und Kommunalvertretern in Hermeskeil diskutiert. Dabei konnten Informationen ausgetauscht, Fragen, Bedenken und auch die Erwartungen der Kommunen formuliert werden. In diesem Zusammenhang möchte ich einen Satz zu den Diskussionen und zu den Forderungen nach zusätzlicher finanzieller Unterstützung des Landes sagen. Die rot-grüne Landesregierung hat ein großes Interesse daran, dass diese Bedingungen in den Kommunen mit Erstaufnahmeeinrichtungen im Hinblick auf die öffentliche Struktur, die Sicherheit und die Angebote zur Betreuung und Integration der Flüchtlinge so finanziert sind, dass ein gutes und friedvolles Zusammenleben vor Ort möglich ist.

Wofür wir als Land allerdings kein Verständnis haben, ist, wenn die Prüfung neuer Standorte für Erstaufnahmeeinrichtungen zum Anlass genommen wird, überzogene Forderungen an das Land zu richten. Dafür haben wir kein Verständnis.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ziel der Schaffung weiterer Erstaufnahmeeinrichtungen ist für uns, die gesetzlich zulässige maximale Aufenthaltsdauer von drei Monaten auszuschöpfen und so den Kommunen entgegenzukommen. Dies erfordert erhebliche zusätzliche Mittel, die das Land bereitstellen wird. Insgesamt werden wir in diesem Jahr 90 Millionen Euro für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen aufbringen, wovon die Kommunen 52 Millionen Euro erhalten, und das Land wird zusätzlich 20 Millionen Euro für die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in die Hand nehmen; denn die Kosten für diese jungen Flüchtlinge übernimmt das Land vollständig. Die Kommunen sind von diesen Kosten freigestellt.

Das Land wird darüber hinaus den Kommunen geeignete landeseigene Liegenschaften mietfrei zur Verfügung stellen. Dazu haben wir den Kommunen bereits regionale Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner genannt, die über freie Liegenschaften informieren und Gespräche über eine Nutzung zur Unterbringung von Flüchtlingen vermitteln. Auch im Rahmen der Konversion wird das Land die Kommunen bei der Nachnutzung frei werdender Liegenschaften unterstützen.

Zusätzlich wird über die Investitions- und Strukturbank ein Kreditprogramm für Investitionen zur Instandsetzung, Modernisierung und Errichtung von Wohnraum für Flüchtlinge aufgelegt. Dieses Programm beinhaltet unter anderem Kommunalkredite im Volumen von 20 Millionen Euro, die drei Jahre zinsfrei sind, und auch ein Förderdarlehen, das private Vermieter anspricht. Bei kommunalübergreifenden Kooperationsvereinbarungen zur Unterbringung der Flüchtlinge ermuntern und beraten wir sehr gern.

Meine sehr geehrte Damen und Herren, es ist mir wichtig, zu betonen: Es geht bei diesem Thema nicht allein um Kosten, Kredite und Kaufverträge. Es geht um Menschen. Es geht nicht nur um Gelände, Gebäude und Gegenstände zur Einrichtung. Es geht um Menschen. Und weil es um Menschen geht, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es unsere Aufgabe, sie so zu unterstützen, dass sie sich bei uns erfolgreich integrieren können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dafür sind aus meiner Sicht drei Dinge ganz besonders wichtig: die Sprache, die Arbeit und die psychosoziale Versorgung. Gute Integration braucht gute Sprachkenntnisse, und zwar bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Flüchtlinge wollen unsere Sprache lernen. Sie wollen sich integrieren, und wir sollten ihnen diese Möglichkeit geben.

Das Land hat bereits mit unterschiedlichen Partnern Projekte und Maßnahmen initiiert und umgesetzt. Wir haben bereits Anfang 2014 mit Landesmitteln eigene Sprachkurse für erwachsene Flüchtlinge mit verschiedenen Trägern gestartet; federführender Träger ist hier die katholische Erwachsenenbildung. Die Anzahl dieser landesfinanzierten Sprachkurse werden wir ab diesem Jahr mithilfe des Europäischen Sozialfonds mehr als verdoppeln können.

Auch in den Schulen hat das Land die Sprachförderung deutlich ausgeweitet. Für das laufende Schuljahr hat die Landesregierung die Lehrerstellen für Deutschintensivkurse auf über 300 Stellen erhöht, und dieses Engagement wird das Land weiter ausbauen. Bereits jetzt unterrichten zudem Lehrkräfte die schulpflichtigen Asylsuchenden in Trier und Ingelheim. Die zukünftigen AfAStandorte werden dann ebenfalls mit Lehrkräften für Deutschintensivkurse versorgt. Auch die Feriensprachkurse in Kooperation mit den Volkshochschulen und die Hausaufgabenhilfe mit Sprachtraining in der Primarstufe wird das Land weiter ausbauen.

Insgesamt wird die Landesregierung die Sprachförderung im Schulbereich so intensivieren, dass auch bei weiter steigenden Flüchtlingszahlen alle Quereinsteiger im Schulbereich ein adäquates Deutschförderangebot erhalten. Ich bedauere aber sehr, dass der Bund die Sprachkurse des BAMF nach wie vor nicht für Asylsuchende und Flüchtlinge geöffnet hat.

Mein Haus bietet zudem neben der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung eine zusätzliche Sprachförderung in den Kitas im Umfang von rund 6 Millionen Euro pro Jahr an. Darüber hinaus haben wir 500 interkulturelle Fachkräfte in den Kitas eingesetzt, was ein Volumen von weiteren 12 Millionen Euro pro Jahr ausmacht. Ich möchte in diesem Zusammenhang betonen: Gerade die Flüchtlingskinder brauchen unsere besondere Unterstützung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ungefähr ein Drittel aller Asylsuchenden, die zu uns kommen, sind Kinder und Jugendliche. Ich freue mich daher auch sehr, dass Lotto Rheinland-Pfalz im Rahmen seiner Aktion „Kinderglück“ in diesem Jahr alle Spenden in regionale Hilfsprojekte für Flüchtlingskinder in Rheinland-Pfalz gibt. Auch das ist gelebte Willkommenskultur gegenüber den Menschen, die bei uns Zuflucht suchen; denn es geht um Menschen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gute Integration braucht gute Arbeitsmöglichkeiten. Flüchtlinge wollen ihre Qualifikationen und ihre Potenziale einbringen. Sie wollen arbeiten, und das ist eine Chance für uns. Unter den syrischen Flüchtlingen gibt es zum Beispiel vergleichsweise viele Ärzte und Fachkräfte aus dem Gesundheitsbereich. Um diese Chance zu nutzen, haben die Flüchtlinge die Möglichkeit, ihre Abschlüsse anerkennen zu lassen, und sie brauchen eine reale Aussicht, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Um diese Chance zu nutzen, müssen wir auch die Arbeitgeber und ihre Interessen von Anfang an einbeziehen.

Deshalb hat sich die Landesregierung ganz konkret dafür eingesetzt, dass das Bundesprojekt „Early Intervention“ auch in Rheinland-Pfalz am Modellstandort Ludwigshafen startet. Das Projekt erfasst mitgebrachte Qualifikationen von Asylsuchenden bereits in der AfA und bietet eine intensive Arbeitsmarktberatung an. Die Landesregierung prüft bereits, wie man dieses Modellprojekt „Early Intervention“ auf weitere Standorte in Rheinland-Pfalz ausweiten kann.