Protocol of the Session on April 25, 2013

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Genau!)

Die Landesregierung hat das Entstehen der UNBehindertenrechtskonvention seit 2006 aufmerksam verfolgt und auch hier in diesem Hause schon mehrmals ein klares Bekenntnis zur Umsetzung abgelegt. Wir haben hier in Rheinland-Pfalz seit 2 0 0 0 ein Netz von 255 Schwerpunktschulen aufgebaut, in denen behinderte und nicht behinderte Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet werden. Meine Damen und Herren, diese Schulen leisten hervorragende Arbeit und werden von den Eltern auch stark nachgefragt. Das belegen die Schülerzahlen. Ich will auf die Große Anfrage und dort auf die Frage 17 verweisen. Dort kann man erkennen, dass wir jetzt schon über 3.300 Schülerinnen und Schüler in Schwerpunktschulen haben.

Herr Dr. Konrad, den letzten Punkt, den Sie angesprochen haben, und auch Sie, Frau Dickes, in Ihrem Antrag, möchte ich auch noch einmal aufgreifen.

Meine Damen und Herren, es geht doch nicht darum, über die Konvention zu diskutieren, sondern es geht darum, sie umzusetzen. Bei Artikel 24 stellt sich doch

nicht die Frage, ob die Schulart Förderschule an sich diskriminierend ist. Ich halte dies schlichtweg für falsch und auch für fahrlässig, aus der Forderung nach inklusiven Unterrichtsangeboten im Umkehrschluss eine solche Diskussion zu führen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es kann und darf nicht unser Ziel sein, den Unterricht in der Förderschule und in inklusiven Schulen gegeneinander auszuspielen.

(Pörksen, SPD: Sehr wahr!)

Beide Formen des Unterrichts sind gleichwertig. Sie sind aber nicht gleichartig. Beide Förderorte erfüllen ihren Bildungsauftrag und begleiten junge Menschen mit Behinderung auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben. Deshalb ist es auch nicht gerechtfertigt, im Zusammenhang mit der Verankerung des Wahlrechts für Eltern Emotionen oder sogar Ängste zu schüren. Der Ministerrat hat am 15. Januar 2013 das Konzept für die Weiterentwicklung der Inklusion im schulischen Bereich beschlossen.

Meine Damen und Herren, dieser Beschluss ist eindeutig. Er ist klar, und er bietet keinen Anlass für Zukunftsängste, weder bei den Eltern noch bei den Schwerpunktschulen, aber auch nicht bei den Förderschulen.

Frau Dickes, Sie sind in Ihrem Beitrag nur auf einige Aspekte eingegangen. In der Großen Anfrage wird aber das ganze Feld aufgeblättert. Auch in Ihrem Antrag werden ganz viele Aspekte angesprochen. Ich will mich deshalb in meiner Rede nicht nur auf zwei oder drei Aspekte konzentrieren, sondern wirklich einige Kernpunkte ansprechen.

Meine Damen und Herren, der erste Aspekt ist, wir respektieren Eltern als Experten für ihr Kind und ihren Wunsch, über den schulischen Bildungsweg ihres Kindes bestimmen zu dürfen. Genau deshalb werden wir im Schulgesetz ein vorbehaltloses Wahlrecht zwischen dem Unterricht in Förderschulen und inklusiven Angeboten in Regelschulen verankern.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allein schon deshalb ist der von Ihnen geforderte Ressourcenvorbehalt auch vor dem Hintergrund der UNKonvention nicht sachgerecht. Selbstverständlich liegt es auf der Hand, dass zu diesem Wahlrecht auch eine qualifizierte Beratung der Eltern erfolgen muss, damit diese ihre Entscheidung für ihr Kind begründet treffen können. Wir halten es für realistisch, dass sich als Ergebnis des Wahlrechts der Eltern in dieser Legislaturperiode ein Inklusionsanteil von 40 % ergibt.

Frau Dickes, diese Zahl haben wir als Orientierung zugrunde gelegt und nicht als Planzahl. Wir betreiben hier keine Planwirtschaft, ohne auf die Qualität zu achten. Entscheidend ist – Herr Konrad hat darauf hingewiesen –, was die Eltern tun. Die Eltern entscheiden, ob diese Zahl von 40 % erreicht wird. Es erscheint uns allerdings realistisch. Wir haben uns diese Orientierung vorge

nommen, gerade weil uns die Qualität in der sonderpädagogischen Förderung an Schwerpunktschulen wichtig ist und weil wir unsere Verantwortung ernst nehmen.

Zur Personalplanung und zur Personalsituation: Für eine verlässliche Planung des Personalbedarfs der Schwerpunktschulen verfügen wir mit der Pauschalierung der Personalzuweisung über ein sachgerechtes Verfahren. Frau Dickes, auch hier muss man – ich will es als Beispiel anführen – sich die Situation konkret vorstellen. Ich spreche von einer Grundschule mit zehn Klassen. Zehn Klassen werden von ungefähr zwölf Regelschullehrkräften unterrichtet, und hinzu kommen drei Förderschullehrkräfte.

Die Zahl der Integrationsschülerinnen und Integrationsschüler beträgt in einer solchen Schule 20. Ich meine, die Versorgung mit Förderschullehrkräften in einer solchen Schule ist schon angemessen. Für den entsprechenden Ausbau der Schwerpunktschulen stehen auf der Grundlage des Klemm-Gutachtens mit 200 zusätzlichen Vollzeitlehrereinheiten auch die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung. Auch hier verweise ich auf die Große Anfrage, Frage 29. Ich ergänze, man muss schon sehen, in unserem System befinden sich schon jetzt rund 650 Stellen.

Meine Damen und Herren, uns ist wichtig, dass an Schwerpunktschulen allgemeine Pädagogik und Sonderpädagogik zusammenwirken und gemeinsames Lernen ermöglicht wird. Der Auftrag zur Entwicklung von inklusivem Unterricht gilt für alle Schularten. Die Schulen erhalten dazu die erforderliche Unterstützung durch gezielte Beratungs- und Fortbildungsangebote, die wir im Pädagogischen Landesinstitut auch schon aufgebaut haben. Hier verweise ich auf die Fragen 8 und 9 der Großen Anfrage. Dort wird deutlich ausgeführt, wie viele Beratungskräfte wir schon haben.

Auch am Gymnasium werden wir Modelle des zieldifferenten Unterrichts bzw. Formen der Kooperation mit Förderschulen oder Schwerpunktschulen erproben. Übergänge in eine berufliche Tätigkeit oder in berufliche Bildung werden wir durch inklusive Angebote erweitern. Auch diese Zahl muss man hier nennen. Sie steht auch in der Großen Anfrage. Dazu stehen bereits jetzt 290 Lehrkräfte mit der Qualifizierung Berufsförderpädagogik zur Verfügung.

Durch die Weiterentwicklung der Inklusion werden keine neuen rechtlichen Anforderungen durch Barrierefreiheit begründet. Meine Damen und Herren, barrierefreies Bauen an Schulen in Rheinland-Pfalz ist schon lange gängige Praxis. Wir werden selbstverständlich aber genau hinschauen, ob aus dem gemeinsamen Unterricht Erfordernisse entstehen, die bisher noch nicht berücksichtigt sind.

Wir wissen um die Leistungen der Förderschulen, und wir setzen auf die dort vorhandene sonderpädagogische Kompetenz. Sie ist zusammen mit den berufsbezogenen Kompetenzen der Lehrkräfte anderer Lehrämter notwendig und für den Erfolg des inklusiven Unterrichts entscheidend. Dieser gemeinsame Auftrag wird sich künftig stärker in der Lehrerbildung widerspiegeln. Des

halb wird die Inklusion im geplanten Lehrerinnen- und Lehrerbildungsgesetz verankert.

Inklusion ist auch mit einem Entwicklungsauftrag für die Förderschulen verbunden. Aus diesem Grunde werden sich ausgewählte Förderschulen zu Förder- und Beratungszentren weiterentwickeln und sonderpädagogische Unterstützungssysteme ausrichten. Herr Dr. Konrad hat darauf hingewiesen, wir sind dabei, dieses Konzept zu entwickeln. Die Weiterentwicklung ist natürlich ein Entwicklungsprozess, über den wir nicht allein entscheiden. Die Organisation und die inhaltliche Ausgestaltung werden wir in enger Abstimmung mit den Beteiligten festlegen. Das sind in erster Linie die Schulen und die Schulträger.

Allerdings muss auch klar gesagt werden, die Zukunft einer Förderschule in einer Region ist eng mit Schülerzahlentwicklungen verbunden. Auch Förderschulen brauchen demografiefeste Strukturen. Dies werden die Schulträger in ihren Schulentwicklungsplänen berücksichtigen und Handlungsoptionen entwickeln. Wir werden sie dabei unterstützen.

Meine Damen und Herren, unser gemeinsames Ziel muss es sein, ein attraktives und bedarfsgerechtes Angebot vorzuhalten, das dem Leitgedanken der Behindertenrechtskonvention folgt und dessen Zukunftsfähigkeit nachhaltig sichert. Es geht darum, die größtmögliche und gleichberechtigte schulische Teilhabe von behinderten Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten.

Ich bin davon überzeugt, dass wir mit der Umsetzung unseres Konzepts die vor uns liegenden Herausforderungen zum Wohle der Schülerinnen und Schüler mit und ohne Behinderungen bewältigen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kommen wir zur Abstimmung. Ist Ausschussüberweisung beantragt?

(Zurufe von der CDU: Ja!)

Dann muss ich zuerst über die Ausschussüberweisung abstimmen lassen. Wer stimmt für die Ausschussüberweisung? – Wer stimmt dagegen? – Damit ist der Antrag auf Ausschussüberweisung mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Ich komme dann zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/1992 – „Das Kindeswohl im Mittelpunkt – Qualität vor Schnelligkeit“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir kommen dann zu Punkt 30 der Tagesordnung:

Sicherung des dauerhaften öffentlichen Zugangsrechts zu Nordschleife sowie Grand-Prix-Strecke am Nürburgring Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/2253 –

dazu: Nürburgring als traditionsreichen Ort des Breiten- und Motorsports erhalten Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2273 –

Es wurde eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Für die Fraktion der CDU spricht Herr Abgeordneter Gies.

(Pörksen, SPD: Der Notstopper oder wie?)

Herr Präsident, geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben den Antrag überschrieben mit „Sicherung des dauerhaften öffentlichen Zugangsrechts zur Nordschleife sowie Grand-Prix-Strecke am Nürburgring“ und verbinden mit diesem Antrag einen Antrag, der eindeutig die Region unterstützt.

Wir fordern die Landesregierung dazu auf, „umgehend alle gesetzlichen wie rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, wie ein dauerhaftes öffentliches Zugangsrecht vor allem für den Breitensport und den Tourismus am Nürburgring gesichert und zu angemessenen Preisen ermöglicht werden kann“.

Ebenso fordern wir auf zu prüfen, „ob die Sicherung des dauerhaften öffentlichen Zugangsrechts durch Herausnahme der Rennstrecken mit den dazu gehörenden Anlagen aus dem Verkauf gewährleistet werden könnte, sowie dem Landtag im Anschluss über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu berichten“.

Wir fordern damit das Beteiligungsrecht des gesamten Parlaments ein; denn es liegt in der Verantwortung des gesamten Parlaments, ein solches Projekt zu prüfen, das immerhin in den vergangenen Jahren 400 Millionen Euro gekostet hat.

Ich meine, es ist schon bemerkenswert, wenn man feststellen muss, dass Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren der regierungstragenden Fraktionen, zunächst einmal, obwohl Sie den Antrag seit dem 19. April, also schon seit sechs Tagen, haben,

(Pörksen, SPD: Den hätte ich Ihnen zurückschicken sollen!)

Herr Pörksen – die Energie darauf verwenden, diesen Antrag heute von der Tagesordnung zu nehmen.

(Pörksen, SPD: Wie bitte? Er ist doch auf der Tagesordnung!)

Sie haben doch im Brief der Fraktionsvorsitzenden Köbler und Hering eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass wir diesen Antrag zurückziehen sollen.

(Pörksen, SPD: Richtig!)

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich ausreden lassen. Das wäre sehr schön. Herr Pörksen, Sie können im Anschluss gerne nach vorne treten. Dann verstehen wir Sie auch alle.

(Zurufe von der CDU: Nein!)

Das wäre schon prima.