Protocol of the Session on June 26, 2014

4. Wie beurteilt die Landesregierung rechtlich und finanzwirtschaftlich das nochmals um fast 100 Millionen Euro gestiegene Ausmaß der kommunalen Liquiditätskredite von 6,225 Milliarden Euro zum Ende des Jahres 2013?

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Lewentz.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Frage 1: Der Finanzierungssaldo ist der Saldo aus verschiedenen Einnahmen- und Ausgabengrößen. Der Saldo wird negativ, wenn die Ausgaben höher sind als die Einnahmen.

Im Bereich der Einnahmen verfügen die kommunalen Gebietskörperschaften in Rheinland-Pfalz im Vergleich zu den anderen Ländern nur über unterdurchschnittliche Steuerbemessungsgrundlagen. Diese Steuerquellen werden von den Gemeinden zudem weniger stark als in anderen Ländern ausgeschöpft. Unterschiede im Aufkommen der Realsteuern sind vielfach hebesatzbedingt. Hätten die Hebesätze der kreisfreien Städte 2012 dem Durchschnitt der anderen Flächenländer entsprochen, wären rein rechnerisch Mehreinnahmen von 100 Millionen Euro möglich gewesen.

Zwar gab es im Jahr 2013 im Land Rheinland-Pfalz weitere Hebesatzanpassungen, allerdings erhöhten auch die Kommunen der anderen Flächenländer ihre Realsteuerhebesätze, sodass sich der Abstand der rheinland-pfälzischen Kommunen zum Durchschnittswert voraussichtlich auch 2013 nicht wesentlich verändert hat. Zudem stellt der Rechnungshof Einnahmeausfälle durch ungerechtfertigten Beitragsverzicht fest.

Ferner wird im Kommunalbericht ausgeführt, dass die laufenden Zuweisungen des Landes im Jahr 2013 um 283 Millionen Euro höher lagen als im Vorjahr.

Im Bereich der Ausgaben hat der Rechnungshof Rheinland-Pfalz in der Enquete-Kommission 16/1 „Kommunale Finanzen“ aufgrund der kommunalen Verwaltungsstruktur auf besonders hohe kommunale Personalausgaben hingewiesen und ein rechnerisches Konsolidierungspotenzial der kommunalen Ebene im Vergleich zum Land Sachsen mit 340 Millionen Euro beziffert.

Die Landesregierung sieht den konkreten Vorschlägen der Opposition zum Abbau der Personalausgaben im Bereich der allgemeinen Verwaltung mit großem Interesse entgegen.

Der Rechnungshof lädt dazu ein und führt aus: „Insoweit wird die Absicht der Landesregierung, unmittelbar nach der Kommunalwahl 2014 mit der nächsten Stufe der Kommunal- und Verwaltungsreform zu beginnen und dabei die Landkreise und kreisfreien Städte einzubeziehen, ausdrücklich berücksichtigt.“

Bei den Investitionsausgaben weisen die kommunalen Gebietskörperschaften in Rheinland-Pfalz im Vergleich zu den anderen westlichen Ländern relativ hohe Werte auf. Hier wird Vermögen geschaffen. Insgesamt werden die Kommunen nicht umhinkommen, Konsolidierungsmöglichkeiten vor allem auf der Ausgabenseite konsequent zu nutzen.

Zu Frage 2: Das hohe Verhältnis der Schulden im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt erklärt sich entweder aus einem hohen Schuldenstand oder aus einem niedrigen Bruttoinlandsprodukt oder aus beidem. Das Bruttoinlandsprodukt von Rheinland-Pfalz hatte im Jahr 2012 einen Anteil von 4,45 %. Demgegenüber beträgt der Bevölkerungsanteil nach dem Königsteiner Schlüssel etwas mehr als 4,83 %. Dies deutet auf ein geringeres BIP und damit auf eine höhere Quote hin.

Im Übrigen sagt ein hoher Schuldenstand nicht viel aus, solange ihm nicht auch das entsprechende Vermögen gegenübergestellt wird.

Zu Frage 3: Die Feststellung des Rechnungshofs kann sich die Landesregierung nicht erklären.

(Heiterkeit bei der CDU)

Tatsache ist, dass aus dem Kommunalen Entschuldungsfonds bis zum 31. Dezember 2013 über 305 Millionen Euro Landeszuweisungen ausgezahlt wurden. Ohne diese Landeszuweisungen wären die kommunalen Schuldenstände wohl entsprechend höher gewesen. Insofern ist entgegen der Aussage des Rechnungshofs eine Verringerung der Schuldenlast durch den Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz eingetreten.

Es ist eine völlig andere Frage, ob nicht ein Abbau der Liquiditätskredite gegenüber dem Vorjahr erforderlich ist. Immerhin stellt der Rechnungshof fest: „Dennoch ist der KEF-RP grundsätzlich geeignet,“ – O-Ton Rechnungshof – „zur Entlastung von Altschulden beizutragen. Die Aufsichtsbehörden müssen jedoch konsequent darauf achten, dass die am KEF-RP teilnehmenden Kommunen ihre vertraglich vereinbarten Konsolidierungspflichten erfüllen.“

Im Übrigen hat das Innenministerium schon in seinem Leitfaden zum Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2011 ausgeführt, dass es nicht in allen Fällen gelingen wird, die Schulden abzubauen, sondern lediglich eine Abmilderung der Verschuldungsentwicklung erzielt werden kann. Insgesamt ist der Kommunale Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz ein wichtiges Instrument, das bei konsequenter Ausgestaltung und Anwendung eine nachhaltige Verbesserung der kommunalen Finanzsituation gerade dann bewirken kann, wenn die Maßnahmen des Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz von einer nachhaltigen Bewusstseinsänderung sowohl in der Kommunal- und

Landespolitik als auch in der Bundespolitik begleitet werden. Der Kommunale Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz ist ein wichtiger Schritt, dem weitere Schritte folgen müssen. Die Landesregierung hält auch heute noch an der Darstellung aus dem Jahr 2011 fest.

Zu Frage 4: Der Anstieg der Liquiditätskredite um fast 100 Millionen Euro ist die saldierte Größe zwischen jenen 58 Gemeinden und Gemeindeverbänden, die ihre Liquiditätskredite um rund 200 Millionen Euro verringert haben, und jenen 87 Gemeinden und Gemeindeverbänden, die ihre Liquiditätskredite um rund 300 Millionen Euro erhöhen mussten. Während beispielsweise die Stadt Mainz ihre Liquiditätskredite im letzten Jahr um 91 Millionen Euro abbauen konnte, hat die Stadt Ludwigshafen ihre Liquiditätskredite um fast 43 Millionen Euro erhöht. Ludwigshafen musste unter anderem Gewerbesteuern aus den Vorjahren in Höhe von mehr als 20 Millionen Euro zurückzahlen. Eine rechtliche Beurteilung obliegt der zuständigen Aufsichtsbehörde. Sie ist zudem nur im Einzelfall möglich.

Finanzwirtschaftlich kann das gestiegene Ausmaß der Liquiditätskredite seriös nicht beurteilt werden, weil ihm viele unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen können. Es gibt kommunale Gebietskörperschaften, bei denen die Auszahlung zur Tilgung von Investitionskrediten im Rechnungsergebnis regelmäßig deutlich oberhalb der geplanten Ansätze liegt. Offensichtlich werden Sondertilgungen von Investitionskrediten vorgenommen, um hohe Zinssätze für langfristige Investitionskredite durch niedrige Zinssätze für kurzfristige Liquiditätskredite zu ersetzen. Kommunale Investitionen werden regelmäßig bis zum Abschluss der Baumaßnahmen mit Liquiditätskrediten vorfinanziert, ehe ein Investitionskredit aufgenommen wird oder auch ehe die Landeszuweisung auf dem Konto eingegangen ist.

Unabhängig von solchen Betrachtungen hat die Landesregierung in der Vergangenheit immer wieder betont, wie wichtig eine Absenkung der Liquiditätskredite ist. Es bedarf einschneidender, langfristig angelegter und nachhaltiger Maßnahmen, die einerseits nicht nur die bestehenden Liquiditätskredite begrenzen und absenken, sondern gleichzeitig auch den drohenden Aufbau von neuen Liquiditätskreditverpflichtungen nach Möglichkeit verhindern.

So weit meine Antwort.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Gibt es Zusatzfragen? – Frau Abgeordnete Fink hat eine Zusatzfrage.

Herr Minister, können Sie sagen, wie hoch der Betrag ist, um den die Steuereinnahmen der rheinlandpfälzischen Kommunen hinter dem Bundesdurchschnitt liegen?

Liebe Frau Abgeordnete Fink, es gibt ein Papier der Bundesregierung zu Eckdaten zur Entwicklung und Struktur der Kommunalfinanzen 2004 bis 2013. In diesem Papier kann man Folgendes nachlesen: Die Gemeinden in Rheinland-Pfalz kommen im letzten Jahr auf 912 Euro je Einwohner. Der Bundesdurchschnitt beträgt 1.026 Euro. Das sind gut 100 Euro je Einwohner Unterschied. Bei 4 Millionen Einwohnern sind das rund 400 Millionen Euro.

Wenn ich jetzt noch einmal zurückblättere, im Jahr 2012 waren es 892 Euro zu 996 Euro, also auch rund 100 Euro pro Einwohner. 400 Millionen Euro ist eine Größenordnung. Es können auch 380 Millionen Euro oder 420 Millionen Euro sein. Aber 400 Euro ist die mittlere Größe, und das zwei Jahre hintereinander.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hüttner.

Herr Minister, die Kommunen leiden ein Stück darunter, dass die Sozialhilfeausgaben so immens hoch und dementsprechend die Haushalte so stark belastet sind. Sind Ihnen dazu Zahlen bekannt?

Herr Hüttner, diese Zahlen kann man auch diesem Eckpunktepapier des Bundesministers der Finanzen, auf das ich eben hingewiesen habe, entnehmen. Sie wissen, dass sich das Urteil unseres Verfassungsgerichtshofs auch mit dieser Frage beschäftigt.

Der Verfassungsgerichtshof weist ausdrücklich die ganz überwiegende Verantwortung für die Soziallasten auf die Bundesebene, sagt aber, wir als Land – sozusagen in der mittleren Sandwichposition – müssen in der Ausstattung des kommunalen Finanzausgleichs sozusagen diese Verantwortung des Bundes ein Stück aus Landeskraft mit abbilden.

Tatsächlich bedeutet die Frage von Ihnen, die Gemeinden und Kreise in Rheinland-Pfalz haben 597 Euro je Einwohner ausgegeben. Der Bundesdurchschnitt betrug 628 Euro je Einwohner. Das macht ungefähr 30 Euro Unterschied. Bei 4 Millionen Einwohnern sind das erneut 120 Millionen Euro. Auch da sagt dieses Papier der Bundesregierung – auch ein Blick in das Jahr 2012 –, damals waren es 572 Euro bei einem Durchschnitt von 595 Euro, erneut 20 Euro, in der Summe 80 Millionen Euro weniger.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Beilstein.

Herr Minister, Sie haben bei der ersten Frage nach den Ursachen für die Finanzierungsdefizite darauf hingewiesen, dass hohe Personalausgaben vorhanden seien. Jetzt hat der Rechungshof sehr deutlich gemacht, dass hier viel zusätzliches Personal bei den Kindertagesstätten eingestellt wurde.

Von daher stellt sich die Frage, worauf ich von Ihnen gerne eine Information hätte: Wo soll dieses Personal eingespart werden, wieder bei den Kindertagesstätten oder an anderen Stellen bei den Kommunen? – Immerhin sind es über 3260 Stellen, die zusätzlich im KitaBereich geschaffen wurden.

Frau Beilstein, ich lade Sie ausdrücklich ein, begleiten Sie uns auf dem weiteren Weg der Kommunal- und Verwaltungsreform. Wir sparen im Augenblick Verwaltungen ein.

(Beifall bei der SPD und starker Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sparen auf diesem Weg Verwaltung, damit auch Personal ein. Das wissen wir. Die Ergebnisse der Kommunalwahl haben gezeigt, wir brauchen keine Angst davor zu haben, diesen mutigen Schritt zu gehen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten das sogar. Sie brauchen auch keine Angst zu haben, uns auf diesem Weg zu begleiten. Das könnten wir gemeinsam noch deutlich verstärkt vor Ort hinbekommen, und wir würden sehr viel Personal sparen.

Im Übrigen haben wir Initiativen auf den Weg gebracht, wie „Starke Kommunen – Starkes Land“, wobei wir in einigen Bereichen auch schauen, wo Verwaltungen, Verbandsgemeinden, die groß genug sind und nicht unter die Kriterien der Kommunal- und Verwaltungsreform fallen, durch eine massive Ausweitung der Kooperation Wege finden, natürlich auch personelle Ressourcen einzusparen.

Der Rechnungshof hat uns mit dem vergleichbar großen Land Sachsen verglichen und gesagt, unsere Kommunen könnten allein im Personalbereich 340 Millionen Euro einsparen.

Ich lese die Liste der Nachfragen vor, damit Sie einschätzen können, wie lange es dauern wird: Herr Schreiner, Frau Thelen, Herr Wansch, Herr Henter, Herr Haller und Herr Oster. Gibt es noch weitere Fragen?

(Zurufe der SPD: Herr Wiechmann!)

Gut, wir werden schauen, wenn die Fragen beantwortet sind. Als nächstes kommt Herr Abgeordneter Schreiner.

Herr Minister, wie beurteilen Sie vor dem Hintergrund, dass sich Kommunen jetzt auf den Weg machen, ihre Altschulden abzubauen und das strukturelle Defizit in den Griff zu bekommen, die Planungssicherheit für Kommunen, wenn man beispielsweise dem Rechnungshofbericht entnimmt, dass allein die Schlüsselzuweisungen für die kreisfreien Städte zwischen 130 Millionen Euro und 230 Millionen Euro im Jahr schwanken, also eine sehr hohe Planungsunsicherheit für die jeweiligen Kommunen besteht?

Sie wissen, dass sich an dieser Grundausrichtung des kommunalen Finanzausgleichs gegenüber den vergangenen Jahrzehnten nichts geändert hat. Das ist eine Situation, der alle deutschen Kommunen unterliegen, dass es diese Schwankungen gibt. Ich habe Ihnen eben ein Beispiel aus der Gewerbesteuer genannt, eine andere Einnahmeart, wo es eine Stadt natürlich hart trifft, wenn es von einem auf das andere Jahr von hohen Einnahmen zu einer Rückforderung von 20 Millionen Euro am Beispiel Ludwigshafen kommt.

Diese Planungssicherheit werden wir nie insgesamt geben können. Aber der Umfang des kommunalen Finanzausgleichs steigt von 2 Milliarden Euro auf 2,5 Milliarden Euro. Dieser Schwankungsbereich um einige 10 Millionen Euro, den Sie genannt haben, ist meines Erachtens in diesem Gesamtzusammenhang einer, der geübt ist. Damit können Kommunen umgehen. Sie müssen damit auch umgehen. Wichtig ist der Aufwuchs von 2 Milliarden Euro Ende 2013 auf 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2016. Das ist die wichtige Botschaft für die Kommunen.

Frau Thelen, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben eben selbst darauf hingewiesen, dass bei uns in Rheinland-Pfalz pro Kopf das Steueraufkommen etwa 100 Euro geringer ausfällt, was durchaus auch mit entscheidend ist.

Hat die Landesregierung die Ursachen eruiert? Welche Strategien plant die Landesregierung, um diese Ausgangslage im Sinne steigender Steuereinnahmen zu verbessern?

Ich glaube, da ist die Landesregierung auf einem sehr guten Weg. Eine der Ausgangsbasen, diese Steuerkraft zu verändern, ist die Frage, wie sich die Wirtschaftskraft

und die Arbeitsmarktsituation entwickeln und wie es am Ausbildungsmarkt aussieht.