Sehr geehrter Herr Minister, bemühen Sie sich also gegenüber frei gewählten Abgeordneten nicht um kraftvolle Rhetorik.
Ich will deshalb viel lieber auf die Argumente von Ihnen, sehr verehrter Herr Kollege Wansch, eingehen, weil Sie sich gestern wohltuend sachlich mit der PVS auseinandergesetzt haben. Ihr zentraler Vorwurf an die Personalvermittlungsstelle war, dass Sie Angst haben, die PVS würde Mitarbeiter stigmatisieren.
Dieses Argument nehme ich sehr ernst. Ich nehme es sehr ernst, weil es diesbezüglich auch in allen anderen Ländern, die ein zentrales Personalmanagement eingeführt haben, anfangs große Sorgen gab, die sich aber schnell als unbegründet erwiesen haben.
Die Sorge war, dass ein Dienststellenleiter nur Personen in die PVS meldet, die er loswerden will. Das ist in Hessen, Berlin oder Brandenburg so nicht gekommen, und das liegt auch auf der Hand; denn neben dem Argument, dass man Geld spart, gibt es drei weitere gute Gründe für eine Personalvermittlungsstelle:
Erstens, am Anfang steht die Aufgabenkritik. Wer so viele Stellen abbauen muss, kann nicht einfach alle anderen schneller arbeiten lassen. – Nein, in jeder Amtsstube dieses Landes muss zuerst festgelegt werden, welche Aufgabe nicht mehr oder nicht mehr in dieser Form erledigt wird.
Nach der Aufgabenkritik folgt dann der kw-Vermerk im Haushalt – diese Stelle kann künftig wegfallen –, und das alles eben ohne Ansehen der Person, Herr Kollege Wansch.
Der zweite weitere gute Grund für unsere PVS ist, dass es immer auch viele wechselwillige, rotationswillige Mitarbeiter gibt, neugierige Kollegen, die sich freiwillig in die Personalvermittlungsstelle melden, und das sind nicht die schlechtesten. In der Personalvermittlungsstelle zu sein, wird damit zu einem Gütesiegel für einen Mitarbeiter, der mehr will, für einen Mitarbeiter, der sich noch einmal verändern möchte. Für diese Menschen ist ein ressortübergreifendes Personalmanagement ein Segen.
Ich komme zum dritten Grund. Mit einer Personalvermittlungsstelle ist immer auch eine Qualifizierungsoffensive verbunden. Durch gezielte Weiterbildungsprogramme – daran fehlt es allerorten in den Ressorts –, durch gezielte Weiterbildungsangebote ist ein Mitarbeiter nach seiner Rotation über ein zentrales Personalmanagement besser qualifiziert als vorher. – Also, lieber Herr Kollege Wansch, keine Angst vor der PVS, einfach einmal ausprobieren!
Andere Länder arbeiten sehr erfolgreich mit der PVS, und auch der Rechnungshof fordert ein ressortübergreifendes Personalmanagement;
denn die trotz sinkender Bevölkerungszahl von Ihnen geschaffenen 12.300 Stellen können Sie anders nicht abbauen, und wir können sie uns schlicht nicht leisten.
Wir sind in einer einmaligen glücklichen Situation, dass bis 2020 in Rheinland-Pfalz 24.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auf 18.000 vollen Stellen sitzen, in den Ruhestand gehen.
Über eine Personalvermittlungsstelle sollen die notwendigen Stellen – darunter sind auch viele Lehrer, Frau Ministerin Ahnen –
überwiegend nicht durch Neueinstellungen, sondern mit vorhandenen Mitarbeitern ersetzt werden. Der eine oder andere Lehrer, der derzeit in Ihrem Ministerium die empörten Anrufe von Eltern abwiegelt, für deren Kinder der
Unterricht ausfällt, wird dann wieder vor der Klasse stehen, und das ist nicht das Schlechteste, Frau Ministerin.
Ich glaube, es ist auch wichtig, ein Weiteres noch einmal zu betonen: 18.000 volle Stellen werden durch Ruhestandsversetzungen frei, und deshalb bleibt trotz des Abbaus von 12.000 Stellen ein Korridor von 6.000 Neubesetzungen von außen, trotz Konsolidierung bis 2020 6.000 Neueinstellungen von jungen Beamtinnen und Beamten, 1.000 gute neue Leute Jahr für Jahr. –
Aus genau diesen guten Gründen ist eine moderne Personalwirtschaft in anderen Ländern so erfolgreich. Ich möchte Ihnen dies am Beispiel Brandenburgs verdeutlichen. Ich nehme heute extra einmal nicht das erfolgreiche Beispiel Hessen. In Brandenburg nennt sich das Ganze Zentrales Personalmanagement, ZPM. Dort beschäftigt das Land 48.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wegen der Schuldenbremse hat man sich dort entschlossen, 4.000 Personen in das ZPM zu melden. 4.000 Stellen, das sind 8 % der Landesbediensteten. Die Zielzahl, das Zieljahr ist nicht 2020, das Zieljahr ist 2015.
Frau Ministerin Ahnen, Brandenburg geht dabei sehr besonnen und differenziert vor. Auch im Bildungsministerium wird dort wegen sinkender Schülerzahlen – diese sinken dort schon – gekürzt, aber eben nur 1 %, nicht 8 %.
Augenscheinlich ist auch dort im Umweltministerium viel Luft vorhanden; denn es wird um 14,3 % Personal abgebaut. Herr Wansch, nur Mut: Unsere Anträge weisen den richtigen Weg. Sie müssen nur an der richtigen Stelle nachher die Hand heben.
Kommen wir zum sogenannten Haushaltssteuerungsgesetz. Da geht es – das haben wir hier schon gehört – um die Schwangerenberatung. Da geht es aber auch um mehr; denn die Gesetzgebungsbegründung formuliert das mit entwaffnender Offenheit. Zitat: Die im Rahmen der Anhörung beteiligten Verbände und Organisationen lehnen die Änderungen des Landesgesetzes unisono ab. –
Das kann ich aus der Anhörung bestätigen. Alle Sachverständigen – gerade auch die von der SPD und den GRÜNEN benannten – lehnen das Gesetz ab, das mit gutem Grund. Reden wir davon, wie Sie mit diesem Gesetz die Kommunen behandeln. Im Kern enthält das Gesetz nämlich vier Regelungen:
1. Sie deckeln die Erstattungen an die Kommunen, da – so wörtlich – andernfalls mit steigenden Ausgaben des Landes zu rechnen sei. Was heißt das? Das heißt, der Bürger hat nach wie vor einen gesetzlichen Anspruch. Daran ändert sich gar nichts. Er bekommt sein Geld von der Kommune ausgezahlt. Daran ändert sich auch gar nichts.
Allein trotz steigender Fallzahlen werden die Kostenerstattungen an die Kommunen festgeschrieben. Verlierer sind die Kreise, die Städte und letztendlich die Bürger.
2. Sie streichen die Dynamisierung im Jugendhilfegesetz. Das hat zur Folge – wiederum ein wörtliches Zitat aus Ihrer Gesetzesbegründung –, dass sich die Einnahmen der Kommunen um rund 1 Million Euro jährlich verringern. – Verlierer sind wieder die Kommunen.
3. Sie strecken bei den Asylbewerbern die Abrechnungszeiträume in die Länge. In Zukunft soll es nur noch am 1. März und am 1. September Geld geben. Strukturell für den von Ihnen viel zitierten Abbaupfad bringt das gar nichts. Einzig die Kommunen müssen länger vorfinanzieren, müssen Zinsen zahlen für Geld, das ihnen zusteht, für eine Aufgabe, die sie sich nicht ausgesucht haben, die ihnen per Gesetz übertragen wurde.
Verlierer sind also einmal mehr Städte und Landkreise, und das bei steigender Pro-Kopf-Verschuldung.
4. Es geht um 500.000 Euro, die das Land sparen möchte, indem es 16 Stellen bei der Schwangerenberatung nicht mehr fördert. Waren bei den drei zuvor erwähnten Regelungen die Kommunen die Verlierer, wird es nun richtig ernst. Verlierer werden die Mütter und Väter in Not sein. Verlierer sind die vielen Kinder, die vielleicht nicht geboren werden.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir, dass ich hierfür eine völlig unverdächtige Kronzeugin benenne, Sozialministerin Malu Dreyer.
In der Drucksache 15/4262 teilt sie dem Landtag mit: „Rheinland-Pfalz hat ein hervorragend ausgebautes plurales Beratungssystem. Dadurch ist ein hoher Standard sichergestellt. Das trägt dazu bei, dass die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im Vergleich der Länder unterdurchschnittlich ist. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Rheinland-Pfalz ist um mehr als 11 % zurückgegangen.“ Recht hat sie.
Ein plurales wohnortnahes Angebot senkt die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche. Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, leider stimmt auch das Gegenteil.
Seit heute 11:30 Uhr liegt uns nun ein neuer Haushaltsbegleitantrag von Ihnen vor. Mit vielen Worten vernebeln Sie, liebe Kolleginnen von Rot und GRÜN, Ihre Sparziele. Wenn wir Ihnen glauben sollen, dass es Ihnen ernst ist mit Schwangeren in Not, dann kassieren Sie das Gesetz zur Haushaltssteuerung, und stimmen Sie unserem Deckblatt zur Stärkung der Schwangerenberatung zu.
Kommen wir nun zu den Vorschriften, wie eine Korrekturkomponente berechnet werden soll, wenn es gilt, Artikel 117 der Landesverfassung – das ist die Schuldenbremse – umzusetzen. Sie werden mir zustimmen, dass es hierbei um eine zentrale Regelung geht, geht es
doch darum, den Geist unserer Verfassung, den Haushalt ohne neue Schulden auszugleichen, umzusetzen, geht es doch vor allem Jahr für Jahr um viele Millionen. Wir streiten wie ganz oft um wenige Tausend Euro.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie werden in wenigen Minuten die Hand für diese Regelungen heben. Sie sollen deshalb genau wissen, über was Sie abstimmen.
Besser als das Finanzministerium in Drucksache 16/2924 kann ich den Korrekturmechanismus auch nicht erklären. Zitat:
„Die der Fortschreibungsrate zugrunde liegende prozentuale Veränderung wird gemäß Absatz 1 um einen Korrekturbetrag erhöht, wenn die jahresbezogene Konjunkturkomponente des Vorjahres positiv ist und die kumulierte Konjunkturkomponente des Vorjahres ebenfalls einen positiven Wert aufweist. (…) Der Korrekturbetrag errechnet sich als ein Achtel des Betrages der in Prozent der Steuereinnahmen des Vorjahres gemessenen kumulierten Konjunkturkomponente, wenn und soweit dieser Betrag 1 v. H. der Steuereinnahmen überschreitet. Dadurch wird eine der Situation angepasste Gegenbewegung hinsichtlich des quantitativen Aufbaus des Symmetriekontos bewirkt.
Satz 3 führt auch dazu, dass von einer Erhöhung oder Verminderung der Fortschreibungsrate nach dem in Absatz 1 geregelten Mechanismus insoweit abgesehen wird, als die kumulierte Konjunkturkomponente zum Ende des Vorjahres“
es wird noch schöner – „einen Betrag von 1. v. H. der Steuereinnahmen des Vorjahres nicht überschreitet. Dabei ist unter ‚Betrag‘ das Ergebnis der Anwendung der mathematischen Betragsfunktion zu verstehen (…) jeder Zahl die Zahl selbst (…) zugeordnet.“ Und so weiter und so fort. Das ist nur Seite 9 der Begründung.