Protocol of the Session on September 24, 2014

In der gleichen Woche war dann in der Zeitung „Süddeutsche Zeitung“ zu lesen: „Am Dienstag wollte Dreyer zwar das Urteil als solches weiterhin nicht kommentieren; ‚das gehört sich nicht‘.“– sie kommentiert es nicht – „Aber sie fügte an, es lasse sie ‚nicht unberührt‘, was das Urteil für Deubel bedeute, dass es für dessen Ansehen ‚ein Desaster‘ sei. Dreyer sagte, sie sei froh, dass der Ex-Minister Revision eingelegt hat:“ (…)

So gehen die Zitate weiter. All diese Artikel sind im April dieses Jahres erschienen, sodass die Aufregung, die Sie jetzt an den Tag legen, damals hätte da sein müssen.

In der Zeitung „Trierischer Volksfreund“ schreibt Herr Lintz am 17. April – er ist weder Pressesprecher der SPD-Fraktion noch Pressemitarbeiter der Regierung –: „Es ist eine hohe Zeche, die der ehemalige Finanzminister Deubel für seine dubiosen Finanzierungskünste zahlen muss. Dreieinhalb Jahre Haft für eine Straftat, die nachweislich nicht dem Zweck diente, den Täter persönlich zu bereichern: Das ist eine harte Kante – vor allem, wenn man es mit einem Steuerhinterziehungsurteil wie im Fall Hoeneß vergleicht, wo es um Betrug zu Gunsten des eigenen Geldbeutels ging.“ – Das ist eine Stimme derjenigen, die nicht unbedingt uns zugerechnet werden können.

Auch Herr Professor Dr. Falter, der jetzt in aller Munde ist, hat damals gesagt, dass es nach seinem Gefühl ein sehr hartes Strafmaß sei. – Warum sollte Frau Ministerpräsidentin Dreyer sich in dieser Frage nicht äußern? Wollen Sie ihr einen Maulkorb anlegen? – Das werden Sie nicht schaffen. Wir haben eine starke Ministerpräsidentin,

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Ja, genau!)

die in der Lage ist, Dinge zu bewerten und den Menschen deutlich zu machen, was sie empfindet. Das können Sie überhaupt nicht.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Diese Aktuelle Stunde ist deswegen so überflüssig wie der berühmte Kropf. Wenn Sie einmal etwas über die Gerichtsschelte lesen wollen, dann empfehle ich Ihnen ein neues Buch Ihres Parteimitglieds Herrn Dr. Blüm, das er vor wenigen Tagen herausgegeben hat. Dort können Sie etwas über die Gerichtsschelte nachlesen. Ich mache mir diese Zitate nicht zu eigen, aber dann wissen Sie, worum es tatsächlich geht. – Heute geht es um die Meinungsäußerungen der Ministerpräsidentin zu einem Fall, die wir für völlig gerechtfertigt halten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Bracht, CDU: Herr Blüm ist aber nicht Minister- präsident von Rheinland-Pfalz! – Licht, CDU: Wo ist denn Herr Kollege Blüm noch amtierender Ministerpräsident?)

Ich erteile nun Herrn Kollegen Wiechmann das Wort.

Herzlichen Dank! – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Landgericht Koblenz hat in erster Instanz ein Urteil gefällt. Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig; es ist ein Berufungsverfahren anhängig, wie wir alle wissen.

Ich kann und will für meine Fraktion feststellen, wir haben dieses vorläufige Urteil gegen Herrn Professor Deubel nicht kommentiert. Bevor nicht eine rechtskräftige Entscheidung und eine schriftliche Urteilsbegründung vorliegen, werden wir uns – auch aus Respekt vor dem noch nicht abgeschlossenen Verfahren – einer Bewertung enthalten.

Eine Konsequenz – das ist nun tatsächlich meine ganz persönliche Einschätzung, egal, wie das Urteil am Ende auch immer aussehen wird – wird sicherlich sein, dass alle politisch verantwortlichen Entscheidungsträger auch aufgrund der Besonderheit des Verfahrens gegen Herrn Professor Deubel Entscheidungen, die sie in ihren jeweiligen politischen Ämtern treffen, noch viel gründlicher und akribischer als bisher prüfen werden, vor allem immer auch vor dem Hintergrund möglicher strafrechtlicher Relevanzen. Ich glaube, dies ist eine Konsequenz aus diesem Urteil. Dies hat Frau Ministerpräsidentin Dreyer in dem Interview, das soeben zitiert worden ist, angedeutet, und ich glaube, darin werden wir ihr alle recht geben.

Meine Damen und Herren, was in den vergangenen Tagen, auch ausgelöst durch den Landesrechnungshofbericht, bekannt wurde – auch das hat Herr Kollege Baldauf in seiner Rede bereits angesprochen –, bestätigt

die Kritik, die wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bereits vor der letzten Landtagswahl, vor dem 25. Mai 2011, geäußert haben: Das Projekt Nürburgring 2009 war und bleibt ein großer politischer Fehler der damaligen Landesregierung.

(Zurufe von der CDU)

Wir GRÜNE haben immer politische und juristische Aufklärung rund um die Konzeption und die Finanzierung des Freizeitparks am Nürburgring gefordert.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Weitere Zurufe von der CDU)

Die Aufarbeitung der Fehler der Vergangenheit hat in den vergangenen Jahren sowohl die Politik als auch die Justiz in unserem Land intensiv beschäftigt, und ich gehe davon aus, dass dies auch in den kommenden Monaten noch weitergehen wird. Alles, was dazu beiträgt, aus Fehlern zu lernen und sie für die Zukunft zu vermeiden, bringt uns weiter.

Unsere Aufgabe als verantwortliche Politikerinnen und Politiker ist es, die Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten und vor allem auch dafür zu sorgen, dass zukünftig solche Fehler nicht mehr gemacht werden. Dafür haben wir, hat Rot-Grün in den vergangenen Monaten schon vieles getan, und zu diesem Zweck werden wir auch noch weitere Konsequenzen ziehen müssen.

Meine Damen und Herren, Herr Baldauf, nun komme ich zu Ihnen. Seit zwei Tagen liegt offenbar die Beschlussvorlage der EU-Kommission zum Verkauf des Nürburgrings vor. – Herr Kollege Baldauf, nun müssen Sie zuhören! Wenn es sich bestätigt, dass die Kommission offenbar zu einer positiven Entscheidung zum Ring-Verkauf kommt, dann hätten wir endlich grundsätzliche Rechtssicherheit für den neuen Käufer und damit auch für den Ring und für die Region. Dies wäre ein ganz wichtiges Signal für eine gute Zukunft.

Die Art und Weise, wie Sie von der CDU in den vergangenen zwei Tagen diesbezüglich agiert haben, lässt meiner Meinung nach nur einen einzigen Schluss zu: Sie wollen eine weitere Eskalation, Sie wollen eine weitere Skandalisierung. Sie haben offensichtlich hinter den Kulissen alles dafür getan, um den Verkaufsprozess zum Scheitern zu bringen, damit capricorn nicht den Zuschlag erhält.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU: Wir? Wir? – Zurufe von der SPD: Genau so ist es!)

Frau Klöckner, Sie und Ihre CDU Rheinland-Pfalz haben bewusst in Kauf genommen, dass bei einem Scheitern des Verkaufsprozesses der Ring liquidiert werden würde. Sie haben unverantwortliche Schelte gegen die EUKommission geführt.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Sie haben in den vergangenen Tagen genau das getan, was Sie immer wieder der Landesregierung vorgeworfen haben: Sie haben unverantwortlich gegen die EUKommission gewettert.

(Bracht, CDU: Reden Sie doch einmal zum Thema, Herr Kollege! Sagen Sie einmal etwas zum Thema!)

Sie haben diese mögliche positive Entscheidung für den Ring als ein abgekartetes Spiel bezeichnet, und Sie versuchen, dem EU-Kommissar Almunia parteipolitische Spielchen vorzuwerfen, anstatt der Region und dem neuen Betreiber viel Glück und viel Erfolg zu wünschen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, bei aller berechtigten Kritik,

(Glocke des Präsidenten)

das, was Sie tun, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist schäbig, und es dokumentiert die Verantwortungslosigkeit der rheinland-pfälzischen CDU. Frau Klöckner, machen Sie diesem Treiben endlich ein Ende in Ihrer Partei!

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Für die Landesregierung hat nun Herr Staatsminister Hartloff das Wort.

Im Übrigen, was die Zwischenrufe angeht, wenn ich den Maßstab des Themas auch beim ersten Redner angelegt hätte, hätte ich mich gefragt, weshalb die Einleitung so sein musste, wie sie war.

Herr Minister Hartloff, Sie haben das Wort.

(Frau Klöckner, CDU: Mal schauen, ob er zum Thema redet!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Selbstverständlich mangelt es der Regierungschefin in keiner Weise an Respekt vor der unabhängigen Justiz.

(Pörksen, SPD: Das ist doch dummes Zeug!)

Herr Baldauf, mit dem, was Sie angetextet haben, ist doch durchschaubar, was Sie machen wollen. Es ist Zweck der Übung, es als Aktuelle Stunde zu terminieren: Rechnungshofbericht und diese Angelegenheit inhaltlich mit einer Äußerung der Ministerpräsidentin in Kontext zu

setzen, die verantwortungsvoll ist. – Mein Kollege Carsten Pörksen hat dies vorher erläutert.

Die Landesregierung hat auf Vorschlag von Malu Dreyer natürlich aus Fehlern gelernt, die dort passiert sind, und sie hat auf Erfahrungen aus dem Verfahren reagiert, beispielsweise dadurch, dass nun ein Beauftragter für die Wirtschaftlichkeit benannt wurde. – Sie lachen darüber.

(Frau Klöckner, CDU: Er hat einen prima Bericht abgegeben! Ein guter Mann!)

Das ist vernünftiges Handeln, und der Präsident des Rechnungshofs ist als ein solcher Beauftragter der Landesregierung benannt worden.

Der Kodex, was Good Governance anbelangt, wie man sich also in Aufsichtsräten verhält, ist fortgeschrieben worden und wird auch entsprechend berücksichtigt.

Des Weiteren – auch darauf hatten meine Vorredner bereits hingewiesen – ist das Urteil des Landgerichts Koblenz noch nicht rechtskräftig, und in der Tat sind manche Fragen juristisch, aber auch für die Politik interessant, wie ein oberstes Gericht diese Angelegenheit sieht und klärt. Dabei geht es um Fragen der faktischen Geschäftsführung, die in dem Urteil angesprochen sind, oder auch um Fragen der Vermögensbetreuung in Bezug auf Untreue im Sinne des § 266.

Dass vor diesem Hintergrund eine Ministerpräsidentin den Fragen, die ihr überall gestellt werden, nicht ausweicht, sondern eine persönliche Einschätzung dazu wiedergibt – nicht mehr ist aus dem zitierten Artikel der „F.A.Z“ zu lesen –, ist kein Angriff auf die unabhängige Justiz oder gar die Justiz in Rheinland-Pfalz, in keiner Weise, meine Damen und Herren. Sie wollen es dafür instrumentalisieren, was Ihre politischen Absichten sind.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, dies dient gewiss nicht dem Ansehen der Justiz in Rheinland-Pfalz, und auch nicht das, was Sie weiter ausgeführt haben, Herr Baldauf, weil es in keinerlei Kontext steht zu dem, was Sie vorher angesprochen haben.

Insofern möchte ich dem nichts Weiteres hinzufügen, sondern sage: Respekt vor dem, wie sich die Ministerpräsidentin auch in diesem Fall verhält.