Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Bereich des Ausländerwahlrechts und der Bereich der Integrations- und Migrationsbeiräte sind sehr wichtige Anliegen – wie sich in der Anhörung gezeigt hat – aller Fraktionen.
Wir bitten herzlich darum und fordern Sie auf, liebe CDU-Fraktion, auch hier in diesem Plenum Ihrem Herzen einen Stoß zu geben und diesen Antrag gemeinsam mit uns zu verabschieden, um deutlich zu zeigen, dass die Wertschätzung, die wir unseren ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern entgegenbringen, von dem gesamten Hohen Hause getragen wird. Wir sind überzeugt davon – das hat die Anhörung auch gezeigt –, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden und bitten deshalb noch einmal um eine breite Zustimmung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir sprechen heute – Frau Sahler-Fesel hat es auch schon betont – in zweiter Lesung über den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und nicht der Landesregierung, wie fälschlicherweise in der letzten Ausschusssitzung bei der Aussprache über die Anhörung zum Gesetzentwurf behauptet wurde.
Des Weiteren liegt uns der Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen über die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre sowohl bei den Wählern als auch bei den zu Wählenden vor, also für das aktive wie auch das passive Wahlrecht.
In der Begründung zum vorliegenden Gesetzentwurf wird auf die Evaluation des am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Landesgesetzes über die Einrichtung von kommunalen Beiräten für Migration und Integration Bezug genommen. Die Evaluation wurde in drei Reformbereiche gegliedert:
Zu diesem meines Erachtens wichtigsten Reformbereich Beteiligung und Kooperation heißt es in der Gesamtbewertung der Zielerreichung – ich darf zitieren –: „Bilanzierend lässt sich aus der Sicht der Evaluation festhalten, dass die kommunalpolitische Partizipation und Einbeziehung der Beiräte in die verschiedenen Gremien der Bereich der Reform ist, bei dem perspektivisch noch der meiste Handlungsspielraum besteht. Dies zeigt sich sowohl an der Einbeziehung der Beiräte in die kommunalen Ausschüsse als auch an der Ausgestaltung der integrationspolitischen Initiativen der Beiräte sowie deren Selbstverständnis als fachpolitische Gremien.“
Genau hier liegt die Ursache, dass viele Beiräte hoch motiviert und engagiert starten, dann aber nach einiger Zeit merken, dass sie außer der Ausrichtung eines Festes, eines Fußballturniers oder eines Anti-RassismusTages nur wenig oder nichts kommunalpolitisch bewirken können. Dies führt in der Folge dazu, dass die Beiratsmitglieder frustriert und resigniert ihre Mitarbeit in den Beiräten einstellen.
Ich kann dies aus eigenem Erleben als berufenes Mitglied aus dem Wormser Beirat berichten. Bei den letzten Sitzungen war der Beirat durchweg nicht beschlussfähig, da außer dem gewählten Vorsitzenden nur noch die
berufenen Mitglieder anwesend waren. Worms ist da, auch wenn es andere Beispiele geben soll, kein Einzelfall.
In einem Punkt ihrer Bewertung waren sich alle Anzuhörenden einig, dass die strukturellen Probleme der Beiräte mit dem vorliegenden Gesetzentwurf in keiner Weise beseitigt werden können. Mit den Änderungen von 2009 wurde bereits der Kreis der Kandidatinnen und Kandidaten für die Beiratswahl, also das passive Wahlrecht, auf alle Einwohner, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, erweitert, das aktive Wahlrecht wurde auf Eingebürgerte und Spätaussiedler ausgedehnt. Eine nochmalige Erweiterung des Personenkreises der Wahlberechtigten auf die hier geborenen Kinder von Zugewanderten und Spätaussiedlern sowie die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre wird weder die Wahlbeteiligung noch in deren Folge die Legitimation der Beiräte erhöhen.
Die Wahlbeteiligung bemisst sich aus dem Verhältnis der Anzahl der Wahlberechtigten zur Anzahl der Wähler. Mit der Ausweitung der Wahlberechtigung nimmt zwangsläufig die Bezugsgröße der Wahlberechtigten zu. Auch wenn die absolute Zahl der Wähler ansteigen sollte, was ich allerdings bezweifele, wird dadurch die Wahlbeteiligung in Relation zu den Wahlberechtigten nicht verbessert. Ganz abgesehen davon lässt sich die Zahl der Wahlberechtigten aufgrund der fehlenden Parameter in den Melderegistern gar nicht feststellen. Gerade die hier geborenen Kinder von Spätaussiedlern fühlen sich nicht als Menschen mit Migrationshintergrund und wollen auch nicht als solche behandelt werden. Bei der Anhörung sprach Herr Dr. Wojcik von einer sogenannten positiven Diskriminierung.
Gegen die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre gelten die gleichen Argumente wie im Kommunalwahlrecht. Bei der überwiegenden Mehrheit der Jugendlichen fehlt das grundsätzliche Interesse. Die Jugendlichen wünschen sich vielmehr eine fundierte politische Bildung in der Schule, um tatsächlich mit 18 Jahren in der Lage zu sein, ihr Wahlrecht verantwortungsvoll auszuüben.
Der vorliegende Gesetzentwurf einschließlich des Änderungsantrags beseitigt in keiner Weise die strukturellen Probleme der Beiräte weder in der Funktion als Interessenvertretung noch – Frau Sahler-Fesel, Sie haben es gesagt – als fachpolitisches Gremium. Da mit der Neuregelung auch die angestrebte Erhöhung der Legitimität und der Akzeptanz der Beiräte durch eine verbesserte Wahlbeteiligung ins Leere läuft, werden wir sowohl den Änderungsantrag als auch den Gesetzentwurf ablehnen.
Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Oster gemeldet. – Herr Kollege Oster, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kessel, ich möchte kurz auf Ihre Ausführungen eingehen, was Sie angesprochen haben, das fehlende Interesse betreffend.
Grundsätzlich finde ich es gut, dass Sie die Absenkung des Wahlalters auf 16 wenigstens angesprochen haben. Ich glaube, in der Anhörung ist durch die Bank befürwortet worden, dass die 16-Jährigen die Migrationsbeiräte mit wählen sollen. Ich denke, das hätte man erwähnen können. Es ist folgerichtig, dass wir an diesem Thema bleiben. Es ist für uns keine Eintagsfliege.
Das haben viele auch gesagt, Sie haben das damals in den Landtag eingebracht. Man sieht aber dadurch, dass wir daran festhalten, dass wir davon überzeugt sind, dass junge Menschen wählen sollten.
Wenn Sie von fehlendem Interesse sprechen, ist das auch in der Altersstruktur zwischen 20 und 30 Jahren zu finden. Das auf die 16-Jährigen zu beschränken, finde ich persönlich immer etwas schade.
Wer sagt denn, dass sie das nicht wollen? Wer sagt das? Das ist eine falsche Behauptung, die Sie in den Raum stellen, und die lasse ich so nicht stehen.
Meine Damen und Herren, ich möchte es mit einem Punkt sagen: Acht Bundesländer sind diesen Schritt bei Kommunalwahlen gegangen, drei weitere bei Landtagswahlen, was insgesamt elf Bundesländer sind. Deshalb kann das so falsch nicht sein.
Ich persönlich freue mich, dass wir bei den Migrationsbeiräten den Anfang machen. Das hat ein Stück weit Vorbildcharakter.
Die Jungen dürfen sich jetzt aktiv und passiv mit einbringen. Ich glaube, das ist eine tolle Sache; denn damit können sie ihre Interessen einbringen. Damit kann das, was Sie sagen, dass das Interesse nicht da ist, durch diese Sache widerlegt werden.
Damit will ich schließen, aber jedoch noch eine Sache nennen. Wir waren letztes Jahr mit dem Jugendausschuss in Norwegen. Sie sind alle dabei gewesen.
zwischen 16 und 18 Jahren ist genau das Alter, in dem die Jugendlichen noch zu Hause in ihrer Kommune sind. Deswegen ist es wichtig, dass sie mitentscheiden können. Mit 18 fangen sie an zu studieren und sind dann von zu Hause weg.
Das zweite Argument, das die Norweger genannt haben – dabei haben Sie alle auf den Tisch geschaut –, dasselbe Argument, das Sie anwenden und das gegen das Wahlalter ab 16 spricht, war damals das Argument gewesen, das gegen das Wahlrecht der Frauen vorgebracht wurde. Dabei haben alle betroffen auf den Tisch geschaut und sich gefragt: Oh, was ist denn da in Deutschland los, meine Damen und Herren?
Frau Präsidentin, ich möchte kurz erwidern, dass dargestellt worden sei, alle Anzuhörende hätten sich für das Wahlalter 16 ausgesprochen.