Wie hält es diese Landesregierung mit der Transparenz des Haushalts, mit Klarheit und Wahrheit über die Landesfinanzen? – Hier wird die Landesregierung ihren eigenen Ansprüchen nicht gerecht, auch nicht, wenn eine Enquete-Kommission „Bürgerbeteiligung“ mehr Internettransparenz hierfür fordert.
Wie ernst nimmt die Landesregierung den Verfassungsauftrag, den Landeshaushalt bis spätestens 2020 auszugleichen? – Wir sind der Meinung, nicht ernst genug; denn in Ihrer Finanzplanung kalkulieren Sie Jahr für Jahr immer neue Schulden mit ein – mehr als eine Milliarde Euro.
Einmal abgesehen davon planen Sie ganz gezielt einen Wahlkampfhaushalt. Im Jahr 2016 soll es auf Pump einen Geldsegen geben. Im Vergleich zum Vorjahr planen Sie zusätzliche Ausgabensteigerungen von über einer halben Milliarde Euro. Das habe ich mir nicht aus den Rippen geschnitten, es gibt eine Finanzplanung, die Sie vorgelegt haben. Dort stehen 14,609 Milliarden Euro Einnahmen 15,724 Milliarden Euro Ausgaben gegenüber. So geht Schuldenbremse nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Haushaltsgrundsätze wie Haushaltsklarheit und -wahrheit haben ihren Sinn. Es ist eben nicht seriös, wenn Sie nebenbei Haushaltsanträge zum Flughafen Hahn einfließen lassen, so als sei überhaupt nichts gewesen.
Die Vorgehensweise von Regierung und Koalitionsfraktionen ist darauf angelegt, all diesen Fragen, all diesen Problemen letztlich auszuweichen, und wenn es gar nicht mehr anders geht, dann in einem Eiltempo, und über Weihnachten und Neujahr sollte dann alles vergessen sein.
Es ist verständlich, dass es vergessen sein sollte; denn das Thema „Haushalt und Finanzen“ ist seit Jahren – nennen wir es einmal „gelinde gesagt“ – nicht wirklich ein Renner für die SPD-geführten Landesregierungen.
Ihr Schwerpunkt liegt auf dem Geldausgeben. Das funktioniert im Verteilen, im großzügigen Verteilen, aber wenn die Frage gestellt wird, wo das Geld herkommen soll, dann fällt Ihnen nicht mehr ein als „Brüssel“ oder „Berlin“ und manchmal dann doch etwas, und das ist dann der Steuerzahler.
Eine Milliarde Euro neuer Schulden pro Haushaltsjahr, das nennen Sie von Rot-Grün trotzdem Sparhaushalt. Das ist ein sportlicher Anspruch.
Die Regierungs-GRÜNEN in diesem Haus haben die Dinge auch schon einmal anders gesehen. Das, worüber bei den GRÜNEN heute gelacht wird, wenn wir davon sprechen, das galt einmal als wahr, als Herr Köbler noch nicht einen gewissen Regierungsnimbus innehatte.
Wie meinte doch Herr Köbler in einer Pressemeldung vom 4. Dezember, auch kurz vor Weihnachten, 2008 – ich zitiere gerne –:
Da war er noch jung, er ist es auch heute noch, aber man kann in dieser Zwischenzeit auch dazulernen. Manchmal geht es gut, manchmal geht es schlecht.
Lieber Herr Kollege Köbler, das Zitat: „Eine Milliarde Euro neue Schulden jährlich sind unverantwortlich und ein Offenbarungseid (…)“. – Recht hat er und Applaus für dieses Zitat aus 2008 verdient.
Herr Kollege Köbler, das sagen wir auch. Da sind wir einer Meinung. Das haben wir 2008 gesagt, das haben wir 2010 gesagt, und das haben wir 2011 gesagt. Das sagen wir auch noch heute 2013.
Lieber Herr Köbler, entweder war es damals falsch, oder heute ist Ihre Aussage falsch, aber wir beide wissen, dass Ihre Aussage damals genauso richtig war wie unsere Aussage es heute auch ist, sehr geehrter Herr Köbler.
Kommen wir zur stellvertretenden Ministerpräsidentin, zu Frau Lemke, erste Regierungs-GRÜNE im Land. Sie stellt auch am 4. Dezember 2008 – es gab eine Pressemitteilung – fest, Zitat:
(Baldauf, CDU: Gleichzeitig, meine Güte! Da habt ihr einen Rundumschlag gemacht! – Frau Schneider, CDU: Da hat sie das Vorwort noch nicht gelesen!)
„Wer immer nur Schulden macht, kann nie und nimmer einen konsolidierten Haushalt vorlegen.“ – Auch dafür haben Sie Applaus verdient für 2008, Frau Lemke.
Dennoch würde ich mich in Ihnen sehr irren, wenn Sie diesem Haushaltsentwurf von heute mit über einer Milliarde Euro neuer Schulden pro Jahr im Kabinett nicht mit voller Begeisterung zugestimmt hätten.
Aber auch Herr Kollege Wiechmann – um einmal in Richtung Koblenz zu gehen – fand am 2. Oktober 2008 in einer Presseerklärung kluge Worte, die in weiser Voraussicht sogar millimetergenau auf den Doppelhaushalt 2014/2015 passen. Dort heißt es – ich zitiere –:
„Angesichts der guten Konjunktur und den gestiegenen Steuereinnahmen in den beiden vergangenen Jahren seien eine Milliarde Schulden pro Jahr ‚unverantwortlich‘ (…) “.
Herr Wiechmann, meinen Glückwunsch! – Recht hatte er, und recht hätte er, wenn er die Ehrlichkeit besäße, das Gleiche auch heute in dieser Abschlussdebatte zu sagen.
Die gewaltigen Schulden, mit denen unser Land zu kämpfen hat, sind nicht vom Himmel gefallen. Sie sind Ergebnis von zwei Jahrzehnten SPD-geführter Regierungspolitik. Ihre Art, mit gesellschaftlichen Herausforderungen umzugehen, hat immer nur die Richtung Neuverschuldung gekannt, überdurchschnittlich hoch und rasant im Vergleich zu anderen Bundesländern. Zu hohe Staatsschulden gefährden aber den Wohlstand und die soziale Sicherheit.
Professor Dr. Deubel, wäre eine gute Gelegenheit gewesen, diese offene Flanke der SPD-Politik zu schließen. Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, Sie hätten zu diesem Zeitpunkt das Ruder wirklich herumreißen können und – wie ich meine – auch müssen. Frischer Wind, neue Ehrlichkeit! – Aber was wir in diesem Haushalt erleben, ist kalter Wind und alte Gewohnheit. Sie streichen Gelder, nicht nur bei der Schwangerenkonfliktberatung, sondern auch bei ehemaligen Inhaftierten und bei der Prävention von Gewalt gegen Frauen. Das ist kein frischer Wind, das ist kalter Wind. Das ist nicht sozial, das ist nicht gerecht, das ist die falsche Schwerpunktsetzung, Frau Ministerpräsidentin.
Man kann es konkret machen: Bei der Haushaltspolitik belässt diese Landesregierung alles beim Alten, gerne auch mit Nebelwerfern. Das war übrigens das Kernmerkmal des gescheiterten früheren Finanzministers Herrn Professor Dr. Deubel. Über Jahre hinweg wurde ein ganzes System von Nebenhaushalten, Fonds, kreditfinanzierten Sondervermögen, Rücklagen und unglaublich verschachtelten Transaktionen aufgebaut. Die Opposition, die Fragen hatte – wir warnten damals –, wurde damals genauso belächelt und auch herablassend behandelt wie heute. Nur liegen ganz wesentliche Erkenntnisse zwischen damals und heute, dass nämlich Hochmut vor dem Fall kommt. Viele, die heute in der ersten Reihe in der Regierung und den Koalitionsfraktionen sitzen, sind mit ihren damaligen Versprechen baden gegangen.
Frau Ministerpräsidentin, wie sagten Sie doch bei Ihrer Aussage vor Gericht im Nürburgring-Prozess? – Ich zitiere: Deubel konnte so erklären, dass alles plausibel war und keine Fragen offen blieben. –
Das bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass diejenigen falsch lagen, die damals die Fragen stellten, die Ihnen als Mitverantwortlichen nicht eingefallen sind. Deshalb sollten Sie auch die heutigen Fragen und Mahnungen von uns ernst nehmen und nicht einfach als Oppositionsgetöse abtun. Frau Ministerpräsidentin, wenn Ihnen Ihr Haushalt auch noch so plausibel scheint, sind diejenigen, die das nicht so sehen, nicht automatisch auf dem Holzweg. – Das lehrt uns die rheinlandpfälzische Geschichte, dass es so nicht ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, an der vielleicht verrücktesten Geschichte halten Sie immer noch fest. Eine richtige Briefkastenfirma haben die Sozialdemokraten ins Leben gerufen! – Nicht irgendeine Briefkastenfirma, sondern genau so eine Briefkastenfirma, wie man sie zum Beispiel auf den Kaimaninseln vermuten würde. Man kennt die Bilder aus dem Fernsehen, die Bilder mit Häusern, mit Hunderten von Briefkästen.
Die Briefkastenfirma der Landesregierung befindet sich in Koblenz, genauer gesagt, sie ist in der Boelckestraße angebracht. – Was steht auf dem Schild dieser Briefkastenfirma, die Sie bisher noch nicht umzuändern gedach
ten, Frau Ministerpräsidentin? – Auf dem Schild steht: PLP Management GmbH und Co. KG, und einziger Kommanditist ist das Land Rheinland-Pfalz. – Sehr einfallsreich!
Einmal eingerichtet, scheinen auch Sie, Frau Ministerpräsidentin, wie auch Herr Beck daran festhalten zu wollen, und das finde ich schlimm; denn Sie hätten die Chance gehabt, neue Einschnitte vorzunehmen, um uns zu zeigen, dass es Ihnen wirklich ernst ist mit Ihrer Politik.
Es wäre durchaus ein sportlicher Wettbewerb: Wer ruft wohl dort bei der landeseigenen Briefkastenfirma an und bekommt wirklich als erster tatsächlich jemanden ans Telefon? – Ich kann Ihnen sagen, wer das wäre: Gar keiner. Gar keiner bekommt dort jemanden ans Telefon; denn in Koblenz gibt es nur einen Briefkasten, und das war‘s. – Dennoch fragt man sich: Was macht diese merkwürdige Firma eigentlich?
Sie hat eine nie erreichbare Geschäftsführerin, die von einer gewissen TMF AG gestellt wird, einer international tätigen niederländischen Finanzierungsagentur mit einer Zweitfirma in Frankfurt. Für diese nie erreichbare Geschäftsführerin wird aber auch Geld bezahlt. – Wie viel, das hat die Landesregierung dem Landtag bis heute nicht verraten.
Es geht noch weiter: Die Briefkastenfirma hat Schulden, und dafür müssen wir aufkommen, das heißt, für das Vermögen. Dies ist das Vermögen, das aus den Krediten des Landes für den sozialen Wohnungsbau besteht. Gekauft hat die PLP das nicht so ganz direkt, das wäre sehr untypisch für SPD-Finanzminister. Das Konstrukt geht über mehrere Ecken, und nun zahlt die PLP ihre Schulden ab mit Geld aus dem Landeshaushalt, mit dem Geld, das die Häuslebauer als Zins und Tilgung an das Land zurückzahlen. Dieses Geld steht unserem Haushalt jetzt übrigens nicht mehr zur Verfügung, und das ist das sozial Ungerechte.