Herr Dr. Weiland und Herr Dr. Konrad, es gibt in der Aktuellen Stunde keine Zwischenfrage. Deswegen bitte ich Sie auch deshalb, weil der Applaus und der Erheiterungserfolg, den Sie hatten, nicht von der Redezeit abgezogen werden kann, zum Schluss zu kommen.
Ja, das werde ich tun. Die Geburtenrate ist auf dem Land, wo die Straßendichte geringer ist, höher als in der Stadt. Darauf wollte ich noch hinweisen.
Jahresbericht 2012 des Bürgerbeauftragten Unterrichtung durch den Bürgerbeauftragten – Drucksache 16/2215 –
Es ist üblich, dass der Vorsitzende des Petitionsausschusses die Aussprache mit einem Bericht beginnt. Für die Fraktionen haben wir eine Grundredezeit von 10 Minuten vereinbart. Ich erteile Herrn Dröscher das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich auf einzelne Eingaben eingehen würde, könnte ich sicher für die Fortsetzung der guten Stimmung sorgen.
Als Ergänzung zu dem Ihnen schriftlich vorliegenden Bericht des Bürgerbeauftragten möchte ich einige Anmerkungen für den Ausschuss machen.
Zunächst nenne ich einige wenige statistische Zahlen. Wir haben im vergangenen Jahr 2.702 Neueingaben gehabt. Davon waren 2.329 zulässig. Hinzu kamen noch 1.256 Bürgerinnen und Bürger, die sich mit ihren Unterschriften bei fünf Sammelpetitionen anschlossen. Das ist ein neues Instrument, um Massenpetitionen etwas zu vermeiden. Insgesamt haben etwa 4.000 Bürgerinnen und Bürger dieses Landes ihr Recht, eine Eingabe zu machen, wahrgenommen.
Insgesamt waren das seit der Zeit, seit der wir den Bürgerbeauftragten in Rheinland-Pfalz haben, etwa 110.000 Petitionen. Das Petitionsrecht ist also durchaus ein wesentliches Recht, das in unserem Land wahrgenommen wird.
Der Petitionsausschuss hat sich im vergangenen Jahr in neun Sitzungen mit den Eingaben beschäftigt. Schwerpunktthemen waren mit etwa 550 Eingaben der Justizvollzug. Man könnte sagen, 1 ‰ der Bevölkerung, so viele sitzen etwa ein, knapp 4.000 Menschen, haben für fast 14 % der Petitionen gesorgt. Ich kann Ihnen auch als Vorsitzender der Strafvollzugskommission, des ständigen Unterausschusses, versichern, dass es sich nicht um eine Schwäche des Strafvollzugs handelt, sondern offenbar das Recht der Petition dort, wo andere Rechte wie Freiheitsrechte eingeschränkt sind, vielleicht einen besonderen Stellenwert hat.
Wir prüfen ernsthaft alle Petitionen. Mit 435 Eingaben folgt der Bereich Gesundheit und Soziales. 229 Eingaben gab es aus dem Bereich Ordnungsverwaltung und Verkehr, 227 aus dem Bereich Landwirtschaft und Umwelt, vor allem Windkraft, 195 Eingaben aus dem Bereich Kommunalabgaben und Angelegenheiten, 181 aus dem Bereich Bauen und Wohnen. 103 Eingaben gab es im Bereich Ausländerrecht. Das ist eine zurückgehende Zahl.
Dazu kommen noch 11 veröffentlichte Petitionen mit 2.960 Mitzeichnungen insgesamt. Auf die veröffentlichten Petitionen komme ich nachher noch einmal zu sprechen.
Wir hatten 61 Legislativeingaben, davon 7 öffentlich. Dort lagen die Schwerpunkte bei den Rundfunkgebühren, Änderung des Schulgesetzes usw.
Darüber hinaus hatten wir 11 Legislativeingaben zur Änderung des Feiertagsgesetzes. Damit beschäftigen wir uns noch ernsthaft in diesem Jahr. Es gab zwei Sammellegislativeingaben, die sich mit der Landesbauordnung und mit der Absenkung des Wahlalters bei Kommunal- und Landtagswahlen beschäftigten.
Hinzu kommt der ständige Unterausschuss des Petitionsausschusses, die Strafvollzugskommission. Wir haben im vergangenen Jahr sieben Sitzungen, davon drei auswärtige durchgeführt. Wir haben die Jugendstrafanstalt Schifferstadt besucht und haben uns dort vor allem über die Umsetzung des Jugendstrafvollzugsgesetzes informiert. Wir waren in der Justizvollzugsanstalt Trier. Wir waren in der Justizvollzugsanstalt Koblenz, ebenfalls im vergangenen Jahr, und haben dort das Pilotprojekt „Führungsverhalten und Mitarbeitergesundheit“ kennengelernt. Das sind durchaus wichtige Besuche, die wir im Laufe der Legislaturperiode fortsetzen, sodass wir alle Justizvollzugsanstalten besucht haben.
Das Ministerium hat in den Sitzungen der Strafvollzugskommission, die hier am Ort stattgefunden haben, über die Evaluation des Jugendstrafvollzugs, Sprechstunden von Anstaltsleitern und Umgang mit Intensiv-Petenten berichtet. Das war auch ein Thema zwischen uns und dem Ministerium.
Ich habe gesagt, ich gehe noch einmal auf die öffentlichen Petitionen ein. Gut angenommen worden ist diese Möglichkeit der öffentlichen Petition auch im zweiten Jahr seit der Einführung. Dafür sorgt auch, dass wir das zusammen mit dem Bürgerbeauftragten sehr gut organisatorisch geregelt haben. Die Fraktionen sind gut vernetzt und können schnell entscheiden, ob eine Petition veröffentlicht werden kann. Mittlerweile gibt es andere Bundesländer, die unser Bundesland als Vorbild nehmen und das Modell Rheinland-Pfalz und SchleswigHolstein, wo das bereits im März 2013 beschlossen worden ist, übernehmen wollen.
Themen waren bei den öffentlichen Petitionen zum Beispiel Bürgerbefragungen zur Mittelrheinbrücke, Einrichtung einer Standspur auf der A 60, das Landesgesetz über die Grundsätze der kommunalen Verwaltungsreform, gefährliche Hunde, öffentlich-rechtliches Fernsehprogramm. Das war eine ganze Reihe von Themen.
Insgesamt waren es elf veröffentlichte Petitionen zusammen mit knapp 3.000 Mitzeichnungen. Die Petitionen, die nach der Entscheidung nicht veröffentlicht werden, die Fraktionen miteinander absprechen und die im Ausschuss dann bestätigt werden, werden ganz normal als persönliche Petition weitergeführt.
Asylverfahren sind auch ein Bereich, mit dem wir uns intensiv beschäftigt haben. Hier gibt es Probleme beim Sprachnachweis. Es gibt Probleme, die wir unter Umständen in der Härtefallkommission lösen. Da gibt es übrigens zum ersten Mal einen Bericht der Landesregierung, der im April ergangen ist; denn das Recht der obersten Landesbehörde, einem nachvollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer auf Ersuchen einer Härtefallkommission eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen – so sagt es das Aufenthaltsgesetz –, haben wir umgesetzt. Wir haben seit 2005 in wechselnden Statistiken immer wieder Härtefallersuchen. Wir haben im vergangenen Jahr zwölf Härtefälle mit insgesamt 26 Personen bearbeitet. Etwa 80 % konnten positiv entschieden werden, in den vergangenen Jahren im Schnitt etwa 50 %. Die Entscheidungsgrundlagen sind humanitäre oder persönliche Gründe, Zuverlässigkeit, Stand der Integration usw.
Wir haben als Petitionsausschuss auch über den Gartenzaun hinausgeblickt. Wir haben im September eine Informationsreise zum Europäischen OmbudsmannInstitut nach Innsbruck unternommen. Der Vizepräsident Dr. Braun war Delegationsleiter. Wir haben die Volksanwaltschaft Tirol besucht. Eindrucksvoll für alle, die dabei waren, war der kleine, aber feine Landtag in Tirol.
Wir hatten ebenfalls im September vergangenen Jahres die Tagung der Vorsitzenden der Petitionsausschüsse und der Bürgerbeauftragten der Bundesrepublik und der benachbarten Länder in Erfurt, haben dort über Zusammenarbeit der Einrichtungen, über neue Technologien, über das Spannungsfeld zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Beratungsgeheimnis, über die Gestaltung von Behördenschreiben, Umgang mit fremdsprachlichen Petenten beraten. Ich denke, dass sich das in der Praxis auswirkt. Nach meiner Meinung sind diese Treffen sehr sinnvoll.
Zuletzt möchte ich mich ganz herzlich – und das ausdrücklich auch im Namen meines Stellvertreters Thomas Günther – bei dem Bürgerbeauftragten Dieter Burgard und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken. Die Zusammenarbeit und die Zuarbeit waren wie in all den Jahren vorher – auch beim vorherigen Bürgerbeauftragten – ganz hervorragend. Der Ausschuss hat von dieser guten Zuarbeit und Zusammenarbeit profitiert.
Ich möchte mich bei Iris Eschenauer bedanken und ihrem Team von der Landtagsverwaltung, das den Vorsitzenden und den Ausschuss perfekt begleitet, und zwar seit Jahren. Ich möchte mich herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss für die vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Die Zusammenarbeit macht immer noch Spaß, auch noch nach vielen Jahren.
Einen herzlichen Dank an die Dienststellen und Behörden in den Kommunen und auch in der Landesregierung, die an unserer Arbeit – es ist für sie nicht immer ganz einfach – für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes kooperativ und oft unbürokratisch mitgewirkt haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Monat September des vergangenen Jahres ging die 110.000. Petition bei einem Bürgerbeauftragten unseres Landes ein. Dies bedeutet, dass sich seit 1974 – das ist in unserem Land der Beginn für einen Bürgerbeauftragten – diese Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern nach Mainz gewandt haben. Daran erkennen wir, dass in Rheinland-Pfalz der Bürgerbeauftragte einen hohen Stellenwert hat und auch fest verankert ist.
Der Bürgerbeauftragte versteht sein Amt und seine Arbeit – so steht es im diesjährigen Bericht – als eine aufsuchende Arbeit. Dies zeigt sich durch insgesamt 39 Sprechtage mit über 438 persönlichen Gesprächen oder Terminen vor Ort und runden Tischen, die zur Problemlösung dienten. Wenn 24 % der Eingaben online eingereicht werden, so zeigt dies die wachsende Zahl der Internetnutzer und die Akzeptanz der elektronischen Medien.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weiterhin und vielleicht noch verstärkt ist eine intensivere Kommunikation und Transparenz in Verwaltungen notwendig. Es muss Zeit sein für Erläuterungen, wenn ich zum Beispiel im Jobcenter oder in der Agentur für Arbeit den Bürgerinnen und Bürgern bei Bescheiden und Antragstellungen hilfreich zur Seite stehe.
Beachtenswert ist es, dass sich Bürger, die Petitionen einreichen, teilweise für bessere Lösungen einsetzen, die dann der Allgemeinheit zugutekommen und oft konstruktiv sind, zum Beispiel beim Neubau einer Feuerwehrwache in Kaiserslautern, wo die Petition dazu führte, dass ein neuer und besserer Standort für den Neubau gefunden wurde.
Selten dagegen sind Eingaben, die sich gegen die Einstellung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren wenden, die bisher meistens dazu führten, dass seitens der zuständigen Staatsanwaltschaft kein Anlass für erneute Ermittlungen gesehen wurde.
Im Bereich des Strafvollzugs kam es immer wieder zu Verbesserungen der Situation Einzelner, so zum Beispiel bei Ausbildungsmaßnahmen oder dem Übergang in den offenen Vollzug sowie zur Verbesserung für viele Inhaftierte wie beispielhaft bei der Sanierung und Wartung einer ständig ausgefallenen Heizung in der JVA Zweibrücken.
Begründet war auch die Eingabe eines Petenten, der mangelnde Sicherheitsstandards bei den Etagenbetten in Doppelzellen geltend machte. Eine Prüfung ergab, dass 41 Sicherheitsetagenbetten neu beschafft werden mussten, die dann auch tatsächlich von den Inhaftierten selbst in Wittlich hergestellt wurden. Sicherlich werden Petitionen aus der Sicherheitsverwahrung Diez weiter
Neben dem Strafvollzug sind es vor allem soziale Fragen, die zu bearbeiten sind. Sie machen rund 20 % der Eingaben aus und beinhalten Probleme beim Arbeitslosengeld, bei der Rentenversicherung, der Grundsicherung sowie dem Wohngeld. Oft droht Mittellosigkeit und in Folge Obdachlosigkeit oder davor das Sperren von Wasser und Energie.
Der größte Teil der Eingaben zum Arbeitslosengeld II betraf die Bearbeitung von Anträgen bzw. die Bewilligung oder Weiterbewilligung von Leistungen sowie deren Auszahlung. Dabei wurde oftmals beanstandet, dass die Bearbeitung der Anträge zu lange dauert. Hier spielt natürlich auch die hohe Arbeitsbelastung der Mitarbeiter eine Rolle. Auch Sperrungen oder teilweiser Abzug sind immer wieder Grund für Petitionen, da beim betroffenen Personenkreis jeder Cent wichtig ist. Gerade die Steigerung der Energiekosten kann von Empfängern des ALG II kaum bewältigt werden und schafft große Probleme.
Die Wohnungssituation ist in den letzten Jahren gerade in den großen Städten unseres Landes immer schwieriger geworden, da keine Verpflichtung der Kommunen besteht, angemessenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, und die Kommunen in den letzten Jahren den eigenen Wohnungsbestand reduziert haben. Hinzu kommt, dass kommunale Wohnungsbaugesellschaften vermehrt privatisiert wurden, sodass der Einfluss der Kommunen leider auch nachgelassen hat. Große Probleme bei der Wohnungssuche haben gerade diejenigen, die auf staatliche Leistungen angewiesen sind.
Auch zum Bereich der Pflegeversicherung gingen diverse Petitionen ein. In der Regel betreffen diese die Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung bzw. die Einstufung in eine höhere Pflegestufe. Besondere Streitpunkt sind oftmals die Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen. Wie bereits in der Vergangenheit ist im Berichtsjahr festzustellen, dass zwischen der Wahrnehmung des Pflegebedarfs durch die Betroffenen bzw. den Angehörigen und dem festgestellten Pflegebedarf durch den MDK erhebliche Unterschiede bestehen können. Eine gründliche Begutachtung ist jedenfalls besser als eine Entscheidung zu einem Widerspruch aufgrund der Aktenlage bzw. Arztberichte.
Dies gilt auch bei der Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft oder eines höheren Grades der Behinderung, wo eine persönliche versorgungsärztliche Untersuchung oft zu dem von den Petenten gewünschten Ergebnis geführt hat, nachdem zunächst aufgrund der angeforderten Befunde der behandelnden Ärzte und der Auswertung nach Aktenlage eine Ablehnung erfolgte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, einengend sind für die Bürgerinnen und Bürger oft Bebauungspläne, die eine Vielfalt verhindern, zum Beispiel bei Dachformen. Auch Friedhofssatzungen sind oft zu stark reglementiert.
Aktuell nahmen 2012 die Petitionen zu Windenergieanlagen und Photovoltaikanlagen im Wald sowie zur Gebiets- und Verwaltungsreform zu. Nicht nur der erhebliche Fluglärm, vom Frankfurter Flughafen verursacht, sondern auch ein ungebremster Kunstflug in Rheinhessen führten oftmals zu zahlreichen Petitionen. Sicherlich spielten auch diese Petitionen beim Tätigwerden der Landesregierung eine Rolle, um im Bundesrat eine Regulierung von Ruhezeiten – wie an Sonn- und Feiertagen sowie über Mittag – einzurichten.
Positiv verlief eine der immer wiederkehrenden Eingaben im Bereich der Schülerbeförderung. Oft wurde Beschwerde darüber geführt, dass die eigesetzten Busse überfüllt seien. Die Nassauische Verkehrsgesellschaft setzte in einem Fall aufgrund einer Petition beispielhaft nach den Sommerferien einen extra hierfür angeschafften Gelenkbus mit einer Beförderungskapazität von insgesamt 154 Fahrgästen ein, was zusätzlich Platz und Sicherheit für 66 Fahrgäste bedeutete.
Es gelingt durch das Petitionsrecht und mit Hilfe des Bürgerbeauftragten, dass der Bürger nicht zum Wutbürger, sondern zum Mutbürger wird, der den Mut hat, Dinge zu hinterfragen, Transparenz einzufordern und das Einfordern auch als sein gutes Recht betrachtet. Faire, kluge und zeitnahe Behandlung sollen hierbei im Mittelpunkt stehen.