Ich freue mich, dass wir heute im rheinland-pfälzischen Landtag dieses Gutachten, das auf der Bundesebene vorgestellt worden ist, diskutieren können.
Minister Schweitzer und ich hatten noch Ende letzter Woche die Gelegenheit, mit Herrn Professor Gerlach, Mitglied im Sachverständigenrat, zu reden und – ohne in die Inhalte des Gutachtens einzusteigen – das eine oder andere noch zu beleuchten, was sicherlich vor diesem Gutachten bekannt war.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur bei dem Gespräch mit Herrn Professor Gerlach, sondern auch nach Blick in dieses Gutachten können wir eines festhalten: Wir sind in Rheinland-Pfalz schon lange auf einem guten Weg, was die pflegerische und ärztliche Versorgung im ländlichen Raum anbelangt.
Wir müssen vieles von dem, was hier in diesem Gutachten dargelegt wird, jetzt nicht zur Kenntnis nehmen als eine Neuheit, als etwas, von dem wir noch nie etwas gehört haben, sondern wir können festhalten, dass wir in vielen Bereichen – ich will gleich auf einige Punkte eingehen; die Vorredner haben schon einige Punkte genannt – davon reden können, dass wir frühzeitig die Zeichen der Zeit in dieser Landesregierung, in diesem Land erkannt haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der zentrale Punkt – das ist angesprochen worden – ist die Versorgung im ländlichen Raum. Wenn wir uns anschauen, dass in dem Gutachten als zentrale Ansatzpunkte die Aus- und Weiterbildung im Bereich der Medizin und die Einrichtung von Lehrstühlen in der Allgemeinmedizin genannt sind, dann kann ich auch mit Blick auf Frau Kollegin Ahnen sagen, dass wir gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium auf dem Weg sind, diesen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin hier an der Universitätsmedizin Mainz einzurichten. Wir haben noch am Freitag im Aufsichtsrat über diese Thematik gesprochen, und wir befinden uns auf einem guten Weg, diesen Lehrstuhl zeitnah einzuführen.
Wenn wir darüber reden, dass in dem Gutachten gefordert wird, dass von Medizinstudierenden ein Quartal in der allgemeinmedizinischen Lehrpraxis im Praktischen Jahr absolviert werden muss, dann können wir auch diesbezüglich Vollzug melden. Wir haben im Bereich des
Programms „Gesundheit und Pflege – 2020“, welches der Minister Anfang des Jahres der Öffentlichkeit vorgestellt hat, ein Stipendienprogramm aufgenommen, das ab Herbst seine Wirkung entfalten wird und in dem es finanzielle Anreize für Studierende geben wird, die einen Abschnitt des Praktischen Jahres in der Allgemeinmedizin absolvieren werden.
Wenn wir über die notwendige Zuwanderung von Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland sprechen, so müssen natürlich auch ausreichende Sprachkenntnisse in diesem Bereich vorhanden sein. Auch in diesem Bereich sind wir sehr aktuell. Herr Minister Schweitzer, der heute nicht bei uns sein kann, nimmt derzeit an der Gesundheitsministerkonferenz in Hamburg teil, bei der das Thema Sprache und Sprachfähigkeit auf der Tagesordnung steht. Wir können feststellen, dass im Gutachten selbst sogar die guten Erfahrungen und die realitätsnahen Sprachprüfungen in Rheinland-Pfalz ausdrücklich gelobt werden, sodass wir uns auch hier auf einem guten Weg befinden.
An einer weiteren Stelle können wir festhalten, dass das Land Rheinland-Pfalz Erwähnung im Gutachten findet, nämlich bei der Unterstreichung der Bedeutung von lokalen Gesundheitszentren. Beispielhaft wird in dem Gutachten das Gesundheitszentrum am Krankenhaus in Meisenheim angesprochen, und auch insoweit reden wir über einen Teil des Programms „Gesundheit und Pflege – 2020“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, darüber hinaus ist es wichtig, über die Frage zu sprechen, welche Vernetzung und Verknüpfung es zwischen dem ärztlichen und dem pflegerischen Bereich geben kann. Auch dort geht das Gutachten zu Recht darauf ein, dass die Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen überdacht werden muss. Insofern unterstützen wir gerade bei der laufenden Gesundheitsministerkonferenz, dass die Übertragung ärztlicher Heilkunde auf die Pflegekräfte einfacher wird und dort Hürden, die momentan noch im Raum stehen, abgebaut werden, sodass in diesem Bereich eine bessere Verknüpfung stattfinden kann.
Daher kann ich es Ihnen nicht ersparen, noch einmal auf das Programm „Gesundheit und Pflege – 2020“ zu verweisen. Ich möchte insbesondere das Programm VERAH ansprechen, wo wir gemeinsam mit den Akteuren in diesem Bereich ein Förderprogramm entwickelt haben. Auch dies ist ein weiterer Baustein, der im Gutachten Berücksichtigung findet, den wir aber in Rheinland-Pfalz bereits umsetzen und wofür wir das Gutachten nicht gebraucht haben.
Wenn wir uns die Pflegekräfte und die Aufgaben von Pflegekräften im ärztlichen Bereich anschauen, so glaube ich, dass wir – wenn wir uns an der Verbandsgemeinde Daun orientieren – ein Konzept zur Übertragung ärztlicher Aufgaben auf die Pflegekräfte entwickelt haben. Auch dort sind wir also sehr innovativ aufgestellt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch zum Thema Fachkräftemangel in der Pflege hat sich die damalige Gesundheitsministerin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, sehr frühzeitig auf den Weg gemacht. Wir
haben ein Branchenmonitoring vorgenommen, und wir haben uns detailliert angeschaut, in welchen Bereichen die Bedarfe vorhanden sind und wo wir nachsteuern müssen. Wir haben die Ausbildungskapazitäten erweitert, und ich glaube, auch dort sind wir auf einem guten Weg.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Gutachten empfiehlt viele gute Anregungen, und es ist wichtig und gut, dass wir sie uns sehr genau anschauen und wir in einigen Bereichen sicherlich auch besser werden können und besser werden wollen. Das ist unser Anspruch und unser Ansatz. Aber ich glaube, wir können auch festhalten, dass wir in Rheinland-Pfalz auf einem sehr guten Weg in diesem Bereich sind.
Ich möchte an das anknüpfen, was Herr Staatssekretär Langner gesagt hat, nämlich dass dieses Gutachten noch weitere Wirkungen entfalten kann. – Es kann nicht nur, es muss weitere Wirkungen entfalten; denn die Anregungen sind zum Teil so stark belegt, dass wir die Chancen nutzen müssen.
Ich möchte noch einige kleine Punkte aus dem reichhaltigen Empfehlungskatalog ansprechen. Zum Thema der stationären Versorgung und der Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Behandlungen kann ich sagen, das wollen wir schon lange. So ist beispielsweise das lokale Gesundheitszentrum Meisenheim, das erwähnt wurde, ein kleiner Weg dorthin.
Es wird auch noch einmal eine Diskussion über die grundsätzliche Reform der Investitionsförderung geben. Die monistische Finanzierung wird ein Diskussionspunkt werden.
Ich nenne weiterhin den Bereich Notfallversorgung, die räumliche und fachliche Zusammenfassung von ärztlichem Bereitschaftsdienst, Rettungswesen und Notaufnahme der Krankenhäuser, gesteuert durch eine zentrale Leitstelle, die die Versorgungsebene festlegt.
Ich nenne des Weiteren die pflegerische Langzeitversorgung, einen Bereich, in dem ich lange gearbeitet habe. Dabei geht es natürlich auch um die Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes und um die Förderung der Solidar- und Hilfepotenziale von Familien und sozialen Netzwerken. Es geht um neue Formen der stationären Übergangsversorgung. Zu der Kurzzeitpflege muss es auch Ergänzungen vom stationären in den ambulanten Bereich hinein geben.
Letztlich – dies wird auch heute Nachmittag noch einmal ein Thema sein – wird auch gefordert oder empfohlen, mehr Gemeinwesen und quartiersorientierte Konzepte, Stichworte Teilhabe und Sozialraumorientierung. Zum Thema sorgende Gemeinschaften wird es demnächst eine Veranstaltung bei der Landeszentrale für Gesundheitsförderung geben.
Es gibt sehr viele Anregungen, und ich denke, auch wenn ich nicht mehr dabei bin, haben wir noch genug zu tun in diesem Hause.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, ich stimme Ihnen zu: Die Förderung der Allgemeinmedizin im Studium ist sehr wichtig. Ich bin nur der Ansicht – das habe ich schon einmal gesagt –, dass die Stipendienprogramme nicht weitgehend genug sind. Dort sind andere Bundesländer schon etwas weiter, sie haben damit einen größeren Wurf. Wir werden beobachten, wie es anläuft.
Ich möchte kurz etwas zur akutstationären Versorgung sagen. Auf der einen Seite gibt es die Überkapazitäten in den Ballungsräumen, und parallel dazu gibt es die Herausforderung der wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit von bedarfsnotwendigen Krankenhäusern im ländlichen Raum. Ich glaube, ein Lösungswort dazu ist „Verbünde“.
Wir haben dies im DRK im Westerwald über drei Landkreise hinweg hervorragend geregelt. Es läuft gut, und ich glaube, darin liegt die Zukunft.
Auch die lokalen Gesundheitszentren – das ist mehr als ein MVZ –, angegliedert an ein Krankenhaus, sind ein weiteres Modell der Zukunft.
Ich möchte in aller Kürze zuletzt noch auf einen Punkt eingehen, der mir persönlich sehr am Herzen liegt, und ich habe mich sehr gefreut, dass es auch im Gutachten steht. Es geht um die Bündelung der Notversorgung. Herr Abgeordneter Dröscher hat es soeben erwähnt: Es geht um die Zusammenführung der Bereiche Notaufnahme, Kassenärztlicher Bereitschaftsdienst und Rettungsdienst, also der Notarztdienst.
Die KV Rheinland-Pfalz hat es Gott sei Dank geschafft, zum 1. Januar flächendeckend die Bereitschaftsdienstzentralen einzuführen. Das klappt weitgehend hervorragend, das ist eine gute Leistung unserer Kassenärztlichen Vereinigung. Wir haben in den meisten Kranken
häusern auch die Notaufnahmen, die wir brauchen, und die Bereitschaftsdienstzentralen sind an die Krankenhäuser angegliedert, das heißt, man kann sich gegenseitig unterstützen und Einrichtungen des Krankenhauses in Anspruch nehmen.
Was aber fehlt und was hier gefordert wird, ist eine einheitliche Rufnummer. In unserem Rettungsdienstgesetz, das noch unter der Ägide von Walter Zuber im Jahr 2005 in Kraft getreten ist, steht ausdrücklich: Die Integrierte Leitstelle ist zuständig für alle nicht polizeigebundenen Notrufe. – Dazu gehört auch der KV-Dienst, aber das findet bisher nicht statt. Ich fordere das seit vielen Jahren und habe es auch bei Ihnen schon gefordert, Frau Ministerpräsidentin.
Ich lege Ihnen daher noch einmal nahe, dies umzusetzen und Druck auf die KV auszuüben, dass wir für alle Bereiche eine einheitliche Rufnummer bekommen.
Vielen Dank! Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es herrscht weitgehende Einigkeit in der Annahme der Aussagen dieses Gutachtens des Sachverständigenrates zur Entwicklung im Gesundheitswesen. Deswegen beschäftigen wir uns an dieser Stelle sowohl mit den Auswirkungen der Demografie als auch mit den Aussagen dieses Gutachtens. Es wurde schon gesagt, es ist nach wie vor gefordert, dass sich die Gesundheitsversorgung stärker sektorenübergreifend entwickeln muss.
Ich möchte auch noch einen politischen Aspekt mit hineinbringen; denn tatsächlich haben wir bereits vor zehn Jahren auf Bundesebene beschlossen, dass es eine integrierte Versorgung geben darf. Dazu wurde das Sozialgesetzbuch um § 140 entsprechend ergänzt, und es wurde eine Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung auf den Weg gebracht.
Gerade dort wurde krankheitsspezifisch zwischen den Sektoren gearbeitet, also stationär und niedergelassen.
Mit aufgenommen waren alle Gesundheitsberufe. Das fordert dieses Gutachten jetzt wieder. Ich darf daran erinnern, um es nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, dass diese Anschubfinanzierung 2008 ausgelaufen ist und wir auf diesem Weg nicht weitergekommen sind.
Nach 2009 gab es ganz andere Interessen auf der Bundesebene, nämlich die der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, die nicht wollten, dass die sektorenübergreifende Versorgung zu viel um sich greift, auch aus Honorargründen. Wir müssen uns dort entscheiden, ob wir stärker Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter
sein wollen, oder ob wir Vorsorge für eine älter werdende Gesellschaft und in manchen Bereichen auch kranker werdende Gesellschaft sein wollen, indem wir diese sektorenübergreifende Versorgung politisch gegen die Partikularinteressen durchsetzen, die leider immer noch das Gesundheitswesen in vielen Bereichen bestimmen.