Protocol of the Session on June 15, 2011

Frau Ministerin, auf Ihre Argumentationen und Unterstellungen einzugehen, hieße Fakten und auch Menschen zu ignorieren. Sie haben unzählige Behauptungen aufgestellt, was wir wann wie gesagt und gemeint hätten, wen wir gelobt und wen wir beschimpft hätten. Ich mag sie gar nicht alle aufzählen, weil sie einfach nicht stimmen.

Das, was uns die Menschen erzählen, und die damit verbundenen Ängste nehmen wir aber sehr wohl wahr. Ich wünschte mir, Sie würden diese Ängste genauso ernst nehmen.

(Beifall der CDU)

Ich wünschte, Sie würden auf Briefe, die man Ihnen schreibt, antworten und nicht Menschen in einer solchen Verzweiflung belassen. Wenn ich gestern lesen musste, dass an einer IGS 990 Stunden pro Woche ausfallen

(Frau Klöckner, CDU: Im Monat!)

im Monat, Pardon –, wenn ich von Eltern angesprochen werde, die mir sagen, heute schicke ich mein Kind nicht in die Schule, da sowieso keine einzige reguläre Stunde stattfindet, sondern wir gehen zur VHS und melden uns an, damit meine Tochter wenigstens das Abitur schafft,

(Unruhe bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

frage ich mich, was Ihnen die Bildung und Zukunft unserer Kinder wert ist. Wer Qualität will, muss auch bereit

sein, an den richtigen Stellen aufzustocken, und darf nicht an der Bildung sparen.

(Beifall der CDU)

Sie agieren da aber ganz anders. Frau Ministerin, ich fand den Satz schon bezeichnend, als Sie sagten, jetzt agieren sie vernünftig. Dann hieße das, vor der Wahl sei alles unvernünftig gewesen.

(Ministerpräsident Beck: Mein Gott, mein Gott!)

An manchen Stellen kann man über vieles streiten, aber ist das vernünftig, was der Philologenverband kritisiert, nämlich dass Sie im kommenden Schuljahr den Unterrichtsausfall verdoppeln? Ist das vernünftig? Ist es vernünftig, wenn der VBE sagt, dass es einen massiven Verlust der Glaubwürdigkeit unserer Landesregierung und der Glaubwürdigkeit der Politik im Allgemeinen gibt? Ist es vernünftig, wenn die GEW zeigt, wie entsetzt sie über den Umgang der Dienstherren mit ihren Lehrern ist? Frau Ministerin, es warten – das ist jetzt unparlamentarisch – verdammt viele Menschen mit Ängsten auf eine Aussage. Sie sagten eben, es sind vielleicht noch 50 Fälle. Nein, es sind viel mehr; denn sonst hätten wir diese verzweifelten Briefe nicht bekommen.

(Beifall der CDU – Glocke des Präsidenten)

Noch einmal: Sie sparen auf Kosten unserer Kinder. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Kollegin Brück. Ihr stehen drei Minuten Redezeit zur Verfügung.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Wortmeldung von Frau Dickes hinterfrage ich die Ernsthaftigkeit dieser Debatte.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Unverschämtheiten zu Beginn und die Übertreibungen lassen mich ernsthaft daran zweifeln, ob Ihnen ernsthaft am Schicksal der betroffenen Personengruppe gelegen ist

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

oder ob Sie das erneut wieder nur für Showzwecke und zur Panikmache sowie zur Skandalisierung benutzen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Bracht, CDU)

Eines ist doch klar:

(Bracht, CDU: Sind Sie blind, oder was?)

Wer heute Aussagen dazu trifft, wie sich die Unterrichtsversorgung zum Schuljahresbeginn am 8. August darstellen wird, landet im Reich der Spekulation und kann heute überhaupt noch nicht sagen, wie es tatsächlich am ersten Schultag aussehen wird. Ich meine, durch die Frau Ministerin wurde eben ganz klar dargelegt, wie viele Veränderungen es im Laufe der nächsten acht Wochen noch geben kann, bis es soweit ist.

Eines ist auch klar: Auch uns wäre es sicherlich am allerliebsten, wenn wir nur verbeamtete Lehrkräfte hätten. Die Frau Ministerin hat aber dargelegt, dass das aus vielerlei Gründen nicht geht. Wir brauchen auch eine Flexibilität bei den Vertretungsgründen, wie sie sich darstellen. Es wird schwerlich möglich sein, dann, wenn man in Bleialf eine Lehrkraft für Mathematik und Physik braucht, die in Speyer vorhanden ist, das zu realisieren. Da muss man auch an die persönlichen Gegebenheiten bei den Vertretungskräften und den Lehrkräften denken.

Es ist auch nicht wahr, dass die Vertretungskräfte in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden, sondern sie erhalten einen befristeten Vertrag. Nach Ablauf dieses Vertrages bieten sich – wie schon dargelegt – mehrere Perspektiven. Es gibt die Möglichkeit, voll ausgebildete Lehrkräfte auf einer Planstelle einzustellen oder im Vertretungspool unterzubringen. Es kann auch neue Verträge geben, wenn es neue Vertretungsgründe gibt oder es an einer anderen Schule Vertretungsgründe gibt.

Ja, im Extremfall läuft ein Vertrag auch aus. So ist das bei befristeten Vertretungsverträgen. Das ist in der Tat sicherlich in jedem Einzelfall eine besondere Herausforderung für die entsprechende Position, aber befristete Arbeitsverträge laufen nun einmal aus. So sind die Spielregeln. Die Spielregeln sind bei Abschluss eines solchen Vertrages auch bekannt. Das gibt es jedes Jahr. Das gibt es nicht nur zu Schuljahresende oder zu Schuljahresbeginn, sondern das gibt es auch während des Schuljahres.

Wir haben als Abgeordnete und Fraktionen auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit befristeten Verträgen. Auch mit dieser Situation müssen wir und die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umgehen.

Es ist keineswegs so, dass es jetzt keine Vertretungsverträge mehr geben wird. Wie gesagt, es stehen 30 Millionen Euro zur Verfügung, davon 18 Millionen Euro für neue Verträge.

(Glocke des Präsidenten)

Da wird sich zeigen, dass auch wir mit diesem Thema sehr sensibel umgehen können. Im Sinne der Schulen und Lehrkräften ist ein sensibler Umgang mit dem Thema dringend geboten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich erteile das Wort Frau Kollegin Bröskamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte ist emotional sehr geladen. Die Situation ist für niemanden von uns besonders zufriedenstellend.

(Beifall der CDU)

Auch wir haben Briefe bekommen; auch wir haben von Lehrern und Eltern E-Mails bekommen. Natürlich ist für jeden einzelnen Fall die Situation tragisch.

(Beifall bei der CDU)

Auch ich selbst habe aber einmal einen solchen Vertretungsvertrag gehabt. Ich war glücklich über diesen Vertretungsvertrag. Auch mein Vertrag war ein befristeter Vertrag. Ich habe als Nichtreferendarin auch einen Einblick in den Schulalltag bekommen können. Das hat mir sicherlich nicht geschadet.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Auch als Mutter von bald vier Schulkindern weiß ich sehr wohl über die Situation in der Schule Bescheid. Natürlich bin auch ich glücklich, wenn meine Kinder den Unterricht bekommen, den sie bekommen sollen, damit sie eine Zukunft haben. Das steht absolut nicht zur Diskussion.

Man darf aber nicht vergessen, dass in den Koalitionsvertrag Punkte aufgenommen worden sind, durch die sich die Situation für viele Kinder künftig verbessern wird. Wir haben die Klassenmesszahl in der Grundschule heruntergesetzt. Wir haben zum Beispiel die Klassenmesszahl in der IGS reduziert. Das bedeutet für jedes einzelne Kind in der Klasse eine bessere Lernsituation. Dies ist nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Lehrer besser; denn es ist ein himmelweiter Unterschied, ob ich 33 oder 25 Kinder unterrichte.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dr. Rosenbauer, CDU: Richtig! Deshalb haben wir das über Jahre gefordert!)

Ich meine, dass der Weg beschritten worden ist, dass die ADD wieder unverzüglich loslegen kann, die Verträge abschließen kann und sicherlich im Einvernehmen mit den Schulleitungen, den Lehrerschaften und den Elternschaften den Weg geht, der vernünftig ist.

Trotz allem glaube ich nicht, dass das das letzte Mal ist, dass wir uns über dieses Thema streiten werden.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Das glaube ich auch!)

Ich meine aber auch, dass es richtig und wichtig ist, dass wir jetzt ein bisschen Ruhe einkehren lassen und die Diskussion nicht noch heißer kochen; denn ich meine schon, dass das eine oder andere auch öffentlichkeitswirksam genutzt werden soll, wodurch auch eine bestimmte Polemik genutzt worden ist.

Im Sinne der Kinder, der Lehrer und der Schulen fordere ich alle dazu auf, konstruktiv im Sinne der Sache zu diskutieren.