Protocol of the Session on August 18, 2011

Wer hat den Mut, sich als Opposition hinzustellen und eine solch heiße Herdplatte mit anzupacken?

(Frau Klöckner, CDU: Haben wir gemacht!)

Sie haben überhaupt nichts gemacht. Die SPD hat vorgeschlagen, wenn wir diesen Weg gehen, dann gehen wir ihn gemeinsam.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Übrigens, die GRÜNEN haben es auch vorgeschlagen. Ich finde, es hätte verdient, dass darauf eingegangen wäre. Stattdessen hat es fünf bis sechs Wochen, gelinde gesagt, Diskussionen gegeben und keinerlei Antwort auf dieses Angebot.

(Frau Klöckner, CDU: Okay, es hat ein bisschen länger gedauert!)

Ich will zu unserem Verhalten im Bundesrat noch etwas sagen. Wir sind bereit, der Konditionierung, diesem Weg der Bundesregierung, von dem ich gesprochen habe, und anderen Dingen finanztechnischer Art, die naürlich stimmen und besprochen werden müssen, zu folgen.

Frau Klöckner, wenn Sie Ihrem Berater, Herrn Merz, gefolgt wären – das kann für Sie unbeachtlich sein, was ich sage, ich sage es trotzdem –, wenn Sie seiner Argumentation gefolgt wären, dann wüssten Sie, was heute im „Handelsblatt“ steht, nämlich dass er auch mit Blick auf seine Grundhaltung kein Freund von Staatsinterventionen ist. In diesem Artikel macht er deutlich, dass das, was der Finanzminister vorhin gesagt hat, stimmt, nämlich dass das Aufkaufen von Papieren, die sonst nicht mehr werthaltig wären, durch Zentralbanken mit entsprechenden Bürgschaften nichts anderes ist als eine staatliche Intervention. Darüber hinaus macht er deutlich, dass eine nach der anderen angeblich unüberspringbaren Hürden für die Bundesregierung in den letzten Monaten nach und nach eingesammelt worden sind. Wenn ich die Quintessenz richtig verstehe, schließt er damit diesen Weg einer konditionierten Eurobondslösung nicht aus.

Ich bin nach Ansätzen gefragt worden. Wir haben im Kabinett mehrfach über diese Fragen gesprochen. Wir sind bereit, mit Verantwortung zu übernehmen, und zwar auch an der Stelle, an der man keinen Dank erhält. Wenn es gut geht, ist es die Bundesregierung gewesen. Das ist in Ordnung. Ich glaube, es ist beachtenswert, wenn eine solche Mehrheitsbildung zustande kommen könnte. Das ist nicht bei der Empfindsamkeit der Finanzmärkte – – – Ich sage es jetzt selbst. Sie merken,

ich zögere, weil die Märkte schon wie ein höheres Wesen gehandelt werden. Das ist eine Ansammlung von Leuten, die gute oder weniger gute Interessen haben.

Eine Unklarheit, was man macht, wird dort immer sofort als Chance zum Angriff gesehen. Das haben wir erlebt. Ja, wir sind bereit, unseren Beitrag durch Zustimmung und Unterstützung zu leisten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn aus einem Kessel das Wasser ausläuft, tut man gut daran, nicht nur Wasser hineinzugießen, sondern das Leck zu suchen. Das ist wahr. Es ist deshalb für uns unverzichtbar, dass das, was wir tun können, wirklich getan wird, um unmäßige Spekulationen zumindest deutlich zu erschweren.

Neben den bereits genannten Maßnahmen – Herr Kollege Dr. Kühl hat das deutlich werden lassen – ist dies nicht zuletzt die Einführung einer Finanztransaktionssteuer.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben im Bundestag und im Bundesrat vor einem knappen Jahr debattiert. Es gab die Zustimmung der Bundesregierung. Bundesfinanzminister Schäuble hat damals in dieser Debatte gesagt, wir wollen versuchen, eine solche Finanztransaktionssteuer zuerst auf der Ebene der G 20, soweit es geht bei den großen Industrienationen, durchsetzen. Damit bin ich einverstanden. Wir sind dann bereit, es auf der europäischen Ebene zu versuchen. Wenn das nicht funktioniert – Stichwort Großbritannien und seine besondere Haltung –, sind wir bereit, im Euroraum eine solche Lösung zu suchen.

Warum gibt es sie nicht? – Jetzt ist der französische Präsident, wenn ich das richtig verstanden habe, was er dazu gesagt hat, dabei, viele andere auch. Wer nicht im Boot sein kann – ich unterstelle einmal, dass es so ist – wegen des Streits in der Bundesregierung zwischen der Union und der FDP, ist die Bundesrepublik Deutschland. Das Europäische Parlament hat mit breitester Mehrheit die Einführung einer solchen Finanztransaktionssteuer gefordert, deren Hintergrund nicht mehr und nicht weniger ist, es unattraktiv zu machen, mit Milliardenbeträgen zu spekulieren und damit riesige Gewinne machen zu können. Ich fordere ein, dass wir dieses Instrument einsetzen. Es ist ein wichtiges ergänzendes Instrument.

Lassen Sie mich dann noch zwei Punkte nennen, die auch unmittelbar – noch unmittelbarer als die anderen Punkte – uns betreffen: Haushaltskonsolidierung ganz eindeutig auch in Deutschland und auch in RheinlandPfalz. Wir haben in den letzten Tagen und Wochen Musterbeispiele erlebt, wie groß die Bereitschaft ist, dann auch vergleichsweise noch kleine und überschaubare Operationen zu machen. Trotzdem werden wir es machen. Den Blick auf andere Volkswirtschaften zu richten und selbst nicht die Kraft zu haben, das Notwendige in der richtigen Zeit zu tun, nämlich in einer immer noch guten wirtschaftlichen Situation, wäre ein kapitaler Fehler. Deshalb werden wir Ihnen einen Haushalt vorlegen, der ganz eindeutig klarmacht, dass wir diesen

Haushalt pro Jahr um 220 Millionen Euro konsolidieren und bis 2020 die Verfassungsschuldengrenze auch einhalten werden. Wir werden alle mit Spannung hören, an welcher Stelle das dann knirscht. Gestern ist schon eine angesprochen worden, nämlich die Frage der Besoldungsbegrenzung.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Wir werden mit Spannung erleben, ob es diesmal wirklich klappt!)

Sie werden sich darauf verlassen können, dass es klappt

(Dr. Rosenbauer, CDU: Sie haben es schon dreimal versucht, schon dreimal!)

und wenn Sie noch so sehr Störfeuer schießen –, und alle anderen Maßnahmen werden wir auch ergreifen müssen, nämlich in keinem Bereich wegzuschauen, sondern überall das Mögliche und das Notwendige zu tun. Verlassen Sie sich darauf. Wir haben uns das vorgenommen, und wir werden es tun, ohne unsere politischen Schwerpunkte zu vernachlässigen.

Also Haushaltskonsolidierung auch in Deutschland und auch in Rheinland-Pfalz.

Einen Punkt will ich hinzufügen dürfen. Wer in dieser Zeit immer noch über Steuersenkungen redet, wer immer noch darüber redet, dass wir jetzt schon Geld, das wir angeblich aus der noch nicht einmal bekannten – wir kennen nur eine Vorabstellungnahme – Vereinbarung mit der Schweiz bekommen sollen, für dauerhafte Steuersenkungen verwenden wollen – so wird doch in der Bundesregierung diskutiert –, der versündigt sich an dieser Situation und einer Lösungsfähigkeit.

(Starker Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Man kann nur dankbar sein, dass der Bundesfinanzminister bisher standhaft geblieben ist.

(Dr. Weiland, CDU: Guter Mann!)

Ja, er hat es nur sehr, sehr schwer – das muss man sagen – in seiner Koalition.

(Billen, CDU: Sie sind für die kalte Progression!)

Ja, wir lassen unseren nicht im Regen stehen. Da müssen Sie keine Sorgen haben.

(Frau Klöckner, CDU: Er ist für die kalte Progression!)

Es muss ganz klar sein, bevor die Haushalte konsolidiert sind, gibt es keine Chance für eine Steuersenkung. Ich rede jetzt nicht von kleinen Korrekturen, sondern – – –

(Frau Klöckner, CDU: Aha! Jetzt aber!)

Das ist doch wirklich schmerzhaft. Das tut ja noch mehr weh als mein gebrochener Zeh.

(Frau Klöckner, CDU: Das glaube ich!)

Nie wird jemand ausschließen können, dass da und dort kleine Korrekturen im Steuersystem vorgenommen werden müssen, aber es geht nicht, was die Bundesregierung immer wieder suggeriert, dass Bund, Ländern und Kommunen Milliardengrößenordnungen an Steuermindereinnahmen aufgebürdet werden, weil Haushaltskonsolidierung und damit ein Beitrag, ein Zeichen zur Stabilität in Europa und für die sogenannten Finanzmärkte, mit einer solchen Verhaltensweise nicht einhergeht. Das wird so schiefgehen, wenn Sie das machen, wie die Reagansche Politik in Amerika schiefgegangen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Deshalb war es mir wichtig, einige Zusammenhänge darzustellen. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir darüber miteinander reden und ein Meinungsbild herstellen. Bei allem Streit auch in den Einzelheiten wäre es ein Riesenerfolg, wenn wir uns darauf verständigen könnten, dass wir an einer solchen Stelle eine große Verantwortung haben. Gerade in Deutschland sind die Menschen, was die Währung und ihre Stabilität angeht, zu Recht aus den gemachten Erfahrungen aus dem letzten Jahrhundert sehr sensibel.

Frau Kollegin Klöckner, ich kann nicht erkennen, dass es einen wirklichen Unterschied zwischen einer Europakrise und einer so tiefgehenden Währungskrise in Europa gibt. Wenn wir es nicht schaffen, eine solche Krise zu meistern, dann wird Europa in seinen Kernbeständen gefährdet sein. Ich erinnere mich da übrigens an eine Reihe von Reden, die Altkanzler Helmut Kohl gehalten hat. Lesen Sie es einmal nach, und Sie werden genau den Gedanken finden.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Aber er hatte ja auch recht. Er hatte doch recht. Jetzt, wo es darum geht – damals hat kein Mensch an eine solche Krise gedacht, jetzt ist sie da –, kann man doch nicht eine theoretische Europakrise gegen eine Krise im Kern der europäischen Volkswirtschaften stellen. Wenn dieser Kern der europäischen Volkswirtschaften in den nationalen Ökonomien und in der Euroökonomie notleidend wird, wie wollen wir denn denen, die am Rande dazugekommen sind und erst in diese Gemeinschaft hineinwachsen wollen, helfen und den Weg wirklich bauen? Deshalb kann kein Unterschied gemacht werden zu sagen, Hauptsache Europa funktioniert. Europa muss in allen seinen Teilen besser als bisher funktionieren, aber es muss eben an der Stelle funktionieren, an der es darum geht, das Geld zu verdienen, damit wir die wirtschaftlichen Grundlagen für dieses Europa auch in Zukunft haben. Deshalb machen wir keine falschen Dinge auf. Niemand wird das tun.

Ich finde, das ist ein Riesenfortschritt. Niemand mit Verstand – ich nehme damit bestimmte radikale Parteien aus, aber nicht den Kern der demokratischen Gruppierungen – stellt doch diesen europäischen Weg des Friedens und der Gemeinschaft und einer gemeinsamen Bemühung um eine gute Lebensgrundlage für die Menschen und ökologische Verantwortung infrage. Dass dabei die Friedenserhaltung von unendlicher Bedeutung

ist, darüber sollte man immer wieder reden. Das ist gar keine Frage. Aber das ist Gott sei Dank nicht mehr wirklich irgendwo im Streit.

Deshalb Ja zu dieser europäischen Idee. Wenn aber der Lackmustest jetzt erbracht werden muss, dann darf man sich auch nicht in die Ausflucht „aber Europa ist doch so gut und groß und schön“ hineinbegeben, sonst versäumt man, seine Hausaufgaben zu machen. Dann wird das Große und Gute und Schöne nicht von heute auf morgen kommen. Gott sei Dank ist das alles stabiler, als manche immer wieder denken. Wenn wir den Lackmustest jetzt nicht bestehen, dann wird der Kern dieses Europas in der Tat wenn nicht infrage gestellt, so doch zutiefst beeinträchtigt sein.

Ich bitte um Verständnis, dass ich trotz einer glänzenden Rede meines Finanzministers und der notwendigen und richtigen Betrachtung jetzt auch noch von Frau Kollegin Lemke aus der Sicht der Wirtschaft auf unsere Interessen bezogen diese Zusammenhänge deutlich machen wollte, weil ich finde, das war eine der wirklich zentralen Debatten, die wir zu führen hatten und zu führen haben. Da, und nicht, wenn es um Plänkeleien geht, ist meines Erachtens ein Regierungschef auch gefordert.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Bevor ich Frau Staatsministerin Lemke das Wort erteile, möchte ich Gäste im Landtag begrüßen. Im Moment sind Schülerinnen und Schüler des Sozialkundekurses der 11. Jahrgangsstufe des Ganztagsgymnasiums Theresianum in Mainz anwesend. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile nun Staatsministerin Frau Lemke das Wort.

Herr Präsident, liebe Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier ist mehrfach die Frage gefallen, was das alles mit Rheinland-Pfalz zu tun hat. Vielleicht verschaffe ich Ihnen einfach einen Einblick in die Veranstaltung, die ich heute Morgen eröffnen durfte. Das war das Forum Außenwirtschaft: eine Art Messe, die Kontaktmöglichkeiten bietet, und zwar nicht nur der Industrie- und Handelskammern und der Auslandshandelskammer, der Handwerkskammern und der vielen Netzwerker, sondern vielmehr auch der Landesvertretungen, vieler, die mit uns Außenhandel betreiben. Darunter sind auch einige gute Partner aus den Ländern, die jetzt in die Europäische Union hineinwollen und erste Kontakte mit uns suchen. Vertreten waren Serbien, BosnienHerzegowina und viele andere mehr. Wir hatten auch andere Gäste, die nicht aus Europa kamen.