Protocol of the Session on November 7, 2012

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Der Ansatzpunkt, wie wir Jugendliche für die Demokratie begeistern können, ist vollkommen klar. Wir müssen sie in ihrer Lebenswelt abholen. Da gebe ich Herrn Kollegen Klein recht. Das ist ein Punkt, den wir in unserem Zwischenbericht beschrieben haben. Es gibt da tolle Möglichkeiten. Ein tolles Beispiel, das es schon gibt, sind die immer häufigeren Kindergartenparlamente. Ich finde, das sind gelungene Beispiele, wie wir im Kontext Wahlalter mit 16 diskutieren können, wie wir unsere Gesellschaft in eine komplette Demokratiekultur hineinbekommen.

(Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Dann muss ich noch einmal sagen, hinsichtlich Ihrer Forderung nach Sozialkundeunterricht, die Sie immer wiederholt und in der Enquete-Kommission gar nicht richtig dargelegt und formuliert haben, frage ich Sie, was bringt uns denn mehr, die Demokratie in der Lebenswirklichkeit der Jugendlichen zu etablieren, oder bringt es uns mehr, dass in der Schule am Schluss nach einer Stunde Schule mehr die Kinder und Jugendlichen noch wissen, was eine Europäische Generaldirektion ist?

Die Lebenswirklichkeit ist entscheidend. Da müssen wir ansetzen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion, wir bedauern es außerordentlich, dass Sie Ihren Jugend

verband vorgeschickt haben, um sich einer Diskussion im Landtag zu verweigern. Wir sind sehr gespannt, ob wir heute endlich etwas Substanzielles zu Ihrem Nein zum Wahlalter hören. Vielleicht erfahren wir auch etwas Erhellendes zu Ihrem spannenden parteiinternen Beteiligungsprozess rund um das Wahlalter mit 16. Da konnte man einiges nachlesen. Chapeau! Chapeau!

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Wir raten Ihnen dringend, fundiert dazulegen, warum Sie sich dem Dialog verweigern, man könnte sonst nämlich wirklich auf den absurden Gedanken kommen, dass Sie sich dem Wahlalter mit 16 verweigern, weil die Jugendlichen bei Wahlen Ihrer Partei am wenigsten das Vertrauen schenken.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Alt.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In sieben Bundesländern – Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein – haben Jugendliche ab 16 Jahren ein aktives Kommunalwahlrecht. In Bremen und Brandenburg dürfen 16- und 17-Jährige zudem auch an Landtagswahlen teilnehmen. In Österreich wurde das Wahlalter insgesamt auf 16 Jahre herabgesetzt.

Auch für Rheinland-Pfalz wäre das Wahlrecht bei Kommunal- und Landtagswahlen für Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren ein Fortschritt, und ich will Ihnen auch sagen, wieso.

1. Wenn Jugendliche früher in Politik mit einbezogen werden, haben sie ein größeres Interesse daran.

In Schleswig-Holstein lag die Wahlbeteiligung der 16- und 21-Jährigen bei den Kommunalwahlen 1998 klar über der Wahlbeteiligung der 18- bis 21-jährigen Erstwähler. Das zeigt, es gibt ein großes Bedürfnis unter den 16- bis 17-Jährigen nach Beteiligung.

2. Heutige Jugendliche tragen als Erwachsene die Konsequenzen jener Entscheidungen, an denen sie nicht teilhaben konnten. Das widerspricht dem Grundgedanken unserer Demokratie. Diejenigen, die von Regelungen betroffen sind, müssen diese auch mitbestimmen können.

3. Die Senkung des Wahlalters könnte bei Jugendlichen für eine stärkere Anerkennung von staatlichen Institutionen sorgen, weil diese dann auch durch Jugendliche mitgestaltet werden könnten.

4. Jugendliche sind heute mit 16 Jahren erwachsen genug, um politische Zusammenhänge und Wahlvor

gänge zu begreifen. Eine Absenkung des Wahlalters wäre deshalb zeitgemäß und würde den derzeitigen Gegebenheiten entsprechen.

5. Junge Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren sind politisch sehr interessiert und informiert. Das zeigen uns immer wieder die Hunderte von politischen Bildungsmaßnahmen, die die Landesregierung jährlich in der Jugendarbeit fördert. Allein 2011 haben die Mitgliedsverbände des Landesjugendrings über 450 Veranstaltungen zur politischen Bildung mit 11.300 Teilnehmenden durchgeführt. Ich denke, das ist ein großer Erfolg.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit 1996 können Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Deutschland an symbolischen Wahlen, an sogenannten U18-Wahlen teilnehmen. Die Landesregierung will den Landesjugendring dabei unterstützen, im Vorfeld der Bundestagswahlen 2013 eine U18-Wahl in RheinlandPfalz durchzuführen.

Eine Befragung unter 1.039 Kindern und Jugendlichen, die an der U18-Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin 2011 teilgenommen hatten, brachte folgende Ergebnisse:

Die Mehrheit der befragten Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren ist grundsätzlich an politischen Themen interessiert und will politisch mitbestimmen. Die Kinder und Jugendlichen wählten überwiegend nach Interesse und Neigung. Taktische Überlegungen traten in den Hintergrund. Sie interessierten sich vor allem für Themen, die ihre direkte Lebenswelt betreffen, aber auch für Themen wie Arbeit und Soziales.

Die Kinder und Jugendlichen waren vor ihrer Teilnahme an der U18-Wahl mehrheitlich gar nicht bzw. wenig politisch interessiert. Insgesamt stieg ihr Interesse für und ihr Wissen über die Politik durch die Teilnahme an diesem U18-Projekt.

Letztlich, die Mehrheit der Befragten würde wählen gehen, wenn sie es vom Gesetz her dürfte.

Ich denke, das ist eine sehr wichtige Erkenntnis an dieser Stelle.

Jeder dieser Punkte ist an sich ein schlagendes Argument für die Einführung des Wahlalters ab 18 für Kommunal- und Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU – Zuruf aus dem Hause: 18!)

Auch die Enquete-Kommission „Bürgerbeteiligung“ empfiehlt die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre.

Das Wahlalter ab 16 wäre auch eine logische Konsequenz unserer bisherigen Arbeit; denn Rheinland-Pfalz setzt seit vielen Jahren darauf, die Beteiligungsmöglichkeiten junger Menschen nachhaltig zu stärken. Die Leitstelle Partizipation in meinem Jugendministerium verfolgt das Ziel, die Beteiligung von Kindern und Jugendli

chen landesweit strukturell zu verankern und nachhaltig zu sichern sowie ein landesweites Netzwerk Partizipation weiterzuentwickeln.

Der Leitstelle ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen vielerorts strukturell zu verankern. Sie unterstützt, qualifiziert und vernetzt die kommunalen Jugendvertretungen in Rheinland-Pfalz, von denen es mittlerweile knapp 50 gibt.

In Kooperation mit dem Umweltministerium haben wir die Spielleitplanung entwickelt, die bundesweit Vorbild für ähnliche Verfahren ist. Zurzeit führen 40 Gemeinden die Spielleitplanung durch.

Die Internetseite www.net-part.rlp.de informiert über Beteiligungsmöglichkeiten und Beteiligungsprojekte in Rheinland-Pfalz.

Durch die digitale Revolution der Kommunikationsverhältnisse haben sich insbesondere für Kinder und Jugendliche politische Meinungsbildungsprozesse nachhaltig verändert. Hier liegt eine große Chance in den sogenannten E-Partizipationsverfahren.

Die Staatskanzlei hat deshalb in Kooperation mit der Bertelsmann-Stiftung im Rahmen des Projekts „jungbewegt – Dein Einsatz zählt.“ ein landesweiteres OnlineJugendforum durchgeführt.

(Zuruf von der CDU)

Dieses E-Partizipationsprojekt mit dem Titel „jugendforum RLP – liken, teilen, was bewegen“

(Zurufe von der CDU)

im Gegensatz zu Ihnen war ich dabei – hat bundesweit Pilotcharakter. Junge Menschen im Alter zwischen 14 und 26 Jahren kamen dabei online und offline im Rahmen des Jugendforums zusammen und diskutierten über zentrale politische Themen. Bei verschiedenen Treffen mit den Jugendlichen wurden sowohl dem Ministerpräsidenten als auch mir – insofern weiß ich auch, wovon ich spreche, weil ich dort war – die Themen und Ergebnisse vorgestellt. Derzeit werden die Ergebnisse der Online- und Offlinephase in Form eines jugendpolitischen Manifestes zusammengefasst und mit den Jugendlichen abgestimmt. Ende November wird dieses Manifest der Landesregierung übergeben.

Man kann also sagen, das Wahlalter ab 16 Jahre war auch hier ein wichtiges Thema. Die jungen Menschen wünschen sich eine gute Begleitung in Form von politischen Bildungsmaßnahmen, damit sie ihr Wahlrecht kompetent ausüben können.

Sie sehen, wir tun sehr viel für die Beteiligung von jungen Menschen. Wir wollen, dass unsere Jugendlichen auch über ihre Zukunft in der Zukunft mitbestimmen können. Ein Wahlrecht ab 16 Jahre wäre aus unserer Sicht der nächste logische Schritt in die richtige Richtung.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Gäste begrüßen, und zwar den CDU-Stadtverband Dierdorf. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Weitere begrüße ich Volontäre des „Trierischen Volksfreunds“. Seien Sie ebenfalls herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)