Protocol of the Session on October 2, 2013

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dabei steht es doch außer Frage, dass zur Bewältigung von wichtigen Zukunftsfragen auch Maßnahmen erforderlich sind, die wehtun, die bei den Betroffenen vor Ort erst einmal nicht gut ankommen, die vielleicht Zustimmung und Wählerstimmen kosten. Das ist der Grund, warum die CDU so tut, als wäre Nichtstun eine Alternative zur Reform der Kommunalstrukturen in unserem Land, als könne man doch eigentlich alles so lassen, wie es ist, und es immer nur fünf Jahre nach vorne schieben, bis man es irgendwann vielleicht angehen möchte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir können es aber nicht so lassen, wie es ist. Wir haben als Politikerinnen und Politiker die Pflicht, Verantwortung zu übernehmen, und zwar für das gesamte Land RheinlandPfalz. Wir haben die Pflicht, die Weichen für die Zukunft der Kommunen zu stellen und sie im Rahmen dessen, was das Land tun kann, auf die absehbaren demografischen Veränderungen vorzubereiten. Wenn Probleme erkennbar werden, müssen wir uns bemühen, sie zu lösen. Die Probleme sind mehr als erkennbar.

Nun löst man Probleme aber nicht, indem man auf Zeit spielt und die erforderlichen Reformprozesse auf die lange Bank schiebt, so wie Sie es mit Ihrem Antrag in der letzten Sitzung vorhatten. Nichts anderes – das will ich noch einmal betonen – ist der von der Opposition in der letzten Plenarsitzung eingebrachte Gesetzentwurf, bei der Kommunalreform ein Moratorium von fünf Jahren vorzusehen. Das ist ein Schieben auf eine lange Bank.

(Licht, CDU: Sie schieben doch selbst bis 2019!)

Was die CDU vorgeschlagen hat, ist natürlich kein schlüssiges Gesamtkonzept. Es ist überhaupt kein Konzept. Es ist nicht einmal ansatzweise zielführend, konstruktiv oder hilfreich sowie nichts, was ich in den letzten Monaten von der Opposition zur Kommunal- und Verwaltungsreform gehört und gesehen habe, auch nur ansatzweise zielführend, konstruktiv oder hilfreich gewesen ist.

Aber natürlich kann man in der Opposition versuchen, sich auf preiswerten Populismus zurückzuziehen. In der Regierungsverantwortung kann man das nicht.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Regierungsverantwortung – ich weiß, das kennen Sie nicht – kann man so nicht handeln. Da ist man verpflichtet, Lösungen zu erarbeiten. Das haben wir getan. Wir haben mit dem Landesgesetz über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform die Grundlage für

eine sinnvolle, maßvolle und zukunftsfähige Neuordnung der kommunalen Gebietskörperschaften geschaffen. Jetzt sind wir es den Gemeinden, die unterhalb der vom Gesetz festgelegten Mindesteinwohnerzahl liegen, schuldig – – –

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Aber nicht alle!)

Ich will zu den Mindesteinwohnerzahlen noch einmal etwas sagen. Frau Kohnle-Gros, Sie waren schon in der letzten Legislaturperiode da, als Herr Kollege Hörter diese Zahlen ausdrücklich bestätigt hat. Er hat ausdrücklich gesagt, dass er sie für richtig hält.

Ich sage noch einmal, das Gesetz, das Sie in der letzten Sitzung vorgelegt haben, hat keine Kritik an diesen Zahlen geäußert.

Wir sind fest davon überzeugt – ich will es noch einmal wiederholen –, dass wir es den Gemeinden, die unterhalb der vom Gesetz festgelegten Mindesteinwohnerzahlen liegen, schuldig sind, zeitnah zu einer Umsetzung der Reform zu kommen, um ihnen Planungssicherheit zu geben und keine endlose Hängepartie zu veranstalten.

(Frau Schneider, CDU: Bei allen?)

Dazu komme ich noch.

Auch gegenüber den Kommunen, die ihren Gebietsänderungsbedarf erkannt und sich freiwillig auf den Weg gemacht haben, ihre Zukunft aktiv zu gestalten, sind wir, davon bin ich fest überzeugt, verpflichtet, den Reformprozess fortzuführen.

Vertreter von einigen betroffenen Gebietskörperschaften haben angekündigt, den Verfassungsgerichtshof anzurufen, um die entsprechenden Fusionsgesetze rechtlich überprüfen zu lassen. Das zu tun, ist rechtsstaatlich völlig legitim. Es ist aber kein Grund für den Gesetzgeber, die weitere Umsetzung eines von ihm verabschiedeten Gesetzes erst einmal auszusetzen.

Ich bin selbst viele Jahre lang – Sie wissen es – Ortsbürgermeister gewesen. Deswegen kenne und verstehe ich die Ängste und Sorgen derjenigen, die von den Gebietsänderungen konkret betroffen sind. Die Bürgerinnen und Bürger, die Vertreterinnen und Vertreter der kommunalen Politik, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kommunalverwaltungen, die Unternehmerinnen und Unternehmer vor Ort stellen sich Fragen, was sich für sie persönlich ändert. Die klare Antwort ist, im Alltag der Menschen in den Fusionsgemeinden ändert sich so gut wie nichts. Ich darf berichten, ich wohne in einer Fusionsgemeinde. Wenn ich mit meinen Nachbarn spreche, dann sagen sie, dass sie nichts gemerkt haben, dass sich etwas verändert hat. Die Verwaltungsanlaufpunkte sind geblieben. Wie sich die Verwaltung hinter diesen Anlaufpunkten für die Bürgerinnen und Bürger verändert, ist nichts, was der Bürger alltäglich merkt.

Trotzdem – das will ich noch einmal betonen – sind Änderungsprozesse immer mit einer gewissen Unsicherheit verbunden, und die Diskussionen in den Kommunen sind emotionsgeladen. Wir haben heute eine Demonstration von, wie ich von der Polizei höre, rund

500 Menschen aus unserem Land zu erwarten. Das ist vollkommen in Ordnung. Die wollen ihre emotionale Befindlichkeit ausdrücken. Das verstehe ich. Das zeigt auch eine große Verbundenheit mit der Heimat. Solche Diskussionen gab es auch schon bei der letzten großen Gebietsreform Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre. Es wird sie wohl immer geben, wenn solche Reformprozesse in Gang sind.

(Zuruf von der CDU)

Verehrter Herr erster stellvertretender Fraktionsvorsitzender, Herr Baldauf, wir haben Sie oftmals zur Zusammenarbeit eingeladen. Ich war bei diesen Gesprächen dabei, Sie, glaube ich, eher selten. Sie haben es nicht angenommen, diese Gespräche mit uns zu führen. Sie waren eingeladen, und Sie werden für die nächsten Schritte eingeladen bleiben. Das ist doch ganz normal.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass die Diskussionen abflauen werden, wenn sich erst einmal die Erkenntnisse durchgesetzt haben, dass es von der Landesregierung richtig war, kleine verbandsfreie Gemeinden und Verbandsgemeinden in größere Strukturen zu überführen. Diese Erkenntnis wird sich durchsetzen. Das zeigt sich an den zahlreichen gelungenen Fusionen sowohl bei der letzten Gebietsreform als auch bei den freiwilligen Fusionen der jüngeren Vergangenheit.

Durch die jetzt vorliegenden Gesetzentwürfe, seien sie auf freiwilliger Basis oder ohne Zustimmung der betroffenen Gebietskörperschaften entstanden, soll die Leistungsfähigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit und die Verwaltungskraft der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden gestärkt werden. Die Einspareffekte liegen dabei auf der Hand, auch wenn sie zum Teil pauschal abgestritten werden, nur weil sie nicht in jedem Einzelfall konkret berechnet werden können.

Es liegt in der Natur der Sache, dass durch die Zusammenlegung von Verwaltungseinheiten Synergieeffekte bei den Personal- und Sachkosten erreicht werden können. Denken Sie nur – damit geht es los – an den Wegfall der Stellen für hauptamtliche Wahlbeamtinnen und -beamte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, große Kommunen sind kostengünstiger zu verwalten, weil die Kosten pro Einwohner mit steigender Einwohnerzahl abnehmen.

Der öffentliche Dienst profitiert von fallenden Durchschnittskosten, wenn sich sein Kundenkreis erweitert. Gebietskörperschaften brauchen Mindestgrößen, um spezialisierte Dienste anzubieten oder bestimmte Leistungen finanzieren zu können. Je eher wir diese Synergieeffekte erzielen, umso schneller werden die kommunalen Kassen entlastet. Jedes Jahr zählt.

In den umgebildeten Gebietskörperschaften wird eine qualitative und wirtschaftliche Verbesserung der Aufgabenwahrnehmung möglich sein. Davon können die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Ortsgemeinden, die umlagepflichtig sind, erheblich profitieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Informations- und Kommunikationstechnologien, die wir heute haben – das wissen wir doch alle –, geben uns die Möglichkeit, Verwaltungsabläufe schneller, besser und wirtschaftlicher zu machen. Sie machen es den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung leichter. Sie gestatten größere Verwaltungseinheiten.

Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – ich möchte namentlich Herrn Stubenrauch, Herrn Schröder, aber auch Herrn Fischer nennen und Ihnen herzlich danken; Herr Stubenrauch, das war ein Kraftakt, den Sie hingelegt haben –,

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Staatssekretär Häfner, Frau Staatssekretärin Raab und ich haben in unseren Gesprächen mit den Kommunen und während der Anhörungsverfahren mehr als einmal gehört, die Zeit zur Umsetzung der Fusionen zum 1. Juli 2014 sei zu knapp bemessen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir deswegen den Hinweis, dass ich den betroffenen Kommunen mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 die konkret beabsichtigten Gebietszusammenschlüsse mitgeteilt habe. Ich denke deswegen, dass alle ausreichend Zeit hatten, sich auf eine Fusion einzustellen.

Der Landesgesetzgeber greift mit den Gebietsänderungen in die kommunale Selbstverwaltungshoheit ein. Deswegen ist eine gründliche Einzelfallabwägung unbedingt notwendig, was wiederum dazu führt, dass die auf der Grundlage des Landesgesetzes über die Grundsätze der Kommunal- und Verwaltungsreform vorgenommenen Fusionen nur Fall für Fall und nicht etwa landesweit und auf einen Schlag abgearbeitet werden können. Diese Vorgehensweise ist nicht willkürlich. Sie stellt auch keine Ungleichbehandlung der Kommunen dar.

Diese Verfahrensweise wird sich nahtlos fortsetzen, sodass jetzt nicht etwa bis 2019 Stillstand herrscht. Die Kommunal- und Verwaltungsreform ist ein kontinuierlicher Prozess, der dieses Hohe Haus auch noch in den kommenden Jahren regelmäßig beschäftigen wird. Wir werden weitere Fusionsgesetze Zug um Zug vorlegen.

Auf die Inhalte jedes einzelnen Gesetzes möchte ich im Detail nicht eingehen. Ich möchte aber auf einige Besonderheiten aufmerksam machen. Die Gebietsänderungen sollen jeweils zum 1. Juli 2014 in Kraft treten, also zeitnah zu den allgemeinen Kommunalwahlen am 25. Mai 2014, bei denen die Organe der umgebildeten Gebietskörperschaften neu gewählt werden.

Beim Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Enkenbach-Alsenborn und Hochspeyer gewährt das Land aufgrund der desolaten Haushaltssituation der Verbandsgemeinde Hochspeyer ausnahmsweise einen Disparitätenausgleich in Höhe von 3 Millionen Euro.

Aus dem gleichen Grund sieht der Gesetzentwurf außerdem die Möglichkeit vor, dass die neue größere Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn von den

Ortsgemeinden der dann ehemaligen Verbandsgemeinde Hochspeyer eine Sonderumlage erheben kann. Das gilt auch für den Fall Manderscheid und Wittlich-Land gegenüber den Ortsgemeinden der bisherigen Verbandsgemeinde Manderscheid.

Dann muss ich noch die Fusion der Verbandsgemeinde Heidesheim am Rhein und der verbandsfreien Gemeinde Budenheim zu einer neuen Verbandsgemeinde ansprechen. Hier – Sie haben es alle mitbekommen – hat sich in den vergangenen Tagen und Wochen eine Alternative aufgetan, die auf Freiwilligkeit beruhen würde, nämlich die Eingemeindung der Ortsgemeinden Heidesheim am Rhein und Wackernheim in die Stadt Ingelheim. Dies ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu berücksichtigen. Ich kann diesem Weg sehr viel Sympathie entgegenbringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen. Die Gesetzentwürfe, die heute eingebracht wurden, sind ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu zukunftsfähigen, festen Kommunalstrukturen im Land Rheinland-Pfalz. Wir haben alle Zahlen, Daten und Fakten sowie alle Argumente für und gegen die geplanten Fusionen abgewogen. Das Ergebnis sind sinnvolle, maßvolle und wirksame Gebietsänderungen, die für den Alltag der Menschen in den betroffenen Kommunen wenig oder nichts ändern, die den Gemeinden auf lange Sicht aber Kosten abnehmen und Zukunftsfestigkeit geben.

Da ich überzeugt bin, dass die geplanten Maßnahmen richtig, wichtig und im Sinne der Kommunen sind, appelliere ich an alle Mitglieder dieses Hohen Hauses: Liebe Kolleginnen und Kollegen, übernehmen Sie Verantwortung und tragen Sie den Reformprozess mit! Stimmen Sie den Gesetzen zur Gebietsänderung zu! Ich freue mich auf die ausführlichen Einzelberatungen im Ausschuss bzw. bei den Anhörungen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention erteile ich der Frau Kollegin Beilstein das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Lewentz, vorsichtig formuliert, könnte man sagen, Sie waren gerade rhetorisch gesehen sehr sportlich unterwegs. Freier formuliert, könnte man auch sagen, Sie haben schlicht und ergreifend die Tatsachen verdreht,

(Beifall der CDU)

wenn Sie behaupten, dass mit dem CDU-Antrag auf ein Moratorium, das wir beim letzten Mal gestellt haben und das erwartungsgemäß nicht angenommen wurde, inkludiert angezeigt ist, dass die CDU dem KVR-Grundsätze

Gesetz im Nachhinein vollumfänglich zugestimmt hat. Das ist ganz klar nicht der Fall.

(Beifall der CDU)

Ich komme zu den Grundsätzen der CDU. Wir haben immer gesagt, wir sind bereit, ein solches gemeinsames großes Reformwerk mit der SPD gemeinsam anzugehen. Es ist an dem grundsätzlich unterschiedlichen Ansatz, den wir beide hatten, gescheitert. Seitens der CDU haben wir gesagt, ein solches Vorhaben muss mit einer umfänglichen Aufgabenkritik beginnen. Es muss eine Reform aus einem Guss werden. Das beinhaltet selbstverständlich, dass man alle Ebenen betrachten muss, und zwar sowohl die Kreisebene als auch die Verbandsgemeindeebene und auch die Landesebene.