Protocol of the Session on October 2, 2013

er ist erforderlich, wenn man erfolgreich Haushaltspolitik gestalten will. Dazu reichen Sonntagsreden nicht aus.

Natürlich muss man dazu als erstes mit einer aufgabenkritischen Sichtweise an die Aufgaben und die Aufgabenerfüllung herangehen. Wir haben aber das klare Ziel, den Staat nicht zu einem Schrumpfstaat zu machen und ihn auch keiner Schrumpfkur zu unterziehen, sondern wir wollen ihn modern und leistungsfähig erhalten. Dafür haben wir bereits in vergangenen Haushalten – beispielsweise im vorangegangenen, aber auch in dieser Vorlage finden sich erneut viele Beispiele – zahlreiche Feststellungen und Empfehlungen des Landesrechnungshofs aufgegriffen und in politische Wirklichkeit umgesetzt.

Wir haben das zum Anlass genommen, um entsprechende Änderungen einzuleiten und auch im Haushalt zu verankern. Als Beispiele seien hier nur die Vermessungs- und Katasterämter genannt, deren Reformprozess vorangeht, sowie die Maßnahmen im Bereich der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum. Es wurde auch geprüft, an welchen Stellen eine gesteigerte Effizienz einen wesentlichen Beitrag zur Konsolidierung leisten kann, sodass wir beispielsweise im Bereich der Finanzverwaltung mit einem zukunftsgerichteten Konzept die Leistungsfähigkeit erhalten und sogar steigern können.

Meine Damen und Herren, wir haben als Fraktion im Blick, dass dieser Haushalt dabei auch Zumutungen und Belastungen formuliert. Wir wissen, dass wir von vielen Menschen einiges dabei abverlangen, aber wir tun dies mit einem klaren Leitbild. Das heißt nicht, dass wir großflächige Ausnahmen definieren, sondern das heißt, dass wir alle Bereiche – und wirklich alle Bereiche, auch wenn sie unsere Schwerpunkte betreffen – auf den Prüfstand stellen.

Wir sind der festen Überzeugung, dass dieses Vorgehen bei aller verständlichen Kritik der Betroffenen, die wir uns auch gestern Mittag anhören durften, auch von den Menschen insgesamt mit unseren Erläuterungen akzeptiert werden wird; denn unsere Politik macht klar, dass wir bei allen erforderlichen Konsolidierungsmaßnahmen die Notwendigkeit einer intakten Umwelt, guter Bildung und gerechter Chancen in der Gesellschaft nicht aus dem Blick verlieren werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, die wesentliche und entscheidende Botschaft dieses Haushaltsentwurfs ist, dass wir beide verfassungsrechtlichen Grenzen einhalten und es dennoch gelingt, zukunftsgerichtete Ausgaben und Investitionen zu tätigen. Das Einhalten von gleichzeitig zwei Verfassungsgrenzen, einerseits der Nettokreditaufnahme in der Höhe der Ausgaben für Investitionen und andererseits des Abbaupfades für das strukturelle Defizit angesichts der bundesstaatlich vereinbarten und verfassungsrechtlich festgelegten Schuldenbremse, ist keine Selbstverständlichkeit, schon gar nicht in diesen Zeiten. Dennoch liegen wir in beiden Jahren einmal um 105 Millionen Euro und einmal um 206 Millionen Euro von der investitionsbestimmten Kreditobergrenze entfernt.

Viel wichtiger ist aber, dass wir den selbst gesteckten Abbaupfad bei einem strukturellen Defizit einhalten und so Kurs halten bei der angestrebten Zielmarke von null Euro struktureller Neuverschuldung im Jahr 2020.

Meine Damen und Herren, bei den Schritten gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keinen Grund, sich zufrieden zurückzulehnen und die Konsolidierung als einen erfolgreichen Selbstläufer zu betrachten. Daher werden wir als Fraktion bei allen Änderungen, die wir vornehmen, immer die engen Spielräume, die aufgrund des verbindlichen Abbaupfades vorgegeben sind, zu berücksichtigen haben. Konkret, wir werden keine Änderungen vorlegen, die in der Summe ausgabenerhöhend sind, sondern werden konkrete Gegenfinanzierungsmaßnahmen dafür vorlegen und werden diese auch für jeden anderen Vorschlag verlangen.

Meine Damen und Herren, diese Landesregierung ist auf dem Weg der Konsolidierung deutlich vorangekommen. Der Finanzminister hat die einzelnen Schritte in seiner Rede gestern bereits sehr detailliert ausgeführt. Das möchte ich nicht noch einmal wiederholen.

Dass wir vorangekommen sind – das ist ein kleiner Mythos, meine Damen und Herren von der CDU –, liegt keineswegs nur an sprudelnden Rekordsteuereinnahmen, wie Sie sie immer beschwören; denn die Ausgaben des Haushalts liegen ziemlich exakt auf dem in der Finanzplanung vorgegebenen Ausgabenpfad.

Dieser Part gibt uns vor, in welcher Weise wir auf der Ausgabenseite zu konsolidieren haben. Dies zeigt den verantwortlichen Umgang, den wir mit anvertrauten Steuergeldern pflegen, meine Damen und Herren.

Gemäß des von Rot-Grün beschlossenen Schuldenbremsenausführungsgesetzes soll der Landeshaushalt 2014 maximal ein strukturelles Defizit von 1,1 Milliarden Euro aufweisen. Er wird bei einem Wert von rund 716 Millionen Euro liegen. Für 2015 liegt der Maximalwert bei rund 906 Millionen Euro, und wir werden mit einem deutlich geringeren Wert von 607 Millionen Euro abschließen können. Das zeigt unseren großen Fortschritt und die bereits erreichten großen Ziele im Konsolidierungspfad, aber mit dem Abstand zu den Grenzen sind die Risiken klar beschrieben, die für diesen Haushalt bestehen.

Die Planungen für die Einnahmen und Ausgaben der Landesregierung sind vorsichtig; vorsichtig, wie ein verantwortlicher Kaufmann dies tun würde. Das ist auch gut so. Es bestehen dennoch Einnahmerisiken. Aber immerhin ist das größte Einnahmerisiko, die schwarzgelbe Bundesregierung in Berlin, erst einmal Geschichte, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dennoch gilt für die Einnahmesituation des Landes unverändert der gleiche Befund, der auch vor zwei Jahren galt. Wir haben nicht mehr, sondern wir haben nur etwas weniger zu wenig.

(Baldauf, CDU: Weniger zu wenig, was ist das für ein Spruch!)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich bin mir relativ sicher, dass Sie erneut ein wenig darauf spekuliert haben, dass wir die Verfassungsgrenzen im Entwurf verfehlen werden und Sie sich eine ernsthafte politische Haushaltsdebatte in der Form ersparen wollten, indem Sie darauf verweisen wollten, dass all das, was Sie vorfinden, beklagen können, es läge ein Verfassungsbruch vor, und deswegen sei das alles noch nicht einmal verhandlungsfähig.

Erneut ist diese Ihre Absicht fehlgeschlagen. Ich denke, Ihre hier zur Schau gestellte Konzeptlosigkeit ist Ausdruck dieser tiefen Verwirrung und Zerrissenheit zwischen mehr ausgeben und gleichzeitig mehr sparen, was Sie hier eindeutig dokumentiert haben, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es ist beileibe nicht das erste Mal, dass Sie uns diesen Spagat verbal vorgeführt haben. Darum will ich Ihnen gerne ein Zitat von Shakespeare mit Erlaubnis des Präsidenten zuteilwerden lassen: „Ist dies schon Tollheit, so hat es doch Methode“, sprach einst Hamlet. –

(Schreiner, CDU: Erst Goethe, jetzt Shakespeare!)

Ich finde, das gilt für Ihre Haushaltspolitik doch in besonderem Maße, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Manche Sachen von Ihnen sind geradezu erwartbar. Erwartbar ist beispielsweise das Herumreiten auf Ihrem Lieblingsänderungsantrag der letzten Haushaltsperiode, 98 Anträge zum Thema „Beamtenpensionsfonds“. So etwas verkaufen Sie dann als Fleiß, was eine kleine Sachbearbeiteraufgabe ist, nämlich das Zusammenrechnen von Einzelposten im Haushaltsplan. Ich sage Ihnen, diese Idee ist nicht gut; denn Sie haben heute bei den Ausführungen dem Finanzminister entweder wieder ganz schlecht zugehört, oder – soll ich besser sagen – Sie haben so wenig von dem, was er vorgetragen hat, verstanden, meine Damen und Herren.

(Zurufe von der CDU)

Sie haben auch die Systematik der neuen Schuldenregel nicht verstanden. Das liegt nicht daran, dass in Rheinland-Pfalz eine ganz besondere Schuldenregel gilt, die ganz einmalig ist und es anderswo nicht gibt, nein, Ihnen scheint der gesamte Prozess der Umstellung dieser Schuldenbremstechnik beim Bund wie bei den Ländern vollkommen entgangen zu sein. Sonst würden Sie das, was Sie vorgetragen haben, nicht vortragen.

Sie können von mir aus gerne technisch erneut die Abschaffung des Beamtenpensionsfonds fordern. Sie können von mir aus gerne die Ausgaben in Höhe von rund 650 Millionen Euro im Jahr 2014 dafür streichen und das Vermögen von 4 Milliarden Euro in einem Jahr „verfrühstücken“. Das können Sie machen. Das hat dann aber mit Periodengerechtigkeit, Generationengerechtigkeit oder gar mit Nachhaltigkeit nichts zu tun und ist

nichts anderes als ein mieser Buchhaltertrick, meine Damen und Herren.

Aber bitte, „Niveau ist keine Handcreme“.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

Was Ihnen aber damit nicht gelingt und auch nicht gelingen kann, ist, dass Sie mit dieser Streichung auf das strukturelle Defizit einwirken. Der Finanzminister hat es Ihnen gestern erklärt. Na ja, er hat versucht, es Ihnen zu erklären. Ich glaube, es ist bei Ihnen nicht angekommen. Die Ausgaben für den Pensionsfonds haben keinerlei Auswirkungen auf das strukturelle Defizit.

Meine Damen und Herren, deswegen können Sie dort streichen, was Sie wollen. Sie werden an dem zentralen Kriterium der Schuldenbremse Ihre Zielsetzung, die Sie aufgeben, verfehlen.

Es gibt, so hört man, so munkelt man, im Finanzministerium ein Besprechungszimmer, das nach dem Ökonom Fritz Neumark benannt ist. Diese Benennung ist eine sehr löbliche Tat. Daher will ich Ihnen kurz etwas vortragen und zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: Der primäre Effekt von Staatskreditoperationen hängt weitgehend davon ab, wie, von wem und unter welchen gesamtwirtschaftlichen Bedingungen geborgt wird. –

Das stammt zwar aus dem Jahr 1961, gilt aber unverändert fort. Genau darum ist der Beamtenpensionsfonds als finanzielle Transaktion nicht im strukturellen Defizit erfasst. Sie machen sich mit der Streichung kassenmäßig einen schönen Lenz, Sie feiern eine kleine Strohfeuerparty, aber eines tun Sie nicht, nämlich sparen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Bei all dem sollten Sie den Leuten draußen einmal Ihre widersprüchliche Position erklären, warum Sie auf kommunaler Ebene die Einführung eines solchen Pensionsfonds fordern, die Forderung der kommunalen Spitzenverbände nach Einführung eines solchen Fonds einhellig unterstützen und dann auf Landesebene genau dort, wo der Fonds bereits eingeführt ist, diesen aber ablehnen.

Meine Damen und Herren, das ist eine völlig unglaubwürdige Position. Sie werden es nicht aufrechterhalten. Sprechen Sie doch einmal mit Ihren Spitzenverbänden. Herr Dr. Matheis und Herr Manns stehen wirklich nicht in dem Verdacht, irgendwie bei uns parteipolitisch verankert zu sein. Die tragen diese Forderungen im Wesentlichen vor. Das unterstützen Sie im Ausschuss, und hier reden Sie dagegen.

Wenn es eine besondere Form von Unglaubwürdigkeit gibt, dann ist es eine solche Positionierung, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es gibt noch ein Stichwort. Das ist die Verantwortung für die Vergangenheit.

Meine Damen und Herren von der Oppositionsfraktion, wenn in diesem Hause gar nichts mehr hilft, dann flüchten Sie sich in rhetorische Figuren, die da lauten, wir tragen für diese Haushaltssituation keine Verantwortung. Deswegen wollen wir auch damit nichts zu tun haben und schwimmen uns davon frei.

Sollten Sie jemals in diesem Land, wovon ich immer nur deutlich abraten kann, Regierungsverantwortung übernehmen, was machen Sie dann eigentlich? Verweigern Sie die Schuldentilgung, weil Sie sagen, das sind nicht unsere, die könnt ihr der Sozialdemokratischen Partei in die Parteizentrale schicken? Meine Damen und Herren, ist das Ihre Vorstellung von Regierungsverantwortung?

(Beifall und Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SPD)

Sie müssen wissen – für die Bundesrepublik Deutschland –, die noch amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel trägt Verantwortung für ein Drittel der Staatsverschuldung des Bundes, und weitere 40 % dürfen wir Helmut Kohl zurechnen. Ich hätte diese Verantwortung auch nicht gerne. Aber wenn ich Verantwortung übernehmen muss, muss ich auch diese übernehmen. Sie weigern sich im Land bislang immer noch. Ich finde, das ist ein Ausweis von Schwäche, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir stehen erst am Anfang der Beratungen. Darum will ich noch nicht alles vorwegnehmen. Aber wir haben heute schon die Ankündigungen von der Fraktionsvorsitzenden gehört, zu denen ich doch das eine oder andere sagen möchte. Wir haben schon im Laufe der vorangegangenen Parlamentsdebatten immer gehört, was die Forderung der CDU vor allen Dingen in Richtung der Mehrausgaben bedeutet. Sie setzen auch heute wieder Ihre unselige Tradition fort, indem Sie von dieser Stelle aus Versprechungen hinaus ins Land verkünden, die Sie im Zweifel und absehbar nicht seriös halten können.

Wenn Sie bei der Frage der kostenfreien Bildungsangebote eine andere Auffassung haben als wir, dann sei Ihnen das ausdrücklich zugestanden. Das kann man diskutieren. Dann sagen Sie aber doch bitte auch, wer die Anträge für die Kita-Beiträge bearbeiten soll, wer die Freistellung bei der Schülerbeförderung prüfen soll, und sagen Sie mir doch endlich einmal, was Sie glauben, wie viele Leute danach noch Studiengebühren zahlen sollen. Solange Sie solche Zahlen nicht seriös belegen – dazu haben Sie jetzt die Gelegenheit –, machen Sie eine große „Popanzdiskussion“ auf und ersetzen das, was seriöse Haushaltspolitik ist, vor allem durch symbolische Politik.

Herr Finanzminister Dr. Kühl hat Ihnen gestern exemplarisch aufgezeigt, in welcher Höhe Sie allein mit ausgewählten Forderungen eine eigene Gegenfinanzierung vorzulegen hätten. Ich denke, er war mit seiner Schätzung von rund 420 Millionen Euro eher freundlich zu

Ihnen. Ich wäre eher bei einer halben Milliarde Euro, und ich glaube, da nehme ich auch einen sehr positiven Wert ein. Meinen Sie wirklich, dass die Menschen draußen, denen Sie Versprechungen machen, nicht merken, dass Sie nichts davon einhalten können?

Um an dieser Stelle einmal Johannes Rau zu zitieren: „Gebrochene Versprechen sind gesprochene Verbrechen“. – Wenn Sie das, was Sie fordern, nachher nicht mit Zahlen belegen können, wissen die Leute sehr genau, was Sie von Ihnen und Ihren Vorschlägen zu halten haben. Dann sind das alles halbherzige Bekundungen.